LVwG-411250/13/Kü/MSt

Linz, 22.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde der M OG, x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F M, x, vom 22. Dezember 2015, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich – Polizeikommissariat Wels vom 26. November 2015, GZ: VStV-915301596533/2015, betreffend Betriebsschließung gemäß § 56a Glücksspielgesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. Mai 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26.11.2015, GZ: VStV-915301596533/2015, hat die Landespolizeidirektion Oberösterreich – Polizeikommissariat Wels (im Folgenden: belangte Behörde) – die am 26.11.2015 um 15:50 Uhr mündlich verfügte teilweise Schließung des Betriebes mit der Bezeichnung „M S“ in x, mit Wirkung ab 26.11.2015 auf Grundlage des § 56a Glücksspielgesetz (GSpG) angeordnet.

 

Dieser Bescheid wurde der M OG am 26.11.2015 zugestellt. Übernommen hat diesen Bescheid der unbeschränkt haftende Gesellschafter der M OG, Herr I K.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige, von der rechts­freundlichen Vertretung eingebrachte Beschwerde der M OG (im Folgenden: Bf), in der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Betriebsschließungsverfahren einzustellen.

 

Begründend wird zusammengefasst ausgeführt, dass der angefochtene Bescheid an Begründungsmängeln leide und wird diesbezüglich auf die Vorschriften des VStG verwiesen und unter Anführung einer Reihe von Beweisthemen festgehalten, dass das Vorliegen objektiver Tatbestandsmerkmale die Behörde zu beweisen habe.

 

Zudem stellt die Bf in ihren Ausführungen in umfassender Weise die Verfassungswidrigkeit bzw. Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielgesetzes dar.

 

Beim gegenständlichen Bescheid seien mehrere Fehler der Behörde zu bemängeln. Die Schließung des Betriebes sei ab 26.11.2015 verfügt worden. Dies sei jedoch der Tag der Ausstellung des Bescheides. Somit könne der Beginn der angeblich gerechtfertigten Betriebsschließung nicht auf diesen Tag fallen.

 

Der überwiegende Zweck des Lokals sei nicht der des Anbietens von Glücksspiel. Somit sei für die Betriebsschließung kein Platz mehr. Ebenso sei im gegenständlichen Verfahren kein Verwaltungsstrafverfahren abgeführt bzw. beendet worden. Es stelle sich daher die Frage, wie die Behörde den begründeten Verdacht rechtfertige. Aus den Unterlagen betreffend der Beschlagnahme ergebe sich jedenfalls nur ein normaler Verdacht.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 27. Jänner 2016 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Dieses hat durch den nach der Geschäfts­verteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden (§ 2 VwGVG).

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. Mai 2016, an welcher der Rechtsvertreter der Bf sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen haben und die Kontrollorgane als Zeugen einvernommen wurden.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

5.1. Die M OG mit dem Sitz in x, betreibt am Standort das Lokal „M S“. Geschäftszweck der Firma ist laut Firmenbuch die Vermittlung von Wetten zwischen gewerblichen und privaten Personen.

 

Die M OG verfügt über keine Konzession zum Aufstellen und Betreiben von Glücksspielgeräten.

 

Das Lokal befindet sich im Erdgeschoß des Gebäudes x und gliedert sich im Wesentlichen in drei Räume. Nach dem Betreten des Lokals befindet man sich im Hauptraum, in welchem TV-Monitore sowie Getränkeautomaten samt Sitzgelegenheiten aufgestellt sind. Vom Hauptraum aus gelangt man durch eine versperrbare Tür in den Raum 2, in dem bei den Kontrollen Glücksspielgeräte aufgestellt waren. Vom Raum 2 aus gelangt man wiederum durch eine versperrbare Tür in den Raum 3, in welchem ebenfalls Glücksspielgeräte vorgefunden wurden.

 

Bereits am 26.9.2015 führten Organe des Finanzamtes Grieskirchen Wels eine Kontrolle im Lokal M S durch. Bei dieser Kontrolle wurden in den Räumen 2 und 3 sechs Glücksspielapparate vorgefunden, welche wegen des Verdachts des illegalen Glücksspiels vorläufig beschlagnahmt wurden.

 

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16.10.2015, VStV-915301457693/2015 wurde gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit.a GSpG zur Sicherung der Einziehung die Beschlagnahme der vorläufig beschlagnahmten sechs Glücksspielgeräte samt darin befindlichem Geld angeordnet. Die gegen diesen Bescheid von der Bf erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 5.2.2016, LVwG-411081/10/KLe - 411083/2, als unbe­gründet abgewiesen.

 

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2015 wurde die Bf als Betriebsinhaberin darauf hingewiesen, dass aufgrund der Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz vom 26.9.2015 der begründete Verdacht besteht, dass im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften des Glücksspielgesetzes veranstaltet bzw. durchgeführt werden. Die Bf wurde aufgefordert, die entgegen den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes veranstalteten bzw. durchgeführten Glücksspiele unverzüglich einzustellen, widrigenfalls die Schließung des Betriebes droht. Dieses Schreiben wurde der Bf am 22.10.2015 zugestellt, Übernehmer des Schreibens war Herr M C, welcher persönlich haftender Gesellschafter der Bf ist.

 

Am 26.11.2015 erfolgte am Standort der Bf neuerlich eine Kontrolle durch Organe der öffentlichen Aufsicht hinsichtlich des Betriebs von Glücksspielgeräten. Bei dieser Kontrolle wurden von den Kontrollorganen wiederum in den Räumen 2 und 3 folgende Glücksspielgeräte vorgefunden.

 

Finanzamt

Gehäusebezeichnung

Seriennummer

Typenbezeichnung

Versiegelungsplaketten-

Geräte-Nr.

 

 

 

Nr.

1

K.

x

 

A055583-A055597

2

K.

x

A-T2

A055598-A055600 A083401-A083402

3

K.

x

 

A083402-A083407

4

K.

x

 

A083408-A083412

S

www.racingDOGS.eu

x

 

A083419-A083425

6

K. Multi game

x

 

A083413-A083418

 

Von den Kontrollorganen wurden die vorgefundenen Geräte mit dem Mindesteinsatz bzw. Höchsteinsatz bespielt. Das Ergebnis dieser Bespielungen wurde von den Kontrollorganen in einer schriftlichen Dokumentation festge­halten. Daraus ergibt sich, dass es sich bei den Geräten mit den FA-Nummern 1 bis 4 um Walzenspielgeräte mit der Bezeichnung „Ring of Fire XL“ handelt. Bei diesen Geräten konnte ein Mindesteinsatz von 0,20 Euro und ein Höchsteinsatz von 5 bzw. 6 Euro geleistet werden. Der dabei in Aussicht gestellte Höchstgewinn betrug 20 Euro + 34 SG.

 

Bei den Geräten mit den FA-Nummern 5 und 6 handelt es sich um sogenannte Hunderennen, bei denen Wetten auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen aufgezeichneten Hunderennen abgeschlossen werden können. Zum Gerät FA-Nummer 6 ist festzustellen, dass dieses in Raum 3 des Lokals aufgestellt gewesen ist und erst von den Kontrollorganen mit dem Gerätehauptschalter in Betrieb genommen wurde. Am Beginn der Kontrolle war dieses Gerät ausgeschaltet.

 

Die bei der Kontrolle am 26.11.2015 vorgefundenen Geräte wurden von den Organen der öffentlichen Aufsicht vorläufig beschlagnahmt.

 

Im Laufe der Kontrolle am 26.11.2015 hat der Teamleiter der Finanzpolizei den Vertreter der Behörde informiert, dass Glücksspielgeräte vorgefunden wurden. Der Behördenvertreter ist sodann zum Geschäftslokal der Bf gefahren und hat dort vor Ort die teilweise Schließung des Betriebes und zwar die Räume mit den Bezeichnungen Nummer 2 und 3 verfügt. In der Folge hat der Vertreter der Behörde in seinem Büro in Wels den nunmehr angefochtenen Bescheid erstellt und diesen sodann an Ort und Stelle der Bf zugestellt.

 

5.2. Diese Feststellungen ergeben sich aus den genannten Bescheiden bzw. den von den Kontrollorganen anlässlich der Überprüfungen am 26.9.2015 und 26.11.2015 erstellten Berichten und Dokumentationen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde von den einvernommenen Zeugen, den Kontrollorganen, dargestellt, dass sie die in den Räumen 2 und 3 vorgefundenen Geräte mit Mindesteinsatz und Höchsteinsatz bespielt haben und die dabei zu erzielenden Gewinne in ihrer schriftlich aufgenommenen Dokumentation, welche sich bei den Anzeigen befindet, auch dokumentiert wurden. Die Zeugen gaben übereinstimmend an, dass sie bei den bespielten Geräten keinerlei Einfluss auf den Ausgang des Spieles nehmen konnten. Aufgrund der Fotodokumentation steht fest, dass es sich bei den sechs Geräten um vier Walzenspielgeräte und zwei Automaten mit Hunderennen gehandelt hat. Durch die im Akt einliegende Fotodokumentation ist dies eindeutig belegt.

 

Die Feststellungen über die Zustellung der Aufforderung zur Einstellung der Glücksspiele bzw. die Ausfertigung und Zustellung des nunmehr angefochtenen Bescheides ergeben sich aus den im Akt einliegenden Zustellnachweisen sowie den schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben des Vertreters der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung.

 

Dass die Bf für die gegenständlichen Geräte im Besitz einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG war und keine Konzession oder Bewilligung für damit im Inland stattfindende Ausspielungen vorlag, folgt für das erkennende Gericht daraus, dass weder im behördlichen Verfahren noch im verwaltungs­gerichtlichen Verfahren eine Bewilligung oder Konzession vorgelegt wurde und das Vorhandensein einer Bewilligung oder Konzession für im Inland stattfindende Ausspielungen auch nicht behauptet wurde. Ebenso ist eine solche der Homepage des BMF nicht entnehmbar.

 

Die Bf hat die Einvernahme mehrerer Zeugen zum Beweis des Anstiegs der Anzahl an Spielsüchtigen und der Ineffektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz insbesondere innerhalb der Jahre 2010 bis 2015 beantragt. Soweit sich die Bf auf Aussagen von Fachleuten beruft, wonach die Zahl der spielsüchtigen Personen in den letzten Jahren gestiegen sei, sind diese nicht geeignet, die Untauglichkeit des GSpG und der behördlichen Maßnahmen zu beweisen. In der allgemein zugänglichen Studie „Glücks­spielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich - Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015" von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre Sucht-und Drogenforschung in Hamburg sind gerade diese Parameter in wissenschaftlicher Weise erhoben und ausgewertet worden. Wahrnehmungen und Einschätzungen (auch einer größeren Zahl) von mit der Materie befassten Einzelpersonen, wie von der Bf vermeint, können die Studie nicht widerlegen. Dies wäre nur durch eine auf gleicher fachlicher Ebene erstellten Studie möglich. Den Beweisanträgen war daher nicht zu folgen.

 

Soweit Zeugeneinvernahmen zum Beweis dafür beantragt wurden, dass die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz ineffektiv seien, ist auszuführen, dass die Zeugen lediglich ihre persönliche Meinung (ob eine „Ineffektivität" vorliegt) darstellen könnten, die allenfalls auf Umständen gründet, die sich in ihrem unmittelbaren Umfeld abspielen. Hingegen sind der genannten Studie auch Auswirkungen der gesetzlichen Vorgaben und behördlichen Maßnahmen zu entnehmen. Persönliche Meinungen von Einzelpersonen sind daher für die vom Landesverwaltungsgericht vorzunehmende rechtliche Beurteilung, ob angesichts bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen als (im rechtlichen Sinne ausreichend) effektiv angesehen werden können oder nicht, nicht von Relevanz. Auch den Beweisanträgen zur Effektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz war daher nicht zu folgen.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1. Die relevanten Bestimmungen des GSpG lauten wie folgt:

 

§ 56a. (1) Besteht der begründete Verdacht, dass im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden, und ist mit Grund anzunehmen, dass eine Gefahr der Fortsetzung besteht, so kann die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen. Von einer Betriebs­schließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stilllegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausge­schlossen werden kann.

 

(2) Bei der Erlassung einer Verfügung nach Abs. 1 sind bestehende Rechte soweit zu schonen, als dies ohne Gefährdung der Ziele dieses Bundesgesetzes möglich ist. Eine Verfügung nach Abs. 1 ist unverzüglich aufzuheben, wenn feststeht, dass der Grund für ihre Erlassung nicht mehr besteht.

 

(3) Über eine Verfügung nach Abs. 1 ist binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Ein Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn eine Zustellung an den Verfügungsberechtigten an dessen Unter­nehmenssitz oder an der Betriebsstätte nicht möglich ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

 

(4) In einem Bescheid nach Abs. 3 können auch andere nach Abs. 1 zulässige Maßnahmen angeordnet werden.

 

(5) Ordentlichen Rechtsmitteln gegen Bescheide über Verfügungen nach Abs. 1 kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

 

(6) Die Bescheide gemäß Abs. 3 treten, wenn sie nicht kürzer befristet sind, mit Ablauf eines Jahres außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

 

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

  1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und
  2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und
  3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

 

2. Dem Wortlaut des § 56a Abs. 1 GSpG ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Betriebsschließung als eigenständige Maßnahme konzipiert hat, für die der begründete Verdacht genügt, dass im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften des GSpG veranstaltet oder durchgeführt werden. Die Betriebsschließung ist daher unabhängig davon, ob ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches (Straf-)Verfahren durchzuführen gewesen wäre, zulässig.

 

Die Erläuterungen (Hinweis RV 368 BlgNR 20. GP, 6f) führen dazu aus, dass § 56a GSpG stets dann Anwendung findet, wenn Glücksspiele "veranstaltet" werden. Unter "Veranstalten" ist das Bereithalten spezifischer Einrichtungen und Gegenstände, die für die Durchführung von Glücksspielen tatsächlich verwendet werden, durch den Unternehmer zu verstehen. Auf ein Überwiegen der Veranstaltung von illegalen Glücksspielen im Rahmen einer (sonstigen) betrieblichen Tätigkeit kommt es in diesem Zusammenhang sohin nicht an (VwGH vom 26.05.2014, Ro 2014/17/0031).

 

§ 56a GSpG gibt der Behörde die Möglichkeit, Betriebe und betriebsähnliche Einrichtungen, in denen verbotenes Glücksspiel betrieben wird, außer Betrieb zu setzen. Da die vorgesehenen Maßnahmen, insbesondere eine Betriebsschließung, einen erheblichen Eingriff in die Rechte der Betroffenen bedeuten, sieht Abs. 1 abgestufte Möglichkeiten vor, die nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anzuwenden sind. Die Behörden sind verpflichtet, das jeweils gelindeste noch zum Ziel führende Mittel anzuwenden. Dies bedeutet insbesondere, dass es sich bei der Betriebsschließung um eine Maßnahme handelt, die nur als letztes Mittel angewandt werden darf und daher gastronomische Betriebe, die nicht überwiegend zur Durchführung von dem Bund vorbehaltenen Glücksspielen verwendet werden, von dieser nicht betroffen sind.

 

3. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass mit den gegen­ständlichen Eingriffsgegenständen (Walzenspielgeräte und Hundewettterminals) Spiele durchgeführt werden können, deren Ergebnis ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt. Der VwGH hat hinsichtlich der mit Walzen­spielgeräten angebotenen Spiele in zahlreichen Entscheidungen (z.B. VwGH v 27.4.2012, 2011/17/0074) festgehalten, dass es sich dabei um Glücksspiele handelt. Da dieser Umstand sohin feststeht, kann eine weitere Erörterung dieser Frage und insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens unterbleiben. Dies gilt auch für virtuelle Hunderennen (VwGH v. 27.2.2013, 2012/17/0352).

 

Es gibt keine Hinweise, dass der Spieler durch besonderes Geschick, Erfahrung oder besondere Kenntnisse den Spielausgang bewusst beeinflussen könnte. Da die Spieler Einsätze leisteten und für diese ein Gewinn in Aussicht gestellt war, handelt es sich um Ausspielungen i.S.d. GSpG, wobei für diese keine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG vorlag und die Bf von diesem auch nicht ausgenommen war. Außer den vorliegenden Dokumentationen der Kontrollen ist zweifelsfrei zu schließen, dass es sich bei den vorgefundenen Endgeräten um betriebsbereite Glücksspielapparate handelte, die auch tatsächlich bespielt werden konnten. Es besteht daher der begründete Verdacht eines Verstoßes gegen das GSpG. Die Bf hat durch das Aufstellen der Glücksspielgeräte in ihrem Lokal im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele veranstaltet (vgl dazu VwGH Ro 2014/17/0031 v 26.5.2014). Entgegen dem Beschwerdevorbringen muss dieser Umstand nicht durch ein rechtskräftiges Strafverfahren bewiesen sein sondern es reicht diesbezüglich der hier vorliegende begründete Verdacht. Es liegt in der Natur der Betriebsschließung als Sofortmaßnahme, dass die Dauer des Verwaltungsstrafverfahrens eben nicht abgewartet wird.

 

Bereits bei der Kontrolle im September 2015 waren ähnliche Geräte betriebs­bereit aufgestellt, weshalb eine Fortsetzungsgefahr mit Grund anzunehmen ist. Dies auch deshalb, weil die Bf trotz entsprechender Aufforderung zur Einstellung dieser Glücksspiele und Androhung der Betriebsschließung durch die Behörde die Glücksspielgeräte nicht stillgelegt hat. Eine weitere Gefährdung des Glücksspielmonopoles kann daher durch weniger weitgehende Maßnahmen nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Insbesondere hat die bereits in der Vergangenheit erfolgte Beschlagnahme von Glücksspielgeräten nicht ausgereicht.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass gegenständlich die im Tatbestand des § 56a GSpG geforderte, ausreichend substanziierte Verdachtslage anzunehmen ist. Hinsichtlich des kumulativen Tatbestandselementes der Fort­setzungsgefahr ist unter Hinweis auf den gegebenen Verfahrensablauf jedenfalls davon auszugehen, dass fortgesetzt gegen die Bestimmungen des Glücksspiel­gesetzes verstoßen wurde und voraussichtlich ohne Betriebsschließung weiterhin wird. Trotz erfolgter Beschlagnahme von Glückspielgeräten anlässlich der ersten Kontrolle waren bei der neuerlichen Kontrolle zwei Monate später wiederum Glücksspielgeräte in den hinteren Räumlichkeiten aufgestellt.

 

Die Behörde hat daher zu Recht eine teilweise Schließung des Betriebes verfügt, weil die baulichen Gegebenheiten eine Trennung vom sonstigen Lokal ermöglichten. Die Behörde hat daher nur das gelindeste Mittel angewendet, um eine weitere Gefährdung des Glücksspielmonopols auszuschließen.

 

4. Die behauptete Verfassungswidrigkeit der Subsidiarität des § 168 StGB liegt nach der Rechtsprechung des VfGH nicht vor (10.3.2015, E 1139-1140/2014 sowie 10.3.2015, G 203/2014-16 ua).

 

5. Zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspiel­gesetzes:

Die Bf ist eine österreichische OG mit Sitz in W. Hinsichtlich der in den Raum gestellten Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen GSpG ist zunächst festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung der Höchstgerichte die Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten Sachverhalte mit Auslandsbezug voraussetzt (vgl etwa VwGH 27.4.2012, 2011/17/0046). Es ist auch entsprechend der Judikatur des OGH (siehe etwa OGH 21.10.2014, 4 Ob 145/14y) ein Inländer nicht unmittelbar durch die Dienstleistungsfreiheit geschützt. Auch die Entscheidung OGH 4 Ob 244/14g geht davon aus, dass „die Unvereinbarkeit von Bestimmungen des Glücksspiel­gesetzes mit der primärrechtlichen Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit in rein nationalen Fällen nicht zur Unanwendbarkeit dieser Bestimmungen“ führt. Im gegen­ständlichen Fall ist die Bf eine juristische Person mit Sitz in Österreich. Auch sonst ist im Verfahren kein Auslandsbezug hervorgekommen und es wurde diesbezüglich auch kein (substantiiertes) Vorbringen erstattet, sodass eine (unmittelbare) Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten nicht in Betracht kommt.

 

Hinzu kommt, dass der durch das österreichische GSpG geschaffene gesetzliche Rahmen nach Ansicht des erkennenden Landesverwaltungsgerichtes nicht unionsrechtswidrig ist, was auch im Einklang mit der ständigen höchst­gerichtlichen Rechtsprechung steht: So führte der OGH jüngst etwa aus, dass aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen nicht abzuleiten sei, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente (OGH 17.02.2015, 4 Ob 229/14a). Auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sahen in jüngeren Entscheidungen keine Veranlassung für eine unionsrechtsbedingte Nichtanwendung, amtswegige Gesetzesprüfung oder Anfechtung der Verbotsbestimmungen des Glücksspiel­gesetzes (siehe etwa VfGH G 82/12, VfSlg 19.749; B 615/2013; VwGH Ro 2014/17/0120, 0121 und 0123; Ro 2014/02/0026; Z 2012/17/0440).

 

Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist zwar entsprechend den Vorgaben des EuGH nicht nur der normative Rahmen von Bedeutung, sondern es ist die unionsrechtliche Zulässigkeit des Glücksspielmonopol auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig, sodass gegebenenfalls zu prüfen wäre, ob die Regelungen des Glücksspielgesetzes in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass die vom GSpG bezweckten Wirkungen (etwa Verringerung der Gelegenheit zum Spiel und Bekämpfung der damit verbundenen Kriminalität) erzielt werden (so etwa jüngst VwGH Ro 24.04.2015, 2014/17/0126; OGH 20.01.2015, 4 Ob 231/14w). Wenn aber die gesetzlichen Bestimmungen als solche selbst grundsätzlich mit dem Unionsrecht vereinbar sind, so wären allfällige tatsächlich fehlende Wirkungen dieser Regelungen, die allenfalls zur Unionsrechtswidrigkeit führen könnten, auf die Vollziehung der gesetzlichen Bestimmungen (zB mangelnde Aufsicht) oder das sonstige Agieren des Staates (zB inkohärente Spielerschutzpolitik) zurückzuführen. Eine allfällige dem Anliegen des Spielerschutzes nicht gerecht werdende Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs wäre dann aber nicht Folge der gesetzlichen Bestimmungen als solchen (vgl OGH 17.02.2015, 4 Ob 229/14a), sondern es würde dies durch das sonstige Agieren des Staates, insbesondere bei Vollziehung der Regelungen des GSpG, verursacht. In einem solchen Fall wäre aber die Konsequenz wohl nicht die Aufhebung des an sich unionsrechtskonformen Gesetzes durch den VfGH wegen Inländerdiskriminierung, vielmehr wäre es Aufgabe der Vollziehung einen dem Gesetz (unter Beachtung der sich aus dem Unionsrecht ergebenden Vorgaben) entsprechenden Zustand herzustellen. In diesem Sinne wird auch sonst vertreten, dass Gesetze verfassungskonform auszulegen und zu vollziehen sind, und es führt eine nicht verfassungskonforme Auslegung durch die Behörden nicht zur Aufhebung des Gesetzes (vgl etwa VfGH 11.12.2012, V8/12 ua). Im Ergebnis kann daher aus diesem Grund eine Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unterbleiben.

 

Eine allfällige durch das faktische Agieren des Staates geschaffene Inländer­diskriminierung verhilft der Bf im Übrigen auch sonst nicht zum Erfolg: Es kann grundsätzlich die Rechtmäßigkeit des Verhaltens einer Behörde (im gegen­ständlichen Fall etwa nach dem GSpG) nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass staatliche Stellen in anderen Fällen (andere Personen betreffend) sich rechtswidrig verhalten. Der Bf erwächst durch eine allfällige zur Unions­rechtswidrigkeit führende Verwaltungspraxis bzw staatliches Agieren kein Rechtsanspruch darauf, dass ihr dem GSpG widersprechendes Verhalten nicht geahndet wird, denn dieses Ergebnis wäre ein Anspruch auf die Nichtanwendung des Gesetzes trotz gegebener Tatbestandsmäßigkeit (vgl etwa VfGH 30.09.1991, B 1361/90).

 

Im Ergebnis führen aber die obigen Ausführungen dazu, dass weder die Anfechtung von Regelungen des GSpG (diese bewirken als solche keine Inländerdiskriminierung), noch die Nichtanwendbarkeit dieses Gesetzes bei reinen Inlandssachverhalten (keine Gleichheit bei einem allfälligen durch die Vollziehung bewirkten Unrecht) in Betracht kommen.

 

Auch der Verwaltungsgerichtshof erachtet das österreichische Glücksspielrecht für europarechtskonform (vgl. etwa das Erkenntnis vom 4. November 2009, 2009/17/0147). Im Judikat vom 16. März 2016, Ro 2016/17/0022, hat sich der Gerichtshof erst jüngst sehr ausführlich zu dieser Frage geäußert. Ein Aussetzen dieses Beschwerdeverfahrens bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über den Gesetzesprüfungsantrag des Obersten Gerichtshofes vom 30. März 2016, 40b31/16m u.a., kommt mangels Rechtsgrundlage nicht in Betracht.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerden wurde abgelehnt.

VfGH vom 15. Oktober 2016, Zln. E 1162/2016-9, E 1277/2016-7, E 1283/2016-7, E 1472/2016-4, E 1492/2016-4, E 1508/2016-4, E 1509/2016-4