LVwG-550830/9/KLe

Linz, 05.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Maga. Karin Lederer über die Beschwerde von J S, x, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 25. Februar 2016, GZ: ForstR10-103-2015-Sto,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt eingeschränkt wird und nunmehr zu lauten hat:

 

Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes:

Herrn J S, x, L, wird aufgetragen, 1 Tisch mit 3 Holzpfeilern und gelber Schalungstafel 50 cm x 1 m auf dem Waldgrundstück Nr. x, KG T, Gemeinde L, bis längstens 15. August 2016 vollständig zu entfernen.”

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Bescheid vom 25. Februar 2016, GZ: ForstR10-103-2015-Sto, folgenden Spruch erlassen:

 

Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes:

Herrn J S, x, L, wird aufgetragen, folgende, auf dem Waldgrundstück x, KG T, Gemeinde L, errichteten Einrichtungen bis längstens 30.04.2016 vollständig zu entfernen.

 

1 Tisch mit 3 Holzpfeilern und gelber Schalungstafel 50 cm x 1 m

1 Stiegenaufgang aus Holz mit 4 Stufen

1 Stiegenaufgang mit 11 Stufen aus Holz und Betonplatten

19 Betonstufen und 8 Waschbetonplatten

14 Stufen aus Waschbetonplatten

1 Eisenstiege mit 7 Stufen

12 Holzstufen mit Handlauf

 

Rechtsgrundlage:

§ 172 Abs. 6 lit. a i.V.m. § 17 des Forstgesetzes 1975 i.d.g.F.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde.

 

Begründend wird ausgeführt:

 

„Bei dem Ortsaugenschein durch den forsttechnischen Amtssachverständigen wurde meinerseits bereits vorgebracht, dass die angeführten Stiegen, Stufen Böschungssicherungen mit Platten u. Handlauf bereits seit 30 Jahren vorhanden sind, und somit auf den betroffenen Flächen seit Jahrzehnten kein forstlicher Bewuchs mehr aufkommen konnte. Diese Flächen unterliegen somit infolge Zeitablauf nicht mehr dem Forstzwang.

Beim oben bereits angeführten Ortsaugenschein beantragte ich mündlich die entsprechende Feststellung durch die Forstbehörde.

 

Sinngemäß wurde bei vergleichbarem Sachverhalt seitens der Bezirkshaupt­mannschaft Braunau am Inn ForstR am 20.02.1986 bereits festgestellt, dass Flächen auf welchen schon länger als 15 Jahre kein forstlicher Bewuchs mehr aufkommen konnte, infolge Zeitablauf nicht mehr dem Forstzwang unterliegen. (Beilage)

 

Ich ersuche meinem Antrag auf Feststellung, dass es sich bei den Flächen auf welchen sich die angeführten Stiegen, Stufen Böschungssicherungen mit Platten u. Handlauf befinden, kein Wald im Sinne des Forstgesetzes mehr vorliegt.

 

Auf dem Waldgrundstück Nr. x KG T befinden sich genehmigte Badehütten in teilweise sehr steilem Gelände. Die Badehütten werden derzeit auch von älteren und gehbehinderten Personen benützt, eine Entfernung der Stiegen, Stufen Böschungssicherungen mit Platten u. Handlauf, würde eine gefahrlose Benützung der Badehütten durch gehbehinderte Personen unmöglich machen. Die Entfernung dieser Gegenstände kommt einer Diskriminierung älterer und gehbehinderter Personen gleich und ist somit eine Gesetzesübertretung.

 

Dem Begehren der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn Abt ForstR. auf vollständige Entfernung der Stiegen, Stufen Böschungssicherungen mit Platten u. Handlauf ist demzufolge aus meiner Sicht rechtlich nicht nachvollziehbar.

 

Ich bin selbst gehbehindert, ein Teil meiner Hüttenbenützer plagt dasselbe Leid, in Zeiten in denen auf behindertengerechtes Bauen und Barrierefreiheit höchster Wert gelegt wird, erscheint mir die Entfernung der Stiegen, Stufen Böschungs­sicherungen mit Platten u. Handlauf aus humanitärer Sicht höchst wider­sprüchlich. Auch der flächendeckende Kronenschluss der Bäume, war durch die genannten Gegenstände mit einer maximalen Breitenausdehnung von einem Meter nie gefährdet, und kann daher auch aus waldwirtschaftlicher Sicht kein Problem darstellen.

 

Der Tisch mit 3 Holzpfeifern und gelber Schalungstafel 50 cm x 1 m wird in der geforderten Frist entfernt.

 

Ich ersuche meinem neuerlichen Begehren auf Feststellung, dass auf den Flächen auf welchen sich die Stiegen, Stufen Böschungssicherungen mit Platten u. Handlauf befinden keine Waldfläche im Sinne des Forstgesetzes mehr vorliegt.“

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akten­einsichtnahme und Einholung eines ergänzenden forstfachlichen Gutachtens. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels eines gesonderten Antrages und aufgrund der Tatsache, dass die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, entfallen. Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Waldgrundstückes Nr. x, KG T, Gemeinde L.

Auf diesem Grundstück wurden

1 Tisch mit 3 Holzpfeilern und gelber Schalungstafel 50 cm x 1 m,

1 Stiegenaufgang aus Holz mit 4 Stufen,

1 Stiegenaufgang mit 11 Stufen aus Holz und Betonplatten,

19 Betonstufen und 8 Waschbetonplatten,

14 Stufen aus Waschbetonplatten,

1 Eisenstiege mit 7 Stufen und

12 Holzstufen mit Handlauf errichtet.

 

Der forstfachliche Amtssachverständige stellte fest, dass sämtliche durch diese Stiegenaufgänge erschlossenen Hütten älter als 10 Jahre sind und die Möglichkeit besteht, dass die Angaben des Beschwerdeführers den Tatsachen entsprechen und somit hinsichtlich dieser Stiegenaufgänge Zweifel an der Waldeigenschaft bestehen. Der Tisch ist jedenfalls jünger als 10 Jahre.

 

Aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich bestehen keine Zweifel an den Angaben des Beschwerdeführers. Die Hütten sind jedenfalls älter als 10 Jahre. Da diese erschlossen werden müssen, ist es nachvollziehbar, dass verfahrensgegenständliche Stiegenaufgänge bzw. Stufen seit mehr als 10 Jahren bestehen.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, den schlüssigen Angaben des beigezogenen Amtssachverständigen und den glaubhaften Ausfüh­rungen des Beschwerdeführers.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

 

§ 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975 lautet:

 

Wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vorschriften außer Acht lassen, hat die Behörde, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen ein­schließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, wie insbesondere

a)   die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung,

b)   die Verhinderung und die Abstandnahme von Waldverwüstungen,

c)   die Räumung des Waldes von Schadhölzern und sonstigen die Walderhaltung gefährdenden Bestandsresten, sowie die Wildbachräumung,

d)   die Verhinderung und tunlichste Beseitigung der durch die Fällung oder Brin­gung verursachten Schäden an Waldboden oder Bewuchs oder

e)   die Einstellung gesetzwidriger Fällungen oder Nebennutzungen,

dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr im Verzug unmit­telbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflich­teten durchführen zu lassen.

 

§ 5 Forstgesetz 1975 lautet:

 

(1) Bestehen Zweifel, ob

a)   eine Grundfläche Wald ist oder

b)   ein bestimmter Bewuchs in der Kampfzone des Waldes oder als Windschutz-anlage den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unterliegt,

so hat die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 1 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen. § 19 Abs. 4 ist sinn-gemäß anzuwenden.

(2) Stellt die Behörde fest, dass die Grundfläche zum Zeitpunkt der Antrag-stellung oder innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war, so hat sie mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt. Weist der Antragsteller nach, dass

1.   die Voraussetzungen des ersten Satzes nicht zutreffen oder

2.   eine dauernde Rodungsbewilligung erteilt oder eine angemeldete dauernde Rodung gemäß § 17a durchgeführt wurde,

und ist inzwischen keine Neubewaldung erfolgt, so hat die Behörde mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt.

(2a) Bei Grundflächen, für die eine befristete Rodung im Sinne des § 18 Abs. 4 bewilligt wurde, ist die Dauer der befristeten Rodung in den Zeitraum von zehn Jahren (Abs. 2 Z 1) nicht einzurechnen. Dies gilt auch, wenn die Dauer der befristeten Rodung zehn Jahre übersteigt.

(3) Sind solche Grundflächen mit Weiderechten belastet, so ist vor der Entschei­dung die Agrarbehörde zu hören.

Die Forstbehörde hat die Waldeigenschaft einer Grundfläche festzustellen, wenn die Fläche zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des zehnjährigen Beobachtungs­zeitraumes Wald gewesen ist. Für die Feststellung, ob es sich bei einem bestimmten Grundstück um Wald im Sinne des Forstgesetzes handelt, kommt es nicht auf die im Grundbuch für dieses Grundstück ausgewiesene Benützungsart an, weil diese Eintragung bloß eine Ersichtlichmachung darstellt, die nicht geeig­net ist, bestimmte Rechtswirkungen zu begründen.

 

Die Frage der Waldeigenschaft der Grundfläche ist für die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich in der Hauptfrage präjudiziell, d.h. für die Lösung der Hauptfrage eine notwendige Rechtsfrage, insoweit eine Vor­frage im Sinne des § 38 AVG, da bei der belangten Behörde kein Waldfeststel­lungsverfahren anhängig ist, als Vorfrage selbst zu beurteilen und diese Beur­teilung der Entscheidung in der Hauptfrage zugrunde zu legen.

 

Entscheidend ist daher für die Beurteilung der Waldeigenschaft das Ergebnis der Untersuchung der Frage, ob die verfahrensgegenständliche Grundfläche gemäß § 5 Abs. 2 „innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war“ (vgl. VwGH 25.5.1987, 87/10/0046). Bei der Frage der Waldeigenschaft einer Grundfläche handelt es sich um eine Rechtsfrage (VwGH 14.6.1993, 90/10/0100).

 

In Verfahren gemäß § 5 Abs. 2 Forstgesetz 1975 ist festzustellen, ob eine bestimmte Fläche zum Zeitpunkt der Antragstellung oder innerhalb der voran­gegangenen zehn Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war. Auch bei einem von Amts wegen eingeleiteten Feststellungsverfahren ist für die Berech­nung der „vorangegangenen zehn Jahre“ der Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens maßgeblich (VwGH 11.12.2009, 2008/10/0111; hier: die Verfahrens­einleitung erfolgte mit dem an den Beschwerdeführer gerichteten Schreiben der Behörde erster Instanz).

 

Die Teile des Grundstückes Nr. x, KG T, Gemeinde L, auf dem die verfahrensgegenständlichen Einrichtungen (1 Stiegenaufgang aus Holz mit 4 Stufen, 1 Stiegenaufgang mit 11 Stufen aus Holz und Betonplatten, 19 Betonstufen und 8 Waschbetonplatten, 14 Stufen aus Waschbetonplatten, 1 Eisenstiege mit 7 Stufen und 12 Holzstufen mit Handlauf) situiert sind, sind nicht mehr Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975, da diese Bauwerke seit zumindest zehn Jahren bestehen bzw. dieser Bereich der forstlichen Nutzung in diesem Zeitraum entzogen wurde.

 

Das Forstgesetz ist auf diese (Nichtwald-)Flächen nicht anwendbar. Da der zu entfernende Tisch weniger als zehn Jahre besteht, diese Fläche somit weiter dem Forstgesetz unterliegt und es sich um eine unbefugte Rodung handelt, war der forstpolizeiliche Auftrag auf die Entfernung des Tisches einzuschränken.

Aufgrund des Fristablaufes war die Entfernungsfrist, wie angeführt, zu erstrecken.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Karin Lederer