LVwG-601309/9/MB/BD

Linz, 08.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des Herrn HR Dr.jur. R K, geb. x 1960, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Februar 2016, VerkR96-32282-2014, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, als die Geldstrafe mit 72 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 25 Stunden) festgesetzt wird.

 

II.      Gemäß § 52 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten. Die Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde reduzieren sich auf 10 Euro.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (in Folge: belangte Behörde) warf dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) mit Straferkenntnis vom 18. Februar 2016, VerkR96-32282-2014, eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 2c Z9 iVm § 46 Abs. 6 StVO vor und verhängte über ihn gemäß § 99 Abs. 2c Z9 StVO eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 69 Stunden). Weiters wurde dem Bf von der belangten Behörde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 15 Euro auferlegt.

 

Begründend führt die belangte Behörde im Wort aus:

I. Aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion Linz Bürgerstraße vom 07.07.2014 wurde Ihnen als Lenker des KFZ mit dem pol. Kennzeichen x mit Strafverfügung der LPD , Strafamt Linz vom 08.07.2014 die vom SPK Linz angezeigte Verwaltungsübertretung nach § 46 Abs. 6 StVO zur Last gelegt.

 

Gegen diese Strafverfügung haben Sie mit E-Mail vom 24.07.2014 innerhalb offener Frist Einspruch erhoben, in dem Sie im Wesentlichen anführten, dass Sie zu keiner Zeit ein Einsatzfahrzeug am Vorbeifahren behindert hätten. Weiters führten Sie an, es habe keinen „stockenden" Verkehr gegeben. Sie hätten Ihr Fahrzeug immer mit einer Geschwindigkeit von 25 bis 55 km/h lenken können. Die Bildung einer Rettungsgasse sei daher gemäß Ihrer Auffassung nicht notwendig gewesen. Des Weiteren gaben Sie an, dass Sie das zivile Einsatzfahrzeug, welches mit Blaulicht aber ohne Folgetonhorn unterwegs gewesen sei, schon von weitem im Rückspiegel gesehen hätten und bereits zu diesem Zeitpunkt an den rechten Rand gefahren seien. Daher habe das Einsatzfahrzeug mit unvermindert hoher Geschwindigkeit ungehindert an Ihnen vorbeifahren können. Sie seien selbst Rettungssanitäter und wüssten daher um die Notwendigkeit der Bildung einer Rettungsgasse.

 

In der aufgrund ihrer Einspruchsangaben eingeholten Stellungnahme der Meldungslegerin vom 18.08.2014 führt dieser an, dass die Geschwindigkeit der auf der Autobahn befindlichen Fahrzeuge von 0 km/h, also Stillstand, bis maximal - wenn nicht sogar darunter - 25 km/h gereicht habe. Wie bereits in der Anzeige geschildert, hätten bis auf wenige Ausnahmen (diese seien zur Anzeige gebracht worden) alle Fahrzeuge ordnungsgemäß die Rettungsgasse gebildet. Aufgrund der Behinderung durch Ihr Fahrzeug habe das Einsatzfahrzeug abgebremst werden müssen und sei es dem Einsatzfahrzeug vorerst nicht möglich gewesen, vorbeizufahren. Eine Geschwindigkeit des Einsatzfahrzeuges von 70 - 80 km/h sei aufgrund der vorherrschenden Verkehrssituation (stockender Verkehr sowie Behinderung während der Fahrt durch die Rettungsgasse) definitiv nicht möglich gewesen.

 

Die Meldungslegerin verweist darauf, dass sich im angeführten Bereich - entgegen Ihren Angaben - sehr wohl ein Pannenstreifen befinde, den Sie auch befahren hätten müssen, um eine ordnungsgemäße Rettungsgasse zu bilden.

Abschließend stellt die Meldungslegerin fest, dass das Einsatzfahrzeug im angeführten Bereich mit Blaulicht und dauerndem Folgetonhorn unterwegs gewesen sei.

 

Aufgrund ihres Wohnsitzes wurde das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 29a VStG an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abgetreten.

 

Mit Schreiben der hs. Behörde vom 16.09.2014 wurde Ihnen die Stellungnahme der Meldungslegerin übermittelt und wurde Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, sich zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu äußern.

 

Mit Email vom 29.09.2014 teilten Sie mit, dass der Auffassung der Beamten, wonach bei einer Geschwindigkeit von 25 km/h bereits eine Rettungsgasse zu bilden sei, und dies auch von der Mehrheit der sich zu diesem Zeitpunkt auf der Autobahn befindlichen Personen so gesehen worden wäre, der Gesetzestext entgegenzusetzen wäre, der besagt, dass eine Rettungsgasse nur bei „stockendem" Verkehr zu bilden ist. Sie führten weiters an, dass Sie Ihre Äußerungen des Einspruches vom 24.07.2014 beibehalten und alle Aussagen, die im Internet zur Zeit zum Thema „verpflichtende Bildung einer Rettungsgasse" gefunden werden können, aussagen, dass bei fahrendem Verkehr keine Verpflichtung zur Bildung einer Rettungsgasse besteht. Sie wiederholten auch, dass Sie das Einsatzfahrzeug zu keiner Zeit behindert hätten und die Aussage der anzeigenden Beamten nicht nachvollziehen könnten, da Sie mit offenem Verdeck gefahren seien, und daher beste Rundumsicht und beste Hörverhältnisse gehabt hätten.

 

Aufgrund Ihrer Stellungnahme wurde die Einvernahme der beiden Zeugen veranlasst. Die Meldungslegerin gab anlässlich Ihrer Zeugeneinvernahme bei der LPD Linz am 17.12.2014 an, dass sie bei den Angaben, die sie schon in der Stellungnahme zum Einspruch des Beschuldigten gemacht hat, bleibe. Sie sei auf jeden Fall mit Folgetonhorn unterwegs gewesen. Der Verkehr habe gestockt und daher habe die Mehrheit der Fahrzeuglenker eine Rettungsgasse gebildet. Eine genaue Einschätzung der Geschwindigkeit könne Sie zum Zeitpunkt der Befragung keine mehr angeben. Auch der zweite Beamte, der sich im Fahrzeug befunden hat, gibt anlässlich seiner Einvernahme an, dass das Folgetonhorn ca. ab der Adresse G eingeschaltet wurde. Er sagte weiters aus, dass auf keinen Fall fließender Verkehr vorherrschte, sondern dass die Fahrzeuge immer wieder zum Stillstand gekommen seien.

Mit Schreiben vom 15.01.2015 wurden Ihnen diese Zeugenaussagen zur Kenntnisnahme übermittelt.

In Ihrem Email vom 06.02.2015 führten Sie im Wesentlichen an, dass Sie sich sicher seien, dass der Verkehr zu keinem Zeitpunkt zum Stillstand gekommen sei, sondern zähflüssig gewesen sei. Sie hätten das Einsatzfahrzeug auch zu keinem Zeitpunkt so behindert, dass es nicht an Ihnen vorbeigekommen wäre. Ihrer Erinnerung nach sei das Einsatzfahrzeug auch nie direkt hinter Ihnen, sondern habe mit relativ hoher Geschwindigkeit zwischen den Fahrzeugen durchfahren können, weil ja eine Rettungsgasse gebildet worden sei, die aber nach Ihrem Rechtsverständnis noch nicht zwingend zu bilden war. Im Zuge des Schreibens haben Sie auch darauf verwiesen, dass es auf diesem Streckenabschnitt der A7 aufgrund mehrerer Faktoren nicht möglich sei, durchgehend eine Rettungsgasse zu bilden. Sie seien mit Ihrem Fahrzeug am äußersten rechten Fahrbahnrand gefahren.

 

 

II. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest: Sie haben am 04.07.2014 um 13.56 Uhr in der Gemeinde A 7, Mühlkreisautobahn, Strkm 9,5, zwischen Abfahrt „Prinz-Eugen-Straße" und Abfahrt „Perg/Ebelsberg" stadtauswärts, als Lenker des KFZ mit dem pol. Kz. x, trotz „Stop-and-go-Verkehr" keine Rettungsgasse im Sinne des § 46 Abs. 6 StVO gebildet und war damit eine Behinderung eines Einsatzfahrzeuges gegeben. Die Behinderung war dadurch gegeben, dass Sie mit Ihrem Fahrzeug nicht äußerst rechts gefahren sind und das Einsatzfahrzeug nicht vorbeifahren konnte.

 

III. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Anzeige, der Stellungnahme und der Aussagen der beiden Zeugen.

 

Sie sind diesem Sachverhalt im Zuge des durchgeführten Ermittlungsverfahrens entgegengetreten, indem Sie im Wesentlichen anführten, dass kein Stocken, dh. kein Stillstand des Verkehrs aufgetreten sei. Es sei auch keine „Stau"bildung im Sinne einer stehenden oder zum Stillstand kommenden Kolonne abseh- oder vorhersehbar gewesen. Eine gewisse „Zähflüssigkeit" sei an Freitagen um diese Zeit immer gegeben. Die Feststellung, dass überhaupt eine Rettungsgasse verpflichtend zu bilden gewesen wäre, sei somit unrichtig. Sie hätten im Übrigen das zivile Einsatzfahrzeug, welches mit Blaulicht ohne Folgetonhorn unterwegs gewesen sei, bereits von weitem im Rückspiegel gesehen und seien ja schon zu diesem Zeitpunkt am ganz rechten Straßenrand der Fahrbahn gewesen und eine Rettungsgasse sei somit bereits gebildet worden (ein Pannenstreifen sei im dortigen Bereich nicht vorhanden). Das Einsatzfahrzeug habe auch mit unvermindert hoher Geschwindigkeit in der Mitte der Fahrbahn ohne jedwede Behinderung an Ihnen vorbeifahren können. Sie hätten das Einsatzfahrzeug somit keinesfalls behindert.

 

Dem entgegenstehen die Angaben der Meldungslegerin, die angibt, dass die Geschwindigkeit der auf der Autobahn befindlichen Fahrzeuge von 0 km/h, also Stillstand, bis maximal - wenn nicht sogar darunter - 25 km/h gereicht habe. Bis auf wenige Ausnahmen (diese seien zur Anzeige gebracht worden) hätten alle Fahrzeuge ordnungsgemäß die Rettungsgasse gebildet. Aufgrund der Behinderung durch Ihr Fahrzeug habe das Einsatzfahrzeug abgebremst werden müssen und sei es dem Einsatzfahrzeug vorerst nicht möglich gewesen, vorbeizufahren. Die Meldungslegerin verweist darauf, dass sich im angeführten Bereich sehr wohl ein Pannenstreifen befinde, den Sie auch befahren hätten müssen, um eine ordnungsgemäße Rettungsgasse zu bilden. Das Einsatzfahrzeug sei im angeführten Bereich mit Blaulicht und dauerndem Folgetonhorn unterwegs gewesen.

Auch der zweite Beamte, der sich im Fahrzeug befunden hat, gibt anlässlich seiner Einvernahme an, dass das Folgetonhorn ca. ab der Adresse G eingeschaltet wurde und dass die Fahrzeuge immer wieder zum Stillstand gekommen seien.

 

Die Behörde folgt diesbezüglich den glaubwürdigen und in sich schlüssigen Aussagen Zeugen. Die Behörde sah daher keinen Grund an den unbedenklichen und nachvollziehbaren Aussagen der unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen zu zweifeln, zumal diese für falsche Aussagen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.

Hinzu kommt, dass es auch in inhaltlicher Hinsicht glaubwürdig erscheint, dass an einem Freitagnachmittag auf der A7 zwischen der Abfahrt Prinz-Eugen-Straße und dem Tunnel Niedernhart ein Stop-and-go-Verkehr herrschte, also sich die Fahrzeuge zwar teilweise langsam vorwärts bewegen konnten, aber auch häufig zum Stillstand kamen.

Es erscheint auch nicht plausibel, dass die Beamten, die während der ggst. Einsatzfahrt eine große Zahl von Fahrzeugen passieren mussten, eine Anzeige gegen Sie erstattet hätten, hätte das Einsatzfahrzeug tatsächlich ungehindert an Ihrem PKW vorbeifahren können. Es ist nämlich nicht ersichtlich, wieso die beiden Beamten Sie grundlos einer Verwaltungsübertretung bezichtigen sollten. In diesem Zusammenhang wird auf das VwGH-Erkenntnis vom 19.12.1990, 90/03/0035, verwiesen, wonach von einem geschulten Sicherheitswachebeamten zu erwarten ist, dass er über die in Ausübung des Dienstes gemachten Wahrnehmungen richtige Angaben macht. Es war daher der Sachverhalt wie in Punkt II. festzustellen.

 

IV. Rechtsgrundlagen: IV.1. In der Sache:

Wenn gemäß § 46 Abs. 6 StVO der Verkehr auf einer Richtungsfahrbahn in einem Abschnitt mit mindestens zwei Fahrstreifen stockt, so müssen Fahrzeuge für die Durchfahrt von Einsatzfahrzeugen in der Mitte zwischen den Fahrstreifen, in Abschnitten mit mehr als zwei Fahrstreifen zwischen dem äußerst linken und dem daneben liegenden Fahrstreifen, eine freie Gasse bilden (Rettungsgasse); diese Gasse darf, außer von Einsatzfahrzeugen? nur von Fahrzeugen des Straßendienstes und Fahrzeugen des Pannendienstes benützt werden.

 

IV.2. Schuld und Strafbemessung:

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Gemäß § 99 Abs. 2c Zif. 9 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2 180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges trotz Vorliegens der Voraussetzungen keine Rettungsgasse bildet, wenn damit eine Behinderung von Einsatzfahrzeugen, Fahrzeugen des Straßendienstes oder Fahrzeugen des Pannendienstes verbunden ist.

 

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

§ 19 Abs 2 VStG sieht vor, dass im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen sind. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

IV.3. Verfahrensrecht:

 

Gemäß § 64 Abs 1 und Abs 2 VStG hat der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten. Dieser Beitrag ist mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro pro Delikt zu bemessen.

 

V.   Die Behörde hat Folgendes erwogen:

 

Aufgrund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses und der unter Punkt III. erfolgten Beweiswürdigung ist es für die Behörde als erwiesen anzusehen, dass Sie als Lenker des angeführten KFZ zum angegebenen Zeitpunkt an den genannten Örtlichkeit trotz stockenden Verkehrs keine Rettungsgasse im Sinne des § 46 Abs. 6 StVO gebildet haben und damit eine Behinderung eines Einsatzfahrzeuges verbunden war.

 

Hinsichtlich Ihres Vorbringens, dass zum angeführten Zeitpunkt die Verpflichtung zur Bildung einer Rettungsgasse noch nicht vorgelegen sei, da die Fahrzeuge nicht zum Stillstand gekommen seien und somit noch kein Stau vorgelegen sei, wird auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend § 46 Abs. 6 und § 47 StVO verwiesen, in der Nachstehendes ausgeführt wird:

 

Mit dem neuen § 46 Abs. 6 wird in Österreich das System der sogenannten „Rettungsgasse" eingeführt. Wann immer sich auf einer Richtungsfahrbahn einer Autobahn mit mindestens zwei Fahrstreifen ein Stau aufzubauen beginnt, sollen die Autofahrer verpflichtet sein, vorausschauend eine Gasse freizuhalten, durch die Einsatzfahrzeuge ungehindert zu ihrem Einsatzort gelangen können. Diese Regelung entspricht einer langjährigen Forderung der Einsatz-und Rettungsorganisationen und hat sich in Deutschland und anderen Ländern gut bewährt. Sofern ein Pannenstreifen vorhanden ist, wird dabei auch ein Ausweichen auf den Pannenstreifen zwecks Bildung der Rettungsgasse - vergleichbar dem Einfahren in eine Kreuzung trotz roter Ampel, um einem Einsatzfahrzeug Platz zu machen - als gerechtfertigt anzusehen sein [..]

 

Im gegenständlichen Fall nimmt es die Behörde als erwiesen an, dass Stop-and-go-Verkehr herrschte, also nicht von einem sich durchgehend bewegenden Verkehrsfluss auszugehen ist, sondern die Fahrzeuge häufig auch wieder zum Stillstand kamen. Damit lag nicht bloß ein zähflüssiger Verkehr vor, sondern bestanden tatsächlich Hemmungen in der regelmäßigen Abwicklung des Verkehrs. Durch den wiederholten Stillstand der Fahrzeuge war nämlich von einer „beginnenden Stauung" bzw. „stauähnlichen Zuständen" auszugehen (vgl. hierzu etwa Rappold/Edelsbrunner, ZVR 2013/3). Eine derartige Situation ist als Stocken des Verkehrs tatbildlich, weshalb eine Rettungsgasse zu bilden gewesen wäre.

 

Da das Einsatzfahrzeug abbremsen bzw. darauf warten musste, dass der Verkehrsfluss wieder in Bewegung kam, um passieren zu können, lag außerdem eine Behinderung eines Einsatzfahrzeuges vor. Somit ist die objektive Tatseite als erfüllt anzusehen.

 

 

Hinsichtlich des Verschuldens ist anzumerken, dass es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt und für die Strafbarkeit Fahrlässigkeit genügt. Fahrlässigkeit ist dann ohne weiteres anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Wie den Aussagen der Zeugen zu entnehmen ist, war das Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und Folgetonhorn unterwegs und hatte der Großteil der übrigen Fahrzeuglenker bereits eine Rettungsgasse gebildet. Es lagen daher nach Ansicht der Behörde keine Umstände vor, die Ihr Verschulden ausschließen würden, weshalb Ihnen die fahrlässige Begehung des im Spruch angeführten Delikts vorzuwerfen ist. Somit ist auch die subjektive Tatseite erfüllt.

 

 

Bei der Strafbemessung wurde hinsichtlich Ihrer zu berücksichtigenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse mangels Bekanntgabe von folgender Schätzung ausgegangen: Einkommen: 3500 Euro, kein Vermögen, keine Sorgepflichten

 

Strafmildernd war Ihre bisherige Unbescholtenheit im hs. Verwaltungsbezirk zu werten, straferschwerende Umstände waren nicht bekannt.

 

Weiters war im konkreten Fall aufgrund der bisherigen Dauer des Verfahrens im Sinne von Art 6 EMRK und dem darin normierten Grundsatz einer angemessenen Verfahrensdauer eine Minderung der Strafe herbeizuführen.

 

Unter Beachtung der oben dargestellten Grundsätze und der hier angestellten Überlegungen ist eine Herabsetzung der Geldstrafe auf 150 Euro vertretbar. Die verhängte Geldstrafe befindet sich damit im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (bis 2.180 Euro).

 

 

VI. Im Ergebnis steht für die Behörde aufgrund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses zweifelsfrei als erwiesen fest, dass Sie im konkreten Fall die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung begangen haben und Ihnen die Tat in objektiver und - da keinerlei Entschuldigungsgründe ersichtlich sind - auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen ist. Die gegen Sie verhängte Strafe erscheint als tat- und schuldangemessen und geeignet, Sie in Hinkunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Bf mit Schreiben vom 14. März 2015 rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und führt darin Folgendes aus:

 

Anträge und Begehren:

Gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Februar 2016, Geschäftszeichen VerkR96-32282-2014 erhebe ich hiermit innerhalb der Frist von vier Wochen nach der Zustellung am 27. Februar 2016 Beschwerde an das Verwaltungsgericht und stelle den Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie gegebenenfalls Durchführung eines Lokalaugenscheins auf der A7 bei Streckenkilometer ca. 8,5 zum Zwecke der Aufhebung des gegenständlichen Straferkenntnisses VerkR96-32282-2014 wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, fehlender bzw. unrichtiger Sachverhaltsfeststellungen sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

 

 

Begründung:

Der Vorwurf, ich hätte am 4. 7. 2014 auf der A7 bei Straßenkilometer 9,5 zwischen Abfahrt Prinz-Eugen-Straße und Abfahrt Perg-Ebelsberg trotz stockendem Verkehr keine Rettungsgasse gebildet und in Folge ein Einsatzfahrzeug behindert, somit die Rechtsvorschrift des § 99 Abs. 2c Zif. 9 in Verbindung mit § 46 Abs. 6 StVO verletzt, wird - wie schon in meinen Stellungnahmen aus den Jahren 2014 und 2015 - zur Ganze bestritten.

 

 

Es ist unrichtig, dass ich ein Einsatzfahrzeug in irgendeiner Hinsicht am Vorbeifahren „behindert" habe, als dieses mein Fahrzeug auf der A7 tatsächlich bei Straßenkilometer ca. 8,5 mit relativ hoher Geschwindigkeit passiert hat. Ich habe in den vergangenen zwei Jahren wiederholt festgehalten, dass ich das Blaulicht des Einsatzfahrzeuges schon vorher von weitem im Rückspiegel gesehen hatte und ich mein Fahrzeug daher an den äußerst rechten Rand der Fahrbahn hinbewegt habe, sodass das Vorbeifahren möglichst ungehindert möglich ist.

Der Sachverhaltsvorwurf, die Beamten hätten ihr Fahrzeug abbremsen müssen, um an mir vorbeifahren zu können, kann höchstens derart verstanden werden, dass aufgrund der „Verengung" der Gesamtstraßenbreite wegen nicht vorhandenem Pannenstreifen zum Zeitpunkt des Vorbeifahrens schlicht weniger Seitenabstand möglich war und daher für den Lenker / die Lenkerin des Einsatzfahrzeuges größere Vorsicht geboten war. Dennoch ist das Einsatzfahrzeug „sehr schnell" an mir vorbeigefahren. In meiner ersten Stellungnahme habe ich die Auffassung vertreten, dass es zwischen 70 und 80 km/h gewesen sein könnten, was von der Lenkerin des Einsatzfahrzeuges bestritten wurde („das sei wegen der herrschenden Verkehrslage nicht möglich gewesen") Die Lenkerin des Einsatzfahrzeuges konnte bei ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme durch die Behörde allerdings „keine genaue Schätzung machen mit welcher Geschwindigkeit sie an mir vorbeigefahren ist". Seitens der Behörde gibt es dazu schlicht keine Feststellungen mehr.

 

Gerade die hohe Geschwindigkeit, mit der nach meiner Wahrnehmung das Einsatzfahrzeug mein Fahrzeug passiert hat ist aber ein ganz wesentliches Merkmal dafür, dass es objektiv gesehen keine Behinderung gegeben hat und sich sehr wohl mein Fahrzeug bereits am äußerst rechten Rand der Straße befunden hat.

Ich habe in meinen Stellungnahmen bereits ausgeführt dass es auf der A7 keinen durchgehenden Pannenstreifen gibt und halte hier nochmals fest, dass eben insbesondere ca. bei Straßenkilometer 8,5 kein solcher vorhanden ist und mein Fahrzeug maximal ca. 10 bis 20 cm von der Leitschiene am rechten Straßenrand entfernt war, als das Einsatzfahrzeug an meinem Fahrzeug vorbeigefahren ist.

Das Einsatzfahrzeug ist auch niemals direkt hinter mir auf der gleichen Spur gefahren und hat nach meiner Wahrnehmung- ich wiederhole - ungehindert in der Mitte der Fahrbahn durchfahren können.

 

Schon alleine aus diesem Grund entbehrt daher die Bestrafung jeglicher Rechtsgrundlage und wird daher die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sowie gegebenenfalls auch die Durchführung eines Lokalaugenscheins auf der A7 sowie die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

 

Darüber hinaus wird zurzeit auch bestritten, dass auf dem genannten Streckenabschnitt der A7 zwischen ca. Km 9,5 und Km 8,5 überhaupt eine so genannte „Rettungsgasse" verpflichtend zu bilden gewesen wäre. In diesem Streckenabschnitt gab es am 4. 7. 2014 um 13:56 Uhr keinen „stockenden" sondern „zähflüssigen" Verkehr. Die Kolonnen kamen auf diesem Streckenabschnitt nie zum Stillstand („0 km/h") sondern es konnte immer mit einer Geschwindigkeit von mindestens ca. 20 - 40 km/h laut Tachoanzeige gefahren werden. An einem Freitag um diese Uhrzeit ist zähflüssiger Verkehr auf diesem Streckenabschnitt der A7 nichts Außergewöhnliches -es kann aber deshalb noch nicht von „Stau" oder „Stockung" des Verkehrs gesprochen werden, womit immer auch „Stillstand" gemeint ist.

 

Es ist auch festzuhalten, dass nach meiner Wahrnehmung weder in den Rundfunkdurchsagen des Verkehrsfunks noch mittels Anzeigetafel der Asfinag ein solcher Stau oder das Stocken des Verkehrs in diesem Streckenabschnitt angesagt bzw. angezeigt - somit nachvollziehbar dokumentiert worden wäre.

 

Die Sachverhaltsfeststellungen der Behörde haben in dieser Hinsicht überhaupt keine objektiven Ergebnisse - also keine Dokumentation dieses Sachverhalts dargelegt sondern berufen sich auf die Aussagen der Exekutivbeamten des Einsatzfahrzeugs, welche sich aber doch während ihrer sehr kurzen Wahrnehmungsphase ab der (glaublich) Auffahrt Hafenstraße bis zur Abfahrt Linz-Ebelsberg schon mit Blaulicht und entsprechend hoher Geschwindigkeit auf dem Weg zu einem anderen Einsatzort befunden haben! somit wohl möglichst rasch zu diesem gelangen wollten und auch rasch diesen Streckenabschnitt passieren konnten.

Ich möchte damit zum Ausdruck bringen, dass andere Fahrzeuglenker, welche das Auffahren des Einsatzfahrzeuges bemerkt haben, wohl deshalb stehen geblieben sein könnten, um eben das Einsatzfahrzeug besser vorbeifahren zu lassen , es zuvor jedoch nicht den Grund „Stau" für eine Anhaltung dieser Fahrzeuge gegeben hat.

 

Im Zuge des Verfahrens wird sich daher auch ergeben, dass auf dem Streckenabschnitt ca. Km 9,5 bis ca. Km 8,5 aus objektiver Sicht das Kriterium einer Verpflichtung zur Bildung einer Rettungsgasse an sich nicht bestanden hat und dass die Behörde diesen Sachverhalt fälschlicher Weise als gegeben angenommen hat. Insbesondere hat sie es unterlassen, dafür nachvollziehbare Beweise z. B. in Form von. Asfinag-Dokumentationen, sonstigen Informationseinholungen oder auch Videoaufzeichnungen, die ja meines Wissens grundsätzlich mit (einigen) zivilen Einsatzfahrzeugen möglich sind, zu liefern.

 

Ich konnte an diesem Tag jedenfalls den genannten Streckenabschnitt ab Auffahrt Urfahr ohne jeglichen Stillstand meines Fahrzeugs durchfahren.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Beschwerde des Bf unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom
25. März 2016, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm
§ 3 VwGVG).

 

4. Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

 

II.

 

1. Gemäß §§ 27 iVm 9 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und Z 4 VwGVG) zu prüfen. Die Beschwerdegründe und das Begehren bilden den Prüfungsumfang und -gegenstand des Verfahrens.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und die Schriftsätze samt Beilagen sowie Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mit der Einvernahme des das Einsatzfahrzeug lenkenden Polizeiorganes.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von dem unter Punkt I. dargestellten, entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus, wobei ergänzend auf Basis der öffentlichen mündlichen Verhandlung nachfolgend festzustellen ist:

Der Bf lenkte sein Fahrzeug am rechten Fahrbahnstreifen und bewegte sich im Zeitpunkt der die Rettungsgasse auslösenden Verkehrssituation beinahe am rechten Fahrbahnrand. Im Zeitpunkt der Wahrnehmung des nahenden Einsatzfahrzeuges fuhr der Bf noch weiter an den rechten Fahrbahnrand. Sodann fuhr das Einsatzfahrzeug zügig am Fahrzeug des Bf, welches zwischen km 8,0 und 8,5 auf der A 7 Mühlkreisautobahn stand, vorbei, wobei hier festgestellt werden muss, dass auf dem rechten Fahrbahnrand eine Einfahrts- in eine Abfahrtssituation übergeht und ein geringer bzw. kein Fahrbahnrand bzw. Pannenstreifen vorhanden ist. Ob das Einsatzfahrzeug gänzlich abgebremst wurde, kann vom Landesverwaltungsgericht nicht festgestellt werden. In Bezug auf die Verkehrssituation ist festzustellen, dass das Beweisverfahren ergeben hat, dass kein akuter Stau gegeben war. Vielmehr war der Verkehr zähflüssig. Obschon der Bf nach eigenen Aussagen oftmals diese Strecke fährt und nach allgemeiner Kenntnis des Gerichts diese Strecke als stauanfällig erkannt werden muss, ist der Bf weitgehend im zweiten Gang seines Kfz’s gefahren. Weiters ist zu erkennen, dass Fahrzeuge welche hinter dem Bf vom heranfahrenden Einsatzfahrzeug – welches mit Dauerfolgeton fuhr – die Rettungsgasse bildeten und bereits eine stauähnliche Situation gegeben war.

 

Diese Feststellungen ergeben sich unstrittig aus den Aussagen des Bf und des Zeugen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

 

III.

 

1. Die im gegenständlichen Fall einschlägigen Normen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl 1960/159 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung, lauten:

 

§ 46 Abs. 6 StVO 1960 normiert: Stockt der Verkehr auf einer Richtungsfahrbahn in einem Abschnitt mit mindestens zwei Fahrstreifen, so müssen Fahrzeuge für die Durchfahrt von Einsatzfahrzeugen in der Mitte zwischen den Fahrstreifen, in Abschnitten mit mehr als zwei Fahrstreifen zwischen dem äußerst linken und dem daneben liegenden Fahrstreifen, eine freie Gasse bilden (Rettungsgasse); diese Gasse darf, außer von Einsatzfahrzeugen, nur von Fahrzeugen des Straßendienstes und Fahrzeugen des Pannendienstes benützt werden.

 

Gem. § 99 Abs. 2c Z 9 StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2 180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges trotz Vorliegens der Voraussetzungen keine Rettungsgasse bildet, wenn damit eine Behinderung von Einsatzfahrzeugen, Fahrzeugen des Straßendienstes oder Fahrzeugen des Pannendienstes verbunden ist.

 

2. Im gegenständlichen Fall ist zunächst zu erkennen, dass zwar kein Stau zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt auf der A 7 am verfahrensgegen-ständlichen Tatort geherrscht hatte, jedoch eine zähe Verkehrssituation, welche aufgrund der – dem Bf auch bestens bekannten – staugefährdeten Straßen-konstellation jederzeit in einen Stau umschlagen konnte. Insofern ist auch eine derartige Verkehrssituation tatbestandsmäßig (s dazu Pürstl, StVO-ON § 46 StVO Anm 20). Es wäre sohin eine Rettungsgasse vom Bf zu bilden gewesen. Der Bf hat sein Fahrzeug aber entsprechend der Feststellungen nicht ausreichend an den rechten Fahrbahn manövriert, um eine Gasse iSd § 46 Abs. 6 StVO 1960 zu bilden. Dies erhellt sich schon alleine daraus, als der Bf selbst angibt, dass er nach dem Auftauchen des Einsatzfahrzeuges bei seinem Kfz noch ein weiteres Stückchen an den rechten Fahrbahnrand gefahren ist.

 

3. Das Teilblankett der Strafnorm des § 99 Abs 2c Z 9 StVO 1960 fordert weiter, dass zusätzlich zur Nichtbildung der Rettungsgasse die Behinderung eines Einsatzfahrzeuges erfolgte. Dies ergibt sich wiederum aus den Feststellungen. Das Einsatzfahrzeug hat aufgrund der Fahrzeugausrichtung des Bf abbremsen müssen und konnte seine Einsatzfahrt zum Raubüberfall nur unter Absenken der Geschwindigkeit fortsetzen.

 

4. Die StVO enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens bei § 99 Abs. 2c Z 9 StVO, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Der Bf erstattet hier kein taugliches Vorbringen. Insbesondere sind Wahrnehmungsmängel kein Ansatz für den Ausschluss der Fahrlässigkeit, sondern finden allenfalls im Rahmen eines Tatbildirrtums als Kehrseite der kognitiven Komponente des Vorsatzes Niederschlag.

 

Im Ergebnis bedeutet dies, dass sich der Bf hinsichtlich des Vorliegens der subjektiven Tatseite nicht exkulpieren kann, weshalb ihm die Tat auch subjektiv vorgeworfen werden kann.

 

4.1. Im Hinblick auf die Strafbemessung ist zusätzlich zur, von der belangten Behörde durchgeführten, zu erkennen, dass die im Rahmen des § 19 Abs. 1 VStG vorzunehmende Gewichtung eine Veränderung erfährt. Einerseits muss hier die Bedeutung des fragmentarisch geschützten Rechtsgutes und andererseits die Intensität der Beeinträchtigung gewogen werden. V.a. im Hinblick auf die Intensität der Beeinträchtigung ist zunächst zu erkennen, dass der Bf aufgrund der Straßensituation einen wesentlich geringeren Spielraum für Handlungsalternativen zur Verfügung hatte. Insofern hat eine bloße geringfügige Fehlstellung des Kfz’s des Bf das Unwerturteil zur Folge. Weiters ist zu erkennen, dass die Beeinträchtigung auch zeitlich nur sehr kurzfristig war, da das Einsatzfahrzeug lediglich kurz und in geringer Intensität beeinträchtigt wurde. Vor diesem Hintergrund stellte sich die Höhe der von der belangten Behörde verhängten Geldstrafe als nicht tatangemessen dar und war daher auf die Mindeststrafe zu reduzieren.

 

4.2. § 45 Abs. 1 Z 4 VStG konnte nicht zur Anwendung gebracht werden, da die Bedeutung des hinter § 99 Abs. 2c Z 9 StVO stehenden Rechtsgutes der Gewährleistung der Einsatzfähigkeit von Einsatzfahrzeugen, Fahrzeugen des Straßendienstes bzw. Fahrzeugen des Pannendienstes nicht als gering anzusehen ist, da diese Dienste für den ordnungsgemäßen und sicheren Ablauf des Verkehrs und zusätzlich dazu in Wechselwirkung zum Schutz von verschiedensten Rechtsgütern (Leib, Leben, Vermögen etc.) stehen.

 

5. Gemäß § 52 VwGVG hat die Bf keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht zu tragen und war gem. § 64 VStG der Kostenbeitrag für das Verfahren vor der belangten Behörde auf 10 Euro herabzusetzen.

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter