LVwG-550824/8/KLe - 550825/2

Linz, 13.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Maga. Karin Lederer über die Beschwerden von 1. J S und 2. M S, beide wohnhaft x, S, und beide vertreten durch die H u W R x, x, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 22. März 2016, GZ: BHKI-2015-160579/12 („forstrechtlicher Auftrag“),

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG werden die Beschwerden als unbe­gründet abgewiesen.

 

 

II.      J S und M S, beide wohnhaft x, S, haben binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution gemäß § 17 VwGVG iVm § 77 Abs. 1 AVG iVm §§ 1 und 3 Abs. 1 der Oö. LKommGebV 2013 einen Betrag von 40,80 Euro (1 Amtsorgan, 2 halbe Stunden) zu entrichten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit Bescheid vom 22. März 2016, GZ: BHKI-2015-160579/12, folgenden Spruchpunkt I. erlassen:

 

I. BHKI-2015-160579, forstrechtlicher Auftrag

Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf entscheidet als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung wie folgt.

 

Spruch

 

Herrn und Frau J und M S, x, S, werden als Grundeigentümer der Wald-PrzNr. x, KG O, folgende Maßnahmen bzgl. der auf der gegenständlichen Parzelle konsens­los errichteten Forststraße (Darstellung im Anschluss) aufgetragen:

Die forstliche Bringungsanlage ist bis 31.12.2016 im Streckenausmaß von ge­samt etwa 350 m unter Einhaltung folgender Auflagen und Bedingungen rück­gebaut.

1.   Die talseitigen Böschungen sind auf die Fahrbahn aufzubringen und derart anzugleichen, dass sich eine durchgehende Geländeneigung entsprechend dem ursprünglichen Geländeverlauf wieder ergibt.

2.   Der wiederhergestellte Geländebereich ist mit humosem Material abzudecken.

3.   Die Durchführung der unter 1. und 2. beschriebenen Maßnahmen sind umge­hend, schriftlich und unaufgefordert der Behörde unter Angabe des Geschäfts­zeichens BHKI-2015-160579 und N10-96-2015 zu melden.

 

Rechtsgrundlage: § 172 Abs. 6 in Verbindung mit § 62 Forstgesetz 1975
BGBl. Nr. 440/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 102/2015“

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, mit der beantragt wird, der Beschwerde stattzugeben und den forstrechtlichen Auf­trag aufzuheben.

 

Begründend wird ausgeführt:

 

„1. BHKI-2015-160579/12, forstrechtlicher Auftrag:

1.1. Der zu Unrecht als forstliche Bringungsanlage qualifizierte Rückeweg weist keine Streckenlänge von etwa 350 m, sondern lediglich eine solche von ca. 200 m auf. Der in Richtung des Grst. Nr. x verlaufende Ast des Weges stellt nämlich keine Neuanlage dar. Richtig ist vielmehr, dass in diesem Bereich seit jeher ein Weg vorhanden war, der von den Beschwerdeführern nur in gering­fügigem Ausmaß ausgeschoben wurde, um diesen mit dem Traktor leichter befahrbar zu machen. Hinsichtlich dieses Wegeastes erweist sich der forst­rechtliche Auftrag daher jedenfalls als unbegründet.

 

1.2. Das Grundstück Nr. x wurde bis in die 1970-er Jahre als Wiese genutzt. Eine Aufforstung ist erstmalig 1977 erfolgt. Entgegen der Beurteilung der belangten Behörde sind die betroffenen Waldflächen nicht als Schutzwald zu qualifizieren und wurde der Schutzwaldcharakter zutreffender Weise auch nicht bescheid­mäßig festgestellt. Schon aus diesem Grund ist daher nicht von einer Bewil­ligungspflicht des verfahrensgegenständlichen Rückeweges im Sinne des § 62 Abs. 1 lit. c) ForstG auszugehen. Ungeachtet dessen wurde von den Beschwerde­führern gar keine forstliche Bringungsanlage im Sinne des § 59 errichtet. Forst­liche Bringungsanlagen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind (taxativ) Forst­straßen und forstliche Materialseilbahnen. Für die Beurteilung eines Bringungs­weges als Forststraße sind gem. § 59 Abs. 2 ForstG kumulativ drei Voraus­setzungen zu erfüllen, wobei vorliegendenfalls jene des § 59 Abs. 2 Ziff. 3 leg. cit., nämlich eine Änderung des bisherigen Niveaus von mehr als einem halben Meter oder die Beschotterung/Befestigung von mehr als einem Drittel der Länge gerade nicht verwirklicht wurde.

 

Rechtlich ist aus diesem Sachverhalt, der von der belangten Behörde richtiger­weise festzustellen gewesen wäre, die Bewilligungsfreiheit des von den Beschwerdeführern angelegten Rückeweges abzuleiten. Folglich erweist sich daher auch der angefochtene forstrechtliche Auftrag zu dessen Rückbau als unberechtigt.“

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akten­einsichtnahme und Einholung einer Ergänzung des forstfachlichen Gutachtens. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels eines gesonderten Antrages und aufgrund der Tatsache, dass die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, entfallen. Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (§ 24 Abs. 4 VwGVG). Das Parteiengehör wurde gewahrt.

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des Waldgrundstückes Nr. x, KG O.

 

Der errichtete Erdweg zweigt steigend von einem bestehenden Erdweg ab und verläuft nach Kehre 1 wieder rückläufig bis zu einer weiteren Kehre 2. Der erste Wegeabschnitt (I) weist eine Länge von ca. 75 lfm auf und wurde mit durchschnittlich 30 % Längsneigung, Böschungshöhen bis zu 2 m und einer Wegebreite von ca. 3 m errichtet. In der Kehre 1 beträgt die Böschungshöhe über 2 m.

Die Länge des zweiten Abschnittes (II) beträgt ca. 120 lfm, bei einer Längsneigung von ca. 20-30 % und einer Breite von 3 m.

Nach weiteren ca. 30 lfm (Abschnitt III) wird ein bestehender Weg erreicht, dem auf einer Länge von ca. 83 lfm gefolgt wird. Dieser bestehende Weg verläuft annährend in der Schichtenlinie (Abschnitt IV).

Der V. Abschnitt weist eine Länge von ca. 80 lfm bei einer Längsneigung von bis zu 40 % auf.

Durch den gegenständlichen Wegebau wurde eine Verbindung zwischen den vorhandenen Wegen, die in der DORIS-Schummerung deutlich erkennbar sind, hergestellt.

 

Die Verbindung zum öffentlichen Wegenetz wird über die vorhandenen Erdwege zum Güterweg „M“ hergestellt. Deutlich erkennbar ist auch die Benützung dieser Wege mit zweispurigen Fahrzeugen, die tiefe Spurrinnen hinterlassen haben. Im Hinblick auf die vorhandenen Böschungshöhen von bereichsweise mehr als 2 m, ist von einer Änderung des bisherigen Niveaus von mehr als einem halben Meter auszugehen. Die Absicht einer langfristigen Erhaltung und Nutzung (länger als ein Jahr) ist aus dem Verfahren ableitbar.

 

Die gesamte errichtete Wegelänge beträgt ca. 388 lfm (Summe der Abschnitte
I-V). Den Angaben der Beschwerdeführer, dass es sich um ein Ausmaß von ca. 200 m handeln würde, kann aufgrund der detaillierten Angaben des Amtssach­verständigen nicht gefolgt werden.

 

Das Erschließungsgebiet befindet sich in der Flyschzone des nördlichen Alpen­vorlandes, mit ihren tiefgründigen, wasserzügigen und zur Rutschung neigenden Böden. Es ist in den vergangenen Jahren eine größere Rutschung im südlichen Bereich des Grundstückes Nr. x, KG O, an der Grenze zum Grundstück Nr. x, KG O, abgegangen. Mehrere kleinere Rutschungen durchsetzen das gesamte Grundstück Nr. x, KG O.

 

Es handelt sich bei dem gegenständlichen Gelände um bereichsweise sehr steile Einhänge zum sogenannten „M“, der mit zahlreichen größeren und kleineren Blaiken (Rutschflächen) durchsetzt ist. Die Schutzwaldeigenschaft liegt daher vor.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensakt sowie den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des forstfachlichen Amtssach­verständigen.

 

Es liegt keine Bewilligung nach dem Forstgesetz vor.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgen­des erwogen:

 

§ 59 Abs. 1 und 2 Forstgesetz 1975 lauten:

 

(1) Forstliche Bringungsanlagen im Sinne dieses Bundesgesetzes (kurz Brin­gungsanlagen genannt) sind Forststraßen (Abs. 2) und forstliche Materialseil­bahnen (Abs. 3).

(2) Eine Forststraße ist eine für den Verkehr von Kraftfahrzeugen oder Fuhr­werken bestimmte nichtöffentliche Straße samt den in ihrem Zuge befindlichen dazugehörigen Bauwerken,

1.   die der Bringung und dem wirtschaftlichen Verkehr innerhalb der Wälder sowie deren Verbindung zum öffentlichen Verkehrsnetz dient und

2.   die für eine Dauer von mehr als einem Jahr angelegt wird und

3.   bei der die mit der Errichtung verbundenen Erdbewegungen eine Änderung des bisherigen Niveaus von mehr als einem halben Meter ausmachen oder mehr als ein Drittel der Länge geschottert oder befestigt ist.

 

Nach § 62 Abs. 1 lit. c Forstgesetz 1975 bedarf die Errichtung von Forststraßen, wenn sie durch Schutzwald führen, der Bewilligung der Behörde (Errichtungs­bewilligung).

 

§ 21 Forstgesetz 1975 unterscheidet Standortschutzwälder und Objektschutz­wälder. Standortschutzwälder sind Wälder, die unter anderem auf Hängen stocken, wo gefährliche Abrutschungen zu befürchten sind. Liegen bei einem Wald die Voraussetzungen für die Qualifikation als Schutzwald vor, so hat der Waldeigentümer diesen als Schutzwald zu behandeln, auch wenn dieser nicht bescheidmäßig als Schutzwald festgestellt wurde (§ 22 Abs. 2 Forstgesetz 1975).

 

§ 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975 lautet:

 

(6) Wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vorschriften außer Acht lassen, hat die Behörde, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen ein­schließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, wie insbesondere

a)   die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung,

b)   die Verhinderung und die Abstandnahme von Waldverwüstungen,

c)   die Räumung des Waldes von Schadhölzern und sonstigen die Walderhaltung gefährdenden Bestandsresten, sowie die Wildbachräumung,

d)   die Verhinderung und tunlichste Beseitigung der durch die Fällung oder Brin­gung verursachten Schäden an Waldboden oder Bewuchs oder

e)   die Einstellung gesetzwidriger Fällungen oder Nebennutzungen,

dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen.

 

Die verfahrensgegenständliche Straße entspricht den Vorgaben des § 59 Abs. 2 Forstgesetz 1975. Sie dient der Bringung und dem wirtschaftlichen Verkehr innerhalb der Wälder sowie deren Verbindung zum öffentlichen Verkehrsnetz, wurde für eine Dauer von mehr als einem Jahr angelegt und die bei der Errichtung verbundenen Erdbewegungen machen eine Änderung des bisherigen Niveaus von mehr als einem halben Meter aus. Es handelt sich daher um eine Forststraße. Da diese durch Schutzwald führt, wäre deren Errichtung somit bewilligungspflichtig gewesen.

 

Da von den Beschwerdeführern die Errichtungsbewilligung für diese Forststraße nicht beantragt wurde, war diesem gesetzwidrigen Zustand von Seiten der belangten Behörde mit einem entsprechenden Entfernungsauftrag nach § 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975 zu begegnen.

 

Es war daher, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden.

 

 

II.            Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die angeführten Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen.

 

 

III.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Karin Lederer