LVwG-750353/2/SR/HG

Linz, 08.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des Herrn A W, geb. x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 19. April 2016, GZ: Sich51-4308-1998, mit dem gegen den Beschwerdeführer ein Waffenverbot gemäß § 12 Waffengesetz ausgesprochen wurde,

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm. § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1996, BGBl. I Nr. 12/1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 52/2015, wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, als das in Rede stehende Waffenverbot aufgehoben wird.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (in der Folge: belangte Behörde) vom 22. März 2016, GZ: Sich51-4308-1998, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) ein Waffenverbot verhängt. Gegen diesen Mandatsbescheid erhob der Bf das Rechtsmittel der Vorstellung. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. April 2016, GZ: Sich51-4308-1998, wurde nun nach Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens der Mandatsbescheid bestätigt, ein Waffenverbot gemäß § 12 Abs. 1 WaffG 1996 verhängt und ausgesprochen, dass dem Bf der Besitz von Waffen und Munition verboten sei.

 

Begründend führte die belangte Behörde darin aus wie folgt:

 

Gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz 1996 hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder Eigentum gefährden könnte.

 

Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der im § 12 Abs 1 Waffengesetz bezeichneten Art und setzt nicht voraus, dass es bereits zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen ist. Es genügt, wenn konkrete Umstände vorliegen, durch die die im Gesetz umschriebene Annahme für die Zukunft gerechtfertigt erscheint. Bei der Beurteilung dieser Frage ist nach dem Schutzzweck des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen.

Es ist bei der Entscheidung nach § 12 Abs 1 Waffengesetz eine Prognose aus dem bisherigen Verhalten des Betroffenen dahingehend zu fällen, dass dieser in Zukunft Waffen missbrauchen und dadurch geschützte Rechtsgüter gefährden werde. Tatbildlich ist also lediglich die künftige Missbrauchsmöglichkeit, ein bereits erfolgter Missbrauch ist nicht erforderlich.

 

Am 12.02.2016 legten Sie in Verbindung mit Ihrem vermutlich alkoholisierten Zustand ein äußerst aggressives Verhalten an den Tag (Beschimpfung der einschreitenden Beamten, sowie erleiden eines Tobsuchtsanfalls bei der Aufforderung zum Alkomattest, Zerbrechen eines Besenstiels mit bloßer körperlicher Kraft Werfen desselben gegen die Hausmauer).

 

Weiters waren Sie auch bei der waffenrechtlichen Überprüfung am 18.03.2016 gegen 09:00 Uhr augenscheinlich alkoholisiert, und waren Ihre Waffen durch das Aufbewahren des Schlüssels in unmittelbarer Nähe zum Schrank nicht ordnungsgemäß verwahrt, wobei zwei der Waffen hierbei sogar geladen waren.

 

Zwar vermag eine nicht ordnungsgemäße Verwahrung von Waffen für sich genommen kein Waffenverbot zu rechtfertigen. In einer wertenden Gesamtschau der zuvor aufgezählten Umstände des - zumindest in Verbindung mit Alkoholkonsum gegebenen - Aggressionspotentials, wobei Sie offenbar auch nicht davor zurückschrecken, mit Gegenständen um sich zu werfen, der absolut nicht ordnungsgemäßen Verwahrung von Waffen und des von Ihnen in Ihrer Vorstellung an sich nicht bestrittenen offenbar mehr als nur gelegentlichen Alkoholkonsums, geht die Behörde von bestimmten Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass Sie durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnten, aus.

 

Zu Ihrem Vorbringen der strafrechtlichen Unbescholtenheit ist entgegenzuhalten, dass es gleichgültig ist, ob der Betroffene bzgl. einer „Tatsache" strafgerichtlich verfolgt oder verurteilt worden ist, zumal § 12 Abs 1 WaffG ohnehin keine strafbaren Verhaltensweisen verlangt. (vgl. zB VwGH 30.11.2000, 98/20/0226).

 

Weiters ist auszuführen, dass für die Zukunftsprognose im Sinne des Waffenverbotes zwar Ihre Alkoholisierung bei der Gesamtwertung eine Maßgabe bildet, jedoch im Unterschied zum Lenkberechtigungsentzugs-Verfahren der exakte Blut-/Atem­luftalkoholgehalt nicht maßgebend war.

 

Der Besitz von Waffen und Munition ist Ihnen daher weiterhin zu verbieten, es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

2. Mit Schreiben vom 17. Mai 2016 erhob der Bf in rechtsfreundlicher Vertretung fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin wie folgt aus:

 

Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 19.04.2016 erhebe ich

 

BESCHWERDE

 

an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

 

Dieses Rechtsmittel ist iSd § 7 Abs. 4 VwGVG fristgerecht eingebracht, weil der bekämpfte Bescheid meinem ausgewiesenen Rechtsvertreter nachweislich am 21.04.2016 zugestellt wurde.

 

Die Behörde ist der Ansicht, dass zwar eine nicht ordnungsgemäße Verwahrung von Waffen für sich genommen kein Waffenverbot zu rechtfertigen vermag, in einer wertenden Gesamtschau die angeführten Umstände das missbräuchliche Verwenden von Waffen in Zukunft Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

 

Dazu ist zu sagen, dass ich die behördliche Kritik an der Verwahrung des Schlüssels für den Schrank, in welchem sich die Waffen befunden haben, sehr wohl ernst nehme und habe ich jenen Hacken, welche eigentlich ein kleiner kurzer Nagel ist, von der Schrankhinterwand bereits entfernt.

 

Es bestand keine Gefahr, dass diesen Schlüssel im privaten Abstellraum jemand findet, weil sich jener kurze Nagel, an welchem sich der Schlüssel zum Schrank ganz hinten an der Wand befand, an welcher der Schrank stand, welcher als solcher als Waffenschrank nicht erkennbar ist, weil es sich um einen Kleiderschrank handelt, welcher im linken Teil eine versperrbare Tür aufweist; in diesem Teil des Wandschrankes waren die Waffen versperrt aufbewahrt.

 

Ich lege diesem Rechtsmittel ein Lichtbild von diesem Schrank bei, auf welchem man sieht, dass der Schrank einerseits nicht als Waffenschrank erkennbar ist und wie ein gewöhnlicher Kleiderschrank aussieht, wobei der Schrank Holzfronten und eine Spiegelglasfront aufweist, weswegen man nicht sieht, was sich dahinter befindet.

Zwischen jener Mauer, wo sich das Fenster und der Heizkörper befindet und der linken Begrenzung des Kleiderschrankes liegen ca. 10 cm, wo man die Hand reinbringt und von wo ich bei der Waffenkontrolle den Schlüssel vom Nagel genommen habe.

Keines meiner Familienmitglieder hat Kenntnis von der Existenz dieses Nagels sowie davon, dass dort der Schlüssel für den Schrank aufbewahrt war; Besucher kommen nicht in diesen Abstellraum.

Da man nicht erkennt, dass in einem Teil dieses Schrankes Waffen verstaut sind, würde dort auch niemand nach einem Wandschlüssel suchen, weswegen keine Gefahr bestand, dass außer meiner Person dem Schrank Waffen entnimmt; eine missbräuchliche Waffenverwendung war bei diesem Hintergrund nicht zu befürchten.

 

Nach der Judikatur geht es um die sogenannte Gefährdungsprognose (vgl. zuletzt etwa VwGH vom 02.03.2016, Ra 2016/03/0011, wobei auch von Bedeutung ist, ob jemand wegen Körperverletzung oder gefährlicher Drohung bereits verurteilt oder angezeigt ist, was bei mir nicht der Fall ist, ich bin sowohl strafgerichtlich als auch verwaltungsstrafrechtlich völlig unbescholten.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH dient die Verhängung eines Waffenverbotes der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung, das ist ein gesetz- und zweckwidriger Gebrauch von Waffen. Die Behörde hat eine Prognoseentscheidung anzustellen und aus bekannten und beweispflichtigen Tatsachen auf die Gefahr einer künftigen missbräuchlichen Waffenverwendung, die mit einer Gefährdung von Leben, Gesundheit, Freiheit oder fremdem Vermögen verbunden sein könnte, zu schließen, weil der Hinweis auf eine Anzeige nicht ausreicht (vgl. etwa VwGH vom 07 10.2002, 99/20/0189 sowie vom 10.07.1992, 96/20/0126).

 

Was den Vorwurf der Alkoholisierung bei der Pkw-Fahrt am 12.02.2016 anbelangt, habe ich bereits daraufhingewiesen, dass der Alkoholtest 0,6 mg/1 ergab; hätte ich den Test mit dem Alkomaten nicht verweigert, wäre noch etwas Zeit vergangen und wäre dann die Wahrscheinlichkeit, dass der Alkomatmesswert unter 0,6 mg/1 lag, hoch gewesen, was wiederum zu einem nicht sechsmonatigen sondern zum einmonatigen Entzug der Lenkberechtigung geführt hätte und zu keinen begleitenden Maßnahmen. Zum Zeitpunkt der waffenrechtlichen Kontrolle am 10.03.2016 war ich nicht alkoholisiert sondern unausgeschlafen.

Auch wenn die Behörde im Gegensatz zum Mandatsbescheid vom 22.03.2016 im Bescheid vom 19.04.2016 nicht mehr davon spricht, dass ich „Alkoholiker" sei, so lege ich diesem Rechtsmittel dennoch entsprechende Blutwerte vor.

 

Ich lege diesem Rechtsmittel meine Blutwerte bei, woraus sich ergibt, dass der gegen mich erhobenen Vorwurf, regelmäßig dem Alkohol zuzusprechen, unberechtigt ist. Der GOT- und GPT-Wert liegt weit im unteren Referenzbereich, der GGT- und MCV-Wert ist minimal oberhalb des Referenzbereiches, was im Sinne der beiliegenden Bestätigung der Hausärztin Dr. L, x, vom 31.03.2016 an der darin genannten medizinischen Behandlung liegt.

 

Lediglich der Vollständigkeit halber ist betreffend diese persönlichen Werte auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Datenschutz nach § 1 Abs. 2 DSG hinzuweisen; diese darf die Behörde nicht aus der Hand geben (VfSlg. 19.691).

 

Damit ist bewiesen, dass ich weder alkoholabhängig bin noch Missbrauch mit Alkohol betreibe.

 

Da die behördliche Prognose, ich werde in Hinkunft Waffen missbräuchlich verwenden und damit die im Gesetz genannten Rechtsgüter gefährden, nicht zu Recht besteht, stelle ich höflich den

 

ANTRAG,

 

das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge dieser Beschwerde Folge geben, den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 19.04.2016 aufheben und das Verfahren einstellen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 20. Mai 2016 zur Entscheidung vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerde-vorbringen.

 

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

Der rechtsfreundlich vertretene Bf hat die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung nicht beantragt. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung Abstand zu nehmen.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bf wurde am 9. Februar 2016 gegen etwa 23:00 Uhr angezeigt, weil er vermutlich in alkoholisiertem Zustand sein Kraftfahrzeug gelenkt hat. Daraufhin fuhren Organe der PI Aspach zum Wohnhaus des Bf. Dort hat er sich am 10. Februar 2016 um 00:05 Uhr gegenüber besonders geschulten Organen der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft mit einem geeichten Alkoholmessgerät auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Einem Alkoholvortest ist er noch widerwillig nachgekommen, wobei dabei ein Alkoholgehalt in der Atemluft von 0,6 mg/l angezeigt wurde. Die Alkoholisierung (bzw. die Weigerung der Atemluftkontrolle) führte in weiterer Folge zu einem 6-monatigen Führerscheinentzug. Im Zuge der Amtshandlung hat der Bf die Polizeibeamten lautstark und wild gestikulierend beschimpft und ein aggressives Verhalten gezeigt, bei dem er unter anderem einen Besenstiel über dem Knie abgebrochen und mit voller Wucht gegen die Hausmauer geworfen hat. Auf Grund dieses Vorfalls wurde der Bf mit Strafverfügung vom 29. Februar 2016 wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 82 Abs. 1 SPG ("Aggressives Verhalten gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber Militärwachen") in der Höhe von 80,00 Euro bestraft.

 

Der Bf ist Inhaber einer Waffenbesitzkarte für zwei Waffen der Kategorie B. Mit Schreiben vom 10. März 2016 wurde gemäß § 25 WaffG eine Überprüfung der Verlässlichkeit des Bf angeordnet, welche am 18. März 2016 um 9:00 Uhr durch Organe der PI Aspach durchgeführt wurde. Bei dieser Überprüfung konnten alle waffenrechtlichen Dokumente durch den Bf vorgewiesen werden. Es wurde jedoch festgestellt, dass die Waffen (2 Waffen der Kategorie B und 3 Waffen der Kategorie C bzw. D) samt Munition nicht ordnungsgemäß verwahrt wurden. Die Waffen waren in einem versperrten Kleiderschrank gelagert, wobei der Schlüssel an einem Haken in einer etwa 10 cm breiten Lücke zwischen Schrank und Wand gehangen ist. Der Schlüssel war dadurch zumindest von der Ferne nicht erkennbar, aber dennoch für jeden im Haus frei zugänglich. Des Weiteren waren die Faustfeuerwaffe und eines der Gewehre in geladenem Zustand verwahrt. Durch die Polizeibeamten wurde ein vorläufiges Waffenverbot ausgesprochen und alle Waffen samt Munition sowie die waffenrechtlichen Dokumente sichergestellt. Anzumerken ist noch, dass der Bf zum Zeitpunkt der Überprüfung laut den Organen der PI Aspach augenscheinlich noch alkoholisiert war.

 

Der Bf ist Besitzer eines Gasthauses und konsumiert öfters als nur gelegentlich Alkohol, wobei ein möglicher Alkoholmissbrauch oder eine Alkoholabhängigkeit nicht nachgewiesen ist.

 

 

II.

 

Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und wurde im Wesentlichen vom Bf nicht bestritten.

 

Bezüglich des Alkoholkonsums ist davon auszugehen, dass die Annahme der belangten Behörde eines zumindest mehr als nur gelegentlichen Konsums plausibel ist. Eine Alkoholabhängigkeit oder ein Alkoholmissbrauch wird vom Bf bestritten. Hierfür legte der Bf eine Untersuchung seiner Blutwerte dar. Inwiefern dieser Befund eine Alkoholabhängigkeit oder einen Alkoholmissbrauch gänzlich ausschließt, ist für das erkennende Gericht ohne ein Gutachten durch einen Sachverständigen nicht gänzlich zu klären. Zur Beurteilung des in Rede stehenden Waffenverbots ist dies jedoch auch nicht notwendig.

 

 

III.

 

1. Gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1996, BGBl I 12/1997 idF 161/2013 (in der Folge: WaffG) hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

 

Gemäß § 12 Abs. 2 WaffG sind die im Besitz des Menschen, gegen den ein Waffenverbot erlassen wurde, befindlichen

1. Waffen und Munition sowie

2. Urkunden (ausgenommen Jagdkarten), die nach diesem Bundesgesetz zum Erwerb, Besitz, Führen oder zur Einfuhr von Waffen oder Munition berechtigen,

unverzüglich sicherzustellen. Für die damit betrauten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gilt § 50 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG, BGBl.
Nr. 566/1991.

 

Gemäß § 12 Abs. 3 WaffG hat eine Beschwerde gegen ein Waffenverbot keine aufschiebende Wirkung. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Waffenverbotes gelten

1. die sichergestellten Waffen und Munition als verfallen;

2. die im Abs. 2 Z 2 angeführten Urkunden als entzogen.

 

Gemäß § 12 Abs. 4 WaffG hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag für die verfallenen Waffen und verfallene Munition, soweit er deren rechtmäßigen Erwerb glaubhaft macht, mittels Bescheides eine angemessene Entschädigung zuzuerkennen. Ein solcher Antrag ist binnen einem Jahr ab Eintritt der Rechtskraft des Verbotes nach Abs. 1 zu stellen.

 

Gemäß § 12 Abs. 5 WaffG gelten die gemäß Abs. 2 sichergestellten Waffen und Munition trotz eines rechtmäßig verhängten Waffenverbotes nicht als verfallen,

1. wenn das ordentliche Gericht, dem sie anlässlich eines Strafverfahrens vorgelegt worden sind, ihre Ausfolgung an deren Eigentümer verfügt oder

2. wenn jemand anderer als der Betroffene binnen sechs Monaten, vom Zeitpunkt der Sicherstellung an gerechnet, der Behörde das Eigentum an diesen Gegenständen glaubhaft macht und dieser Eigentümer die Gegenstände besitzen darf.

 

2. § 12 Abs. 1 WaffG erlaubt es ua. nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, im Interesse der öffentlichen Sicherheit bestimmten Menschen den Besitz von Waffen überhaupt zu verbieten; eine Einschränkung des Waffenverbotes auf eine bestimmte Art von Waffen (etwa genehmigungspflichtige Schusswaffen) kommt nicht in Betracht (vgl ua. VwGH vom 18. September 2013, 2013/03/0050).

 

Bei einem Waffenverbot wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht über eine strafrechtliche Anklage (iSd Art 6 EMRK) entschieden, vielmehr handelt es sich dabei um eine administrativ­rechtliche Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Ordnung (vgl. etwa VwGH vom 19. März 2013, 2012/03/0180). Ein mögliches Doppelbestrafungsverbot ist daher im Zusammenhang mit dem Ausspruch eines Waffenverbots nicht beachtlich.

 

3. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Bf die Waffen nicht ordnungs­gemäß verwahrt gehabt hat. Die waffenrechtliche Verlässlichkeit des Bf ist daher jedenfalls zu hinterfragen.

 

Entscheidend für die Verhängung eines Waffenverbotes ist, ob der von der Behörde angenommene Sachverhalt "bestimmte Tatsachen" iSd § 12 Abs. 1 WaffG begründet, ob also die Annahme gerechtfertigt ist, der Betroffene könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden.

Demgegenüber ist die Versagung bzw. der Entzug waffenrechtlicher Urkunden (vgl. § 21 Abs. 1 bzw. § 25 Abs. 3 WaffG) schon bei fehlender waffenrechtlicher Verlässlichkeit (vgl. § 8 WaffG) gerechtfertigt, die insofern an andere, weniger strenge Anforderungen geknüpft sind (vgl. etwa VwGH vom 28. November 2013, 2013/03/0084). Auf eine mangelnde Verlässlichkeit alleine lässt sich ein Waffenverbot daher nicht stützen.

 

Bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Waffen verbundenen Gefahren ist im Hinblick auf den dem WaffG (allgemein) innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen. Der Begriff der "missbräuchlichen Verwendung" einer Waffe ist daher nicht restriktiv auszulegen (vgl. ua. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2014, Zl. 2014/03/0063). Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde gemäß § 12 Abs. 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen. Die Erlassung eines Waffenverbotes liegt somit nicht im Ermessen der Behörde (vgl. auch VwGH vom 18. Mai 2011, 2008/03/0011, und VwGH vom 27. November 2012, 2012/03/0134).

 

4.1. Der Bf verhielt sich bei der Alkoholkontrolle am 10. Februar 2016 gegenüber den Organen der öffentlichen Sicherheit aggressiv. Weder während der Amtshandlung noch danach sahen die Beamten Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Waffenverwendung. Es wurden auch keine Drohungen dokumentiert, die auf eine zukünftige Gewaltanwendung schließen lassen würden bzw. ist der Bf auch gegenüber den Beamten nicht gewalttätig geworden.

 

4.2. Im gegenständlichen Fall wurde das Waffenverbot erst im Zusammenhang mit der waffenrechtlichen Überprüfung ausgesprochen, welche etwa mehr als 1 Monat nach der Amtshandlung, bei der es zum aggressiven Verhalten gekommen ist, durchgeführt wurde. Der zeitliche Abstand zwischen beiden Amtshandlungen deutet darauf hin, dass das aggressive Verhalten des Bf während der Atemluftkontrolle und der anschließenden Verweigerung die belangte Behörde nicht zur Annahme veranlasst hat, der Bf könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden.  

Die Beurteilung, ob auf Grund des aggressiven Verhaltens des Bf eine das Waffenverbot rechtfertigende Gefahr ausgeht, hätte nach Ansicht des Gerichts zeitnah und unabhängig davon erfolgen müssen, ob der Bf die Waffen ordnungsgemäß verwahrt hat.  

 

4.3. Aus der Aktenlage kann abgeleitet werden, dass der Bf öfters als nur gelegentlich Alkohol konsumiert, wobei der Bf jedenfalls einen Alkoholmissbrauch oder eine Alkohol­abhängigkeit bestreitet. Das vom Bf vorgelegte Untersuchungsergebnis seiner Blutwerte scheint das Vorbringen des Bf zu bestätigen;  inwiefern diese  Auswertung eine Alkoholabhängigkeit aber ausschließt, könnte nur durch ein Gutachten eines Sachverständigen geklärt werden.

 

Im Hinblick auf die Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes ist von weitergehenden Ermittlungen betreffend einer allfälligen Alkoholabhängigkeit Abstand zu nehmen, da sogar Alkoholmissbrauch für sich genommen ein Waffenverbot nicht zu begründen vermag (VwGH vom 30. Juni 2011, 2008/03/0114, betreffend einen zeitweiligen, und VwGH vom 25. Jänner 2001, 2000/20/0153, betreffend einen chronischen Alkoholmissbrauch).  

 

5. Um zu einer Entscheidung über ein Waffenverbot zu kommen, ist eine Prognoseentscheidung durchzuführen. Diese Prognose hat auf Tatsachen zu basieren. Die angenommenen Tatsachen müssen wiederum die zukünftige Missbrauchsmöglichkeit (im Hinblick auf die geschützten Rechtsgüter: Leben, Gesundheit, Freiheit und fremdes Eigentum) begründen. Eine Missbrauchswahrscheinlichkeit wird nicht gefordert. Ebenso ist nicht gefordert, dass bereits einmal ein Missbrauch stattgefunden hat (vgl. VwGH vom 18. März 2011, Zl. 2008/03/0011).

 

Es genügt, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger ("missbräuchlicher") Gebrauch gemacht und dadurch eine Gefährdung im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG herbeigeführt werden könnte.

 

Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen (nämlich durch gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauch) zu befürchten ist. Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist.  lässt sich doch allein daraus die Gefahrenprognose im Sinne des § 12 WaffG (hier insbesondere in Bezug auf eine allfällige Fremdgefährdung durch den Revisionswerber) nicht (mehr) nachvollziehbar begründen.

 

 

Wie oben ausgeführt sind die festgestellten Tatsachen weder für sich allein noch in ihrer Gesamtheit geeignet, Besorgnis zu erwecken, dass der Bf seine Waffen in gesetz- oder zweckwidriger ("missbräuchlicher") Weise gebraucht und dadurch eine Gefährdung im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG herbeigeführt werden könnte.

 

Unabhängig anderer hervorgetretener Umstände, welche die Verlässlichkeit des Bf fragwürdig erscheinen lassen oder Verwaltungsübertretungen nach dem WaffG bilden können, ist, abstellend auf die objektiven Sachverhaltsmerkmale weder eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen zu befürchten noch dem Bf  die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen. 

 

6. Im Ergebnis war der Beschwerde mit der Maßgabe stattzugeben, als das in Rede stehende Waffenverbot aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden war.

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag. Christian Stierschneider