LVwG-410643/11/Gf/Mu

Linz, 20.06.2016

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K !

 

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde der K S, vertreten durch RA Dr. F M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 10. März 2015, Zl. Pol96-174-2014, wegen einer Übertretung des Glücksspielgesetzes

 

 

 z u  R e c h t  e r k a n n t :

 

 

 

I.          Die Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.

 

Vorgängiges Behörden- und Verwaltungsgerichtsverfahren

 

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 10. März 2015, Zl. Pol96-174-2014, wurden über die Beschwerdeführerin mit Spruchpunkt 1.) hinsichtlich der Lokalkontrolle am 5. November 2014 sechs Geldstrafen in einer Höhe von jeweils 3.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: je 17 Stunden) und mit Spruchpunkt 2.) anlässlich der Kontrolle am 11. November 2014 vier Geldstrafen in einer Höhe von jeweils 6.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: je 34 Stunden) verhängt, weil sie es als Außenvertretungsbefugte ihrer KG zu verantworten habe, dass diese in ihrem Betrieb in x seit dem 4. April 2014, seit dem 5. November 2014 bzw. seit dem 11. November 2014 durch die Aufstellung und den Betrieb von sechs bzw. vier Glücksspielautomaten (also insgesamt von zehn Geräten) verbotene Ausspielungen zugänglich gemacht habe. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 52 Abs. 1 Z. 1 drittes Tatbild (unternehmerisches Zugänglichmachen) des Glücksspielgesetzes, BGBl 620/1989 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 13/2014 (im Folgenden: GSpG), begangen, weshalb sie nach dieser Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die ihr angelastete Tat auf Grund der Wahrnehmungen der am 5. November 2014 und am 11. November 2014 eingeschrittenen Exekutivorgane und der Anzeigen des Finanzamtes Grieskirchen-Wels vom 4. Dezember 2014, Zl. 054-70070-34-4614, sowie vom 16. Dezember 2014, Zl. 054-70107-34-4614, als zweifelsfrei erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei hinsichtlich Spruchpunkt 2.) der Erschwerungstatbestand des § 52 Abs. 2 GSpG zum Tragen gekommen, während die bisherige Unbescholtenheit der Rechtsmittelwerberin als strafmildernd zu werten gewesen sei. Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 2.500 Euro; keine Sorgepflichten; kein Vermögen).

 

 

 

2. Gegen dieses ihr am 16. März 2015 zugestellte Straferkenntnis richtete sich die am 10. April 2015 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Beschwerde.

 

Darin wurde – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass das angefochtene Straferkenntnis an einer Vielzahl von Begründungs- und Verfahrensmängeln leide, wie z.B., dass weder feststehe, ob die verfahrensgegenständlichen Geräte überhaupt als Glücksspielautomaten anzusehen seien, dass der Entscheidung keine ausreichende Sachverhaltsfeststellung zu entnehmen sei und dass der im Spruch enthaltene Vorwurf in den Sachverhaltsfeststellungen keine hinreichende Deckung fände. Außerdem würden sich jene das Monopolsystem des GSpG tragenden einfachgesetzlichen Regelungen als verfassungs- bzw. unionsrechtswidrig erweisen.

 

3. Mit hg. Schreiben vom 28. Mai 2015, LVwG-410643/2/Gf/Mu, wurden die Verfahrensparteien dazu aufgefordert, Beweismittel vorzulegen, die geeignet sind, entweder die Unionsrechtskonformität oder die Unionsrechtswidrigkeit des im GSpG geregelten Monopolsystems zu belegen.

 

4. In weiterer Folge hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich mit Beschluss vom 29. September 2015, LVwG-410643/7/Gf/Mu, das Beschwerde-verfahren gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG bis zum Einlangen des Erkenntnisses oder Beschlusses des VwGH in einer dg. zu Zl. Ro 2015/17/0022 anhängigen gleichartigen („führenden“) Rechtssache ausgesetzt und dies dem VwGH mit Schreiben vom 15. Oktober 2015 mitgeteilt.

 

5. Mit Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, hat der VwGH (nicht bloß mit einer kassatorischen, sondern) im Wege einer Entscheidung in der Sache selbst ausgesprochen, dass eine Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG nicht zu erkennen ist (RN 123), weil die mit diesem Gesetz angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung, der Verringerung der Beschaffungskriminalität sowie der Verhinderung von kriminellen Handlungen gegenüber Spielern in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden und diese Ziele nicht bloß als Vorwand für die Beibehaltung der Monopolregelung bzw. einer Einnahmenmaximierung angesehen werden können. Dass vom Staat – bei Verfolgung gerechtfertigter Ziele im Sinne von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses – im Zusammenhang mit dem Glücksspiel hohe Einnahmen erzielt werden, macht die Regelungen des GSpG nicht unionsrechtwidrig, denn es ist zu berücksichtigen, dass sowohl die Maßnahmen des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung und der Kriminalitätsbekämpfung sowie die Aufsicht über die Glücksspielkonzessionäre und Bewilligungsinhaber und auch die medizinischen Behandlungskosten von Spielsüchtigen sowie Fürsorgeunterstützungen für Spielsüchtige und deren Familien hohe finanzielle Kosten verursachen. Daher ist es auch unter diesen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn neben der Verfolgung von legitimen Zielen zur Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit auch entsprechende Einnahmen aus Abgaben im Zusammenhang mit Glücksspiel durch den Staat lukriert werden, wobei im Übrigen gerade die vom LVwG geforderte Vergabe von Konzessionen und Bewilligungen in unbeschränkter Anzahl eine Erhöhung der vom Staat lukrierten Abgaben ermöglichen würde (RN 122).

 

6. Davon ausgehend hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12. Mai 2016, LVwG-410348/22/Gf/Mu u.a., dazu aufgefordert, bekanntzugeben, ob der von der belangten Behörde bescheidmäßig festgestellte Sachverhalt auch vom LVwG seiner im vorliegenden Beschwerdeverfahren zu treffenden Entscheidung als unbestritten zu Grunde gelegt werden kann sowie bejahendenfalls, ob auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verzichtet wird.

 

7. Dementsprechend hat der Rechtsvertreter der Rechtsmittelwerberin am 1. Juni 2016 (telefonisch) mitgeteilt, dass auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verzichtet wird.

 

 

 

II.

 

Fortgesetztes Verfahren – Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung

 

 

1. Zu den von der Beschwerdeführerin vorgelegten sowie vom Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich ergänzend erhobenen Beweisen wurde bereits im hg. Verfahren LVwG-410287/42/Gf/Mu ausführlich Stellung genommen (und zwar mit dem Ergebnis, dass sich das im GSpG geregelte Glücksspielmonopol nach hg. Ansicht als unionsrechtswidrig erweist – siehe BEILAGE).

 

2. Davon ausgehend konnte auf Grund des von der Rechtsmittelwerberin abgegebenen Verzichts von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen und der von der belangten Behörde ermittelte und dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Sachverhalt als auch für diese Entscheidung zutreffend festgestellt werden.

 

 

 

 

 

III.

 

Fortgesetztes Verfahren – Rechtliche Beurteilung

 

 

1. Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsgerichte verpflichtet, dann, wenn der VwGH einer Revision stattgegeben hat, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

 

Eine vergleichbar ausdrückliche Anordnung enthält § 34 Abs. 3 VwGVG zwar nicht; allerdings ergibt sich aus der Zielrichtung dieser Bestimmung in Verbindung mit Art. 133 Abs. 4 B‑VG, wonach das Abweichen von der Rechtsprechung des VwGH explizit einen Revisionsgrund bildet, im Ergebnis eine dem § 63 Abs. 1 vergleichbare quasi-Bindungswirkung.

 

2. Aus verfahrensökonomischen Gründen ist daher die vom VwGH in dessen Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht, wonach das im GSpG normierte Monopolsystem nicht als unionsrechtswidrig anzusehen ist, dem fortgesetzten Verfahren zu Grunde zu legen.

 

3.1. Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG beging u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 60.000 Euro zu bestrafen, der zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen veranstaltete, organisierte, unternehmerisch zugänglich machte oder sich als Unternehmer daran beteiligte.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall haben die einschreitenden Organe der Finanzpolizei im Zuge ihrer Kontrolle am 5. November 2014 bzw. am 11. November 2014 festgestellt, dass die im Lokal der Beschwerdeführerin aufgestellten Geräte betriebsbereit waren, wobei auf diesen nach Eingabe von Geld entsprechende Testspiele – nämlich durchwegs solche, deren Ergebnisse vom Spieler nicht beeinflusst werden konnten – durchgeführt werden konnten; über die für die Durchführung solcher Ausspielungen erforderliche Konzession verfügte die Rechtsmittelwerberin nicht.

 

Dass auch Geräte des Typs „afric2go“ als Glücksspielautomaten zu qualifizieren sind, hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20. April 2016, Ro 2015/17/0020, ausdrücklich klargestellt.

 

Auf Grund dieser – auch von der Beschwerdeführerin selbst nicht in Zweifel gezogenen – Tatsachen steht sohin fest, dass sie als Lokalbetreiberin verbotene Ausspielungen i.S.d. § 52 Abs. 1 Z. 1 drittes Tatbild GSpG unternehmerisch zugänglich gemacht hat.

 

3.3. Hinsichtlich der Strafhöhe hat die Rechtsmittelwerberin keine Einwendungen erhoben; angesichts des Umstandes, dass ohnehin bloß die gesetzlich festgelegte Mindeststrafe verhängt wurde, sind insoweit auch beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich keine Bedenken im Hinblick auf eine allfällige gesetzwidrige Ermessensübung entstanden.

 

4. Aus allen diesen Gründen war daher die vorliegende Beschwerde gemäß § 50 VwGVG abzuweisen.

 

 

 

IV.

 

Revision an den Verwaltungsgerichtshof

 

 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren insbesondere im Hinblick auf das Erkenntnis des VwGH vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, da eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen weder fehlt noch uneinheitlich ist noch mit der gegenständlichen Entscheidung von dieser abgewichen wird.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerden wurde abgelehnt.

VfGH vom 15. Oktober 2016, Zln.: E 965/2016-12 ua.

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 14. März 2017, Zl.: Ra 2017/17/0120-3