LVwG-601423/2/PY/CG

Linz, 30.06.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin            Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn Ing. R S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. C N, W, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 14. März 2016, GZ: VerkR96-4389-2014, wegen Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung (StVO), den  

 

 

B E S C H L U S S

 

 

gefasst:

 

 

 

I.          Die Beschwerde wird gemäß § 31 VwGVG mangels rechtsgültiger Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses als unzulässig zurückgewiesen.  

 

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung (in der Folge: belangte Behörde) vom 14. März 2016, GZ: VerkR96-4389-2014, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO iVm § 99 Abs.2d StVO eine Geldstrafe in Höhe von 250,00 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 60 Stunden vorgeschrieben. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 25,00 Euro vorgeschrieben.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig vom Bf im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Beschwerde vom 13. April 2016. Begründend wird angeführt, dass das gegenständliche Straferkenntnis dem Bf direkt zugestellt wurde und nicht seinem ausgewiesenen Vertreter, weshalb eine rechtswirksame Zustellung tatsächlich bisher nicht stattgefunden habe. Die Beschwerde werde jedoch aus anwaltlicher Vorsicht dennoch eingebracht. Des Weiteren bestreitet der Bf die ihm vorgeworfene Tat begangen zu haben.

 

3.           Mit Schreiben vom 16. Juni 2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4.           Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs.2 Z.1 VwGVG entfallen.

 

4.1.      Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Dem Bf wurde mit Strafverfügung vom 12. November 2014, VerkR96-4389-2014, die gegenständliche Übertretung der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung zur Last gelegt. Dagegen erhob der Bf rechtzeitig im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung mit Schriftsatz vom 18.11.2014 Einspruch. Obwohl weitere Zustellungen gegenüber dem Bf durch die belangte Behörde im weiteren Verfahren an dessen ausgewiesenen Vertreter erfolgten, wurde das gegenständliche Straferkenntnis vom 14. März 2016 dem Bf direkt zugestellt.

 

Aufgrund der vorliegenden Beschwerde wurde der Rechtsvertreter des Bf von der belangten Behörde um Mitteilung ersucht, wie dieser vom gegenständlichen Straferkenntnis Kenntnis erlangte. Mit E-Mail vom 10. Mai 2016 teilte der Rechtsvertreter des Bf der Behörde mit, dass er von seinem Mandanten per E-Mail am 17. November 2014 – telefonisch korrigiert auf 23. März 2016 – vom Straferkenntnis in Kenntnis gesetzt wurde und ihm dieses vom Bf per Scan übermittelt wurde.

 

4.2.      Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist in dieser Form unbestritten.

 

5.           Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1.      Gemäß § 10 Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), das gemäß § 38 VwGVG auch im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Anwendung findet, können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firmen lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

 

Gemäß § 9 Abs.1 Zustellgesetz (ZustG) können,  soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

 

§ 9 Abs.3 ZustG lautet:

Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

 

5.2.      Aus dem vorliegenden Verfahrensakt geht hervor, dass die belangte Behörde das nunmehr in Beschwerde gezogene Straferkenntnis – offensichtlich irrtümlich – nicht dem im Verfahren vor der Behörde einschreitenden Rechtsvertreter des Bf, sondern direkt dem Bf zustellte. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schließt die gegenüber der Strafbehörde bekanntgegebene Bevollmächtigung auch die Zustellbevollmächtigung ein (vgl. VwGH vom 28. Mai 2013, Zl. 2012/05/0157). Der Sonderheilungsregelung des § 9 Abs.3 zweiter Satz Zustellgesetz zu Folge gilt die Zustellung trotz falscher Zustellverfügung, im gegenständlichen Verfahren der Adressierung des Straferkenntnisses an die Partei anstelle des Zustellbevollmächtigten, demnach als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich, mithin im Original zukommt. Die bloße Kenntnisnahme, die private Anfertigung einer Fotokopie, das Zukommen einer Abschrift oder das Zukommen via Telefax stellen kein „tatsächliches Zukommen“ im Sinn des § 9 Abs.3 dar und vermögen demnach keine Heilung des Zustellmangels zu bewirken (vgl. Raschauer/Riesz in Frauenberger – Pfeiler/Raschauer/Sander/Wessely (Hrsg.), Österreichisches Zustellrecht2 (2011) § 9 ZustG Rz. 8a und die dort zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

 

Aufgrund des Ergebnisses der von der Behörde geführten Ermittlungsschritte steht fest, dass dem Vertreter des Bf das gegenständliche Straferkenntnis per E-Mail übermittelt wurde. Ein tatsächliches Zukommen im Original ist demnach nicht erfolgt, sodass eine Heilung des von der belangten Behörde gesetzten Zustellmangels nach § 9 Abs.3 2. Satz Zustellgesetz nicht eintreten konnte.

 

Da die Erhebung einer Beschwerde im Einparteienverfahren jedoch zwingend die Erlassung eines damit angefochtenen Bescheides voraussetzt, ist die Beschwerde mangels rechtsgültiger Erlassung eines zu Grunde liegenden Bescheides als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VwGH vom 18.11.2015, Zl. Ra 2015/17/0026).

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II.: Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

    

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr.in  Andrea  P a n n y