LVwG-550867/8/HW

Linz, 15.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch den Senat I (Vorsitzender: Mag. Dr. Johannes Fischer, Berichter: Mag. Dr. Harald Wiesinger, Beisitzer: Dipl.-Päd. Ing. Josef Peterseil) über die Beschwerden von R und S S, X, beide vertreten durch Notar Dr. R P, X, gegen den Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Vöcklabruck bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22. März 2016, GZ: Agrar20-33-2-2015, betreffend die Versagung der Genehmigung einer Eigentumsübertragung nach dem Oö. Grundverkehrsgesetz (mitbeteiligte Partei: H K, X),

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Eingabe vom 24. September 2015 beantragten R und S S („Bf“) die Genehmigung der Übertragung des Eigentumsrechts am neu gebildeten Grundstück Nr. X, EZ X, Grundbuch X, durch den Mitbeteiligten aufgrund des Kaufvertrages vom 21.09.2015.

 

I.2. Am 13. Oktober 2015 befasste sich die Bezirksgrundverkehrskommission Vöcklabruck bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit dem Antrag der Bf, wobei die Versagung der beantragten Genehmigung beschlossen wurde. Nach Einlangen einer Stellungnahme des Vertreters der Bf im November 2015 wurde von der belangten Behörde in der Sitzung vom 10. Dezember 2015 nochmals der Beschluss gefasst, dem Antrag der Bf nicht stattzugeben. Ungeachtet dieser Entscheidung wurde noch ein fachliches Gutachten eingeholt und es wurde dieses der Bezirksgrundverkehrskommission Vöcklabruck bei der Bezirkshaupt-mannschaft Vöcklabruck in der Sitzung vom 26. Jänner 2016 zur Kenntnis gebracht.

 

I.3. Am 10. Februar 2016 wurde an den Vertreter der Bf ein Schreiben gesendet, in dem ausgeführt wird, dass „negativ entschieden wurde.“  Weiters wurde ein Schreiben von DI S zur Kenntnis gebracht und „nochmals die Gelegenheit gegeben innerhalb von zwei Wochen [...] eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.“

 

I.4. Mit Eingabe vom 23. Februar 2016, bei der belangten Behörde eingelangt am 24. Februar 2016, erstattete der Vertreter der Bf ein weiteres Vorbringen, welches unter anderem folgenden Wortlaut aufweist:

„Die in Aussicht gestellte Versagung der Zustimmung zum genannten Rechtsgeschäft wird durch die Grundverkehrsbehörde mit einem Verweis auf die Stellungnahme der Bezirksbauernkammer Vöcklabruck begründet. Darin wird ausgeführt: ‚Für die Haltung von Bienenvölkern braucht man demnach keinen eigenen Grund und Boden.‘ Dem ist jedoch zu entgegnen, dass dies auch für alle anderen landwirtschaftlichen Tätigkeiten gilt, wie die zahlreichen bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern gemeldeten Pachtverträge nahe legen. Ungeachtet dessen wurde noch in keiner anderen dem Antragsvertreter bekannten Angelegenheit der Erwerb des Eigentumsrechtes mit einer derartigen Begründung abgelehnt.“

 

I.5. Mit dem angefochtenen Bescheid, welcher auf den 22. März 2016 datiert, wurde die durch die Bf beantragte Genehmigung der Übertragung des Eigentumsrechts am neu gebildeten Grundstück Nr. X, EZ X, Grundbuch X, versagt. Dieser Bescheid weist unter anderem folgenden Wortlaut auf:

„Nach Darlegung des Antragsgegenstandes unter Einbeziehung der vorgelegten Unterlagen gelangte die Grundverkehrskommission in der Sitzung vom 13.10.2015 zu der Ansicht, dass im vorliegenden Fall eine landwirtschaftliche Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden soll, obwohl für die Haltung von Bienenvölkern grundsätzlich kein Bedarf an eigenen landwirtschaftlichen Flächen erforderlich ist.

Diese Entscheidung der Grundverkehrskommission wurde dem Rechtsvertreter der Ehegatten S im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Dazu wurde seitens des Vertreters festgestellt, dass dies - kein eigener Grund und Boden - auch für alle anderen landwirtschaftlichen Tätigkeiten gilt, wie die zahlreichen, bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern gemeldeten Pachtverträge nahelegen. Was damit gemeint ist und welche konkreten landwirtschaftlichen Tätigkeiten hier angesprochen wurden, die ohne Grund und Boden als solche geführt werden, darüber verschweigen sich die Antragsteller, wobei dies für die Entscheidung aufgrund der gesetzlichen Vorgaben im Grundverkehrsgesetz auch nicht entscheidend wäre. Weiters wurde in der Stellungnahme darauf verwiesen, dass ihm als Antragsvertreter noch kein derartiger Fall bekannt wäre, in dem der Erwerb des Eigentumsrechtes mit einer derartigen Begründung abgelehnt worden wäre.

Mit diesen Vorbringen konnten die Antragsteller den Bestimmungen des § 4 Abs. 5 Oö. Grundverkehrsgesetz nicht entsprechen, wonach Rechtserwerbe gemäß
§ 1, die die Voraussetzungen nach Abs. 2 nicht erfüllen, nur genehmigt werden, wenn sie in einem das öffentliche Interesse gem. Abs. 2 überwiegenden Interesse liegen und den sonstigen Zielen dieses Landesgesetzes nicht widersprechen.

Ungeachtet dieser Erstbeurteilung und des bisher durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde von der Bezirksgrundverkehrsbehörde noch ein Gutachten eines landwirtschaftlichen Sachverständigen eingeholt.

[...]

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat insbesondere unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Grünlandreferenten der Landwirtschaftskammer das Ergebnis erbracht, dass für die Haltung von Bienenvölkern kein eigener Grund und Boden notwendig ist. Die einzig mögliche Begründung wäre der Flächenbedarf für das Betriebsgebäude, welches allerdings im vorliegenden Fall bereits vorhanden ist. Damit kommt die Grundverkehrskommission zu der Erkenntnis, dass die vorgebrachte Argumentation der Antragsteller keinen ausreichenden Grund darstellt, das vertragsgegenständliche Grundstück der landwirtschaftlichen Nutzung zu entziehen [...].“

 

Der angefochtene Bescheid wurde nach dem Wortlaut „Der Vorsitzende-Stellvertreter“ unterfertigt.

 

I.6. Gegen diesen Bescheid richten sich die rechtzeitigen Beschwerden der Bf.

 

II. Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensablauf/Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den im Akt aufliegenden Unterlagen. Dieser Sachverhalt wird zudem auch durch das über Aufforderung durch das Landesverwaltungsgericht übermittelte Schreiben der belangten Behörde vom 18. Mai 2016 bestätigt, zumal darin ausgeführt wird, dass der grundsätzliche Beschluss für die negative Beurteilung bereits am 13.10.2015 gefällt worden sei und nach Einholung der Stellungnahme des Rechtsvertreters vom 11.11.2015 in der Sitzung vom 10.12.2015 neuerlich bestätigt und auch endgültig entschieden worden sei, wobei ungeachtet dieser Entscheidung zusätzlich noch ein fachliches Gutachten eingeholt und der Kommission bei der Sitzung am 26.01.2016 vorgelegt worden sei.

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

III.1. Gemäß § 31 Abs. 6 Oö. GVG hat das Landesverwaltungsgericht durch Senat zu entscheiden.

 

III.2. Eine allfällige Unzuständigkeit der Behörde ist vom Landesverwaltungsgericht gemäß § 27 VwGVG von Amts wegen wahrzunehmen.

 

Erledigungen eines Kollegialorganes bedürfen eines Beschlusses desselben. Üblicherweise erfolgt die Willensbildung einer Kollegialbehörde durch den Gesamtakt einer sich an die gemeinsame Erörterung der zu entscheidenden Angelegenheiten anschließenden Abstimmung. Die Willensbildung durch eine Kollegialbehörde umfasst nicht nur den Spruch, sondern auch den Inhalt und damit die wesentliche Begründung einer Erledigung (VwGH 5.11.2015, 2013/06/0086 m.w.N.). Für Kollegialorgane ist zwar grundsätzlich die Sachlage im Zeitpunkt der Beschlussfassung maßgeblich, sie sind nach der Rsp aber – in Ermangelung einer anders lautenden Regelung – berechtigt, auf Stellungnahmen und Beweisanträge, die nach Beschlussfassung, aber noch vor Abfertigen des Bescheides erfolgen, einzugehen, wobei im Falle der Ergänzung des Ermittlungsverfahrens eine neuerliche Beschlussfassung durch das Kollegialorgan erforderlich ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 39 Rz 42 m.w.N.). Liegt einem Bescheid, welcher nach seinem Erscheinungsbild intendiert, einem Kollegialorgan zugerechnet zu werden, kein entsprechender Beschluss dieses Organes zu Grunde, dann ist der Bescheid nach der Rsp des VwGH so zu betrachten, als ob er von einer unzuständigen Behörde erlassen worden wäre (vgl. etwa VwGH 8.10.1982, 82/08/0043; 8.3.1994, 93/08/0273). 

 

Nach der Fassung des dem gegenständlich angefochtenen Bescheid (scheinbar) zugrundeliegenden Beschlusses durch die Mitglieder der Bezirksgrundverkehrskommission Vöcklabruck bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck langte unter anderem im Februar 2016 eine Stellungnahme des Vertreters der Bf ein. Der Inhalt dieser Stellungnahme wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides teilweise wiedergegeben und es wurde daran anschließend ausgeführt, dass mit „diesen Vorbringen [...] die Antragsteller den Bestimmungen des § 4 Abs. 5 Oö. Grundverkehrsgesetz nicht entsprechen [konnten]“. Ein Bescheid ist rein objektiv seinem Wortlaut nach auszulegen (vgl. VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0053). Angesichts der Darstellung eines Teiles des Inhaltes der Stellungnahme vom Februar 2016 und der danach erfolgten Auseinandersetzung damit ist aber die Begründung des angefochtenen Bescheides objektiv dahingehend zu verstehen, dass auch der Inhalt der Stellungnahme vom Februar 2016 bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit der verfahrensgegenständlichen Eigentumsübertragung berücksichtigt wurde. Da diese Stellungnahme aber im Zeitpunkt des Beschlusses der Mitglieder der Bezirksgrundverkehrskommission in der Sitzung vom Dezember 2015 (bzw. auch in der Sitzung vom 26. Jänner 2016) noch nicht vorlag, konnte sie naturgemäß bei dieser Beschlussfassung auch nicht berücksichtigt werden, sodass zumindest ein nicht unwesentlicher Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides durch die Willensbildung der Kollegialbehörde nicht gedeckt ist. Es liegt daher gegenständlich einem Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides, welcher nach seinem Erscheinungsbild intendiert, der Bezirksgrundverkehrskommission Vöcklabruck bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zugerechnet zu werden, kein entsprechender Beschluss dieses Organes zu Grunde, weswegen der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit aufzuheben ist (vgl. VwGH 8.10.1982, 82/08/0043; 8.3.1994, 93/08/0273; 5.11.2015, 2013/06/0086).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

III.3. Obiter sei für das weitere Verfahren angemerkt:

 

III.3.1. Gemäß § 4 Abs. 2 Oö. GVG setzt eine Genehmigung nach dieser Bestimmung unter anderem voraus, dass den öffentlichen Interessen an der Schaffung, Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren oder kleinen land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprochen wird.

 

III.3.2. Für eine Genehmigung würde daher sprechen, wenn (1) für die Erwerber durch die geplante Bienenzucht voraussichtlich ein nachhaltiges (Nebenerwerbs-)Einkommen erzielbar ist und (2) die kaufgegenständlichen Flächen zur Umsetzung der geplanten Bienenzucht benötigt werden. Ausgehend vom Vorbringen der Käufer wird in diesem Zusammenhang vor allem zu beurteilen sein, ob die kaufgegenständlichen Flächen für die Aufstellung der Bienenstände (insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen des § 3 Oö. Bienenzuchtgesetz) benötigt werden (bzw., ob auf dem bereits im Eigentum der Käufer befindlichen Grundstück bereits eine ausreichende Möglichkeit zur Aufstellung der Bienenstände vorhanden ist).

 

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die Kosten für den Ankauf des verfahrensgegenständlichen Grundstückes (Anschaffungskosten) bei der Beurteilung der Möglichkeit zur Erzielung eines nachhaltigen Einkommens durch die geplante Bienenzucht nicht zu berücksichtigen sind: Für die Aufwendung des Kaufpreises erwerben die Käufer nämlich einen entsprechenden dauerhaften Gegenwert in Form der Grundfläche, ein (abnutzbares) Gebäude befindet sich auf der kaufgegenständlichen Fläche nicht.

 

III.4. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Aufhebung wegen Unzuständigkeit steht im Einklang mit der Rsp des VwGH (vgl. etwa VwGH 8.10.1982, 82/08/0043; 8.3.1994, 93/08/0273; 5.11.2015, 2013/06/0086).

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Johannes Fischer