LVwG-411323/7/KLE

Linz, 17.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerde von D.V.T., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P.R., x, I., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 15.1.2016, Pol96-114-2014, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die insgesamt verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen werden dahin abgeändert, als jeweils pro Gerät eine Geldstrafe von 3.000 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden verhängt werden.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 3.000 Euro zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis (im Folgenden: belangte Behörde) wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) eine Geldstrafe in der Höhe von 15.000 Euro (Ersatz­freiheitsstrafe 3,5 Tage) wegen Übertretungen nach § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 1.500 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde;

„Die E. s.r.o. mit Sitz in N., x, U., hat sich als Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG, wie im Zuge einer Kontrolle durch das Finanzamt Braunau-Ried-Schärding, Team Finanzpolizei, am 05.11.2014 um 10:50 Uhr im Lokal „J.", x, R., festgestellt wurde, im besagten Lokal vom 13.10.2014 bis zum Tag der Kontrolle am 05.11.2014 um 10:50 Uhr, dadurch an zur Teilnahme vom Inland aus verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG unternehmerisch beteiligt, dass die E. s.r.o. die für die Durchführung von Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen notwendigen, im besagten Lokal vorgefundenen, betriebsbereiten und funktionsfähigen Glücksspielgeräte mit den Bezeichnungen

 

FA-Geräte Nr.

Gehäuse­bezeichnung

Seriennummer

Typen­bezeichnung

Versiegelungs­plakettennummer

1

Multi Game 7

x

Videomat

A052267-A052273

2

Multi Game 7

x

 

A052274-A052280

3

Fantasy

x

 

A052281-A052287

4

Multi Game 7

x

 

A052288-A052294

5

Multi Game 7

x

 

A052295-A052301

 

mit denen den Spielern für einen geldwerten Einsatz Gewinne in Aussicht gestellt wurden und deren Spielergebnis ausschließlich bzw. vorwiegend vom Zufall abhing, als Eigentümerin gegen Entgelt zur Verfügung gestellt und dadurch selbstständig und nachhaltig eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen entfaltet hat.

 

Diese Verwaltungsübertretung haben Sie als Geschäftsführer der E. s.r.o. mit Sitz in N., x, U., gem. § 9 VStG verwaltungs­strafrechtlich zu verantworten.“

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Beschwerde, mit der beantragt wird, der Beschwerde Folge zu geben, die angefochtene Entscheidung ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wird Folgendes ausgeführt:

„IV. Beschwerdegründe

 

1.) Der Beschuldigte hat die ihm angelastete Tat nicht zu verantworten.

Die E. s.r.o. hat sich an keinen verbotenen Ausspielungen beteiligt.

Dass die E. s.r.o. die fünf Geräte entgeltlich zur Verfügung gestellt hat, ist unrichtig; woraus sich Gegenteiliges dies ergeben sollte, ist nicht nachvoll­ziehbar.

 

Die Bestrafung des Beschuldigten erfolgte aber auch aus anderen Gründen zu Unrecht:

 

2.) Glücksspiele iSd GSpG sind auf den gegenständlichen Geräten keine spielbar. Die im angefochtenen Bescheid generalisierend wiedergegebenen Spielabläufe treffen auf konkrete Geräte nicht zu.

 

3.) Selbst für den Fall, dass der Beschuldigte die ihm angelastete Verwaltungsübertretung zu verantworten hätte, ist das Straferkenntnis aufzuheben und das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, da mit einem Straferkenntnis - in unvertretbarer Rechtsansicht - gegen das unionsrechtlich begründete Anwendungsverbot der    52 bis 54 GSpG verstoßen werden würde:

 

Die E. s.r.o. kann sich im Besonderen auf die Niederlassungsfreiheit berufen; aber auch auf die Dienstleistungsfreiheit.

Es ist ständige Rsp. des EuGH, dass jede Monopol- oder Konzessionsregelung eine Beschränkung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit darstellt und daher grundsätzlich den unmittelbar anwendbaren Grundfreiheiten widerspricht und nicht anwendbar ist, sofern diese Beschränkung nicht vom Mitgliedstaat ausnahmsweise gerechtfertigt werden kann.

Der grundsätzliche Widerspruch des Glücksspielmonopols des Bundes zur Dienstleistungsfreiheit (aber auch zur Niederlassungsfreiheit) des Unionsrechts (Art. 56 ff. AEUV) ist damit (spätestens) seit dem Urteil des EuGH vom 30.04.2014 in der Rs. C-390/12, Pfleger, und dem Beschluss des OGH v. 27.11.2013 evident. Der österreichische rechtliche Rahmen für die Regulierung des Glücksspiels wird darüber hinaus auch vom rechtswissenschaftlichen Schrifttum mit unterschiedlichen Begründungen, im Ergebnis aber einhellig, als unionsrechtswidrig qualifiziert.

 

Prüfprogramm:

Der EuGH hat in seiner ab dem Jahr 2010 ergangenen Judikatur im Bereich des Glücksspiels ein sehr präzises Prüfprogramm entwickelt, unter welchen Voraussetzungen ausnahmsweise eine Monopol- oder Alleinkonzessionsregelung als solche - die ja als solche schon eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt - zulässig ist.

Vgl. EuGH, verb. Rs. C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409/07 und C-410/07, Stoß; Rs. C-46/08, Carmen Media Group; Rs. C-212/08, Zeturf, Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer.

 

Wie der EuGH im Zusammenhang mit dem Glücksspiel in Auslegung des Art. 56 AEUV bereits mehrfach entschieden hat (verb. Rs. C-316/07, C-358/07 bis
C-360/07, C-409/07 und C-410/07, Stoß, Rz. 83; Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer, Rz. 54; Rs. C-212/08, Zeturf, Rz. 58), ist eine so restriktive Maßnahme wie die Errichtung eines Monopols zur Beurteilung ihrer Vereinbarkeit mit dem freien Dienstleistungsverkehr hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit im Zuge der Prüfung der Geeignetheit von den nationalen Gerichten und Behörden zwingend auf folgende drei (kumulativ zu bejahende) Fragen zu prüfen:

 

■ Kann vom Mitgliedstaat der Nachweis geführt werden, dass die kriminellen und betrügerischen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Spielen und die Spielsucht im betreffenden Mitgliedstaat ein Problem waren und nur eine Ausweitung der zugelassenen und geregelten Tätigkeiten diesem Problem hätte abhelfen können?

■ Kann vom Mitgliedstaat weiters der Nachweis geführt werden, dass die Geschäftspolitik des Konzessionärs - und insbesondere seine Werbeaktivitäten - maßvoll und begrenzt sind? Dies, so der EuGH, ist z.B. dann nicht der Fall, wenn „verführerisch bedeutende Gewinne in Aussicht'

gestellt werden.

■ Genügt das Gesamtsystem der innerstaatlichen Glücksspielregelungen vor dem Hintergrund der konkreten Anwendungspraxis den Vorgaben des EuGH hinsichtlich seiner (rechtlichen und praktischen) Kohärenz?

 

In seinen Schlussanträgen vom 20.9.2012 in der verb. Rs. C-186/11 u.
C-209/11, S, fasst EuGH-Generalanwalt M die Kernaussage der Rechtsprechung wie folgt zusammen:

„Die Art. 49 AEUV und 56 AEUV sind in dem Sinne auszulegen, dass eine nationale Regelung, die das ausschließliche Recht zur Durchführung, zur Verwaltung, zur Organisation und zum Betrieb von Glücksspielen einem einzigen Unternehmen überträgt, das in der Form einer börsennotierten Aktiengesellschaft errichtet worden ist, gerechtfertigt sein kann, soweit sie tatsächlich das Ziel der Verminderung des Angebots von Glücksspielen oder das Ziel der Bekämpfung der mit Glücksspielen zusammenhängenden Kriminalität durch Lenkung der Spieler in kontrollierte Bahnen verfolgt und soweit sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, diese Ziele kohärent und systematisch zu erreichen. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu entscheiden, welches dieser Ziele mit der streitigen nationalen Regelung tatsächlich verfolgt wird und ob die Regelung tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, die Ziele in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Insbesondere kann das nationale Gericht, soweit es entscheidet, dass das Ziel der streitigen nationalen Regelung in der Beschränkung des Glücksspielangebots in Griechenland besteht, nicht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Regelung tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, dieses Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen, wenn es feststellen sollte, dass der Monopolinhaber tatsächlich eine Expansionspolitik betreibt und dass das ihm übertragene ausschließliche Recht zu einer Ausweitung statt einer Verminderung des Glücksspielangebots führt. Sollte das nationale Gericht hingegen feststellen, dass das alleinige Ziel der streitigen nationalen Regelung darin besteht, die mit Glücksspielen zusammenhängende Kriminalität zu bekämpfen, indem Spieler in erlaubte und geregelte Bahnen gelenkt werden, kann eine vom Monopolinhaber betriebene Expansionspolitik, die u. a. durch eine Ausweitung des Glücksspielangebots und Werbung für diese Glücksspiele gekennzeichnet ist, nur dann als kohärent angesehen werden, wenn die kriminellen und betrügerischen Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Glücksspiel in Griechenland tatsächlich ein Problem erheblichen Umfangs darstellen, dem eine Ausweitung der zugelassenen und regulierten Tätigkeiten abhelfen könnte. Im Übrigen müssen erstens die Ausweitung des Glücksspielangebots und die Werbung für diese Glücksspiele maßvoll und eng auf das begrenzt bleiben, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den kontrollierten Spielenetzwerken zu lenken, und zweitens muss das Glücksspielangebot des Monopolinhabers einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegen.“

 

Dass die Vornahme dieses Prüfprogramms (insb. auch die Würdigung der Werbeaktivitäten des Alleinkonzessionärs) für die Beurteilung der Unionsrechtskonformität - und damit der Anwendbarkeit - des österreichischen Glücksspielmonopols unerlässlich ist, wird auch vom OGH bestätigt (vgl. OGH 27.11.2013, 2 Ob 243/12t, VI.2. und VII.1.).

 

Eine Prüfung des Charakters der Geschäfts- und Werbepolitik des Alleinkonzessionärs führt zum Ergebnis, dass das faktische Verhalten der Konzessionsinhaber Österreichische L. GmbH und C. A. AG den klaren Vorgaben des EuGH eindeutig und offenkundig widerspricht.

Nichtdiskriminierung und Transparenz:

Schließlich sind auch die verfahrensrechtlichen Vorgaben des Unionsrechts für die Zulässigkeit einer Monopolregelung im Glücksspielbereich, nämlich Nichtdiskriminierung und Transparenz nicht gegeben.

 

In seinem Urteil im Fall Engelmann hat der EuGH die Kriterien für die Vergabe der Konzessionen im Zusammenhang mit dem österreichischen GSpG klargestellt. Der EuGH weist darauf hin, dass

„49. [...] die öffentlichen Stellen, die solche Konzessionen vergeben, [,.,] die Grundregeln der Verträge, insbesondere Art. [49] und [56 AEUV ...] zu beachten haben".

 

Aus den betreffenden Bestimmungen über die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit leitet der EuGH ein Diskriminierungsverbot sowie ein Transparenzgebot ab.

 

Aus diesem Grund hat er die damals gegebene Verpflichtung der Konzessionsinhaber, ihren Sitz im Inland zu haben, als unvereinbar mit der in Art. 49 AEUV gewährleisteten Niederlassungsfreiheit angesehen (Rs. C-64/08, Engelmann, Rz. 32).

 

Außerdem stellte nach Auffassung des EuGH die ohne angemessenen Grad an Öffentlichkeit durchgeführte Vergabe einer Konzession an einen Wirtschafts­teilnehmer, der in dem Mitgliedstaat niedergelassen ist, dem der öffentliche Auftraggeber angehört (die Österreichische L. GmbH), eine Ungleichbehandlung zum Nachteil von in anderen Mitgliedstaaten nieder­gelassenen Wirtschaftsteilnehmern dar, die keine reale Möglichkeit hatten, ihr Interesse an der fraglichen Konzession zu bekunden. Eine derartige Ungleich­behandlung verstößt laut EuGH daher gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und stellt eine (mittelbare) Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar, die nach den Art. 49 und -56 AEUV verboten ist.

Siehe EuGH, Rs. C-64/08, Engelmann, Rz. 43, 51 u. 58. Zum Transparenzgebot vgl. Stadler/Aquilina, Der unionsrechtliche Transparenzgrundsatz im Glücksspiel, ecolex 2010, 813 ff

 

Ob mit der im Jahr 2011 auf Basis der GSpG-Novelle 2011 (BGBL I Nr. 111/2010) durchgeführten Neuvergabe der Konzession für Ausspielungen gem. § 14 GSpG den Anforderungen des EuGH an ein nicht-diskriminierendes und transparentes Verfahren tatsächlich Genüge getan wurde, ist zu bezweifeln. Die vom EuGH im Urteil Engelmann festgestellten Unionsrechtswidrigkeiten wurden immer noch nicht beseitigt.

 

Zwar wurde das Sitzerfordernis für die Ausspielungskonzession derart abgeändert, dass ein Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat ausreichend wäre, allerdings nur, wenn der potentielle Konzessionär auch im anderen Mitgliedsstaat, in dem er niedergelassen ist, über eine „vergleichbare Lizenz" verfügt. Andernfalls muss der Konzessionär, im Fall einer erfolgreichen Bewerbung, eine Niederlassung in Österreich gründen. Die Erläuternden Bemerkungen des Ministerialentwurfs (zu den §§ 14 und 21 GSpG) führen weiters aus, dass es die Pflicht der Bewerber (!), die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind, ist, den Nachweis der Vergleichbarkeit der Konzessionen sowie eine Erklärung der ausländischen Glücksspielauf­sichtsbehörde zur Bereitschaft zur Verwaltungszusammenarbeit mit den österreichischen Behörden beizubringen.

 

Diese Änderungen durch die GSpG-Novelle 2011, auf deren Grundlage das Vergabeverfahren für die Ausspielungskonzession durchgeführt wurde, diskriminieren Konzessionswerber aus anderen Mitgliedstaaten weiterhin, weil es für Konzessionswerber aus Österreich ausreicht, einen Sitz im Inland zu haben, während Interessenten aus anderen Mitgliedstaaten zahlreiche Hürden zu absolvieren haben: Selbst mit einem Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat muss eine vergleichbare Lizenz in diesem Mitgliedstaat nachgewiesen und die Erklärung der dortigen Behörde beigebracht werden, während ein österreichischer Bewerber keines von beidem vorweisen muss. Darüber hinaus lässt die Bestimmung „vergleichbare Aufsicht und Kontrolle im Ausland" der österreichischen Behörde einen allzu weiten Ermessensspielraum. Eine Erklärung seitens der ausländischen Glücksspielbehörde, die der Bewerber einholen muss, ist nicht rechtfertigbar. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist es die Pflicht der österreichischen Behörden (und nicht des Bewerbers), die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden aufrecht zu erhalten. Zudem war die Vergabe der Ausspielungslizenz an Kriterien geknüpft, die auf den bisherigen Konzessionsinhaber, die Österreichische Lotterien GmbH zugeschnitten waren (Mindestkapital, Namensaktien, Verbot von Filialbetrieben außerhalb Österreichs, Bestellung eines Staatskommissärs usw.) und über das zur Zielerreichung erforderliche hinausgehen und daher mit der Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar sind.

 

Siehe Taios/Stadler, EuGH kippt österreichisches Glücksspielmonopol, ecolex 2010, 1006 ff. (1007); Leidenmühler, Internet-Glücksspiel und Dienstleistungsfreiheit nach „Liga Portuguesa" - Weiterhin viele offene Fragen, EuLF 2010, 11-1 ff. (4); Kattinger, Als ob Casinos Austria ausgeschrieben hätte, NZZ v .27.12.2011.

 

Dies führt zum Ergebnis, dass das GSpG selbst nach den Novellierungen 2011 weiterhin nicht unionsrechtskonform ausgestaltet ist und die Konzessionsvergabe an die Österreichische Lotterien GmbH nicht in einem den Anforderungen des Unionsrechts genügenden Verfahren erfolgt ist.

 

Eingehend Stadler/Aquilina, Das Engelmann-Urteil und seine Auswirkungen auf Österreich, TIME Law News 05/2010, 10 ff. (15 f.).

 

Diese Rechtslage dauert so lange an, bis in einem tatsächlich diskriminierungs­freien Verfahren eine unionsrechtskonforme Konzessionsvergabe aller Konzessionen erfolgt ist.

 

Eine Kohärenzprüfung hinsichtlich des gesamten rechtlichen Rahmens für das Glücksspiel führt zum Ergebnis fehlender Kohärenz des innerstaatlichen rechtlichen Rahmens für das Glücksspiel sowie seiner konkreten praktischen Anwendungsmodalitäten (vgl. etwa LVwG vom 08.05.2014, Zlen. LVwG-410269/6/Gf/Rt und LVwG-410285/4/Gf/Rt; LVwG vom 29.05.2015, ZI. LVwG-410287/42/Gf/Mu).

 

Und selbst dann, wenn ein reiner innerstaatlicher Sachverhalt zu beurteilen wäre, läge aufgrund des Verbots der Inländerdiskriminierung als auch der Anwendbarkeit der GRC (insb Art 51) kein anderes Ergebnis vor, kann es nämlich nicht sein, dass ein EU-ausländischer Dritter Ausspielungen ohne Konzession veranstalten bzw. am Ausspielungsangebot Dritter mitwirken kann, wohingegen dies einem österreichischen Unternehmer nicht erlaubt sein sollte (vgl. Maschke: Glücksspielmonopol und EuGH C-390/12, Pfleger ua in ZGV 2014/5, 416ff)). Die Beschwerdeführer stützen sich (auch) auf das Verbot der Diskriminierung von Inländern.

 

Widerspricht eine innerstaatliche Regelung dem Unionsrecht, so hat diese nach ständiger Rechtsprechung des EuGH faktisch unangewendet zu bleiben. Dieser Grundsatz ist - zumal in Österreich auch nach mittlerweile mehr als 20 jähriger Mitgliedschaft zur Europäischen Union noch immer keine spezifischen prozessualen Regelungen hinsichtlich einer spezifischen Kompetenz eines innerstaatlichen Organs zur national-verbindlichen Feststellung der Unionsrechtswidrigkeit sowie einer damit im Zusammenhang stehenden allfälligen übergangsweisen Weitergeltung unionsrechtswidriger Normen bestehen - von jedem staatlichen Organ auf jeder Ebene des Verfahrens unmittelbar zu beachten (vgl. LVwG vom 10.07.2015, ZI. LVwG-410701/6/Gf/Mu, mwN: jüngst EUGH vom 11. September 2014, C-112/13 (EU:C;2014:2195), RN 36, und vom 4. Juni 2015, 0-5/14 (Kernkraftwerke Lippe-Ems; EU:C:2015:354), RN 32.)

 

4.) Schließlich ist die verhängte Strafe drastisch überhöht; die Voraussetzungen zur Absehung von einer Strafe - soweit eine Verwaltungsübertretung vorliegen sollte, was nicht der Fall ist - liegen im Besonderen im Hinblick auf obige Ausführungen vor.

 

Es wird beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen.

 

Sodann wird beantragt, der Beschwerde Folge zu geben, die angefochtene Entscheidung ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzu­stellen.“

 

Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 3.3.2016 die Beschwerde dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt, insbesondere die im Akt einliegende Dokumentation, in eine Stellungnahme des BMF vom September 2014 samt Glücksspielbericht 2010 -2013 und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.10.2015. Zu dieser Verhandlung sind ein Vertreter des Bf sowie des Finanzamtes erschienen. Vom Vertreter des Bf wurde mit Schriftsatz vom 7.4.2016 ein ausführliches ergänzendes Vorbringen dahingehend erstattet, dass das österreichische Glücksspielmonopol dem Unionsrecht widerspreche.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oö. geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

Bei einer von der Abgabenbehörde als Organ der öffentlichen Aufsicht am 5.11.2014 um 10:50 Uhr im Lokal mit der Bezeichnung „J.“, x, R., durchgeführten Kontrolle wurden folgende Geräte betriebsbereit vorgefunden, mit Versiegelungsplaketten versehen und vorläufig beschlagnahmt:

 

FA-Geräte Nr.

Gehäuse­bezeichnung

Seriennummer

Typen­bezeichnung

Versiegelungs­plakettennummer

1

Multi Game 7

x

Videomat

A052267-A052273

2

Multi Game 7

x

 

A052274-A052280

3

Fantasy

x

 

A052281-A052287

4

Multi Game 7

x

 

A052288-A052294

5

Multi Game 7

x

 

A052295-A052301

 

 

Die verfahrensgegenständlichen Geräte wurden vom 13.10.2014 bis zum Tag der finanzbehördlichen Kontrolle am 5.11.2014 betrieben, um aus der Durchführung von Glücksspielen selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen und sie standen in diesem Zeitraum in einem öffentlich zugänglichen Bereich im oa. Lokal eingeschaltet und betriebsbereit für Spieler zur Verfügung. Die verfahrensgegenständlichen Geräte wurden von der E. s.r.o. zur Durchführung von Glücksspielen gegen Entgelt zur Verfügung gestellt.

 

Die E. s.r.o. ist Eigentümerin der Geräte. Diese Gesellschaft ist eine juristische Person mit Sitz in N. (U.), sie verfügt über ein Stammkapital in Höhe von 5.000 Euro. Der Bf war zum vorgeworfenen Tatzeitraum handels­rechtlicher Geschäftsführer dieser Firma.

 

Weder die E. s.r.o. noch sonst eine an der Veranstaltung von Ausspielungen mit diesen Geräten beteiligte Person war im Besitz einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG für diese Geräte. Es lag keine Konzession oder Bewilligung für damit in Oberösterreich stattfindende Ausspielungen vor.

 

Von den Organen der Finanzpolizei wurden folgende Probespiele durchgeführt:

 

Fa.-Nr.

Spiel

Mögl. Einsätze

In Aussicht gestellte Gewinne

1

Wild 7

Min. 0,30 Euro Max. 5 Euro

20 Euro +1 SG

20 Euro +48 SG

2

Wild 7

Min. 0,30 Euro

Max. 4 Euro

20 Euro + 1 SG

20 Euro + 48 SG

3

Wild 7

Min. 0,30 Euro

Max. 5 Euro

Keine Angaben

4

Wild 7

Min. 0,30 Euro

Max. 4,5 Euro

20 Euro + 1 SG

20 Euro + 48 SG

5

Wild 7

Min 0,30 Euro

Max. 5 Euro

20 Euro + 1 SG

20 Euro + 48 SG

 

 

Der Spielablauf stellt sich bei den verfahrensgegenständlichen Geräten mit den FA-Nrn. 1 bis 5 generalisierend wie folgt dar:

Bei diesen Geräten konnten virtuelle Walzenspiele gespielt werden. Für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen wurden Gewinne in Aussicht gestellt. Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl eines Spiels und Aufrufen zur Durchführung konnte ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet war. Das Spiel wurde mit der Starttaste ausgelöst. Damit wurde zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei wurden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand, wobei dieser Walzenlauf nur wenige Sekunden dauert. Ein Vergleich der neu zusammen­gesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes, der Spielerfolg stand daher nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Das Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab, Spieler hatten keine Möglichkeit, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen.

 

Der Ausgang dieser Spiele konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall

ab.

 

Der Bf verfügt laut unwidersprochener behördlicher Einschätzung über ein monatliches Einkommen von ca. 2.000 Euro netto, hat keine Sorgepflichten und kein relevantes Vermögen. Es scheint keine einschlägige rechtskräftige Verwaltungsvorstrafe hinsichtlich des Bf auf.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem durchgeführten Beweis­verfahren. Die Feststellungen betreffend die durchgeführte Kontrolle sowie die dabei vorgefundenen Geräte, insbesondere auch deren Betriebsbereitschaft in einem öffentlich zugänglichen Bereich, gründen vor allem auf der Anzeige der Finanzpolizei, der Fotodokumentation, dem Aktenvermerk der Finanzpolizei und auf den Aussagen des Zeugen in der mündlichen Verhandlung. Die Funktionsweise der Geräte und die Feststellungen zu den auf diesen Gerätschaften möglichen Spielen samt Einsätzen sowie den dazu in Aussicht gestellten Höchstgewinnen gründen insbesondere auf der Anzeige der Finanzpolizei, der Fotodokumentation sowie der GSp26-Dokumentation und den Zeugenaussagen in der mündlichen Verhandlung. Die Anzeige und der Aktenvermerk der Finanzpolizei enthalten auch eine Beschreibung des Spielablaufs und lässt sich diese Beschreibung auch mit den Lichtbildern, die der Anzeige angeschlossen waren, in Einklang bringen. Die beschriebene Funktionsweise stimmt auch im Wesentlichen mit den festgestellten Abläufen in anderen (veröffentlichten) Entscheidungen zu virtuellen Walzenspielgeräten überein, sodass aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts keine Zweifel an den diesbezüglichen Angaben der Finanzpolizei bestehen. Dass keine der genannten Personen im Besitz einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG für die gegenständlichen Geräte war und keine Konzession oder Bewilligung für damit in Oberösterreich stattfindende Ausspielungen vorlag, folgt für das erkennende Gericht daraus, dass weder bei der finanzpolizeilichen Kontrolle, noch im behördlichen bzw. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Bewilligung oder Konzession vorgelegt wurde und das Vorhandensein einer Bewilligung oder Konzession für in Oberösterreich stattfindende Ausspielungen auch nicht behauptet wurde.

 

Die Feststellungen zum Bf bzw. zur E. s.r.o. (samt den Eigentumsver­hältnissen) gründen auf den Angaben der Finanzpolizei in der Anzeige, denen nicht widersprochen wurde und auf dem Firmenbuchauszug.

 

Dass die Geräte auch zwecks selbstständiger und nachhaltiger Einnahmen­erzielung betrieben wurden, folgt bei lebensnaher Betrachtungsweise bereits daraus, dass diese von einem Unternehmer betriebsbereit in öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt wurden und die Funktionsweise der Geräte eine Einnahmenerzielung ermöglicht. Es sind im Verfahren auch keine Hinweise hervorgekommen, die dafür sprechen würden, dass die Aufstellung der Geräte aus reiner Freigiebigkeit vorgenommen worden wäre. Bei wirklichkeitsnaher Betrachtung ist auch davon auszugehen, dass die Zurverfügungstellung dieser Geräte in einem öffentlich zugänglichen Bereich letztlich ausschließlich mit der Absicht erfolgte, Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen auf diesen Geräten zu erzielen. Der Umstand, dass dem Bf bekannt gewesen war, dass mit den von ihm zur Verfügung gestellten Geräten Glücksspiele durchgeführt wurden, ergibt sich für das erkennende Gericht schon daraus, dass es absolut lebensfremd wäre, wenn einem Eigentümer einer Sache nicht deren Funktion bekannt wäre. Auch spricht allein schon das Aussehen der Geräte laut der Fotodokumentation der Finanzpolizei für Glücksspielgeräte. Das erkennende Gericht kann keine Gründe erkennen, die gegen diese Annahme sprechen.

 

Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe von bis zu 60.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG daran beteiligt.

 

Nach § 52 Abs. 2 leg. cit. ist bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspiel­automaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6.000 Euro bis zu 60.000 Euro zu verhängen.

Gemäß § 52 Abs. 3 leg. cit, ist, sofern durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklich ist, nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

 

Ein Glücksspiel im Sinne des GSpG ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt (§ 1 Abs. 1 GSpG).

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1.   die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2.   bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammen­hang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3.   bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögens­werte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Hinsichtlich des Glücksspielcharakters der verfahrensgegenständlichen Geräte ist Folgendes auszuführen:

Aufgrund der festgestellten Funktionsweise der an den Geräten mit den FA-Nrn. 1 bis 5 verfügbaren virtuellen Walzenspielen ist auch im Hinblick auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 08.09.2005, 2000/17/0201) davon auszugehen, dass das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängt und die virtuellen Walzenspiele somit als Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren sind.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass mit diesen Geräten Glücksspiele veranstaltet wurden, um dadurch selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Es handelt sich bei diesen Glücksspielen auch um Ausspielungen iSd § 2 GSpG. Aufgrund der verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräte mit den darauf verfügbaren Spielen, bei denen Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt sind, ist - in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz - von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG auszugehen. Weiters ergibt sich aus dem Sachverhalt, dass eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und diese Ausspielungen auch nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

 

Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass die E. s.r.o. Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Geräte war und sich diese Geräte zum Tatzeitpunkt betriebsbereit in einem öffentlich zugänglichen Bereich des Lokals „x Tankstelle" befanden. Die E. s.r.o. hat sich insofern an den verbotenen Ausspielungen unternehmerisch beteiligt, als sie diese Geräte zur Veranstaltung von Ausspielungen im oa. Lokal zur Verfügung stellte, um daraus Einnahmen zu lukrieren. Der Bf hat diese Übertretungen als Geschäftsführer der E. s.r.o. zu verantworten.

 

Zur behaupteten Unzuständigkeit wegen Vorliegens einer gerichtlich strafbaren Handlung:

Hier ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 10. März 2015, G 203/2014-16 ua festgestellt hat, dass die Regelungen des GSpG zur Behördenzuständigkeit verfassungskonform sind, sodass die diesbezüglichen Einwände des Bf nicht stichhaltig sind, diese Rechtsfrage abschließend geklärt ist und das angeregte Gesetzesprüfungs­verfahren unterbleiben kann.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 2014, Ro 2014/17/0121, festgehalten, dass bei Überprüfung der Frage der Zuständigkeit zur Entscheidung die Zuständigkeitsvorschrift heranzuziehen ist, die im Zeitpunkt der Entscheidung der erstinstanzlichen Behörde in Geltung stand. Der bekämpfte Bescheid wurde nach Inkrafttreten des § 52 Abs. 3 GSpG idF BGBl I Nr. 13/2014 erlassen. Der Verfassungsgerichtshof hat darüber hinaus in seiner Entscheidung vom 10. März 2015, E 1139-1140/2014, ausgeführt, „dass § 1 Abs. 2 VStG den Anforderungen des Art. 7 EMRK entsprechend einen umfassenden Günstigkeitsvergleich mehrerer in Betracht kommender Rechts­lagen ermöglicht. (...) Für den Verfassungsgerichtshof besteht (...) kein Zweifel, dass die Anwendung der Verwaltungsstrafbestimmung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG, welche im Gegensatz zur gerichtlichen Strafnorm des § 168 StGB keine Primärfreiheitsstrafe vorsieht, für den Beschwerdeführer in seiner Gesamtaus­wirkung günstiger ist." Ob aufgrund des Umfanges der möglichen Spiele, des möglichen Spieleinsatzes oder aus anderen Gründen eventuell auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht wurde, braucht daher nicht weiter beurteilt zu werden, weil auch in diesem Fall iSd zitierten Judikatur gemäß § 52 Abs. 3 GSpG jedenfalls die verwaltungsbehördliche Strafbarkeit vorgeht.

 

Die Tatanlastung ist aus hs. Sicht ausreichend und es ist bei objektiver Betrachtung für den Bf klar erkennbar, was ihm die Behörde konkret vorgeworfen hat. Insbesondere bedarf es im Tatvorwurf nicht der Beschreibung des Spielablaufes, dieser wurde ohnedies in der Begründung dargestellt.

 

Zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des GSpG:

 

Im Jahr 2015 weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, die Zahl der Problemspieler beträgt daher entsprechend zwischen ca. 19.900 und ca. 35.800 Personen. Zudem sind 2015 in Österreich zwischen ca. 27.600 bis etwa 46.000 Personen aktuell spielsüchtig. Diese Werte sind im Vergleich zum Jahr 2009 annähernd konstant. Männer weisen zu höheren Anteilen ein problematisches und pathologisches Spielverhalten auf als Frauen. Innerhalb der verschiedenen Altersgruppen stellt sich das Ausmaß vorhandener Spielprobleme sehr unterschiedlich dar, wobei die 14- bis 30-Jährigen sich diesbezüglich am stärksten betroffen zeigen.

 

Ausgehend vom Jahr 2015 haben 41% der Bevölkerung (14 bis 65 Jahre) in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt, dieser Wert ist seither kaum verändert (2009: 42%). Das klassische Lotto „6 aus 45" ist das beliebteste Glücksspiel in Österreich. Jeder dritte Österreicher hat dieses Spiel im Jahr 2015 mindestens einmal in den letzten 12 Monaten gespielt (ca. 33%), der prozentuale Anteil für die 30-Tages-Prävalenz beträgt ca. 20%. Seit 2009 haben sich diese Werte so gut wie nicht geändert (jeweils nur um ca. ± 1 Prozentpunkt). Dagegen ist für diesen Zeitraum eine deutliche Zunahme bei der europäischen Lotterie, den Euromillionen, zu konstatieren: Der Prozentwert für die monatliche Teilnahme hat sich von etwa 4% auf etwa 8% verdoppelt. Auch beim J. gibt es seit 2009 einen prozentualen Anstieg. Inzwischen spielt jede siebte Person mindestens einmal im Jahr dieses Glücksspiel (ca. 14%). Damit ist es das zweitverbreitete Glücksspiel in Österreich. Bei den Rubbellosen - die auf dem vierten Platz liegen - sind nur geringe Veränderungen zwischen 2009 und 2015 vorhanden. Alle anderen Glücksspiele besitzen bezogen auf die Spielteilnahme in der Gesamtbevölkerung eine nachgeordnete Bedeutung: Das gilt für die Sportwetten genauso wie für die klassischen Kasinospiele, bei denen 2015 jeweils etwa 4% in den letzten 12 Monaten gespielt wurden. Glücks­spielautomaten in Kasinos und in Spielhallen werden von noch weniger Personen gespielt. In den letzten 12 Monaten haben am Automatenglücksspiel in Spielbanken ca. 0,5% teilgenommen, im Jahr 2009 waren dies ca. 0,6% bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz. Bezüglich der Teilnahme am Automatenglücksspiel außerhalb von Spielbanken (Spielhallen, Einzelaufstellungen, illegale Glücksspielautomaten) ist der Wert bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz von ca. 1,2% im Jahr 2009 auf ca. 1% im Jahr 2015 zurückgegangen.

 

Der monatliche Geldeinsatz für Glücksspiele hat im Zeitraum von 2009 auf 2015 leicht zugenommen und zwar wurden von den Glücksspielenden 2015 im Durchschnitt etwa 57 € pro Monat für Glücksspiele ausgegeben im Vergleich zu 53 € im Jahr 2009. Auf der Ebene der einzelnen Glücksspielarten bestehen hier jedoch sehr unterschiedliche Entwicklungen.  Der Geldeinsatz ist 2015 am höchsten bei den Automatenspielen außerhalb der Kasinos. Im Durchschnitt werden hierfür von den Spielern pro Monat ca. 203 € eingesetzt, vor sechs Jahren lag der entsprechende Wert sogar bei etwa 317 €. Es folgen die klassischen Kasinospiele mit einem Mittelwert von ca. 194 €. Auch für diese Glücksspielform wird im Jahr 2015 durchschnittlich weniger Geld aufgewendet als in 2009. Stark angestiegen sind dagegen im betrachteten Zeitraum die Geldeinsätze für Sportwetten, diese haben sich von ca. 47 € auf ca. 110 € mehr als verdoppelt.

 

Die Anteile problematischen und pathologischen Spielens unterscheiden sich je nach Glücksspielart erheblich. Die zahlmäßig große Gruppe der Spieler von Lotterieprodukten beinhaltet anteilsbezogen nur wenige Personen, die ein problematisches oder pathologisches Spielverhalten zeigen (jeweils etwa ein Prozent). Während bei den Rubbellosen sich nur leicht höhere Werte zeigen, ist bei den klassischen Kasinospielen bereits mehr als jeder zwanzigste Spieler betroffen.

 

Auch Sportwetten beinhalten ein erhebliches Risiko, spielbedingte Probleme zu entwickeln. So erfüllen ca. 7,1% dieser Spielergruppe die Kriterien problema­tischen Spielens und weitere ca. 9,8% zeigen ein pathologisches Spielverhalten. Etwa jeder sechste Sportwetter ist daher von einer Spielproblematik betroffen. Noch höher sind diese Anteile bei Spielautomaten, welche in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen stehen. Etwa 21,2% dieser Spieler sind spielsüchtig. Die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der „Casino Austria" nehmen sich im Vergleich dazu eher gering aus. So liegen die Anteile für problematisches Spielen bei ca. 3,7% und für pathologisches Spielen bei ca. 4,4%. Dennoch weist etwa jede zwölfte Person, die in den klassischen Spielbanken am Automaten spielt, glücksspielbedingte Probleme auf. Bei der Prävalenz problematischen und pathologischen Spielens ging die Rate bei Automaten in Kasinos von ca. 13,5% im Jahr 2009 auf ca. 8,1% im Jahr 2015 und bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos von 33,2% im Jahr 2009 auf 27,2% im Jahr 2015 zurück.

 

Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stichprobenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungs­politischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau"). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamts für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels.

So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis

3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271,

2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücks­spielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden.

 

Im Bereich der Spielbanken wurden gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe 6.920 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870, darunter 4.908 über österreichische Spielbankbesucher und 2.012 über Spielbankbesucher aus dem übrigen EU/EWR-Raum eingeholt. Zusätzlich erfolgten bei den Auskunfteien CRIF (vormals Deltavista) und BISNODE (vormals Wisur) 3.600 online-„Sofort-Checks". 621.195 Spielbankbesucher aus dem EU/EWR (inklusive Österreich) wurden im Jahr 2013 den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Bei 48.284 davon bestand die begründete Annahme im Sinne des § 25 Abs. 3 GSpG, dass aufgrund der Häufigkeit und Intensität der Spielteilnahme das Existenzminimum gefährdet ist, was zu 1.359 Informationsgesprächen sowie 741 Beratungen bzw. Befragungen führte. Zum 31.12.2013 bestanden in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren. In den VLT-Outlets wurden im Jahr 2013 aus begründetem Anlass 11.330 zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in 1.350 Fällen der Zutritt verwehrt wurde. Insgesamt wurden 343 protokollierte Spielerschutz-Informations­gespräche geführt.

 

Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundes­konzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spielerschutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

Ferner ist durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspiel­automaten und Videolotterieterminals der konzessionierten Unternehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ) elektronisch festgelegt worden. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der BRZ können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspielgeräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der BRZ am Bildschirm.

 

Die Feststellungen zum Glücksspielverhalten, inklusive des problematischen und pathologischen Spielverhaltens ergeben sich aus der Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich - Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015" von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg. In dieser Studie ist die Erhebungs- und Auswertungsmethodik nachvollziehbar dargelegt, es sind aus Sicht des erkennenden Gerichts im Verfahren keine Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit dieser Studie hervorgekommen. Die Feststellungen zu den Tätigkeiten des BMF, der Finanzpolizei und der Konzessionäre sowie die Feststellungen zur Anbindung an das Bundesrechenzentrum gründen vor allem auf den Angaben des BMF im Glücksspielbericht 2010-2013 und im Evaluierungsbericht des BMF zu den Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010-2014. Aus Sicht des erkennenden Gerichts bestehen hinsichtlich der diesbezüglichen Ausführungen in den Berichten keine Bedenken gegen die Richtigkeit, zumal auch davon auszugehen ist, dass das BMF über den Inhalt und Umfang der Tätigkeiten der Behörden Kenntnis hat und aufgrund der Funktion als Aufsichtsbehörde auch über bestimmte Tätigkeiten der Konzessionäre informiert ist. Gründe dafür, dass vom BMF diesbezüglich auf Tatsachenebene falsche Auskünfte gegeben worden wären, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

Nach der Rsp des EuGH kann ein Glücksspielmonopol geeignet sein, einerseits die Niederlassungsfreiheit, andererseits die Dienstleistungsfreiheit zu beschrän­ken (EuGH Rechtssache Gambelli, C-243/01; Rechtssache Pfleger ua, C-390/12).

 

Der Bf hat seinen Wohnsitz in der S. und ist Geschäftsführer einer juristischen Person mit Sitz in der S. Zu der von ihm geltend gemachten Unionsrechtswidrigkeit des GSpG ist Folgendes festzuhalten:

 

Gemäß Art. 52 iVm 62 AEUV können mitgliedstaatliche Eingriffe in die Freiheiten aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sein. Auch Beschränkungen von Glücksspieltätigkeiten können nach dem EuGH (vgl. etwa Rechtssache Pfleger ua, C-390/12 mwN) durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Von den Mitgliedstaaten auferlegte Beschränkungen haben den vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen Rechnung zu tragen. Sowohl Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit als auch Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit können durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinn zu gewährleisten, dass sie kohärent, systematisch und verhältnismäßig sind (vgl. EuGH Rechtssache Gambelli,
C-243/01; siehe weiters EuGH Rechtssache Dickinger und Omer, C-347/09; EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12; VwGH 29.05.2015, Ro 2014/17/0049; VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121).

 

Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, und es sind (Stand 2015) zwischen ca. 27.600 bis ca. 46.000 Personen spielsüchtig. Die Spielsucht stellt daher in Österreich ein relevantes Problem dar. Durch das im GSpG geregelte Glücksspielmonopol sollen unter anderem die Gelegenheiten zum Spiel vermindert, die Ausnutzung der Spielleidenschaft begrenzt und der Spielerschutz gewährleistet werden (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die §§ 5, 14, 16, 19, 21, 22, 25, 26, 31 und 56; so ausdrücklich auch die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Novelle BGBl I Nr. 73/2010; in diesem Sinne auch bereits die Rsp der österreichischen Höchstgerichte siehe etwa VfGH 06.12.2012, B1337/11 ua; VfGH 12.3.2015, G 205/2014-15 ua; VwGH 7.03.2013, 2011/17/0304, VwGH 4.11.2009, 2009/17/0147; OGH 20.3.2013, 6 Ob 118/12i; 17.02.2015, 4 Ob 229/14a: Aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen sei nicht abzuleiten, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente). Diese Zielsetzungen vermögen daher eine Beschränkung der Glücksspieltätigkeiten im Sinne der Rsp des EuGH zu rechtfertigen. Dem evidenten Spielsuchtproblem in Österreich soll gerade auch durch das im GSpG geregelte Monopol entgegengetreten werden, wobei es sich bei der Normierung eines Monopolsystems um eine geeignete Maßnahme handeln kann, um den negativen Erscheinungen unkontrollierten Glücksspieles entgegen zu wirken (vgl. EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12 RZ 41).

 

Es ist daher zu prüfen, ob die im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit in ihren Wirkungen tatsächlich geeignet sind, dieses Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Hinsichtlich der Eignung der im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit zur Erreichung der genannten Ziele in kohärenter und systematischer Weise ist nicht nur zu prüfen, welche gesetzlichen Vorgaben geregelt sind, sondern auch wie diese umgesetzt werden.

 

Das GSpG regelt einerseits die Anforderungen an die Erteilung einer Konzession oder Bewilligung zur Durchführung von Ausspielungen sowie deren Einhaltungsvoraussetzungen, andererseits stellt es Ausspielungen, die ohne Konzession oder Bewilligung durchgeführt werden, unter Strafe und ordnet dazu konkrete Verfolgungsmaßnahmen an. Somit geht aus dem GSpG klar hervor, dass nur jene Glücksspielbetreiber legal Glücksspiele in Form von Ausspielungen anbieten können, die einerseits Inhaber einer Konzession oder Bewilligung sind und andererseits die damit verbundenen Anforderungen fortlaufend erfüllen. Es liegt auf der Hand, dass eine beschränkte Zahl von Konzessionären effektiver zu überwachen ist als eine unbeschränkte Anzahl an Anbietern (vgl. auch VfGH 6.12.2012, B 1337/11) und somit das im GSpG normierte Konzessions- und Bewilligungssystem dem Spielerschutz dienlich ist. Auch der OGH führte bereits aus, dass aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen nicht abzuleiten sei, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente (OGH 17.02.2015, 4 Ob 229/14a). Auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sahen in jüngeren Entscheidungen keine Veranlassung für eine unionsrechtsbedingte Nichtanwendung, amtswegige Gesetzesprüfung oder Anfechtung der Verbotsbestimmungen des Glücks­spielgesetzes (siehe etwa VfGH G 82/12, VfSlg 19.749; B 615/2013; VwGH Ro 2014/17/0120, 0121 und 0123; Ro 2014/02/0026; Z 2012/17/0440). Die österreichischen Höchstgerichte gehen demnach (bislang) davon aus, dass die gesetzlichen Vorgaben des GSpG geeignet sind, die festgelegten Ziele zu verfolgen.

 

Durch die zur Vollziehung berufenen Behörden erfolgt auch einerseits die Kontrolle der Einhaltung der Anforderungen an die Konzessionäre und andererseits die tatsächliche Verfolgung und Ahndung von illegalem Glücksspiel.

 

Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stichprobenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungs­politischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau"). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010

226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden. Bereits aufgrund dieser vorläufigen Beschlagnahmen wurden aber grundsätzlich weitere Glücksspiele mit betroffenen Glücksspielgeräten (zumindest für die Dauer der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme) verhindert und insoweit die Zugänglichkeit zu Ausspielungen beschränkt.

 

Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundes­konzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spieler­schutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich ferner, dass durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Video­lotterieterminals der konzessionierten Unternehmen an die Bundesrechen­zentrum GmbH (BRZ) elektronisch festgelegt worden ist. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der BRZ können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspielgeräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücks­spielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechen­zentrum der BRZ am Bildschirm.

 

Schon die oben angeführten Umstände, insbesondere der Kontrollen der Konzessionäre, der Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels, der Festlegung der Anbindung der Glücksspielautomaten und VLT der konzessionierten Unternehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH, aber auch der Einrichtung der Spielerschutzstelle, zeigen nach Ansicht des Oö. Landes­verwaltungsgerichtes, dass die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in kohärenter und systematischer Weise erfolgt.

 

Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist die unionsrechtliche Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig (so etwa VwGH Ro 24.04.2015, 2014/17/0126; OGH 20.01.2015, 4 Ob 231/14w).

 

Als Folge der gesetzlichen und behördlichen Vorgaben werden durch die konzessionierten Betreiber Maßnahmen zum Spielerschutz tatsächlich umgesetzt. So ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt etwa, dass im Bereich der Spielbanken gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe nahezu 7.000 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870 eingeholt wurden und ferner bei Auskunfteien online-„Sofort-Checks" erfolgten. Auch wurden im Jahr 2013 über 621.000 Spielbankbesucher den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich zudem, dass zum 31.12.2013 in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren bestanden. In den VLT-Outlets wurde bei begründetem Anlass in über 11.000 Fällen zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in mehr als 1.300 Fällen der Zutritt verwehrt wurde.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich weiters, dass es zu keiner Ausbreitung der Glücksspielsucht seit 2009 in Österreich gekommen ist. Gerade beim in Hinblick auf spielbedingte Probleme besonders risikoreichen Automatenglücksspiel ist die Prävalenz des problematischen und pathologischen Spielens (von ca. 13,5% [2009] auf ca. 8,1% [2015] bei Automaten in Kasinos und von ca. 33,2% [2009] auf ca. 27,2% [2015] bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos) seit 2009 zurückgegangen. Auch ist der durchschnittliche Geldeinsatz im Automatenglücksspielbereich außerhalb von Spielbanken merklich gesunken. Es zeigt sich auch, dass die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der konzessionierten „Casino Austria" im Vergleich zu den (häufig auch nicht bewilligten) Ausspielungen in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen eher gering ausfallen.

 

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, insbesondere der oben dargestellten tatsächlich durchgeführten Spielerschutzmaßnahmen durch die konzessionierten Betreiber und dem dargestellten Spielverhalten in Österreich (bezogen auf den Vergleichszeitraum 2009 bis 2015), erachtet das erkennende Landesver­waltungsgericht auch hinsichtlich der tatsächlichen Wirkungen der Regelungen des GspG eine unionsrechtlichen Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit als gegeben.

 

Zum Vorbingen betreffend die Werbetätigkeit ist folgendes auszuführen: Aus der Rsp des EuGH ergibt sich, dass Werbung für Glücksspiel nicht generell dem Unionsrecht widerspricht, aber die Werbetätigkeit maßvoll und eng darauf begrenzt werden muss, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken (vgl. dazu etwa Rechtssachen Dickinger/Ömer, C-347/09; Placanica, C-338/04; HIT hoteli u.a., C-176/11). Gemäß § 56 Abs. 1 GSpG haben die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren, wobei die Einhaltung im Aufsichtswege überwacht wird. Bei Beurteilung der Werbetätigkeit kommt es nicht auf eine einzelne Werbung an, sondern es ist vielmehr die Gesamtheit der Werbemaßnahmen der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber heranzuziehen (vgl. auch OGH 27.11.2013, 2 Ob 243/12t).

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass sich der Anteil der Personen, die in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt haben, im Zeitraum 2009 bis 2015 kaum verändert hat. Insgesamt hat sich der Geldeinsatz (in absoluten Zahlen) zwar von 53 € auf 57 € (also nur in etwa um die Inflationsrate) erhöht, bei den besonders problematischen Automatenspielen außerhalb der Kasinos ist er sogar deutlich zurückgegangen. Auch die Anzahl der Spielsüchtigen ist in diesem Zeitraum nicht gestiegen. Daraus ist abzuleiten, dass die Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber in ihrer Gesamtheit im Ergebnis jedenfalls kein Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele bewirkt hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob jede einzelne Werbemaßnahme jedes Konzessionärs und Bewilligungsinhabers den Vorgaben des EuGH entspricht, da die Werbetätigkeit in ihrer Gesamtheit jedenfalls nicht dem Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele dient. Auch wenn einzelne Werbemaßnahmen für sich genommen geeignet sein sollten, die Spiellust zu wecken bzw. zu verstärken, so hat jedenfalls die Gesamtheit der Werbe­tätigkeiten nicht zu einer Ausweitung des Glücksspieles geführt. Es haben daher die Gesamtwirkungen der Werbetätigkeit die kohärente und systematische Verfolgung der Ziele des GSpG nicht beeinträchtigt.

 

Nachdem es in Österreich (bezogen auf den Zeitraum 2009 bis 2015) zu keinem Wachstum des gesamten Glücksspielmarkts gekommen ist und (nach der Rsp des EuGH) eine Werbung der Konzessionäre für ihre Produkte zum Zweck, den vorhandenen Markt für sich zu gewinnen, jedenfalls zulässig ist (vgl. EuGH Rechtssache Dickinger/Ömer C-347/09, RN 69), geht das Oö. Landesver­waltungsgericht im Ergebnis davon aus, dass die bisherige Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber nicht zur Unionsrechtswidrigkeit der österreichischen Regelungen betreffend die Beschränkungen der Glücksspiel­tätigkeiten führt.

 

Zusammenfassend ergibt sich daher für das erkennende Landesverwaltungs­gericht, dass bei Gesamtwürdigung aller in diesem Verfahren hervorge­kommenen Umstände eine Unionsrechtswidrigkeit durch die österreichischen Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten nicht vorliegt (vgl. jüngst VwGH 16.03.2016, Ro 2015/17/0022-7). Die von der österreichischen Regelung vorgesehenen Beschränkungen verfolgen vom EuGH anerkannte Gründe des Allgemeininteresses und sind geeignet, diese in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Die Beschränkungen erscheinen auch nicht unverhältnis­mäßig.

 

Davon abgesehen ist zum Beschwerdevorbringen, wonach das österreichische GSpG dem Unionsrecht widerspreche, noch Folgendes festzuhalten: Der für die Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten erforderliche Auslandsbezug (vgl. hierzu etwa VwGH 27.04.2012, 2011/17/0046) ergibt sich gegenständlich daraus, dass der Bf Geschäftsführer einer juristischen Person mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch selbst in einem ausländischen Mitgliedsstaat wohnt. In seinem Erkenntnis vom 11. Juni 2011, 2011/17/0068, führte der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus: „Aus der jüngeren Rechtsprechung des EuGH ist jedoch nicht abzuleiten, dass die Mitgliedstaaten bei Verfolgung der vom EuGH für die Rechtfertigung der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit anerkannten Zielsetzungen nicht Vorschriften wie etwa das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform und Kapitalausstattung vorsehen könnten. [...] Eine Verpflichtung zur Nichtanwendung nationaler Rechtsvorschriften besteht nach der Rechtsprechung des EuGH (nur) für solche Rechtsvorschriften, die im Widerspruch zu Unionsrecht stehen. Der Umstand, dass bestimmte Konzessionsvoraussetzungen nicht von der vom EuGH konstatierten Unionsrechtswidrigkeit betroffen sind, führt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht etwa dazu, dass sich jedermann erfolgreich auf die Nichtanwendung der unionsrechtswidrigen Bestimmungen berufen könnte. Die belangte Behörde hat vielmehr zutreffend ihre Rechtsauffassung, dass auch aus der jüngeren Judikatur des EuGH nicht folge, dass die angewendeten Bestimmungen des Glücksspielgesetzes den beschwerdeführenden Parteien gegenüber unangewendet zu bleiben hätten, darauf gestützt, dass sowohl die Erstbeschwerdeführerin als auch die Zweitbeschwerdeführerin nicht in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft organisiert sind. Die von den beschwerdeführenden Parteien behauptete unionsrechtswidrige Nichtzulassung im Verfahren zur Vergabe der Konzessionen beruhte jedenfalls nicht allein auf den als gemeinschaftsrechtswidrig erkannten Bestimmungen der österreichischen Rechtslage bzw. der Vorgangsweise der Behörden bei der Konzessionsvergabe. Die vom EuGH in dem von den beschwerdeführenden Parteien genannten Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409/07 und C- 410/07, Markus Stoß u.a., Rn 115, genannte Rechtsfolge, dass ein Mitgliedstaat nach ständiger Rechtsprechung keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten Verwaltungsformalität verhängen dürfe, wenn er die Erfüllung dieser Formalität unter Verstoß gegen das Unionsrecht abgelehnt oder vereitelt habe, greift im vorliegenden Fall somit nicht. Im Falle einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung liegt die Voraussetzung, dass die juristische Person ,unter Verstoß gegen das Unionsrecht' davon abgehalten worden wäre, eine Konzession zu erlangen, nicht vor."

 

Die vom Bf als Geschäftsführer vertretene Gesellschaft ist eine s. s.r.o., die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs mit der österreichischen GmbH vergleichbar ist (VwGH 21.12.2012, 2012/17/0417). Im gegenständlichen Verfahren ist aber nicht hervorgekommen, dass diese Gesellschaft über jenes Stamm- oder Grundkapital verfügen würde, welches gemäß § 21 Abs. 2 Z 3 GSpG als zwingendes Erfordernis für die Erteilung einer Konzession nach dem GSpG Voraussetzung ist. Auch im vorliegenden Fall hat die Gesellschaft ähnlich der Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes vom 21.12.2012, 2012/17/0417, „gar nicht behauptet [...], über ein ausreichendes Grund- bzw. Stammkapital bzw. über einen Aufsichtsrat zu verfügen", sodass auch gegenständlich entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichthofes davon auszugehen ist, dass sie schon deswegen keine Konzession nach § 21 GSpG erlangen konnte, weil sie grundsätzlich zulässige Rechtsform- und Kapitalerfordernisse nicht erfüllt und die Gesellschaft daher nicht unter Verstoß gegen das Unionsrecht davon abgehalten werden konnte, eine Konzession zu erlangen. Die vom Bf behauptete Unanwendbarkeit des GSpG wegen Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols ist daher auch insoweit unzutreffend.

 

Zu den offenen Beweisanträgen betreffend die Frage der Unionsrechts­konformität ist Folgendes auszuführen:

 

Der Bf hat die Einvernahme mehrerer Zeugen zum Beweis des Anstiegs der Anzahl an Spielsüchtigen und der Ineffektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz insbesondere innerhalb der Jahre 2010 bis 2015 beantragt. Soweit sich der Bf auf Aussagen von Fachleuten beruft, wonach die Zahl der spielsüchtigen Personen in den letzten Jahren gestiegen sei, sind diese nicht geeignet, die Untauglichkeit des GSpG und der behördlichen Maßnahmen zu beweisen. In der aktuellen Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich - Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015" von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre Sucht-und Drogenforschung in Hamburg sind gerade diese Parameter in wissenschaftlicher Weise erhoben und ausgewertet worden. Diese Studie ist schlüssig und nachvollziehbar. Wahrnehmungen und Einschätzungen (auch einer größeren Zahl) von mit der Materie befassten Einzelpersonen können die Studie nicht widerlegen. Dies wäre nur durch eine auf gleicher fachlicher Ebene erstellten Studie möglich. Eine neuerliche Verhandlung zur Erörterung dieser Studie ist nicht erforderlich. Es wurde nicht dargelegt, in welchen Teilen und warum sie fehlerhaft sein soll. Dass eine „Repräsentativerhebung" - so wie jede auf der Befragung einer Stichprobe beruhende statistische Auswertung -lückenhaft ist, weil nicht die Gesamtbevölkerung befragt wurde, liegt in der Natur dieser Erhebungsmethode. Die Studie könnte nur durch eine andere fundierte Studie widerlegt werden. Die vom Bf dazu vorgelegten Unterlagen erfüllen diese Voraussetzung nicht. Die Beweisanträge waren daher abzuweisen.

 

Soweit Zeugeneinvernahmen zum Beweis dafür beantragt wurden, dass die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz ineffektiv seien, ist auszuführen, dass die Zeugen lediglich ihre persönliche Meinung (ob eine „Ineffektivität" vorliegt) darstellen könnten, die allenfalls auf Umständen gründet, die sich in ihrem unmittelbaren Umfeld abspielen. Hingegen sind der genannten Studie auch Auswirkungen der gesetzlichen Vorgaben und behördlichen Maßnahmen zu entnehmen. Persönliche Meinungen von Einzel­personen sind daher für die vom Oö. Landesverwaltungsgericht vorzunehmende rechtliche Beurteilung, ob angesichts bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen als (im rechtlichen Sinne ausreichend) effektiv angesehen werden können oder nicht, nicht von Relevanz. Auch die Beweisanträge zur Effektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz waren daher abzuweisen.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, soweit die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Da § 52 GSpG über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt nach § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

 

Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sog „Ungehorsamsdelikt").

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN).

 

Der Bf wendet ein, dass jedenfalls der Schuldausschließungsgrund nach § 5 Abs. 2 VStG vorliege, da er angesichts der einhelligen Lehrmeinung und Gutachten wissenschaftlich renommierter Autoren zum unionsrechtlichen Anwendungsverbot der das Glücksspielmonopol durchsetzenden Strafbe­stimmungen darauf vertrauen durfte, dass das ihm zur Last gelegte Verhalten nicht rechtswidrig ist.

Ein Verbotsirrtum nach § 5 Abs. 2 VStG liegt nur dann vor, wenn dem Betroffenen die übertretene Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (vgl. VwGH 24.04.2006, 2005/09/0021). Sofern den Betroffenen auch nur ein geringes Verschulden (Fahrlässigkeit) an dem Rechtsirrtum trifft, scheidet dieser als Schuldausschließungsgrund aus (vgl. auch VwGH 10.02.1999, 98/09/0298).

Dieser Einwand, welcher offensichtlich darauf abzielt, dass sich der Bf in einem Verbotsirrtum gemäß § 5 Abs. 2 VStG befunden habe, greift nicht, da der Bf zum einen nur einseitige, für seine Rechtsauffassung günstige Lehrmeinungen bzw Gutachten herangezogen, die für ihn ungünstigen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte und des VwGH aber nicht erwähnt hat. Nach der Rechtsprechung des VwGH ist gerade in Fällen, in denen die Möglichkeiten der Rechtsordnung im Wirtschaftsleben bis aufs Äußerste ausgenützt werden sollen, eine besondere Sorgfalt bei der Einholung von Auskünftigen über die Zulässigkeit einer beabsichtigten Tätigkeit an den Tag zu legen (vgl. bereits VwGH 22.02.2006, 2005/17/0195).Zum anderen hat der Bf es unterlassen, sich bei der zuständigen Behörde zu erkundigen.

Selbst wenn der Bf dem behaupteten Rechtsirrtum erlegen wäre, so hätte er diesen nach Auffassung des Oö. Landesverwaltungsgerichts aufgrund der oa. Überlegungen jedenfalls selbst zu verantworten, weshalb dieser ihn nicht entschuldigen kann. Auch im Übrigen machte der Bf keinerlei Umstände geltend, die geeignet wären, einen entsprechenden Entlastungsbeweis zu führen.

Der belangten Behörde folgend ist somit auch von der Erfüllung der subjektiven Tatseite auszugehen.

 

Zur Strafbemessung ist Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechts sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (statt vieler VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine  Übereinstimmung  mit dem  Sinn  des Gesetzes erforderlich ist (vgl. ua. VwSlg 8134 A/1971). § 19 Abs. 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organmandat, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren (§§ 40 - 46

VStG) erfolgt.

 

Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit Genannten, wie insbes. Verschulden und Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw. Milderungsgründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB.

 

Von der belangten Behörde wurde bei der Strafbemessung festgestellt, dass mildernd gewertet worden sei, dass über den Bf keine rechtskräftigen Verwaltungsstrafvormerkungen wegen gleicher Verwaltungsübertretungen aufscheinen. Die verhängte Strafe entspreche dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schwere der Übertretung.

 

Die belangte Behörde hat ihrer Entscheidung mangels Angaben des Bf ein geschätztes monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten zugrunde gelegt. Diesen angenommenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen ist nicht entgegengetreten worden, sodass auch das Landesverwaltungsgericht von diesen Annahmen ausgeht.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist anzumerken, dass § 52 Abs. 2 GSpG in der seit 1.3.2014 geltenden Fassung bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspiel­automaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6.000 Euro bis zu 60.000 Euro, normiert.

 

Hinsichtlich des Beschuldigten scheint keine rechtskräftige einschlägige Verwaltungsübertretung auf, was als strafmildernd zu beurteilen ist. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen nicht vor.

 

Somit wurde von der belangten Behörde ohnedies nur die Mindeststrafe verhängt - die Verhängung der Mindeststrafe bedarf keiner näheren Begründung (VwGH vom 23.03.2012, 2011/02/0244).

 

Eine Anwendung der Bestimmung des § 20 VStG (außerordentliche Strafmilde­rung) kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, da die dafür erforderliche Voraussetzung (beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen) nicht gegeben ist.

Von der belangten Behörde wurde hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe eine Gesamtstrafe ausgesprochen. Die Verhängung einer Gesamtstrafe widerspricht der höchstgerichtlichen Judikatur, wonach bei den Tatbildern des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG pro aufgestelltem Gerät eine Verwaltungsübertretung anzunehmen ist (vgl. VwGH 07.10.2013, 2013/17/0274). Es handelt sich somit um verschiedene selbständige Übertretungen iSd § 22 VStG, für die nebeneinander Strafen zu verhängen sind (vgl. auch VwGH 20.09.2013, 2013/17/0074).

 

Das Landesverwaltungsgericht hatte den Taten entsprechende gesonderte Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen auszusprechen, um die Zuordnung der jeweiligen Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe zu einem Gerät zu ermöglichen.

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH liegt kein Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius vor, wenn die Berufungsbehörde in Abänderung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses richtigerweise für mehrere Verwaltungs­übertretungen mehrere Strafen statt einer Gesamtstrafe verhängt, sofern die Summe der Strafen die Höhe der Gesamtstrafe nicht übersteigt (vgl. etwa VwGH 27.01.1995, 94/02/0383).

 

Im Ergebnis sind daher die vorgeworfenen Taten als Verwaltungsübertretung strafbar. Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe derangeführten Korrekturen zu bestätigen.

 

 

II.            Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

 

III.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der Rsp des VwGH zur Strafbarkeit von Über­tretungen des GSpG ab. Auch die Prüfung der behaupteten Unionsrechswidrigkeit des GSpG wurde entsprechend den von der Rsp des VwGH bzw. EuGH vorgegebenen Kriterien vorgenommen. Hinsichtlich der Beweisanträge ist darauf hinzuweisen, dass es grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterliegt, ob eine Beweisaufnahme notwendig ist, sodass dadurch regelmäßig keine Rechtsfrage (jedenfalls keine von grundsätzlicher Bedeutung) im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen wird (vgl. etwa

VwGH 08.01.2015, Ra 2014/08/0064).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Karin Lederer

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerden wurde abgelehnt.

VfGH vom 15. Oktober 2016, Zln.: E 908/2016-12 ua.