LVwG-601336/4/Bi

Linz, 05.07.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn Dipl.Ing.(FH) H P-P, A,  H-A, vom 16. März 2016 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 15. Dezember 2015, VerkR96-6668-2015-Stg, wegen Übertretung des KFG 1967,  den

 

B E S C H L U S S

 

gefasst:

 

I.

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7 Abs.4 iVm 31 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

 

 

II.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 80 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Tagen verhängt sowie ihm gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt.

Zugrundegelegt wurde laut Schuldspruch, die P AG, D- B, M, sei als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen AÖ-x mit Schreiben vom 2. Juni 2015, VerkR96-16304-2015 (zugestellt am 9. Juni 2015), der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen aufgefordert worden, binnen zwei Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Fahrzeug am 29. März 2015 um 22.19 Uhr in Weibern auf der A8 von Strkm 41.744 bis Str.km 37.814, Fahrtrichtung Wels, gelenkt hat. Er habe als zur Vertretung der angeführten Firma gemäß § 9 VStG nach außen berufenes Organ zu verantworten, dass diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt worden sei. Er habe auch keine andre Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können. Er  wäre als Verantwortlicher der genannten Firma verpflichtet gewesen, diese Auskunft zu erteilen – Tatzeit 24. Juni 2015, Tatort Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen.

 

Laut Rückschein wurde das mit Rsb-Brief übermittelte Schriftstück nach einem erfolglosen Zustellversuch am 22. Dezember 2015 bei der Zustellbasis 5121 Ostermiething mit Beginn der Abholfrist am selben Tag hinterlegt, jedoch von der Post am 12. Jänner 2016 mit dem Vermerk „nicht behoben“ an die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn rückübermittelt, wo es am 13. Jänner 2016 einlangte.

 

2. Der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) erklärte mit Mail vom 16. März 2016 als „Einspruch gegen die Mahnung VerkR96-6668-2015-Stg“, die belangte Behörde mache mit Schreiben vom 15. März 2016 eine Forderung von 90 Euro geltend. Ihm sei weder das Schreiben noch der Inhalt noch eine Zustellung bekannt und er lege hiermit das nötige Rechtsmittel ein. Er sei im fraglichen Zeitraum für über 2 Wochen in den USA gewesen.

Das per Mail vom 16. März 2016 eingebrachte Rechtsmittel wurde von der belangten Behörde als Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG gegen das Straferkenntnis vom 15. Dezember 2015, VerkR96-6668-2015-Stg, gewertet und  ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landes­verwaltungs­gericht zur Entscheidung vorgelegt, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Die Durchführung einer (nicht beantragten) öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich gemäß § 44 Abs.2 VwGVG.

 

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, er habe sich im fraglichen Zeitraum für über zwei Wochen in den USA aufgehalten.

Auf ausdrückliches Ersuchen der belangten Behörde legte er das auf seinen Namen ausgestellte elektronische Ticket der Lufthansa Nr. 220-23554947xx vor, das für folgende Flüge gültig war:

LH 1109 22.Dezember von Salzburg nach Frankfurt, Abflug 06.50 Uhr;

LH 462   22.Dezember von Frankfurt nach Miami, Abflug 10.20 Uhr;

LH 465     5. Jänner von Orlando nach Frankfurt, Abflug 20.10 Uhr;

LH 1104   6. Jänner von Frankfurt nach Salzburg, Abflug 12.20 Uhr;

sämtliche Flüge trugen den Vermerk „Status: Confirmed“ und waren nur am genannten Tag gültig.


4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde.

Mit Schreiben vom 23. Juni 2016 wurde dem Bf unter Hinweis auf § 17 Zustellgesetz zur Kenntnis gebracht, dass sein Aufenthalt in den USA und damit eine Ortsabwesenheit am Tag der Hinterlegung des Straferkenntnisses, dem 22. Dezember 2015, glaubhaft sei. Allerdings sei er laut Ticket am 6. Jänner 2016 in Salzburg gelandet – laut LH-Flugplan beträgt die Flugzeit von Frankfurt nach Salzburg 55 Minuten, dh er wäre nach dem Abflug um 12.20 Uhr spätestens eine Stunde später in Salzburg gewesen, dem seinem Wohnort nächstgelegenen Flughafen. Damit habe er am Donnerstag, dem 7. Jänner 2016, erstmals den Rsb-Brief, der zu dieser Zeit noch immer bei der Zustellbasis 5121 Ostermiething (Öffnungszeiten am Donnerstag von 8.00 bis 12.00 und von 13.30 bis 17.30 Uhr)  hinterlegt war, beheben können. Dem Bf wurde ausdrücklich zur Kenntnis gebracht, dass gemäß § 17 Zustellgesetz das Schriftstück mit 7. Jänner 2016 als durch Hinterlegung zugestellt anzusehen sei, dh die vierwöchige Beschwerdefrist habe an diesem Tag zu laufen begonnen und sei daher am 4. Februar 2016 abgelaufen.

 

Mit Mail vom 30. Juni 2016 erklärte der Bf, er habe aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nur seine Anwesenheit in den USA angeführt. Während seines Urlaubes hätte ein Nachbar den Briefkasten geleert, um Einbrechern keinen Hinweis zu geben. Er habe den Zustellnachweis nie erhalten, auch nachträglich nicht; vermutlich sei er in der Werbepost untergegangen. Im Übrigen sei die Zweiwochen-Frist am 5. Jänner 2016 abgelaufen gewesen. In einem ähnlich gelagerten Fall habe er bereits am letzten Tag der Hinterlegung kurz vor Schließung der Poststelle Lagerhaus Ach zur Kenntnis nehmen müssen, dass die besagte Sendung bereits zur Rücksendung abgeholt worden war. Trotz Beschwerde sei er von Mitarbeitern belehrt worden, dass dies so korrekt und üblich sei. Er habe nicht damit rechnen müssen, dass nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist noch ein Schriftstück zur Abholung bereitliege. Er sei als Vorstand der p AG am Donnerstag, den 7. Jänner, und am Freitag, dem 8. Jänner, ab 9.00 Uhr in M, C, in der dortigen Niederlassung dienstlich anwesend gewesen. Eine persönliche Abholung des Poststückes zu Öffnungszeiten des Lagerhauses sei damit zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen gewesen.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 7 Abs.4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde.

 

Gemäß § 17 Abs.1 Zustellgesetz ist, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle … zu hinterlegen. Gemäß Abs.2 ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen. Gemäß Abs.3 Zustellgesetz ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

 

Aus dem Rückschein geht eindeutig hervor, dass der Rsb-Brief nach einem erfolglosen Zustellversuch am 22. Dezember 2015 vom Zusteller bei der Zustellbasis 5121 hinterlegt wurde, wobei diese Verständigung von der Hinterlegung, der auch das Ende der Hinterlegungsfrist zu entnehmen war, in die Abgabeeinrichtung eingelegt wurde.

Der Bf war an diesem Tag ortsabwesend, kehrte allerdings innerhalb der Hinterlegungsfrist an die Abgabestelle zurück und war damit in der Lage, die von einem (namentlich nicht genannten) Nachbarn vorsorglich für die Dauer der Ortsabwesenheit des Bf aus dem Briefkasten genommene Post anzusehen. Dass der Nachbar (Teile der) Post weggeworfen hätte, wurde nie behauptet. Auch wenn es sich dabei um eine größere Menge Post gehandelt hat, unter der sich auch Werbesendungen befanden, hatte der Bf nach seiner Rückkehr im eigenen Interesse diese Post mit entsprechender Sorgfalt durchzusehen. Die Verständigung von der Hinterlegung eines eingeschriebenen Schriftstückes ist ein grellgelbes und von seiner graphischen Gestaltung her relativ auffälliges Formular, das bei Aufwendung der erforderlichen Sorgfalt dem Bf als Nicht-Werbepost erkennbar sein musste; abgesehen davon war ihm ja von der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 25. August 2015, die er selbst beeinsprucht hatte, her bekannt, dass gegen ihn ein noch nicht abgeschlossenes Verwaltungsstrafverfahren anhängig war.

 

Wenn der Bf daher seine Post, wenn auch irrtümlich, mit der Werbepost wegwirft, hat er sich die Folgen selbst zuzuschreiben, wenn er eine hier dreiwöchige Hinterlegungsfrist wegen fehlender Information nicht wahrnimmt.

Nach Rechtsprechung des VwGH hat im Falle eines mit Werbematerial angefüllten Postkastens die Durchsicht des Inhaltes des Postkastens besonders genau zu erfolgen, um nichts zu übersehen (vgl E 26.4.2000, 2000/05/0054; 17.2.2011, 2009/07/0082; ua).

 

Das Argument des Bf, er habe zu einem früheren Zeitpunkt einmal ein hinterlegtes Schriftstück bei seiner Zustellbasis nicht mehr abholen können, weil die Rücksendung schon im Gange gewesen und es ihm nicht mehr ausgefolgt worden sei, ist für den ggst Vorfall sicher nicht zutreffend, weil schon in Anbetracht der Weihnachtsfeiertage die auf der Benachrichtigung vermerkte Hinterlegungsfrist jedenfalls länger war als sein Auslandsaufenthalt. Der Bf hat auch nicht behauptet, er habe die Abholung der aktuellen Briefsendung versucht und sie wäre ihm verwehrt worden.

 

Seine Einwendung, er habe am 7. Jänner 2016 bereits ab 9.00 Uhr aus beruflichen Gründen in München sein müssen und hätte daher schon deshalb gar keine Gelegenheit gehabt, das Schriftstück bei der Post abzuholen, ist insofern irrelevant, als er sich die Abholung eben zeitlich entsprechend einteilen oder die Folgen einer Nicht- oder späteren Abholung in Kauf nehmen muss.

 

Damit war das Straferkenntnis im Sinne des § 17 Abs.3 Zustellgesetz als mit dem 7. Jänner 2016 – als Tag der erstmals möglichen Abholung nach dem Auslandsaufenthalt des Bf – als zugestellt anzusehen, sodass mit diesem Tag der Lauf die vierwöchigen Beschwerdefrist ausgelöst wurde. Er hat bis zu deren Ablauf am 4. Februar 2016 keine Beschwerde dagegen eingebracht, sodass das Straferkenntnis in Rechtskraft erwuchs.

Der als Beschwerde gewertete Einspruch gegen die dem Bf laut Mail vom 16. März 2016 zugegangene Mahnung im Verfahren VerkR96-6668-2015-Stg war zweifellos als verspätet eingebracht anzusehen und damit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger