LVwG-601408/2/MS

Linz, 09.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Herrn A V, T, W, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich – Polizeikommissariat Wels, vom 27. April 2016, GZ: VStV/915301757165/2015, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 21 Abs. 1 StVO

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und die Geldstrafe auf 170,00 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage, 7 Stunden herabgesetzt.

 

II.         Die Kosten zum Verfahren vor der belangten Behörde reduzieren sich auf 17,00 Euro. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

III.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich – Polizeikom-missariat Wels (im Folgenden: belangte Behörde) vom 27. April 2016, VStV/915301757165/2015, wurde über Herrn A V, T, W (im Folgenden: Beschwerdeführer) wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 21 Abs. 1 StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 200,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) verhängt, da dieser am 20. September 2015 um 17.45 Uhr in Aistersheim, A8 Str. km 35, Richtung Graz, als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen WE-x das Fahrzeug, obwohl es die Verkehrssicherheit nicht erfordert hätte, für den Lenker des nachfolgenden Fahrzeuges jäh und überraschend abgebremst hatte, wodurch andere Straßenteilnehmer behindert und gefährdet wurden.

 

Die belangte Behörde stützt sich begründend auf die Anzeige vom 9. November 2015 der Autobahnpolizeiinspektion Wels und das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung sei eine rechtskräftige Verwaltungsstraf-vormerkung wegen einer Übertretung nach § 21 Abs. 1 StVO als erschwerend gewertet worden und entspreche die verhängte Geldstrafe dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schwere der Übertretung.

Mangels Bekanntgabe durch den Beschwerdeführer sei die belangte Behörde von einem monatlichen Einkommen von ungefähr 1.500,00 Euro, keinen ins Gewicht fallenden Sorgepflichten und keinem relevanten Vermögen ausgegangen.

 

 

Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Beschwerdeführer am 4. Mai 2016 mittels Hinterlegung zugestellt worden ist, hat dieser am 10. Mai 2016 bei der belangten Behörde rechtzeitig mündlich eine als Einspruch bezeichnete Beschwerde eingebracht, über welche von der belangten Behörde eine Niederschrift verfasst worden war.

Die Beschwerde richtet sich gegen die Strafhöhe und wird mit der Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers begründet. Gleichzeitig gab der Beschwerdeführer an, über ein Einkommen von 900,00 Euro zu verfügen, kein Vermögen und keine Sorgepflichten zu haben.

 

 

Mit Schreiben vom 2. Juni 2016 legte die belangte Behörde die ggst. Beschwerde unter Anschluss des Verfahrensaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor. Beschwerdevorentscheidung wurde keine erlassen.

Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsver-teilung zuständige Einzelrichterin.

 

 

II.            Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde gleichzeitig mit der Beschwerde vorgelegten Verfahrensakt, aus dem sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt ableiten ließ:

Der Beschwerdeführer lenkte am 20. September 2015 das Fahrzeug mit dem Kennzeichen WE-x auf der Autobahn A8 in Richtung Graz und bremste dieses Fahrzeug bei Str.km 35.000 jäh und für die Lenkerin des nachfolgenden Fahrzeuge jäh und überraschend ab, obwohl dies aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht erforderlich war und hat durch dieses Verhalten andere Straßenbenützer behindert und gefährdet.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 200,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tag) verhängt.

 

Der Beschwerdeführer verfügt über ein monatliches Einkommen von ca. 900,00 Euro, über kein Vermögen und über keine Sorgepflichten.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Verfahrensakt, insbesondere aus der Anzeige der API Wels vom 9. November 2015, VStV/915100468779/001/2015 und wurde der Tatvorwurf vom Beschwerde-führer auch nicht bestritten.

Die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Niederschrift vom 10. Mai 2016 und aus der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bezugsbestätigung des AMS Wels vom 10. Mai 2016.

 

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Ziffer 2 und 3 VwGVG abgesehen werden, da sich die Beschwerde nur gegen die Strafhöhe richtet und im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine der Partei die Durchführung der Verhandlung beantragt hat.

 

 

III.           Gemäß § 21 Abs. 1 StVO darf der Lenker das Fahrzeug nicht jäh und für den Lenker eines nachfolgenden Fahrzeuges überraschend abbremsen, wenn andere Straßenbenützer dadurch gefährdet oder behindert werden, es sei denn, dass es die Verkehrssicherheit erfordert.

 

Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

Die festgestellte Verwaltungsübertretung blieb dem Grunde nach unbestritten, sodass von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes und mangels des Vorliegens von Schuldausschließungsgründen auch vom Vorliegen des subjektiven Tatbestandes auszugehen ist.

 

Die vorliegende Beschwerde richtet sich nur gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach der Rechtsprechung ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung, die nach dem vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Demgemäß obliegt es der Behörde, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (VwGH 29.6.2011, 2011/02/0147).

 

§ 21 Abs. 1StVO bezweckt den Schutz anderer Verkehrsteilnehmer vor einem überraschenden Abbremsen, welches nicht aus Gründen der Verkehrssicherheit geboten ist und somit der Vermeidung von Behinderungen und Gefährdungen anderer Straßenteilnehmer und nicht zuletzt der Vermeidung von Unfällen, die durch das verpönte Verhalten ausgelöst werden.

 

§ 21 Abs. 1 StVO stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, das mit unvermittelten jähen Abbremsen, welches nicht aus Gründen der Verkehrssicherheit erfolgte, als erfüllt zu betrachten ist, ohne dass es hierzu des Eintritts einer Gefahr oder eines Schadens bedarf.

Da einem Lenker eines Fahrzeuges bekannt sein muss, dass er, ohne dass es die Verkehrssicherheit erfordert, nicht überraschend und jäh sein Fahrzeug abbremsen darf und dass dieses überraschende und jähe Abbremsen eines Fahrzeuges, ohne dass dies durch vorliegende Umstände geboten ist, ein hohes Unfallrisiko bzw. eine große Gefahr/Behinderung für andere Verkehrsteilnehmer darstellt, ist davon auszugehen, dass zumindest die Vorsatzform des dolus evantualis und kein minderes Verschulden vorgelegen ist.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung eine einschlägige Verwaltungsvorstrafe gemäß § 21 Abs. 1 StVO als erschwerend gewertet. Als mildernd wurde kein Umstand gewertet.

 

Weiters wurde von der belangten Behörde mangels Angabe durch den Beschwerdeführer ein Einkommen von 1.500 Euro monatlich, keine Sorgepflichten und kein Vermögen zugrunde gelegt.

 

In der Beschwerde wurde ein monatliches Einkommen von ca. 900,00 Euro an Arbeitslosengeld angegeben, was mit einer Bezugsbestätigung des AMS an den Beschwerdeführer mit dem Datum vom 10.Mai 2016 nachgewiesen wurde. Es besteht kein Grund an diesen Angaben zu zweifeln und ist daher bei der Strafbemessung nunmehr ein Betrag von 900,00 Euro als monatliches Einkommen zu berücksichtigen. An der Vermögenslosigkeit und den nicht vorliegenden Sorgepflichten sind keine Änderungen eingetreten.

 

Wie von der belangten Behörde ausgeführt, liegt der Erschwerungsgrund der vorliegenden einschlägigen Verwaltungsübertretung vor. Milderungsgründe sind weder aus dem vorliegenden Verfahrensakt erkennbar, noch wurde das Vorliegen derselben in der Beschwerde vorgebracht.

Darüber hinaus ist jedoch bei der Strafbemessung auf die nunmehr bekannt gegebene Einkommenssituation des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen und diese der Beurteilung zugrunde zu legen.

 

Unter Bedachtnahme darauf, dass es sich nicht um die erste Verwaltungsübertretung des Beschwerdeführers gemäß § 21 Abs. 1 StVO handelt und unter Berücksichtigung des Verschuldens und der Einkommenssituation des Beschwerdeführers ist davon auszugehen, dass die mit 200 Euro verhängte Geldstrafe zu hoch bemessen ist und eine Geldstrafe von 170 Euro als tat- und schuldangemessen zu betrachten und geeignet ist, den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Verwaltungsübertretungen gleicher Art abzuhalten.

Aufgrund der Herabsetzung der Geldstrafe war die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herabzusetzen.

 

 

V.           Aus den angeführten Gründen war der Beschwerde statt zu geben.

 

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben wird.

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Monika Süß