LVwG-411025/9/Wg

Linz, 02.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde der A C G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F M, x, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 3. September 2015, GZ VStV/915300872881/2015, betreffend Über­tretungen des Glücksspielgesetzes (GSpG), nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde teilweise stattgegeben. Spruchabschnitt 1. des Straferkenntnisses wird eingeschränkt und folgende Taten werden als erwiesen iSd § 44a Z 1 VStG ange­nommen: A C G hat als Betreiberin des Lokales „S“ im Standort x, jedenfalls am 26. Mai 2015 und am 27. Mai 2015 in diesem Lokal die betriebsbereiten Glücksspielgeräte FA-Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 9 gegen Entgelt geduldet und damit ihren Kunden unternehmerisch zugänglich gemacht, um daraus selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Auf den Geräten FA-Nr 1, 2, 3, 4 und 5 wurden mittels virtueller Walzenspiele Glücksspiele veranstaltet. Auf den Geräten FA-Nr 6, 7 und 9 konnten Wetten auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen virtuellen Hunderennen abgeschlossen werden. Auf den Geräten FA-NR 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 9 wurden damit Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen im Sinn des § 2 Abs. 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, durchgeführt, für welche zur Teilnahme am Spiel eine vermögenswerte Leistung in Form des Einsatzes zu entrichten war, für welche vom Veranstalter vermögenswerte Leistungen in Verbindung mit dem Erreichen bestimmter Symbolkombinationen in Aussicht gestellt wurden. Diese Ausspielungen waren weder von einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG umfasst, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen.“ Für jedes der 8 Geräte wird gemäß § 52 Abs 2 GSpG iVm § 20 Abs 2 VStG jeweils eine Geldstrafe von 2.900 Euro und jeweils eine Ersatzfreiheits­strafe von 10 Stunden festgesetzt. Der Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren der belangten Behörde wird mit 2.320 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

1.1.      In Spruchabschnitt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses vom 3. September 2015, VStV/915300872881/2015, lastete die Landespolizei­direktion Oö. (im Folgenden: belangte Behörde) der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) an, sie habe „seit 8. April 2015 bis 27. Mai 2015“ verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht, weil sie 8 näher bezeichnete Glücksspielgeräte (Anm: versehen mit den FA-Nr 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 9) unternehmerisch zugänglich gemacht habe, um fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzielen. Den Spielern seien auf den Geräten Walzenspiele zur Verfügung gestanden und hätten sie Wetten auf den Ausgang virtueller Hunderennen abschließen können. Es handle sich bei den durchgeführten Spielen um Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 GSpG und um einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes.  Die belangte Behörde verhängte  eine Gesamtstrafe von 24.000 Euro und eine Ersatzfreiheits­strafe von 5 Tagen. Gleich­zeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe 2.400 Euro vorge­schrieben.

 

1.2.      Dagegen erhob die Bf Beschwerde, über die das LVwG am 17. März 2016 eine öffentliche Verhandlung durchführte. Als Beweis­mittel wurde verwertet:  Inhalt der Verfahrensakte der belangten Behörde und des LVwG einschließlich aller darin befindlicher Beweismittel, insb die Stellungnahmen der Bf vom 11. März 2016 und vom 14. März 2016 einschließlich Beilagen,  Beilagen 1 bis 11 der Niederschrift (Erkenntnisse des LVWG vom Jänner 2016 GZ 410857 und 410855, Tonbandprotokoll vom 22. September 2015, Stellungnahme BMF vom 26. Juni 2015, Bericht „Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010-2014“, Glücksspielbericht 2010-2013, Schreiben des BMF vom 30. Oktober 2015, Kalke Studie 2015, Urteil BG Wels 8 C 673/14g-17, Gutachten T vom 9. Februar 2015, Gutachten DI M vom 21. Jänner 2015, Gutachten E F vom 15. Juni 2015), Zeugenaussagen M und H L; Die Bf stellte abschließend folgende Beweisanträge: „Zunächst wird der Antrag auf Bespielung des Skill Games unter Beiziehung eines Sachverständigen ausdrücklich aufrechterhalten. Weiters wird gestellt zum Beweis dafür 1. Anstieg der Anzahl an Spielsüchtigen innerhalb der letzten Jahre, insbesondere zwischen 2010-2015 sowie 2. Ineffektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz innerhalb der letzten Jahre, insbesondere zwischen 2014-2015, die Einvernahme der Zeugen Dr. I H, Mag. A S, Dr. D K, Dr. P B, Mag. B F, Mag. A F, Mag. DSA M G, H G, Mag. I G, M G, Mag. R H, Mag. L H, Dipl.-Soz. H M, Mag. N R, C L, M D, Mag. S B, Mag. Dr. U H, Mag. N R, H K, R N, R R und E F. Ansonsten werden keine Beweisanträge gestellt oder aufrechterhalten.“ Der Verhandlungsleiter verfügte daraufhin den Schluss der Beweisaufnahme und gab den Verfahrensparteien die Gelegenheit, ein Schlussvorbringen zu erstatten.

 

2.           Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

2.1.      Die Bf ist der im bekämpften Straferkenntnissen vorge­nommenen Schätzung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse (kein hiefür relevantes Vermögen, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten und ein monatliches Einkommen von ungefähr 2.000 Euro) nicht entgegengetreten (Erörterung Tonbandprotokoll vom 17. März 2016)

 

2.2.      Am 27. Mai 2015 führten Finanzpolizisten im Lokal der A C G in x, eine Kontrolle nach dem Glücks­spielgesetz durch. Die Finanzpolizisten fanden dabei insgesamt 9 Geräte vor und war nach Ansicht der Finanzpolizisten der hinreichend begründete Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gemäß GSpG gegeben. Sie verfügten die vorläufige Beschlagnahme gemäß GSpG. Mit Eingabe vom 28. Mai 2015 erklärte die P GmbH gegenüber der LPD, Eigentümerin der beschlagnahmten Terminals FA-Nr. 1, 6, 7 und 9 zu sein. Die G s.r.o. erklärte, Eigentümerin der Geräte FA-Nr. 2, 3, 4 und 5 zu sein. Die in der Folge erlassenen Beschlagnahmebescheide wurden vom LVwG mit Erkenntnissen vom Jänner 2016 bestätigt. Insgesamt wurden bei der Kontrolle 9 Geräte vorläufig beschlagnahmt. Die Finanzpolizisten nahmen bei der Kontrolle eine Niederschrift mit C-M D auf, füllten für jedes der Geräte ein sogenanntes GSp26-Formular aus, stellten eine Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme der Geräte aus, erstellten eine Lichtbild-dokumentation und einen Aktenvermerk über den Kontrollablauf sowie eine Handskizze über das Lokal der Frau G. Die Geräte wurden in den GSp26-Formularen fortlaufend mit FA-Kontrollnummern versehen. Beim Gerät Nr. 1 scheint GSp26-Formular bzw. im Aktenvermerk auf, dass zu Beginn der Kontrolle das Walzenspiel Moku Mania lief. Im GSp26-Formular ist dazu eine Spielerbeobachtung angemerkt und Finanzpolizist L versuchte laut GSp26-Formular eine Bespielung des Gerätes Nr. 2 mit Ring of Fire XL. Die Internetverbindung wurde dann aber, wie im Aktenvermerk angegeben, offenbar unterbrochen. FA-Nr. 3 wurde laut GSp26-Formular aufgrund einer Spieler­beobachtung angezeigt bzw. beschlagnahmt. Laut GSp26-Formular wurde Gerät Nr. 4 mit Ring of Fire XL bespielt. Laut GSp26-Formular wurde bei Gerät Nr. 5 ein Spieler beobachtet. Laut GSp26-Formular wurde Gerät Nr. 6 bespielt. Gerät Nr. 7 wurde nicht bespielt, weil ein Spieler ein Auszahlungsticket vorlegte. Gerät Nr. 9 wurde laut GSp26-Formular bespielt. FA-Nr. 8 betrifft ein sogenanntes Afric2go-Gerät, dessen vorläufige Beschlagnahme von der belangten Behörde in der Folge aufgehoben wurde (Erörterung Akteninhalt Tonbandprotokoll 17. März 2016).

 

2.3.      Die Geräte FA Nr 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 9 waren jedenfalls am 26. Mai 2015 und am 27. Mai 2015 im genannten Lokal betriebsbereit aufgestellt. Ob die Geräte wie von der belangten Behörde angenommen auch vor dem 26. Mai 2015 betriebsbereit aufgestellt waren, steht nicht fest. (Aussage C M D, Niederschrift vom 27. Mai 2015, Tonbandprotokoll vom 22. September 2015, Erörterung Tonbandprotokoll vom 17. März 2016).

 

2.4.      Bei dem Gerät FA Nr 4 handelte sich um ein sog. „Skill Games“ Gerät, auf dem unter anderem das Walzenspiel „Ring of Fire XL“ zur Auswahl stand. Die Besonderheit sog. „Skill Games“ Geräte liegt darin, dass neben dem großen Walzenlauf (im ggst. Fall das Spiel „Ring of Fire XL“) ein Miniaturwalzenlauf mit drei kleinen Walzen vorhanden ist. Es ist für Spieler durch Geschick ohne größere Schwierigkeit möglich, den „Miniaturwalzenlauf“ (periodischen Wechsel der angezeigten Kombinationen in den drei Feldern) so zu stoppen, dass am Ende ein „A“ angezeigt wird. Mit Erlangen des „A“ gelangt man zum großen Walzenlauf, dessen Spielablauf zusammengefasst wie folgt zu beschreiben ist: Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages und – nach Erlangen eines „A“ im Miniaturwalzenlauf - Auslösung des großen Walzenlaufes durch die Start-Taste oder die Automatic-Start-Taste werden die am Bildschirm darge­stellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage ver­ändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entsteht. Nach etwa einer Sekunde kommt der „Walzenlauf“ zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergibt nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Beim großen Walzenlauf hat man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinn­bringender Symbol­kombinationen zu nehmen (Zeugenaussage L und M Tonbandprotokoll,  GSP 26 Formulare, Fotodokumentation).

 

2.5.      Auch auf den Geräten FA Nr 1, 2, 3 und 5 standen den Spielern sog. „Walzenspiele“ zur Verfügung. Die Spiele (hauptsächlich virtuelle Walzenspiele) konnten durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der „Setzen“-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Automatic-Start-Taste wurden die am Bildschirm darge­stellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage ver­ändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der „Walzenlauf“ zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinn­bringender Symbolkombinationen zu nehmen (Zeugenaussage L und M Tonbandprotokoll,  GSp 26 Formulare, Fotodokumentation).

 

2.6.      Bei Gerät FA Nr 1 (Spiel Moko Mania) wurde bei einem geforderten Mindesteinsatz von 0,2 ein Höchstgewinn von 20+18 SG in Aussicht gestellt. Bei Gerät FA Nr 2 (Spiel „Ring of Fire XL“) wurde bei einem geforderten Mindesteinsatz von 0,2 ein Höchstgewinn von 20 +34 SG in Aussicht gestellt, der von den Finanzpolizisten festgestellte Höchsteinsatz betrug 10,5, der dabei in Aussicht gestellte Höchstgewinn 20+898SG. Bei Gerät FA Nr 3 (Spiel „Ring of Fire XL“) wurde bei einem geforderten Mindesteinsatz von 0,2 ein Höchstgewinn von 20 +34 SG in Aussicht gestellt.  Bei Gerät FA Nr 4 (Spiel „Ring of Fire XL“) wurde bei einem geforderten Mindesteinsatz von 0,1 ein Höchstgewinn von 180 in Aussicht gestellt, der von den Finanzpolizisten festgestellte Höchsteinsatz betrug 10, der dabei in Aussicht gestellte Höchstgewinn 18.000. Bei Gerät FA Nr 5 (Spiel „Ring of Fire XL“) wurde bei einem geforderten Mindesteinsatz von 0,2 ein Höchstgewinn von 20 +34 SG in Aussicht gestellt (GSP26 Formulare, Zeugenaussage L Tonbandprotokolle).

 

2.7.      Auf den Geräten FA Nr 6, 7 und 9 konnten die Spieler Wetten auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen virtuellen Hunderennen abschließen. Den Wettkunden wurde keinerlei sinnvoll verwertbare Informationen bezüglich des Rennaustragungsortes, der Reiter, der Pferde oder der Hunde ge­boten werden. Die Wettkunden konnten lediglich einen Einsatzbetrag und eine oder mehrere vermutete Rennergebnisse auswählen und nach Eingabe von Geld eine Wette darauf abschließen. Danach ist der in kurzen Abständen regelmäßig erfolgende Rennstart und das etwa 60 Sekunden dauernde Rennereignis abzu­warten, wonach der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn feststeht. Die Wett­kunden hatten keinerlei Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Renn­ergebnisse. Bei einem möglichen Mindesteinsatz von 0,5 und einem Höchsteinsatz von 2,0 betrug die höchste Quote 65 bzw 71,9 (GSp26 Formulare, Zeugenaussage L und M Tonbandprotokolle).

 

2.8.      Es steht nicht fest, wer Veranstalter der Glücksspiele war, diese also auf eigene Rechnung und Gefahr durchführte. Die P GmbH hat aber jedenfalls am 26. Mai 2015 und am 27. Mai 2015 die in ihrem Eigentum stehenden Geräte FA Nr 1, 6, 7 und 9 zur Durchführung von Glücksspielen entgeltlich zur Verfügung gestellt, um selbstständig und nachhaltig Einnahmen daraus zu erzielen. Die G s.r.o hat jedenfalls am 26. Mai 2015 und am 27. Mai 2015 die in ihrem Eigentum stehenden Geräte FA Nr 2, 3, 4 und 5 zur Durchführung von Glücksspielen entgeltlich zur Verfügung gestellt, um selbstständig und nachhaltig Einnahmen daraus zu erzielen. Es steht fest, dass A C G am 26. Mai 2015 und am 27. Mai 2015 die Geräte in ihrem Lokal gegen Entgelt geduldet und damit ihren Kunden zugänglich gemacht hat. R W ist seit 3. Dezember 2014 handelsrechtliche Geschäftsführerin der G s.r.o. K A ist seit 5. Oktober 2013 handelsrechtlicher Geschäftsführer der P GmbH (Akteninhalt, Aussage C M D, Niederschrift vom 27. Mai 2015, Tonbandprotokoll vom 22. September 2015, Eigentumsnachweis, Erörterung Tonbandprotokoll).

 

2.9.      Fest steht, dass in Österreich keine Konzession oder Berechtigung zur Durchführung von Glücksspielen vorhanden ist. Es wurde nicht behauptet, dass sich eine der Beteiligten um eine solche Konzession bemüht hat. Es steht fest, dass keiner der Beteiligten die Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession nach dem GSpG, insbesondere die Kapitalerfordernisse nach GSpG erfüllt. Für die mittels der Geräte erfolgenden Ausspielungen lag weder eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSPG vor und es waren diese auch nicht gemäß § 4 GSPG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen. Es wurde weder behauptet noch hat sich im Verfahren ergeben, dass die P GmbH, die G s.r.o. oder A C G in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Dienstleistungen im Zusammenhang mit Glücksspiel­geräten anbieten oder erbringen würden. Es wurde nicht behauptet und hat sich im Verfahren auch nicht ergeben, dass die genannten Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union über Berechtigungen im Zusammenhang mit Glücksspielen verfügen würden (Akteninhalt, Erörterung Tonbandprotokoll).

 

2.10.   Zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit wird festgestellt:

 

2.10.1.             P GmbH und A C G sind Unternehmer mit Sitz in Österreich. Die G s.r.o hat ihren Sitz in der Slowakischen Republik. Sie wendete im Verfahren das Eigentum an den Geräten ein. Die G s.r.o. Gesellschaft hat an der Adresse x, eine Zweigniederlassung. Diese Gesellschaft ist eine slowakische s.r.o. und verfügt über ein Stammkapital in der Höhe von 200.000 Slowakischen Kronen (Mindestkapital), dies entspricht zum Entscheidungszeitpunkt rund 6.600 Euro. Weiters verfügt sie über keinen Aufsichtsrat (Akteninhalt).

 

2.10.2.             Im Jahr 2015 weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, die Zahl der Problemspieler beträgt daher entsprechend zwischen ca. 19.900 und ca. 35.800 Personen. Zudem sind 2015 in Österreich zwischen ca. 27.600 bis etwa 46.000 Personen aktuell spielsüchtig. Diese Werte sind im Vergleich zum Jahr 2009 annähernd konstant. Männer weisen zu höheren Anteilen ein problematisches und pathologisches Spielverhalten auf als Frauen. Innerhalb der verschiedenen Altersgruppen stellt sich das Ausmaß vorhandener Spielprobleme sehr unterschiedlich dar, wobei die 14- bis 30-Jährigen sich diesbezüglich am stärksten betroffen zeigen.

 

2.10.3.             Ausgehend vom Jahr 2015 haben 41% der Bevölkerung (14 bis 65 Jahre) in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt, dieser Wert ist seit kaum verändert (2009: 42%). Das klassische Lotto „6 aus 45“ ist das beliebteste Glücksspiel in Österreich. Jeder dritte Österreicher hat dieses Spiel im Jahr 2015 mindestens einmal in den letzten 12 Monaten gespielt (ca. 33%), der prozentuale Anteil für die 30-Tages-Prävalenz beträgt ca. 20%. Seit 2009 haben sich diese Werte so gut wie nicht geändert (jeweils nur um ca. ± 1 Prozentpunkt). Dagegen ist für diesen Zeitraum eine deutliche Zunahme bei der europäischen Lotterie, den Euromillionen, zu konstatieren: Der Prozentwert für die monatliche Teilnahme hat sich von etwa 4% auf etwa 8% verdoppelt. Auch beim Joker gibt es seit 2009 einen prozentualen Anstieg. Inzwischen spielt jede siebte Person mindestens einmal im Jahr dieses Glücksspiel (ca. 14%). Damit ist es das zweitverbreitete Glücksspiel in Österreich. Bei den Rubbellosen – die auf dem vierten Platz liegen – sind nur geringe Veränderungen zwischen 2009 und 2015 vorhanden. Alle anderen Glücksspiele besitzen bezogen auf die Spielteilnahme in der Gesamtbevölkerung eine nachgeordnete Bedeutung: Das gilt für die S genauso wie für die klassischen Kasinospiele, bei denen 2015 jeweils etwa 4% in den letzten 12 Monaten gespielt wurden. Glücksspielautomaten in Kasinos und in Spielhallen werden von noch weniger Personen gespielt. In den letzten 12 Monaten haben am Automatenglücksspiel in Spielbanken ca. 0,5% teilgenommen, im Jahr 2009 waren dies ca. 0,6% bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz. Bezüglich der Teilnahme am Automatenglücksspiel außerhalb von Spielbanken (Spielhallen, Einzelaufstellungen, illegale Glücksspielautomaten) ist der Wert bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz von ca. 1,2% im Jahr 2009 auf ca. 1% im Jahr 2015 zurückgegangen.

 

2.10.4.             Der monatliche Geldeinsatz für Glücksspiele hat im Zeitraum von 2009 auf 2015 leicht zugenommen und zwar wurden von den Glücksspielenden 2015 im Durchschnitt etwa 57 € pro Monat für Glücksspiele ausgegeben im Vergleich zu 53 € im Jahr 2009. Auf der Ebene der einzelnen Glücksspielarten bestehen hier jedoch sehr unterschiedliche Entwicklungen. Der Geldeinsatz ist 2015 am höchsten bei den Automatenspielen außerhalb der Kasinos. Im Durchschnitt werden hierfür von den Spielern pro Monat ca. 203 € eingesetzt, vor sechs Jahren lag der entsprechende Wert sogar bei etwa 317 €. Es folgen die klassischen Kasinospiele mit einem Mittelwert von ca. 194 €. Auch für diese Glücksspielform wird im Jahr 2015 durchschnittlich weniger Geld aufgewendet als in 2009. Stark angestiegen sind dagegen im betrachteten Zeitraum die Geldeinsätze für S, diese haben sich von ca. 47 € auf ca. 110 € mehr als verdoppelt.

 

2.10.5.             Die Anteile problematischen und pathologischen Spielens unterscheiden sich je nach Glücksspielart erheblich. Die zahlmäßig große Gruppe der Spieler von Lotterieprodukten beinhaltet anteilsbezogen nur wenige Personen, die ein problematisches oder pathologisches Spielverhalten zeigen (jeweils etwa ein Prozent). Während bei den Rubbellosen sich nur leicht höhere Werte zeigen, ist bei den klassischen Kasinospielen bereits mehr als jeder zwanzigste Spieler betroffen.

 

2.10.6.             Auch S beinhalten ein erhebliches Risiko, spielbedingte Probleme zu entwickeln. So erfüllen ca. 7,1% dieser Spielergruppe die Kriterien problematischen Spielens und weitere ca. 9,8% zeigen ein pathologisches Spielverhalten. Etwa jeder sechste Sportwetter ist daher von einer Spielproblematik betroffen. Noch höher sind diese Anteile bei Spielautomaten, welche in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen stehen. Etwa 21,2% dieser Spieler sind spielsüchtig. Die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der „Casino Austria“ nehmen sich im Vergleich dazu eher gering aus. So liegen die Anteile für problematisches Spielen bei ca. 3,7% und für pathologisches Spielen bei ca. 4,4%. Dennoch weist etwa jede zwölfte Person, die in den klassischen Spielbanken am Automaten spielt, glücksspielbedingte Probleme auf. Bei der Prävalenz problematischen und pathologischen Spielens ging die Rate bei Automaten in Kasinos von ca. 13,5% im Jahr 2009 auf ca. 8,1% im Jahr 2015 und bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos von 33,2% im Jahr 2009 auf 27,2% im Jahr 2015 zurück.

 

2.10.7.             Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stich­probenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamts für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden.

 

2.10.8.             Im Bereich der Spielbanken wurden gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe 6.920 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870, darunter 4.908 über österreichische Spielbankbesucher und 2.012 über Spielbankbesucher aus dem übrigen EU/EWR-Raum eingeholt. Zusätzlich erfolgten bei den Auskunfteien CRIF (vormals Deltavista) und BISNODE (vormals Wisur) 3.600 online-„Sofort-Checks“. 621.195 Spielbankbesucher aus dem EU/EWR (inklusive Österreich) wurden im Jahr 2013 den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Bei 48.284 davon bestand die begründete Annahme im Sinne des § 25 Abs. 3 GSpG, dass aufgrund der Häufigkeit und Intensität der Spielteilnahme das Existenzminimum gefährdet ist, was zu 1.359 Informationsgesprächen sowie 741 Beratungen bzw. Befragungen führte. Zum 31.12.2013 bestanden in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchs­möglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren. In den VLT-Outlets wurden im Jahr 2013 aus begründetem Anlass 11.330 zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in 1.350 Fällen der Zutritt verwehrt wurde. Insgesamt wurden 343 protokollierte Spielerschutz-Informations­gespräche geführt.

 

2.10.9.             Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spielerschutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

2.10.10.          Ferner ist durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Videolotterieterminals der konzessionierten Unter­nehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ) elektronisch festgelegt worden. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der BRZ können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspiel­geräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der BRZ am Bildschirm.

 

3.           Beweiswürdigung:

 

3.1.      Einleitend (1.) werden Beschwerdegegenstand und Ablauf des verwal­tungs­gerichtlichen Ermittlungsverfahrens zusammen­fassend wiedergegeben. In der Sache selbst (2.) stützen sich die Feststellungen auf die in Klammer angegebenen Beweismittel.

3.2.      Der Ablauf der Kontrolle und des Verfahrens wurde in der Verhandlung eingehend erörtert (2.2.) und nicht bestritten. Die Behörde geht von einem Tatzeitraum 8. April 2015 bis 27. Mai 2015 (Kontrolltag) aus. Der Verhandlungsleiter stellte in der Verhandlung am 17. März 2016 den angelasteten Tatzeitraum 8. April 2015 bis 27. Mai 2015 zur Diskussion. Der Vertreter des Finanzamtes führte dazu aus:  „Dabei stützen wir uns auf die Angaben der Frau M D, wonach die Geräte jedenfalls seit 4 Monaten im Lokal aufgestellt waren.“ Nun hatte D am 22. September 2015 aber zeugenschaftlich ausgesagt: „Der Verhandlungsleiter verliest die Angaben laut Niederschrift: „Seit wann arbeiten Sie hier im Lokal und in welchem Umfang? Antwort: Ich arbeite seit vier Monaten hier. Wann haben Sie heute angefangen zu arbeiten? – Ich arbeite seit zehn Uhr hier. Wie wissen Sie, wann Sie arbeiten müssen? Antwort: Es gibt einen Dienstplan. Wer hat das Lokal heute aufgesperrt? – Für die Eingangstür habe ich einen Schlüssel. Haben Sie heute die Geräte und die Beleuchtung eingeschaltet? – Ja.  Haben Sie auch gestern hier gearbeitet? Antwort: Ja. Waren gestern die gleichen Geräte hier? Antwort: Ja. Sie arbeiten laut Ihren Angaben seit vier bis fünf Monaten hier. Hat es bei den hier aufgestellten Geräten eine Änderung gegeben? Antwort: Ich weiß nicht. Wann haben Sie gestern gearbeitet? Antwort: Ich hatte Schlussdienst und habe um 24.00 Uhr das Lokal geschlossen. Kurz vorher habe ich die Geräte und das Licht abgeschaltet.  ... Dazu gebe ich an, dass meine Aussage richtig protokolliert wurde. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, wie das mit der Auszahlung funktioniert, gebe ich an, dass der Spieler mit einem Ticket zu mir kommt. Ich bezahle dann das Ticket aus. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, wo das Ticket herkommt, gebe ich an, dass ich das nicht weiß.  Ich scanne dann das Ticket und zahle das Geld aus. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, wieviel man da gewinnen kann, gebe ich an, dass das ganz unterschiedlich ist. Manchmal sind es 10 Euro, 20 Euro, aber manchmal kommt es auch vor, dass es 200 oder 500 Euro sind. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, ob ich mich bei den Spielen, die auf den Geräten laufen, auskenne, gebe ich an, dass ich mich da nicht auskenne. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, ob es schon einmal vorgekommen ist, dass zu wenig Geld in der Kasse war, um einen Spieler auszuzahlen, gebe ich an, dass das noch nicht vorgekommen ist. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, was ich mache, wenn ein Gerät nicht funktioniert, gebe ich an, dass ich mit der Chefin spreche. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, wer Eigentümer der Geräte ist oder wem die Geräte gehören, gebe ich an, dass ich nicht weiß, wem die Geräte gehören. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, wie lange die Geräte in der am 27. Mai 2015 vorgefundenen Art schon im Lokal aufgestellt waren und in Betrieb waren, gebe ich an, dass ich dazu nichts sagen kann. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich einmal mitbekommen habe, dass andere Spiele installiert worden wären, gebe ich an, dass ich dazu nichts mitbekommen habe.“ Für das LVWG lässt sich aus dieser Aussage nur ableiten, dass D am Kontrolltag bereits vier Monate bei  G beschäftigt war, die Geräte auch am 26. Mai 2015 betriebsbereit aufgestellt waren und von ihr kurz vor 24.00 Uhr abgeschaltet wurden. Ob und wie lange die Geräte vor dem 26. Mai 2015 betriebsbereit aufgestellt waren, steht aber nicht fest (2.3.).

 

3.3.      Bei der Kontrolle wurden auf den Geräten FA Nr 1, 2, 3, 4 und 5 Walzenspiele festgestellt. Bei den festgestellten Walzenspielen kann der Spieler – wie sich aus der schlüssigen und unter Wahrheitspflicht erfolgten Aussage  des Zeugen L ergibt – keinen Einfluss auf den Spielausgang nehmen.

 

3.4.      Betr. FA Nr 4 wendete Mag. A ein, es handle sich dabei um ein Skill Game.

 

3.4.1. Der Zeuge L sagte dazu aus: „Über Vorhalt von Mag. A, dass es sich beim Gerät FA-Nr. 4 um ein sogenanntes Skill-Game-Gerät handelte, gebe ich an, dass es sich bei den Skill-Games um ein Gerät mit drei kleinen vorgeschalteten Walzen handelt. Über Vorhalt der Fotodokumentation betreffend FA-Nr. 4 gebe ich an, da dort die drei Walzen ersichtlich sind und es sich damit um ein sogenanntes Skill-Game handelt. Über Vorhalt der in der Rubrik „Sonstige Feststellungen“ vermerkten Beschreibung „Die Taste Start musste so lange gedrückt werden, bis beim Auslassen dieser Taste ein A in einem der drei weißen Kästchen stehenblieb, dann erfolgte Walzenlauf und gleichzeitiger Abzug des Einsatzes“ gebe ich an, dass dies so zutreffend beschrieben ist, wie ich es dienstlich wahrgenommen habe. Von Mag. A befragt, was passiert, wenn kein A erscheint, gebe ich an, dass ich das nicht weiß. Von Mag. A befragt, ob ich konkret auf diesen Geräten geschult wurde, gebe ich an, dass ich nicht konkret darauf geschult wurde. Von Mag. A befragt, ob man beispielsweise nur mit den drei kleinen Walzen allein schon einen Gewinn erzielen kann, gebe ich an, dass ich das nicht weiß. Von Mag. A befragt, ob man bei den drei kleinen Walzen Einfluss auf den Walzenlauf nehmen kann, gebe ich an, dass ich das nicht genau weiß. Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt, gebe ich an, dass sobald ein A aufscheint, beginnt der große Walzenlauf zu laufen. Von Mag. A befragt, ob hier eine Spielbeschreibung vorhanden ist, gebe ich an, dass ich das nicht weiß bzw. das nicht sagen kann.“

 

3.4.2. Mag. A legte in der Verhandlung die Gutachten T und M vor. Bei sog. „Skill Games" Geräten ist diesen Gutachten zufolge, wie auch der Zeuge L bestätigte, ein kleiner Walzenlauf und ein großer Walzenlauf vorhanden. Den Gutachten T und M zufolge kann der kleine Walzenlauf durch Geschicklichkeit beeinflusst werden. T führt dazu aus: „Ungeschicktes Verhalten: Falls alle drei Walzen durch Zahlen belegt sind und mindestens eine davon eine Null ist, wird weder eine Animation angezeigt, noch ein Gewinn erwirtschaftet. Der Kredit wird um einen Einsatz reduziert und der Buffer um den Einsatz*10 erhöht (Beispiel  7 3 0 => ungeschicktes Verhalten). Die genaue Belegung der Walzen wird bei jedem einzelnen Spiel neu festgelegt und danach während des Spieles nicht mehr verändert. Es ist aber auf jeder Walze garantiert eine Zahl größer Null dabei. Dadurch ist immer für eine Gewinnmöglichkeit gesorgt, die bei ausreichendem Geschick aus erreicht werden kann. Durch ungeschicktes Verhalten bei den Geschicklichkeits-Walzen erzielt der Spieler weniger Animationen und hat damit weniger Aussichten auf einen virtuellen Punktegewinn. Geschicktes Verhalten: Durch geschicktes Verhalten bei den Geschicklichkeits-Walzen erzielt der Spieler mehr Animationen. Je mehr Animationen erzielt werden, desto größer sind die Chancen auf einen virtuellen Punktegewinn. Die Anordnung der Zahlen ändert sich bei einer sich drehenden Walze nicht mehr und wiederholen sich demnach im laufenden Spiel immer wieder. Der Spieler hat unbegrenzte Zeit, sich die Walzenkombinationen (welche sich während des Spieles nicht mehr verändert) anzusehen und zu merken. Der Spieler kann bei Erreichen einer Kombination mit „0“ nicht verlieren, da der Einsatz am Puffer gutgeschrieben wird. Der durchschnittlich begabte Spieler kann also nach mehrfachem, vollständigem Durchdrehen lassen der Walzen, durch Merken der Belegung, das gewünschte Ergebnis leichter erzielen.“

 

3.4.3. Der große Walzenlauf wird von T als „Animation“ bezeichnet. In der Liste der zur Verfügung stehenden „Animationen“ findet sich unter anderem das Spiel „Ring of Fire“. T beschreibt dieses Walzenspiel wie folgt: „Ein Fünf-Reihen-Animationsspiel, bei dem fünf Gewinnlinien gespielt werden. Während eines Animationsspieles sind Gewinne an mehr als einer Gewinnlinie möglich, wobei alle Gewinne aufaddiert werden. ... Das Animationsspiel kann nur gestartet werden, wenn der Betrag im CREDIT-Feld für den ausgewählten Einsatz ausreicht. Nachdem der Einsatz ausgewählt und die START-Taste gedrückt wurde, wird der ausgewählte Betrag von dem CREDIT-Feld abgezogen und die visuell dargestellten Reihen fangen an sich zu drehen. Wenn nach dem Anhalten mindestens eine der Gewinnkombinationen in der Gewinntabelle angezeigt wird, wird der Gewinn im WIN-Feld oder gewonnene BONUS-Game (FREE SPIN) hinzu addiert und das Animationsspiel geht zum RISK-Spiel über. Wenn nach dem Anhalten der Reihen keine Gewinnkombination angezeigt wird, gilt das Animationsspiel als beendet. Nach dem Ende des Animationsspieles ist das Gerät automatisch für ein neues Animationsspiel bereit, welches durch drehen/los­lassen der Walzen an der Stelle mit einem „A“ erzielt werden kann.“

 

3.4.4. Das Gutachten T kommt dabei zu folgender Schlussfolgerung: „Die Probespiele am Ort der Befundaufnahme ergaben, dass es sich beim Spielapparat mit „Skill Games“ um einen Geschicklichkeitsapparat handelt, bei dem das Spielergebnis vorwiegend von der Geschicklichkeit, guten Merkfähigkeit und schnellen Reaktion des Spielers abhängt. Der Spieleinsatz beträgt 0,10 Euro bis 25 Euro. Beim Banknoten-Einschub können die Euro Banknoten gutgeschrieben werden. Der Höchstgewinn pro Animationsspiel ergibt sich aus dem Produkt der Maxima auf den drei Geschicklichkeitswalzen multipliziert mit dem aktuellen Einsatz. Der gegenständliche Geschicklichkeitsapparat mit „Skill Games“ verfügt über keine Spiele, die eine verrohende Wirkung ausüben, die Verletzung ober Tötung von Menschen oder kriegerische Handlungen darstellt. Die im Anhang befindlichen Beschreibungen der Animationsspiele stimmen mit den Funktionsweisen der Geschicklichkeitsspielappartes mit „Skill Games“ überein.“ M bestätigt das Gutachten des T „als richtig“.

 

3.4.5. Nun mag es sein, dass der Spieler die Start Taste solange gedrückt halten kann, bis der kleine Walzenlauf die gewünschte Kombination zeigt, und insoweit die Möglichkeit besteht, auf den kleinen Walzenlauf Einfluss zu nehmen (Zitat Gutachten T: „Der durchschnittlich begabte Spieler kann also nach mehrfachem, vollständigem Durchdrehen lassen der Walzen, durch Merken der Belegung, das gewünschte Ergebnis leichter erzielen“). T beschreibt als Ziel des kleinen Walzenlaufes die Animation (Zitat: „Durch geschicktes Verhalten bei den Geschicklichkeits-Walzen erzielt der Spieler mehr Animationen. Je mehr Animationen erzielt werden, desto größer sind die Chancen auf einen virtuellen Punktegewinn.“) Durch Geschicklichkeit im kleinen Walzenlauf kann der Spieler also ohne weiteres ein „A“ erlangen und damit in das große Walzenspiel (ggst: „Ring of Fire“) gelangen. Dies bestätigte der Zeuge L, dessen Aussage zufolge die Taste Start so lange gedrückt werden musste, bis beim Auslassen dieser Taste ein A in einem der drei weißen Kästchen stehenblieb.

 

3.4.6. Anders als im kleinen Walzenlauf hat der Spieler  – wie der Zeuge L schlüssig und glaubwürdig aussagte - im großen Walzenlauf keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Die Gewinnkombinationen sind in einer Gewinntabelle dokumentiert. Das Animationsspiel kann der Beschreibung im Gutachten T zufolge nur gestartet werden, wenn der Betrag im CREDIT-Feld für den ausgewählten Einsatz ausreicht. Der Walzenlauf erfolgt – wie der Zeuge L glaubwürdig aussagte - unter gleichzeitigem  Abzug des Einsatzes. Hier ist auch auf die Ausführungen im Gutachten T zu verweisen: „Wenn nach dem Anhalten der Reihen keine Gewinnkombination angezeigt wird, gilt das Animationsspiel als beendet. ... Nach dem Ende des Animationsspieles ist das Gerät automatisch für ein neues Animationsspiel bereit, welches durch drehen/loslassen der Walzen an der Stelle mit einem „A“ erzielt werden kann.“ Damit steht für das LVWG fest, dass über den großen Walzenlauf Gewinn- und Verlustmöglichkeiten bestanden, wenn auch allenfalls über den kleinen Walzenlauf eine Gewinnsteigerung erreicht werden kann (Zitat T: „Der Höchstgewinn pro Animationsspiel ergibt sich aus dem Produkt der Maxima auf den drei Geschicklichkeitswalzen multipliziert mit dem aktuellen Einsatz.“)

 

3.4.7. Der Zeuge M hat im Ergebnis am 22. September 2015 zum Spiel Ring of fire nachvollziehbar und schlüssig wie folgt ausgesagt: Nach etwa einer Sekunde kam der „Walzenlauf“ zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinn­bringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinn-bringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene (z.B.) Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.“

 

3.4.8. Mag. A brachte in der Verhandlung vor: „Über die drei Walzen kann man Einfluss auf den im ausgewählten Spiel, beispielsweise Ring of Fire gesetzten Einsatz nehmen. Das heißt, man kann den Einsatz erhöhen und kann aber auch sich den Einsatz wieder zurückholen. Diese drei Walzen stehen immer im Zusammenhang mit dem jeweils dahinter stehenden Spiel, wie beispielsweise Ring of Fire.“ Festzuhalten ist, dass über den kleinen Walzenlauf lt Gutachten T wie schon erwähnt eine Gewinnsteigerungsmöglichkeit besteht. Zum Vorbringen, der Spieler könne sich den Einsatz wieder zurückholen, ist auf folgende Ausführungen im Gutachten T zu verweisen: „Der Spieler kann bei Erreichen einer Kombination mit „0“ nicht verlieren, da der Einsatz am Puffer gutgeschrieben wird.“ Folglich ist im kleinen Walzenlauf kein Verlust möglich bzw kann über die Einrichtung eines „Puffers“ ein Einsatz wieder „zurückgeholt“ werden. Dies ändert aber nichts daran, dass im großen Walzenlauf sehr wohl eine Verlustmöglichkeit besteht. Der Einsatz wird wie der Zeuge L glaubwürdig aussagte, bei Erreichen eines „A“ automatisch abgebucht und startet der große Walzenlauf.  In diesem Zusammenhang ist erneut auf folgende Ausführungen des Gutachtens T zu verweisen: „Wenn nach dem Anhalten der Reihen keine Gewinnkombination angezeigt wird, gilt das Animationsspiel als beendet. ... Nach dem Ende des Animationsspieles ist das Gerät automatisch für ein neues Animationsspiel bereit, welches durch drehen/loslassen der Walzen an der Stelle mit einem „A“ erzielt werden kann.“ Verliert der Spieler im großen Walzenlauf seinen Einsatz, ist das Spiel beendet und es kann erneut der kleine Walzenlauf bespielt werden.

 

3.4.9. In freier Würdigung der vorliegenden Beweise kommt das LVWG zu folgendem Ergebnis: Die Schlussfolgerung der Gutachter T und M, beim Spielapparat mit „Skill Games“ handle es sich um einen Geschicklich­keitsapparat, bei dem das Spielergebnis vorwiegend von der Geschicklichkeit, guten Merkfähigkeit und schnellen Reaktion des Spielers abhängt, beinhaltet eine rechtliche Schlussfolgerung und ist in dieser Allgemeinheit nicht nachvollziehbar. Der kleine Walzenlauf bietet - für sich allein betrachtet -  die Möglichkeit, durch das Gedrückt halten der „Start Taste“ eine gewünschte Kombination abzuwarten. So kann der Spieler durch Abwarten einer Zahlenkombination eine Gewinn­steigerung erreichen. Er hat auch die Möglichkeit, ein „A“ abzuwarten. Erzielt er ein „A“ wird der große Walzenlauf gestartet und der Einsatz automatisch abgebucht. Im großen Walzenlauf hat der Spieler keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Das Spiel ist beendet, wenn keine gewinnbringende Symbolkombination erreicht wird. Der große Walzenlauf bietet folglich neben Gewinn- auch Verlustmöglichkeiten, da der Einsatz bereits bei Erreichen des „A“ automatisch abgebucht wird. Die möglichen Einsätze und Gewinne sind in den GSp26 Formularen dokumentiert. Ob dieses – im Gutachten T als Animation bezeichnete – Walzenspiel ein Geschicklichkeitsspiel oder ein Glücksspiel darstellt, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

 

3.5.      Bezüglich der Hunderennen (FA Nr 6, 7 und 9) wird die schlüssige und unter Wahrheitspflicht erfolgte Zeugenaussage der Finanzpolizisten L und M-K den Feststellungen zugrunde gelegt. Die Wetteinsätze und Quoten sind in den GSp26 Formularen dokumentiert, die als repräsentativ für alle drei Geräte anzusehen sind, handelt es sich doch – wie Zeuge L aussagte – um ähnliche bzw gleiche Vorgänge.

 

3.6.      Die Frage, wer Veranstalter der Hunderennen und Walzenspiele war, wurde in der Verhandlung erörtert. Zitat: „Der Verhandlungsleiter richtet an Mag. A die Frage, wer Veranstalter war. Mag. A führt dazu aus, dass er keine Angaben dazu machen kann. Der Verhandlungsleiter richtet an Mag. A die Frage, auf welcher vertrag­lichen Grundlage (z.B. Miete oder ähnliches) die G s.r.o. bzw. P GmbH in den Vorfall eingebunden ist.  Mag. A führt dazu aus:  „Auch dazu kann ich keine Angaben machen. Es wird grundsätzlich ein Fixentgelt in Rechnung gestellt. Es wird eine fixe Gehäusemiete verlangt.“  Vom Verhandlungsleiter befragt, mit wem bzw. zwischen wem hier eine Abrechnung erfolgt, gibt Mag. A an, dass er dazu keine Angaben machen kann.  Vom Verhandlungsleiter befragt, ob die Geräte zur Durchführung von Glücks­spielen gegen Entgelt zur Verfügung gestellt wurden, gibt Mag. A an: „Es wird, wie schon erwähnt, nur ein Fixentgelt verlangt.“ Mag. A führt über Befragen des Verhandlungsleiters weiters aus: „Frau G, die P GmbH und die G s.r.o. verfügen in Österreich über keine Konzession oder Berechtigung zur Durchführung von Glücksspielen bzw. Ausspielungen. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob sie in einem anderen Mitglied­staat der Europäischen Union über eine solche Konzession verfügen, gibt Mag. A „Dazu ist mir nichts bekannt.“ Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt, gibt Mag. A an: „Dass die P GmbH, die G s.r.o. und Frau G die Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession nach dem GSpG, insbesondere die Kapital­erfordernisse nicht erfüllen können, ergibt sich aus den Firmenbuchauszügen.“ Es steht daher nicht fest, wer Veranstalter war. Dass keine Konzession oder Bewilligung für Ausspielungen in Österreich vorlagen, ist unstrittig. Es wurde weder behauptet noch hat sich im Verfahren ergeben, dass die P GmbH, die G s.r.o. oder A C G in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Dienstleistungen im Zusammenhang mit Glücksspielgeräten anbieten oder erbringen würden. Es wurde nicht behauptet und hat sich im Verfahren auch nicht ergeben, dass die genannten Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union über Berechtigungen im Zusammenhang mit Glücksspielen verfügen würden. Da die gegenständlichen Geräte betriebsbereit im Lokal (öffentlich zugänglich) aufgestellt waren und deren Funktionsweise eine Einnahmenerzielung ermöglicht, ist bei lebensnaher Betrachtungsweise davon auszugehen, dass die Geräte auch zwecks selbstständiger und nachhaltiger Einnahmenerzielung betrieben wurde. Zudem ist bei realistischer Betrachtungsweise weiters davon auszugehen, dass P  GmbH und G s.r.o. die Gehäuse der Geräte zur Durchführung von Glücksspielen im Lokal zur Verfügung stellten, um selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Es sind im Verfahren im Übrigen keine ausreichenden Anhaltspunkte hervorgekommen, die dafür sprechen würden, dass die P GmbH und G s.r.o. die Gehäuse aus reiner Freigiebigkeit zur Verfügung gestellt hätte oder, dass die Geräte von der P  GmbH und G s.r.o. gar nicht freiwillig zur Verfügung gestellt worden wäre (sondern etwa gestohlen worden wäre). Derartiges wurde vom Beschuldigten im Übrigen nicht einmal konkret behauptet. Auch wenn nicht festgestellt werden kann, wer der Veranstalter der Glücksspiele ist, würde die Annahme, die Beteiligten hätten unentgeltlich gehandelt, der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechen.

 

3.7.      Die Feststellungen zum Glücksspielverhalten, inklusive des problematischen und pathologischen Spielverhaltens ergeben sich aus der Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg. In dieser Studie ist die Erhebungs- und Auswertungsmethodik nachvollziehbar dargelegt, es sind aus Sicht des erkennenden Gerichts im Verfahren keine Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit dieser Studie hervorgekommen. Die Feststellungen zu den Tätigkeiten des BMF, der Finanzpolizei und der Konzessionäre sowie die Feststellungen zur Anbindung an das Bundesrechenzentrum gründen vor allem auf den Angaben des BMF im Glücksspielbericht 2010-2013 und im Evaluierungsbericht des BMF zu den Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010-2014. Aus Sicht des erkennenden Gerichts bestehen hinsichtlich der diesbezüglichen Ausführungen in der den Berichten keine Bedenken gegen die Richtigkeit, zumal auch davon auszugehen ist, dass das BMF über den Inhalt und Umfang der Tätigkeiten der Behörden Kenntnis hat und aufgrund der Funktion als Aufsichtsbehörde auch über bestimmte Tätigkeiten der Konzessionäre informiert ist. Gründe dafür, dass vom BMF diesbezüglich auf Tatsachenebene falsche Auskünfte gegeben worden wären, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

3.8.      Die der Stellungnahme vom 11. März 2016 und 14. März 2016 ange­schlossenen Beilagen wurden berücksichtigt. Die Urkunden wurden bezeichnet

 

- Antrag auf Vorabentscheidung - Beilage 1

- Urteil LG Feldkirch - Beilage 2

- Einstellungsbeschluss vom 28. Jänner 2014 - Beilage 3

- Ladung zur Beschuldigtenvernehmung - Beilage 4

- Urteil EuGH vom 30. April 2014 - Beilage 5

- Entscheidung des LVwG Oö. vom 9. Mai 2014 - Beilage 6

- Beschluss LG Wels zu Zl. 36 Cg 138/14t vom 10. Juni 2014 - Beilage 7

- Beschluss des LG Linz zu Zl. 4 Cg 54/14z vom 2. Juni 2014 - Beilage 8

- Beschluss des LG Linz zu Zl. 1 Cg 70/14f vom 30. Mai 2014 – Beilage 9

- Auflistung unzulässiger Glücksspielwerbung unter Zugrundelegung der vom
EuGH aufgestellten Kriterien – Beilage 10

- Konvolut an Werbeeinschaltungen der Konzessionäre – Beilage 11

- Sachverständigengutachten MMag. M Z– Beilage 12

- Urteil des LG Linz zu Zl. 1 Cg 190/11y - Beilage 13

- Übersicht über Spielsuchthilfe 2008-2014 – Beilage 14

- Zeitungsartikel Die Kronenzeitung vom 17. März 2015 – Beilage 15

- Anfrage Nationalrat vom 24. September 2014 samt Beantwortung – Beilage 16

- E-Mail Dr. H 24. März 2015 – Beilage 17

- Protokolle der Verhandlungen vor dem LG Steyr zu Zl. 2 Cg 46/14d – Beil. 18

- Urteil des LVwG Oö. vom 29. Mai 2015 – Beilage 19

- Dr. J K: Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich

– Beilage 20

 

Des Weiteren wurden der EU Pilot vom 29. Juni 2015 sowie der Branchenradar Glücksspiel und S in Österreich 2015 mit E-Mail vom 14. März 2016 (ON 5) übermittelt. Im Ergebnis sind diese Urkunden nicht geeignet, die Aussagekraft der Studie Kalke 2015 zu relativieren. Dies gilt insb für die Ausführungen der MMag. Z, die ihre Stellungnahme ohnedies lediglich als „Überblick“ bezeichnet. Die Studie Kalke 2015 wird den Feststellungen zu Grunde gelegt. Soweit in den erwähnten Beilagen auf einzelne Werbemaßnahmen Bezug genommen wird, ist festzuhalten: Die aufgezeigte Werbetätigkeit erscheint maßvoll und eng darauf begrenzt, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. Anderes lässt sich daraus nicht erschließen.

 

4.           Rechtliche Erwägungen zur maßgeblichen Rechtslage und zum Einwand, das österreichische Glücksspielgesetz müsse unangewendet bleiben:

 

4.1.        Die Bf bringen vor, das GSpG sei unionsrechtswidrig und dürfe nicht angewendet werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in stRsp festhält, ist, um zu einer derartigen Beurteilung zu gelangen, zunächst die Frage zu beantworten, ob das Unionsrecht im konkreten Fall überhaupt anzuwenden ist, was auf Sachverhalte ohne Auslandsbezug nicht zutrifft (vgl VwGH vom 29.05.2015, GZ 2012/17/0178). Es ist zu prüfen, ob sich der Bf im vorliegenden Fall auf die Dienstleistungsfreiheit (Art 56 AEUV) oder die Niederlassungsfreiheit (Art 49 AEUV) berufen kann. Der Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit ist insofern eingeschränkt, als sie gemäß Art. 57 AEUV der Niederlassungsfreiheit nachrangig ist (EuGH RS C-55/94). Bei der Abgrenzung zur Nieder­lassungsfreiheit kommt es auf die Dauer und Verfestigung der Tätigkeit im Ausland an: Die Dienstleistungsfreiheit nimmt derjenige in Anspruch, der sich nur vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat begibt. Er lässt sich dort gerade nicht nieder und ist dementsprechend nicht fest in die dortige nationale Volkswirtschaft integriert. Für diese Abgrenzung zwischen vorübergehender und verfestigter Tätigkeit haben sich in der Rechtsprechung des EuGH einige Indikatoren herausgebildet. Neben Dauer, Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Kontinuität der Auslandstätigkeit kann auch eine infrastrukturelle Verfestigung (etwa in Form eines Büros) gegen den vorübergehenden Charakter einer Dienstleistungstätigkeit sprechen, wenn die Einrichtung nicht nur vorübergehend zur besseren Bewältigung einer konkreten Einzeldienstleistung erforderlich ist und unterhalten wird.

 

4.2.        Einzige Gesellschaft mit Auslandsbezug ist die G s.r.o. Hinsichtlich der Geräte FA Nr 1, 6, 7 und 9 (Eigentum der P GmbH) ist ein reiner Inlandssachverhalt gegeben. Es wurde nicht behauptet und hat sich im Verfahren auch nicht ergeben, dass die genannten Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union über Berechtigungen im Zusammenhang mit Glücksspielen verfügen würden. Es wurde weder behauptet noch hat sich im Verfahren ergeben, dass die P GmbH, die G s.r.o. oder A C G in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Dienstleistungen im Zusammenhang mit Glücksspielgeräten anbieten oder erbringen würden. Es liegt daher kein Anwendungsfall der Grundfreiheiten vor (vgl VwGH vom 5. April 2015, Ra 2015/17/0063)

 

4.3.        Zur Niederlassungsfreiheit:

 

4.3.1.    Damit ein Eingriff (oder streng genommen eine Beschränkung) der Niederlassungsfreiheit angenommen werden kann, musste nach der alten Rechtsprechung des EuGH eine Diskriminierung, also eine Ungleichbehandlung (sei es eine offene oder verdeckte) vorliegen, vgl. etwa EuGH, Rs. C-61/89. Die neuere Rechtsprechung des EuGH ist offener für einen weiten Beschränkungsbegriff. Gleichwohl tendiert der EuGH bei der Niederlassungs­freiheit insbesondere bei steuerrechtlichen Regelungen eher zum Maßstab des Diskriminierungsverbots, vgl. EuGH, Rs. C­446/0. Auch neuere Fälle zeigen, dass der EuGH bei der Annahme eines allgemeinen Beschränkungsverbots bei Art. 49 AEUV zurückhaltender als etwa bei der Waren- und Dienstleistungsfreiheit vorgeht, vgl. etwa EuGH, Rs. C-656/08.

 

4.3.2.    Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 6. Dezember 2012, B 1337/11, festgehalten hat, ist es Ziel der gesetzlichen Beschränkungen hinsichtlich der Glücksspielkonzessionen, Straftaten zu verhindern, eine übermäßige Anregung zur Teilnahme am Glücksspiel durch unreglementierte Konkurrenz zu vermeiden und zu verhindern, dass das Glücksspiel ausschließlich zu gewerblichen Gewinnzwecken veranstaltet wird, wobei die strenge Mindestkapitalvorschrift Konzessionswerber vom Markt abhalten soll, die gegebenenfalls mit Hilfe illegaler Geschäfte die finanziellen Voraussetzungen für die Veranstaltung von Glücksspiel schaffen wollen. Im Hinblick auf diese von der österreichischen Rechtsordnung verfolgten Ziele und die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergebende Aufgabe der einzelnen Mitgliedstaaten, im Bereich des Glücksspielwesens im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben, erscheint die Bestimmung des § 14 Abs. 2 Z. 3 GSpG über das eingezahlte Stamm- oder Grundkapital jedenfalls nicht unvereinbar mit dem Unionsrecht (VwGH vom 7. März 2013, GZ 2011/17/0304).

 

4.3.3.    Im gegenständlichen Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass die beteiligten Unternehmer über jenes Stamm- oder Grundkapital verfügen würden, welches gemäß § 21 Abs. 2 Z 3 GSpG als zwingendes Erfordernis für die Erteilung einer Konzession nach dem GSpG Voraussetzung ist. Auch im vorliegenden Fall hat diese Gesellschaft ähnlich der Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes vom  21.12.2012, 2012/17/0417, „gar nicht behauptet [...], über ein ausreichendes Grund- bzw. Stammkapital bzw. über einen Aufsichtsrat zu verfügen“, sodass auch gegenständlich entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes davon auszugehen ist, dass sie schon deswegen keine Konzession nach § 21 GSpG erlangen konnte, weil sie die zulässigen Rechtsform- und Kapitalerfordernisse nicht erfüllt.

 

4.3.4.    Es wurde im Verfahren nicht behauptet, dass sich die beteiligten Unternehmer um eine Konzession in Österreich bemüht hätte. Eine Konzession könnte ihnen mangels ausreichendem Kapital (Stamm- oder Grundkapital von mindestens 109 Millionen Euro iSd § 14 Abs 2 Z 3 GSpG bzw 22 Millionen Euro iSd § 16 Abs 2 Z 3 GSpG)  auch nicht erteilt werden. Die nicht diskriminierenden Bestimmungen des GSpG stehen im Einklang mit der Niederlassungsfreiheit.

 

4.4.        Zur Dienstleistungsfreiheit:

 

4.4.1.    Unternehmer der 28 Mitgliedstaaten der EU, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, dürfen diese Tätigkeit vorübergehend und gelegentlich unter den gleichen Voraus­setzungen wie Inländer in Österreich ausüben. (Dienstleistungsfreiheit). Die Dienstleistungsfreiheit umfasst Leistungserbringungen bei vorübergehendem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat. Unternehmer der 28 Mitgliedstaaten der EU, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, dürfen diese Tätigkeit vorübergehend und gelegentlich unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländer in Österreich ausüben. (Dienstleistungsfreiheit).

 

4.4.2.    Die beteiligten Unternehmen haben nicht behauptet, über eine Konzession oder Berechtigung zur Durchführung von Glücksspielen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union zu verfügen. Es liegt daher kein Anwendungsfall der Dienstleistungs­freiheit vor.

 

4.5.        Zur Zielsetzung und den tatsächlichen Wirkungen des GSpG:

 

4.5.1.    Im Ergebnis stehen weder Dienstleistungs- noch Niederlassungsfreiheit einer Bestrafung entgegen. Würde man entgegen der Ansicht des LVwG von einem Anwendungsfall der Dienstleistungsfreiheit oder der Niederlassungsfreiheit ausgehen, wäre nach der Rsp des VwGH Folgendes zu beachten: Der Europäische Gerichtshof hat mit seinen Urteilen vom 15. September 2011, Rs
C-347/09 (Dickinger und Ömer), und vom 30. April 2014, Rs C-390/12 (Pfleger), die unionsrechtliche Zulässigkeit des Glücksspielmonopols nicht nur von der Zielsetzung des Gesetzgebers - Spielerschutz und Kriminalitätsbekämpfung - sondern auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig gemacht. Im Zuge eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens wäre zu prüfen, ob die Regelungen des Glücksspielgesetzes in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und die damit verbundene Kriminalität bekämpft wird. Dies wäre beispielsweise dann nicht erfüllt, wenn es trotz der restriktiven Ausgestaltung des Glücksspielrechts in den letzten Jahren zu einer Ausweitung der Spielsucht samt der damit verbundenen Probleme gekommen wäre (vgl VwGH vom 24. April 2015, Ro 2014/17/0126). Grundsätzlich ist die Vereinbarkeit von nationalem Recht mit Unionsrecht als Rechtsfrage von Amts wegen zu prüfen, sodass sich Fragen zu einer Darlegungspflicht (Behauptungs­last) nicht stellen. Können aber bei Regelungen, bei denen   wie hier   sowohl der Wortlaut und als auch die erklärte Zielsetzung des Gesetzgebers gegen die Annahme eines Unionsrechtsverstoßes sprechen, ausnahmsweise tatsächliche Umstände zu einem anderen Ergebnis führen, so hat sich diese Prüfung grundsätzlich an diesbezüglichen Parteienbehauptungen zu orientieren (Vgl OGH 20.01.2015 4Ob200/14m; 4Ob231/14w; 4Ob32/15g; 4Ob10/15x; 4Ob230/14y; 4Ob243/14k; 4Ob244/14g; 4Ob229/14a; 4Ob33/15d; 4Ob6/15h; 4Ob68/15a; 4Ob55/15i; 4Ob97/15s).

 

4.5.2.    Gemäß Art 52 iVm 62 AEUV können mitgliedstaatliche Eingriffe in die Freiheiten aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sein. Auch Beschränkungen von Glücksspieltätigkeiten können nach dem EuGH (vgl. etwa Rechtssache Pfleger ua, C-390/12 mwN) durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Von den Mitgliedstaaten auferlegte Beschränkungen haben der vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen Rechnung zu tragen. Sowohl Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit als auch Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit können durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinn zu gewährleisten, dass sie kohärent, systematisch und verhältnismäßig sind (vgl. EuGH Rechtssache Gambelli, C-243/01; siehe weiters EuGH Rechtssache Dickinger und Ömer, C-347/09; EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12; VwGH 29.05.2015, Ro 2014/17/0049; VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121).

 

4.5.3.    Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, und es sind (Stand 2015) zwischen ca. 27.600 bis ca. 46.000 Personen spielsüchtig. Die Spielsucht stellt daher in Österreich ein relevantes Problem dar. Durch das im GSpG geregelte Glücksspielmonopol sollen unter anderem die Gelegenheiten zum Spiel vermindert, die Ausnutzung der Spielleidenschaft begrenzt und der Spielerschutz gewährleistet werden (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die §§ 5, 14, 16, 19, 21, 22, 25, 26, 31 und 56; so ausdrücklich auch die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Novelle BGBl I Nr 73/2010; in diesem Sinne auch bereits die Rsp der österreichischen Höchstgerichte siehe etwa VfGH 06.12.2012, B1337/11 ua; VfGH 12.3.2015, G 205/2014-15 ua; VwGH 7.03.2013, 2011/17/0304, VwGH 4.11.2009, 2009/17/0147; OGH 20.3.2013, 6 Ob 118/12i; 17.02.2015, 4 Ob 229/14a: Aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen sei nicht abzuleiten, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente). Diese Zielsetzungen vermögen daher eine Beschränkung der Glücksspieltätigkeiten im Sinne der Rsp des EuGH zu rechtfertigen. Dem evidenten Spielsuchtproblem in Österreich soll gerade auch durch das im GSpG geregelte Monopol entgegengetreten werden, wobei es sich bei der Normierung eines Monopolsystems um eine geeignete Maßnahme handeln kann, um den negativen Erscheinungen unkontrollierten Glücksspieles entgegen zu wirken (vgl. EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12 RZ 41).

 

4.5.4.    Es ist daher zu prüfen, ob die im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit in ihren Wirkungen tatsächlich geeignet sind, dieses Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Hinsichtlich der Eignung der im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit zur Erreichung der genannten Ziele in kohärenter und systematischer Weise ist nicht nur zu prüfen, welche gesetzlichen Vorgaben geregelt sind, sondern auch wie diese ungesetzt werden.

 

4.5.5.    Das GSpG regelt einerseits die Anforderungen an die Erteilung einer Konzession oder Bewilligung zur Durchführung von Ausspielungen sowie deren Einhaltungsvoraussetzungen, andererseits stellt es Ausspielungen, die ohne Konzession oder Bewilligung durchgeführt werden, unter Strafe und ordnet dazu konkrete Verfolgungsmaßnahmen an. Somit geht aus dem GSpG klar hervor, dass nur jene Glücksspielbetreiber legal Glücksspiele in Form von Ausspielungen anbieten können, die einerseits Inhaber einer Konzession oder Bewilligung sind und andererseits die damit verbundenen Anforderungen fortlaufend erfüllen. Es liegt auf der Hand, dass eine beschränkte Zahl von Konzessionären effektiver zu überwachen ist als eine unbeschränkte Anzahl an Anbietern (vgl auch VfGH 6.12.2012, B 1337/11) und somit das im GSpG normierte Konzessions- und Bewilligungssystem dem Spielerschutz dienlich ist. Auch der OGH führte bereits aus, dass aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen nicht abzuleiten sei, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente (OGH 17.02.2015, 4 Ob 229/14a). Auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sahen in jüngeren Entscheidungen keine Veranlassung für eine unionsrechtsbedingte Nichtanwendung, amtswegige Gesetzesprüfung oder Anfechtung der Verbotsbestimmungen des Glücksspiel­gesetzes (siehe etwa VfGH G 82/12, VfSlg 19.749; B 615/2013; VwGH Ro 2014/17/0120, 0121 und 0123; Ro 2014/02/0026; Z 2012/17/0440). Die österreichischen Höchstgerichte gehen demnach (bislang) davon aus, dass die gesetzlichen Vorgaben des GSpG geeignet sind, die festgelegten Ziele zu verfolgen.

 

4.5.6.    Durch die zur Vollziehung berufenen Behörden erfolgt auch einerseits die Kontrolle der Einhaltung der Anforderungen an die Konzessionäre und andererseits die tatsächliche Verfolgung und Ahndung von illegalem Glücksspiel.

 

4.5.7.    Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stich­probenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden. Bereits aufgrund dieser vorläufigen Beschlagnahmen wurden aber grundsätzlich weitere Glücksspiele mit betroffenen Glücksspielgeräten (zumindest für die Dauer der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme) verhindert und insoweit die Zugänglichkeit zu Ausspielungen beschränkt.

 

4.5.8.    Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spielerschutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

4.5.9.    Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich ferner, dass durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Videolotterieterminals der konzessionierten Unternehmen an die Bundes­rechenzentrum GmbH (BRZ) elektronisch festgelegt worden ist. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der BRZ können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspielgeräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der BRZ am Bildschirm.

 

4.5.10. Schon die oben angeführten Umstände, insbesondere der Kontrollen der Konzessionäre, der Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels, der Festlegung der Anbindung der Glücksspielautomaten und VLT der konzessionier­ten Unternehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH, aber auch der Einrichtung der Spielerschutzstelle, zeigen nach Ansicht des Oö. Landesverwaltungsgerichtes, dass die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in kohärenter und systematischer Weise erfolgt.

 

4.5.11. Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist die unionsrechtliche Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig (so etwa jüngst VwGH Ro 24.04.2015, 2014/17/0126; OGH 20.01.2015, 4 Ob 231/14w).

 

4.5.12. Als Folge der gesetzlichen und behördlichen Vorgaben werden durch die konzessionierten Betreiber Maßnahmen zum Spielerschutz tatsächlich umgesetzt. So ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt etwa, dass im Bereich der Spielbanken gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe nahezu 7.000 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870 eingeholt wurden und ferner bei Auskunfteien online-„Sofort-Checks“ erfolgten. Auch wurden im Jahr 2013 über 621.000 Spielbankbesucher den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich zudem, dass zum 31.12.2013 in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren bestanden. In den VLT-Outlets wurde bei begründetem Anlass in über 11.000 Fällen zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in mehr als 1.300 Fällen der Zutritt verwehrt wurde.

 

4.5.13. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich weiters, dass es zu keiner Ausbreitung der Glücksspielsucht seit 2009 in Österreich gekommen ist. Gerade beim in Hinblick auf spielbedingte Probleme besonders risikoreichen Automatenglücksspiel ist die Prävalenz des problematischen und pathologischen Spielens (von ca. 13,5% [2009] auf ca. 8,1% [2015] bei Automaten in Kasinos und von ca. 33,2% [2009] auf ca. 27,2% [2015] bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos) seit 2009 zurückgegangen. Auch ist der durchschnittliche Geldeinsatz im Automatenglücksspielbereich außerhalb von Spielbanken merklich gesunken. Es zeigt sich auch, dass die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der konzessionierten „C A“ im Vergleich zu den (häufig auch nicht bewilligten) Ausspielungen in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen eher gering ausfallen.

 

4.5.14. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, insbesondere der oben dargestellten tatsächlich durchgeführten Spielerschutzmaßnahmen durch die konzessionierten Betreiber und dem dargestellten Spielverhalten in Österreich (bezogen auf den Vergleichszeitraum 2009 bis 2015), erachtet das erkennende Landesverwaltungsgericht auch hinsichtlich der tatsächlichen Wirkungen der Regelungen des GSpG eine unionsrechtlichen Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit als gegeben.

 

4.5.15. Zum Vorbingen betreffend die Werbetätigkeit ist folgendes auszuführen: Aus der Rsp des EuGH ergibt sich, dass Werbung für Glücksspiel nicht generell dem Unionsrecht widerspricht, aber die Werbetätigkeit maßvoll und eng darauf begrenzt werden muss, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken (vgl dazu etwa Rechtssachen Dickinger/Ömer, C-347/09; Placanica, C-338/04; HIT hoteli u.a., C-176/11). Gemäß § 56 Abs. 1 GSpG haben die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren, wobei die Einhaltung im Aufsichtswege überwacht wird. Bei Beurteilung der Werbetätigkeit kommt es nicht auf eine einzelne Werbung an, sondern es ist vielmehr die Gesamtheit der Werbemaßnahmen der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber heranzuziehen (vgl. auch OGH 27.11.2013, 2 Ob 243/12t).

 

4.5.16.             Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass sich der Anteil der Personen, die in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt haben, im Zeitraum 2009 bis 2015 kaum verändert hat. Insgesamt hat sich der Geldeinsatz (in absoluten Zahlen) zwar von 53 € auf 57 € (also nur in etwa um die Inflationsrate) erhöht, bei den besonders problematischen Automatenspielen außerhalb der Kasinos ist er sogar deutlich zurückgegangen. Auch die Anzahl der Spielsüchtigen ist in diesem Zeitraum nicht gestiegen. Daraus ist abzuleiten, dass die Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber in ihrer Gesamtheit im Ergebnis jedenfalls kein Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele bewirkt hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob jede einzelne Werbemaßnahme jedes Konzessionärs und Bewilligungsinhabers den Vorgaben des EuGH entspricht, da die Werbetätigkeit in ihrer Gesamtheit jedenfalls nicht dem Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele dient. Auch wenn einzelne Werbemaßnahmen für sich genommen geeignet sein sollten, die Spiellust zu wecken bzw. zu verstärken, so hat jedenfalls die Gesamtheit der Werbetätigkeiten nicht zu einer Ausweitung des Glücksspieles geführt. Es haben daher die Gesamtwirkungen der Werbetätigkeit die kohärente und systematische Verfolgung der Ziele des GSpG nicht beeinträchtigt. Soweit in den erwähnten von den Bf vorgelegten Beilagen auf einzelne Werbemaßnahmen Bezug genommen wird, ist festzuhalten: Die aufgezeigte Werbetätigkeit erscheint maßvoll und eng darauf begrenzt, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. Anderes lässt sich daraus nicht erschließen.

 

4.5.17. Nachdem es in Österreich (bezogen auf den Zeitraum 2009 bis 2015) zu keinem Wachstum des gesamten Glücksspielmarkts gekommen ist und (nach der Rsp des EuGH) eine Werbung der Konzessionäre für ihre Produkte zum Zweck, den vorhandenen Markt für sich zu gewinnen, jedenfalls zulässig ist (vgl. EuGH Rechtssache Dickinger/Ömer C‑347/09, RN 69), geht das Oö. Landesver­waltungsgericht im Ergebnis davon aus, dass die bisherige Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber nicht zur Unionsrechtswidrigkeit der österreichischen Regelungen betreffend die Beschränkungen der Glücksspiel­tätigkeiten führt.

 

4.5.18. Zusammenfassend ergibt sich daher für das erkennende Landesver­waltungsgericht, dass bei Gesamtwürdigung aller in diesem Verfahren hervorgekommenen Umstände eine Unionsrechtswidrigkeit durch die österreichischen Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten nicht vorliegt. Die von der österreichischen Regelung vorgesehenen Beschränkungen verfolgen vom EuGH anerkannten Gründe des Allgemeininteresses und sind geeignet, diese in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Die Beschränkungen erscheinen auch nicht unverhältnismäßig.

 

4.6.        Zu den offenen Beweisanträgen betreffend die Frage der Unionsrechts­konformität ist Folgendes auszuführen:

 

4.6.1.    Der Bf hat die Einvernahme mehrerer Zeugen zum Beweis des Anstiegs der Anzahl an Spielsüchtigen und der Ineffektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz insbesondere innerhalb der Jahre 2010 bis 2015 beantragt (1.2.). Soweit sich der Bf auf Aussagen von Fachleuten beruft, wonach die Zahl der spielsüchtigen Personen in den letzten Jahren gestiegen sei, sind diese nicht geeignet, die Untauglichkeit des GSpG und der behördlichen Maßnahmen zu beweisen. In der aktuellen Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg sind gerade diese Parameter in wissenschaftlicher Weise erhoben und ausgewertet worden. Diese Studie ist schlüssig und nachvollziehbar. Wahrnehmungen und Einschätzungen (auch einer größeren Zahl) von mit der Materie befassten Einzelpersonen können die Studie nicht widerlegen. Dies wäre nur durch eine auf gleicher fachlicher Ebene erstellten Studie möglich. Die Beweisanträge waren daher abzuweisen.

 

4.6.2.    Soweit Zeugeneinvernahmen zum Beweis dafür beantragt wurden, dass die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz ineffektiv seien, ist auszuführen, dass die Zeugen lediglich ihre persönliche Meinung (ob eine „Ineffektivität“ vorliegt) darstellen könnten, die allenfalls auf Umständen gründet, die sich in ihrem unmittelbaren Umfeld abspielen. Hingegen sind der genannten Studie auch Auswirkungen der gesetzlichen Vorgaben und behördlichen Maßnahmen zu entnehmen. Persönliche Meinungen von Einzel­personen sind daher für die vom Oö. Landesverwaltungsgericht vorzunehmende rechtliche Beurteilung, ob angesichts bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen als (im rechtlichen Sinne ausreichend) effektiv angesehen werden können oder nicht, nicht von Relevanz. Auch die Beweisanträge zur Effektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz waren daher abzuweisen.

 

4.7.        Zusammenfassung:

 

4.7.1.    Keine der beteiligten Personen ist mit einer Dienstleistung beteiligt, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen würde  (vgl VwGH vom 29.05.2015, GZ 2012/17/0178). Eine Unanwendbarkeit des GSpG wegen eines allfälligen Widerspruchs zum Unionsrecht scheidet aus. Eine Aufnahme der vom Beschuldigten beantragten Beweise betreffend die behauptete Unionsrechts­widrigkeit war daher schon aus diesem Grund nicht erforderlich.

 

4.7.2.    Das LVwG hat die vorhandenen Beweismittel eingehend geprüft. Das BMF hat sich wie schon erwähnt umfassend und schlüssig zur Zielsetzung des GSpG geäußert. Es werden – wie das BMF ebenfalls betont, massive Anstrengungen zur Eindämmung der Spielsucht unternommen und entsprechende Maßnahmen gesetzt.  Die von den Bf beantragten Beweise und vorgelegten Urkunden sind ungeeignet, ein vollständiges Bild über die Auswirkungen des Glücksspielgesetzes zu vermitteln. Einer möglichen Ausbreitung der Glücksspielsucht konnte entgegengewirkt werden. Die Regelungen des Glücksspielgesetzes führen in ihrer Gesamtheit dazu, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und die damit verbundene Kriminalität bekämpft wird. (vgl VwGH vom 24. April 2015, Ro 2014/17/0126). Die Bestimmungen sind daher kohärent. Die Bestimmungen des GSpG sind unionsrechtskonform (vgl VwGH 16. März 2016, Ro 2015/17/0022)

 

4.7.3.    Da die Rechtslage durch die Rechtsprechung des VfGH, VwGH und EUGH geklärt ist, konnte von einer Anfechtung beim VfGH Abstand genommen werden. Das Recht der Europäischen Union steht der Anwendbarkeit des Glücksspielgesetzes nicht entgegen. Die beantragte Aussetzung war nicht erforderlich.

 

4.7.4.    Entgegen dem Vorbringen der Bf verstößt das GSpG auch nicht gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot iSd Art 18 B-VG und Art 7 EMRK. Die Höchstgerichte haben sich schon mehrmals mit den einschlägigen Bestimmungen des GSpG auseinandergesetzt und nie derartige Bedenken geäußert.

 

4.7.5.    Mag. A wendete sich gegen die amtswegige Beischaffung von Beweismitteln. Dem ist zu entgegnen, dass das LVWG alle vom Bf vorgelegten Urkunden berücksichtigt hat. Die Einholung einer Stellungnahme des Staates zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit steht im Einklang mit der Rechtsprechung der Höchstgerichte, insb des EUGH.

 

5.           Rechtliche Beurteilung:

 

5.1.      Die maßgeblichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes (GSpG) lauten:

 

Ein Glücksspiel im Sinne des GSpG ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt (§ 1 Abs. 1 GSpG).

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammen­hang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögens­werte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (BGBl 620/1989) – GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 13/2014) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe von bis zu
60.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Aus­spielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unter­nehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG daran beteiligt.

 

Bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist gemäß § 52 Abs. 2 GSpG für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6.000 Euro bis zu 60.000 Euro zu verhängen.

 

Gemäß § 52 Abs. 3 leg.cit. ist, sofern durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklich ist, nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

 

5.2.        Zu den Walzenspielgeräten FA Nr 1, 2, 3 und 5:

 

Aufgrund der festgestellten Funktionsweise der an den Geräten mit den FA-Nrn. 1, 2, 3 und 5 verfügbaren virtuellen Walzenspielen ist auch im Hinblick auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 08.09.2005, 2000/17/0201) davon auszugehen, dass das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängt und die virtuellen Walzenspiele somit als Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren sind.

 

5.3.      Zum sog. „Skill-Game Gerät“ FA Nr 4:

 

Die Bf stellte den Antrag auf Bespielung des Skill Games unter Beiziehung eines Sachverständigen. Festzuhalten ist:  Dem AVG und dem VwGVG ist eine antizipierende Beweiswürdigung fremd und dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel - ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung - untauglich bzw. an sich nicht geeignet ist, über den beweiserheblichen Gegenstand einen Beweis zu liefern (VwGH 28.10.2015, 2012/10/0104, stRsp). In der Verhandlung wurde dazu erörtert:  Mag. A führt betreffend Gerät FA-Nr. 4 aus: „Es handelt sich dabei keinesfalls um ein Glücksspielgerät, sondern um ein Geschicklichkeitsgerät. Diesbezüglich wird auf das rechtskräftige Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 17.03.2015 zu 8C 673/14g samt den darin verwerteten und eingeholten Gutachten Dr. M sowie auf das Typengutachten Ing. T verwiesen. Von Mag. W befragt, führt Mag. A aus: „Gefragt, ob es sich bei den Skill-Games um Internet basierte Spiele handelt, gebe ich an, dass hier sehr wohl eine Verbindung zum Internet hergestellt wird. Ob dieses Spiel sich nicht konkret auf dem jeweiligen Gerät befindet, ist mir nicht bekannt. Von Mag. Weigl befragt, ob die Fehlermeldung „Net error“ nicht ein Indiz dafür ist, dass es sich um ein Internet basiertes Spiel handelt, gebe ich an, dass damit nur dokumentiert ist, dass das Spiel nicht mehr funktioniert, wenn keine Internetverbindung besteht. Ob das Gerät noch funktioniert, wenn „Net error“ aufscheint, ist mir nicht bekannt.“ Der Vertreter des Finanzamtes führt dazu aus: „Aus der bisherigen Kontrollpraxis ist festzuhalten, dass das Gerät jedenfalls nicht mehr funktioniert bzw. eine Bespielung nicht mehr möglich ist, wenn es heruntergefahren wird.“ Mag. A führt dazu aus: „Wir beantragen die Probebespielung unter Beiziehung eines Sachverständigen.“ Mag. W stellt insoweit vorläufig zur Diskussion, dass fraglich ist, ob hier durch die allfällige Internetbasierung des Spieles bei einer im konkreten Anlassfall bezogenen Bespielung überhaupt Rückschlüsse auf das konkret bei der Kontrolle vorgefundene Spiel gezogen werden können. Mag. A führt dazu aus: „Es handelt sich dabei um eine Sachverständigenfrage. Man kann jedenfalls nicht ausschließen, dass bei einer im Anlassfall durch das Gericht vorzunehmenden Bespielung konkrete Rückschlüsse auf das Skill-Game möglich sind.“ Mag. A ergänzt: „Über die drei Walzen kann man Einfluss auf den im ausgewählten Spiel, beispiels-weise Ring of Fire gesetzten Einsatz nehmen. Das heißt, man kann den Einsatz erhöhen und kann aber auch sich den Einsatz wieder zurückholen. Diese drei Walzen stehen immer im Zusammenhang mit dem jeweils dahinter stehenden Spiel, wie beispielsweise Ring of Fire.“ Nach Ansicht des LVWG ist die Bespielung unter Beiziehung eines Sachverständigen ein ungeeignetes Beweismittel, zumal das Ergebnis keine Rückschlüsse auf den Tatzeitpunkt rechtfertigt, sondern nur auf die im Zeitpunkt der Bespielung – bei aufrechter Internetverbindung und nach Maßgabe der vom Server zur Verfügung gestellten Daten - erzielten Spielergebnisse.

 

Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Bf, obwohl nicht konkret genannt wurde, welche konkreten tatsächlichen Umstände zum Beweis des Vorliegens eines „Geschicklichkeitsspieles“ durch den Sachverständigen begutachtet (und durch das Gutachten bewiesen) werden sollten, ein ausreichend bestimmtes Beweisthema genannt hat, so betrifft die Frage, ob ein Spiel im Ergebnis letztlich als ein Geschicklichkeitsspiel oder als ein Glückspiel im Sinne des GSpG anzusehen ist, eine vom Ver­waltungsgericht vorzunehmende rechtliche Beurteilung. Ein Sachverständiger könnte allenfalls die Funktionsweise der verfahrensgegenständlichen Geräte/Spiele begutachten (hierzu wurde von der Bf aber kein konkretes Vorbringen erstattet), wobei die Schlussfolgerungen daraus, ob letztlich ausgehend von der konkreten Funktionsweise von einem Geschicklichkeits- oder einem Glücksspiel im Sinne des GSpG auszugehen ist, von der Behörde bzw. vom Gericht vorzunehmen sind. Der Beweisantrag war daher abzuweisen. Da im gegenständlichen Fall aufgrund der vorliegenden Beweise ausreichende Feststellungen getroffen werden konnten, war im Übrigen auch kein Gutachten von Amts wegen einzuholen.

 

Die Ausführungen der Gutachten T und M wurden eingehend gewürdigt und stimmen weitgehend mit den Zeugenaussagen der Finanzpolizisten überein. Die rechtliche Schlussfolgerung der Gutachter, es handle sich um Geschicklichkeitsspiele, ist in dieser Allgemeinheit aber nicht zutreffend. Auch wenn das Ergebnis des „Miniaturwalzenlaufes“ für sich genommen vom Geschick der Spieler abhing, so war jedenfalls das Ergebnis der virtuellen Walzenspiele bei den großen virtuellen Walzen vorwiegend vom Zufall abhängig. Der Konnex zwischen dem „Miniaturwalzenlauf“ und dem virtuellen Walzenspiel bei den großen Walzen liegt in diesem Fall also (nur) darin, dass der Spieler zunächst ein „A“ beim „Miniaturwalzenlauf“ erlangen musste, um die virtuellen Walzenspiele bei den großen Walzen spielen zu können. Im Ergebnis musste sich der Spieler außerhalb des eigentlichen Glücksspieles (nämlich des virtuellen Walzenspiels bei den großen Walzen) lediglich einer durch Geschick ohne größere Schwierigkeiten zu überwindenden Hürde stellen. Das Ergebnis des nachgeschalteten virtuellen Walzenspieles bei den großen Walzen war dann aber vom Zufall abhängig. Der Spieler konnte daher die Geräte jedenfalls auch zur Durchführung von Glücksspielen verwenden. Selbst wenn es auch möglich gewesen sein sollte, beim „Miniaturwalzenlauf“ Gewinne oder Verluste zu erzielen, welche nicht nur im Zwischenspeicher bzw Puffer als Zahlenwerte gutgebucht werden, so war es ausgehend vom festgestellten Sachverhalt jedenfalls auch möglich, durch Geschick ein „A“ zu erzielen und damit den großen (vom Spieler im Hinblick auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen nicht beeinflussbaren) Walzenlauf auszulösen, sodass in diesem Fall das Spielergebnis dennoch zumindest überwiegend vom Zufall abhängig war. Es handelt sich damit um ein Glücksspiel. Der Umstand, dass das BG Wels in einem anderen Verfahren  zu einem anderen Ergebnis gekommen ist, vermag daran nichts zu ändern.

 

5.4.      Zu den Hunderennen (Geräte FA Nr 6, 7 und 9):

 

Auch bei den Hunderennen (Geräte FA Nr 6, 7 und 9) handelt es sich um Glücksspielgeräte. Es handelt sich bei Wetten auf den Ausgang von aufgezeichneten Hunderennen, welche von einem Zufallsgenerator ausgewählt werden, um ein Glücksspiel, da die Entscheidung ausschließlich vom Zufall abhängt (vgl. auch VwGH 27.02.2013, 2012/17/0352 mwN). Den Spielern wurden auch keine im Hinblick auf den Rennausgang sinnvoll verwertbaren Informationen geboten.

 

5.5.      zum objektiven Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretungen (zugänglich machen, § 52 Abs 1 Z 1 3. Tatbild GSpG):

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass mit den Geräten Glücks­spiele veranstaltet wurden, um dadurch selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Es handelt sich bei diesen Glücksspielen auch um Ausspielungen iSd § 2 GSpG. Aufgrund der Funktionsweise der verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräte mit den darauf verfügbaren Spielen, bei denen Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt sind, ist – in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz – von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG auszugehen. Weiters ergibt sich aus dem Sachverhalt, dass eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und diese Ausspielungen auch nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

 

Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass sich sämtliche Geräte am 26. Mai und am 27. Mai 2015 betriebsbereit in einem öffentlich zugänglichen Bereich des Lokals befanden. Die Bf machte diese verbotenen Ausspielungen insofern zugänglich, als sie zunächst eine Fläche des von ihr betriebenen Lokals zum Zwecke des Aufstellens der gegenständlichen Geräte freigab und in der Folge die betriebsbereiten Geräte auf dieser Fläche in ihrem Lokal duldete und diesen Lokalbereich samt den aufgestellten Geräten für die Öffentlichkeit zugänglich machte.

 

Der Betrieb der Geräte mit den angebotenen Walzenspielen und Hunderennen stellt unter den festgestellten Bedingungen eine Ausspielung iSd § 2 Abs 4 GSpG dar. Die Bf machte diese Geräte – Eingriffsgegenstände – den Spielern in ihrem Lokal unternehmerisch zugänglich und hat damit das 3. Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zu verantworten.  Die als erwiesen angenommene Tat iSd § 44a Z 1 VStG war aber einzuschränken. Dass die Geräte im gesamten von der Behörde angelasteten Zeitraum betriebsbereit waren, hat sich im Beweisverfahren des LVWG nicht bestätigt.

 

Die Tat ist gemäß § 52 Abs 3 GSpG jedenfalls als Verwaltungsübertretung zu ahnden (VwGH 15. Dezember 2014, Ro 2014/17/0121, VfGH 10. März 2015, G 203/2014-16).

 

5.6.      Zum Verschulden:

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, soweit die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Da § 52 GSpG über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt nach § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwider­handeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sog „Ungehorsamsdelikt“). Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN).

 

Die Bf beruft sich im Ergebnis auf einen Verbotsirrtum. Entschuldigend wirken dabei nach stRspr nur das Vertrauen auf die einschlägige und einhellige höchstgerichtliche Rsp zum Tatzeitpunkt (VwGH 22.3.1994, 93/08/0177), von der zuständigen Behörde selbst erteilte Auskünfte über ihre Verwaltungspraxis (VwSlg 14.020 A/1994) bzw. eine tatsächlich bestehende „ständige Verwaltungsübung“ (VwGH 22.3.1994, 93/08/0177) sowie Rechtsauskünfte auf Grundlage einer vollständigen Sachverhaltsmitteilung, wenn sie von einer fachkompetenten Stelle/Person stammen und bestimmte wesentliche Kriterien erfüllen. Entschuldigend wirkt hiebei eine Rechtsauskunft der zuständigen Behörde (VwGH 4.10.2012, 2012/09/0134, 18. 9. 2008, 2008/09/0187), einer anderer fachkompetenter Institutionen, zB der gesetzlichen beruflichen Vertretungen (zB VwGH 16.11.1993, 93/07/0022, 0023), der Gebietskrankenkasse (VwSlg 14.020 A/1994) oder auch des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (VwSlg 13.257 A/1990) bzw in sehr eingeschränktem Ausmaß die Rechtsauskunft berufsmäßiger Parteienvertreter (zB von Rechtsanwälten). Diese muss sich jedenfalls an der maßgeblichen Rsp der Höchstgerichte und gegebenenfalls an der Rechtsmeinung der zuständigen Behörde (VwSlg 11.744 A/1985) orientieren. Das Vertrauen auf die (falsche) Rechtsauskunft ist dem Auskunftssuchenden insbesondere dann vorwerfbar, wenn dem Beschuldigten das Spannungsverhältnis zur gegenteiligen Behördenauffassung bekannt ist oder sich unmittelbar aus dem Inhalt der Auskunft auch für den Nicht-Fachmann ersichtliche Zweifel ergeben (VwGH 22.2.2006, 2005/17/0195); (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 21  (Stand 1.7.2013, rdb.at). Die Bf beruft sich lediglich auf die vereinzelt gebliebene Judikatur des LVwG Oö. Die Bf konnte sich demnach nicht erfolgreich auf einen entschuldigenden Verbotsirrtum berufen, sondern unterliegt bestenfalls einem Rechtsirrtum, der ihr allerdings vorwerfbar ist. Der Bf ist damit im Ergebnis fahrlässiges Verhalten anzulasten.

 

5.7.      Zur Strafbemessung:

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessens­entscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

 

Bei Übertretung mit 8 Eingriffsgegenständen ist gemäß § 52 Abs. 2 GSpG für jeden Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro zu verhängen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für jeden Eingriffsgegenstand eine gesonderte Strafe zu verhängen. Die belangte Behörde verhängte dagegen eine Gesamtstrafe. Es liegt weder eine „Doppelbestrafung“ noch ein Verstoß gegen das Verbot der „reformatio in peius“ vor, wenn das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich in Abänderung des Straferkenntnisses richtigerweise für 8 Verwaltungsübertretungen 8 Strafen statt einer „Gesamtstrafe“ verhängt, sofern die Summe der 8 Strafen die „Gesamtstrafe“ nicht übersteigt (vgl. VwGH vom 25.1.2005, GZ: 2004/02/0293).

 

Mildernd war die Unbescholtenheit. Erschwerend war kein Umstand zu werten. Der Strafbemessung war die unbestritten gebliebene Schätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Bf zu Grunde zu legen.

 

Im Beschwerdeverfahren ergab sich eine Einschränkung des Tatzeitraumes auf 26. und 27. Mai 2015. Das sich aus § 42 VwGVG ergebende Verbot der reformatio in peius führt dazu, dass dann, wenn im Erkenntnis der Tatzeitraum reduziert wird - sofern nicht andere Strafzumessungsgründe heranzuziehen sind als im bekämpften Bescheid -, nicht die gleiche Strafe verhängt werden darf wie im Bescheid (VwGH 21.02.2012, 2010/11/0245). Im Ergebnis waren daher gemäß § 42 VwGVG unter Anwendung des § 20 VStG die verhängten Strafen auf das festgesetzte Ausmaß herabzusetzen. Eine weitere Herabsetzung oder gar eine Ermahnung kamen auf Grund des keinesfalls als geringfügig anzusehenden Unrechtsgehaltes der Verwaltungsübertretungen nicht in Betracht. Damit reduziert sich auch der Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren vor der belangten Behörde. Für das Beschwerdeverfahren sind bei diesem Ergebnis keine Kosten zu entrichten.

 

6.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

6.1.      Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der Rsp des VwGH zu den Voraussetzungen der Strafbarkeit des § 52 Abs. Z. 1 GSpG ab. Auch die Prüfung der behaupteten Unionsrechswidrigkeit des GSpG wurde entsprechend den von der Rsp des VwGH bzw. EuGH vorgegebenen Kriterien vorgenommen. Hinsichtlich der Beweisan­träge ist darauf hinzuweisen, dass es grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterliegt, ob eine Beweisaufnahme notwendig ist, sodass dadurch regelmäßig keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen wird (vgl. etwa VwGH 08.01.2015, Ra 2014/08/0064).

 

6.2.      Die Rechtslage ist durch die angeführte Rechtsprechung des VwGH geklärt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerden wurde abgelehnt.

VfGH vom 15. Oktober 2016, Zln.: E 965/2016-12 ua.

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 28. April 2017, Zl.: Ra 2017/17/0260-3