LVwG-000143/2/Wei

Linz, 27.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des Herrn C F, geb. x 1960, vertreten durch Ing. G W, p.A. H L GmbH, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, 5280 Braunau am Inn, Hammersteinplatz 1, vom 14. März 2016, GZ. SanRB96-54-2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und das bekämpfte Straferkenntnis wegen örtlicher Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

 

II.      Der Beschwerdeführer hat gem. § 52 Abs 9 VStG weder einen Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verwaltungsstrafverfahrens noch des Beschwerdeverfahrens zu leisten. Weiters entfällt die Verpflichtung zum Ersatz von Kosten der Lebensmitteluntersuchung gemäß § 71 Abs 3 LMSVG.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.1. Mit Schreiben vom 10. September 2015, GZ. MBA22-S45313/15 hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 22. Bezirk, einen Verwaltungsstrafakt betreffend die Anzeige der MA 59 vom 2. September 2015, GZ. MA59-L-211617/15/16WT, wegen Übertretung des LMSVG der belangten Behörde gemäß § 27 Abs 1 VStG „im Hinblick auf den Sitz des angezeigten Unternehmens in P“ zuständigkeitshalber abgetreten.

 

 

Nach der durch ein Gutachten der AGES belegten Anzeige wurde am 12. März 2015  eine Probe des Produkts „H M f“ gezogen, das in einer Selbstbedienungskühlvitrine in einem Supermarkt in Wien zum Verkauf bereitgehalten worden ist. Das Produkt wurde als mikrobiell verunreinigt und für den menschlichen Verzehr ungeeignet iSd § 5 Abs 5 Z 2 LMSVG und daher nicht sicher beanstandet.

 

I.2. Mit dem Straferkenntnis vom 14. März 2016 legte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Last:

 

Folgende Verwaltungsübertretung wird Ihnen zur Last gelegt:

 

Im Zuge einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle gemäß dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz wurde am 12.03.2015 um 10:40 Uhr im Betrieb S Österreichische WarenhandelsAG in  W eine amtliche Probe (2 Originalpackungen a 0,382 kg und 0,379 kg) des Produktes

 

"H M "f" (rohe Zubereitungen aus Geflügelfleisch), Warengruppe 0402, Betriebsart 2402 Verbrauchsdatum: 13.03.2015,

 

entnommen und der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GesmbH., Institut für Lebensmittelsicherheit Wien, zur Begutachtung übermittelt.

 

Dieses von der Firma H L GmbH, P, deren verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 3 VStG Sie sind, laut Etikette vertriebene Produkt, war zum Zeitpunkt der Kontrolle in der SB-Verkaufskühlregal im Betrieb S Österreichische WarenhandelsAG bei 4,0 °C gekühlt in der festgestellten Aufmachung (Deklaration) gelagert und für den Verkauf bereitgehalten.

 

Laut dem amtlichen Untersuchungszeugnis vom 10.07.2015, Auftragsnummer 15027715, ist das Produkt mit der Bezeichnung "H M "f" mikrobiell verunreinigt (mesophile aerobe Gesamtkeimzahl: 32 Millionen koloniebildende Einheiten pro Gramm (KBE/g) und weist deshalb abwegige Geruchseigenschaften (Geruch: mäßig unrein-alt, Geschmack: leicht unrein-alt) auf.

 

Das Produkt ist überlagert und besitzt eine der Verbrauchererwartung derart widersprechende Beschaffenheit, dass ihre bestimmungsgemäße Verwendbarkeit (Genusstauglichkeit) nicht gewährleistet ist.

 

Dieses Produkt ist daher nach § 5 Abs. 5 Z 2 LMSVG, BGBI. Nr. 13/2006 idgF, als für den menschlichen Verzehr ungeeignet und somit als nicht sicher zu beurteilen. Sie unterliegt dem Verbot des Inverkehrbringens gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 LMSVG.

 

Als verantwortlicher Beauftragter der Firma H L GmbH gemäß § 9 Abs. 3 VStG sind Sie verwaltungsstrafrechtlich für diese Übertretung verantwortlich.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

 

§ 5 Abs. 5 Z. 2 iVm § 5 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 90 Abs. 1 Z. 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, BGBl. Nr. 13/2006 i.d.g.F. iVm § 9 VStG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe: 2000 Euro

Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden

§ 90 Abs. 1 Z. 1 Lebensmittelsicherheits-

und Verbraucherschutzgesetz, BGBl. Nr 13/2006 i.d.g.F.

 

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe.

 

Weiters haben Sie Barauslagen

(Lebensmitteluntersuchungskosten) zu bezahlen:

1.     257,54 Euro

2.       86,90 Euro

 

Rechtsgrundlage:

§ 71 Abs. 3 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, BGBl. Nr. 13/2006 i.d.g.F.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) einen Betrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 100 Euro angerechnet) zu zahlen.

 

Kosten des Strafverfahrens: 200 Euro

 

Somit ist folgender Gesamtbetrag

einzubezahlen: 2512,84 Euro“

 

 

Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Beweislage begründete die belangte Behörde wie folgt:

 

„Der im Spruch angeführte Sachverhalt ist auf Grund des Gutachtens der AGES sowie durch das durchgeführte Ermittlungsverfahren als erwiesen anzusehen und es kann daher mit dem getätigten Vorbringen vom 06.10.2015 die angelastete Verwaltungsübertretung jedoch nicht entschuldigt werden. Zudem konnte eine Beschädigung der Packungen bzw. ein Lufteintritt in die Packungen nicht festgestellt werden. Das Produkt unterlag somit dem Verbot des Inverkehrbringens, befand sich aber im SB-Verkaufskühlregal im Betrieb S Österreichische WarenhandelsAG.

 

Mit der Vorlage nur eines Prüfberichtes vom 17.11.2014, Probenahme am 11.11.2014 des Produktes „H-M f“ wird nicht dargelegt, dass jene Sorgfalt aufgebracht wird, die erforderlich ist, um derartige Übertretungen nach dem LMSVG hintanzuhalten.

 

Gemäß § 5 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es wurde zwar ein Prüfbericht vom 17.11.2014 vorgelegt, aber diese Untersuchung ist aber offenkundig nicht ausreichend, da es bei der Firma H L GmbH schon mehrfach zum Auftreten von Keimen bei in Verkehr gebrachten Lebensmitteln gekommen ist (siehe Straferkenntnisse vom 02.09.2014, SanRB96-11-2014 oder SanRB96-41-2014 bzw. SanRB96-42-2014 und SanRB96-43-2014 vom 20.10.2014, SanRB96-51-2014 vom 18.11.2014, SanRB96-52-2014 vom 16.01.2015, SanRB96-60-2015 vom 27.01.2016). Damit muss den Firmenverantwortlichen klar sein, dass eine monatliche Beprobung bzw. eine 14tägige Beprobung der Produkte nicht ausreichend ist, um derartige Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten. Mit der vorgebrachten Rechtfertigung wurde daher nicht glaubhaft gemacht, dass Sie kein Verschulden trifft.

 

Sie haben sohin aufgrund der Sach- und Gesetzeslage die Ihnen im Spruch zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass Grundlage hiefür gemäß § 19 VStG 1991 die Bedeutung des strafrechtlichen geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sind. Weiters sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

 

Da der Behörde Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht bekannt gegeben wurden, war von den in der Aufforderung vom 30.09.2015 geschätzten Einkommens- und Vermögensverhältnissen auszugehen. Der Einschätzung der Behörde wurde nicht widersprochen. Bei der Strafbemessung waren einschlägige Vormerkungen erschwerend.

 

Im Hinblick auf den vorgegebenen Strafrahmen bei Übertretungen gemäß § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG - Geldstrafen bis zu 50 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100 000 Euro -bewegt sich die verhängte Geldstrafe somit ohnehin im unteren Bereich des Strafrahmens und erscheint dem Unrechtsgehalt der Übertretungen angepasst und schuldangemessen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die Vorschreibung des Verfahrenskostenbeitrages gründet in der bezogenen Gesetzesstelle.“

 

I.3. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Bf durch seinen Vertreter mit Schreiben vom 18. März 2016 rechtzeitig Beschwerde und brachte auf das Wesentliche zusammengefasst vor:

 

Nach der Stellungnahme der Gutachterin der AGES vom 4. Dezember 2015 wäre die Probe bei einem einwandfreien sensorischen Befund auf Grund der Mikrobiologie nicht zu beanstanden, sondern lediglich zu mahnen gewesen. In diesem Zusammenhang würde interessieren, wie die sensorischen Prüfungen durchgeführt werden. Der Artikel „H-M f“ habe einen sehr intensiven Geruch. Wie bereits in der Rechtfertigung vom 06. Oktober 2015 geschrieben, wären die MIBI Werte aus Sicht des Unternehmens in Ordnung gewesen.

 

I.4. Mit Schreiben vom 21. März 2016 legte die belangte Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde samt Verfahrensakt zur Entscheidung vor ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter (§ 2 VwGVG) zu entscheiden.

 

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt. Zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der bekämpfte Bescheid aufzuheben ist, entfällt die öffentliche mündliche Verhandlung (§ 44 Abs 2 VwGVG).

 

II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher S A C H V E R H A L T  steht fest:

 

Im Zuge einer Lebensmittelpolizeilichen Kontrolle hat ein Lebensmittelaufsichtsorgan des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung x, am 12. März 2015, im Betrieb der S Österreichische WarenhandelsAG in W, D, eine amtliche Probe des Produktes „H M f“ entnommen und der AGES, Institut für Lebensmittelsicherheit Wien, zur Begutachtung übermittelt. Diese hat die Ware beanstandet.

 

Der wesentliche Sachverhalt zum Tatvorwurf im Spruch des Straferkenntnisses lautet:

 

Dieses von der Firma H L GmbH, P, deren verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 3 VStG Sie sind, laut Etikette vertriebene Produkt, war zum Zeitpunkt der Kontrolle in der SB-Verkaufskühlregal im Betrieb S Österreichische WarenhandelsAG bei 4,0 °C gekühlt in der festgestellten Aufmachung (Deklaration) gelagert und für den Verkauf bereitgehalten.

 

Laut dem amtlichen Untersuchungszeugnis vom 10.07.2015, Auftragsnummer 15027715, ist das Produkt mit der Bezeichnung "H M "f" mikrobiell verunreinigt (mesophile aerobe Gesamtkeimzahl: 32 Millionen koloniebildende Einheiten pro Gramm (KBE/g) und weist deshalb abwegige Geruchseigenschaften (Geruch: mäßig unrein-alt, Geschmack: leicht unrein-alt) auf.

 

Das Produkt ist überlagert und besitzt eine der Verbrauchererwartung derart widersprechende Beschaffenheit, dass ihre bestimmungsgemäße Verwendbarkeit (Genusstauglichkeit) nicht gewährleistet ist.

 

Dieses Produkt ist daher nach § 5 Abs. 5 Z 2 LMSVG, BGBI. Nr. 13/2006 idgF, als für den menschlichen Verzehr ungeeignet und somit als nicht sicher zu beurteilen. Sie unterliegt dem Verbot des Inverkehrbringens gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 LMSVG.

 

Als verantwortlicher Beauftragter der Firma H Landhendl GmbH gemäß § 9 Abs. 3 VStG sind Sie verwaltungsstrafrechtlich für diese Übertretung verantwortlich.“

 

Auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung bezog sich der Vorwurf der belangten Behörde auf das Inverkehrbringen des Produkts durch Lagern und Bereithalten zum Verkauf in einer Kühlvitrine in Wien.

 

II.3. Beweiswürdigung

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsstrafakt. Hinweise auf einen anderen Vorwurf (etwa ein bereits zuvor in Oberösterreich stattgefundenes Inverkehrbringen), der einen Tatort in Oberösterreich begründen könnte, ergeben sich nicht aus dem Akt.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat rechtlich erwogen:

 

III.1. Rechtsgrundlagen:

 

§ 27 VwGVG lautet:

 

Prüfungsumfang

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

Die §§ 27 Abs 1 und 29a VStG lauten:

 

§ 27. (1) Örtlich zuständig ist die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

§ 29a. Wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird, kann die zuständige Behörde das Strafverfahren oder den Strafvollzug an die sachlich zuständige Behörde übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Hauptwohnsitz oder Aufenthalt hat. Das Strafverfahren darf nur an eine Behörde im selben Bundesland, der Strafvollzug nur an eine Bezirksverwaltungsbehörde oder Landespolizeidirektion, insoweit diese zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, übertragen werden.

 

III.2. Anwendung im konkreten Fall

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt, zuletzt mit Erkenntnis vom 16. November 2015, Ra 2015/12/0026 ausgesprochen hat, ist "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht - ungeachtet des durch § 27 VwGVG 2014 vorgegebenen Prüfumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat.

 

Im vorliegenden Fall wurde dem Bf das Inverkehrbringen eines nicht zum Verzehr geeigneten Produktes durch Lagern und Bereithalten zum Verkauf in einer Kühlvitrine in Wien vorgeworfen.

 

Der Tatort im Hinblick auf dieses Inverkehrbringen liegt daher in Wien.

Die belangte Behörde ist gem. § 27 Abs 1 VStG zur Ahndung von in Wien begangenen Verwaltungsstraftaten unzuständig, weil jene Behörde örtlich zuständig ist, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist und das beanstandete Produkt in Wien in Verkehr gebracht wurde.

 

Eine Abtretung nach § 29a VStG kommt nicht in Betracht, weil ein Verwaltungsstrafverfahren nach dem Wortlaut des Gesetzes nur an eine im selben Bundesland gelegene Behörde übertragen werden darf.

 

Soweit der Magistrat Wien eine Abtretung iSd sogenannten „Sitz“-Judikatur des VwGH im Sinn hatte und ihm die belangte Behörde offenbar folgt und ihre Zuständigkeit annimmt, ist darauf hinzuweisen, dass der VwGH diese Judikatur für Unterlassungsdelikte und nur für Zweifelsfälle entwickelt hat (vgl. etwa VwGH v. 10. Juni 2015, Ra 2015/11/0005). Nur im Falle eines Unterlassungsdelikts und im Zweifel liegt der Tatort nach der Judikatur dort, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße vorzunehmen gewesen wären, was regelmäßig am Sitz der Unternehmensleitung erfolgen müsste (vgl bspw VwGH 24. März 1994, Zl. 94/02/0026; VwGH 26. Februar 1996, Zl. 95/10/0240). Im ggst. Fall wurde dem Bf jedoch ein Begehungsdelikt (Inverkehrbringen eines beanstandeten Lebensmittels in einem Supermarkt in Wien) vorgeworfen und ist der Tatort ohne Schwierigkeiten feststellbar (vgl. VwGH v. 25. Februar 2003, 2001/10/0257). Als Tatort kommt demnach nur der Ort in Betracht, an dem das Lebensmittel in Verkehr gebracht wurde. Das war entsprechend dem Tatvorwurf in Wien.

 

Daran vermag nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Umstand der Verantwortlichkeit nach dem § 9 VStG - egal ob als verantwortliches Organ oder als verantwortlicher Beauftragter - nichts zu ändern, weil dadurch Begehungsdelikte nicht zu Unterlassungsdelikten werden, vielmehr dem gemäß § 9 VStG verantwortlichen Organ oder Beauftragten selbst der Vorwurf des Inverkehrbringens gemacht wird (vgl etwa VwGH 25. Februar 2003, Zl. 2001/10/0257; VwGH 31. März 2003, Zl. 2000/10/0068; VwGH 21. Oktober 2010, Zl. 2010/10/0144; VwGH 14. Juni 2012, Zl. 2009/10/0080).  

 

Die „Sitz“-Judikatur kann auf den vorliegenden Fall daher nicht angewendet werden.

 

III.3. Ergebnis

 

Mangels örtlicher Zuständigkeit der belangten Behörde für das angelastete Begehungsdelikt war der bekämpfte Bescheid ersatzlos aufzuheben. Bei diesem verfahrensrechtlichen Ergebnis war auch keine Kostenentscheidung zu treffen.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. W e i ß