LVwG-600823/6/SE

Linz, 01.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Sigrid Ellmer über die Beschwerde von Herrn Dr. L H, M S, S, Deutschland, vom 21. März 2015 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 19. Februar 2015 GZ. VerkR96-8820-2014, wegen Übertretung der höchstzulässigen Geschwindigkeit am 27. Juli 2014

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG  wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von  12,-  Euro zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz - VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis (kurz: belangte Behörde) vom 19. Februar 2015 wurde Herr L H, M S, S, Deutschland (kurz: der Beschwerdeführer) belangt, weil er am 27. Juli 2014. um 11:26 Uhr in der Gemeinde Ort im Innkreis auf der Autobahn A8 bei km 62.055 das Fahrzeug mit dem Kennzeichen HD-x gelenkt und die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 12 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu seinen Gunsten abgezogen. Dadurch wurde § 20 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 verletzt und gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 eine Geldstrafe von 60 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden verhängt.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in Höhe von Euro 10,- (10% der Strafe, mindestens jedoch Euro 10,-) verhängt.

 

Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass ein Radarfoto des Fahrzeugs vorliege. Es wurde darauf verwiesen, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Messung mit einem Radar, auch bei Heckaufnahmen, ein taugliches Beweismittel darstelle. Der Beschwerdeführer sei Zulassungsbesitzer des Fahrzeugs mit dem Kennzeichen HD-x. Der Aufforderung zur Lenkererhebung sei er nicht nachgekommen. Auch einer Aufforderung zur Rechtfertigung des Tatvorwurfs und zur Bekanntgabe der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse habe er nicht Folge geleistet.

Die belangte Behörde ging daher im Zuge der freien Beweiswürdigung davon aus, dass der Beschwerdeführer selbst zum Tatzeitpunkt das Fahrzeug gelenkt habe, weil er keine tauglichen Beweisanbote gemacht habe, die anderes vermuten ließen und weil nach der allgemeinen Erfahrung angenommen werden darf, dass der Zulassungsbesitzer das Fahrzeug selbst gelenkt habe.

Die belangte Behörde brachte weiters vor, dass der Tatort in Österreich sei und daher österreichisches Recht anzuwenden sei, weshalb ein Frontfoto, auf dem der Lenker klar erkennbar ist, für die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens nicht erforderlich sei.

 

I. 2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde, mit welcher das Straferkenntnis im vollen Umfang bekämpft wurde, da dem Straferkenntnis eine unrichtige Tatsachenfeststellung zugrunde liege.

 

I. 3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 31. März 2015, eingelangt am 8. April 2015, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

Es wurde beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

 

I. 4. Am 1. Februar 2016 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die belangte Behörde war entschuldigt und der Beschwerdeführer blieb unentschuldigt fern.

 

I. 5. Am 3. März 2016 langte die mit „Rückschein, Eigenhändig“ zugestellte Ladung mit dem Vermerk, dass diese am 18. Jänner 2016 in der Filiale S hinterlegt, aber nicht behoben wurde, ein. Es wurde kein Vermerk über eine Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers angebracht.

 

II. 1. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 1. Februar 2016.

 

II. 2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:    

 

Der Beschwerdeführer hat am 27. Juli 2014 um 11:26 Uhr den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen HD-x in der Gemeinde Ort im Innkreis auf der A8 bei km 62.055 gelenkt und die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 12 km/h überschritten. Der Beschwerdeführer war zum Tatzeitpunkt Zulassungsbesitzer des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen HD-x.

 

Die Geschwindigkeit wurde mit einem geeichten Geschwindigkeitsmessgerät MUVR 6F 696 Nr. 03 (stationäres Radar) gemessen.

 

II. 3. Unbestritten geblieben ist, dass jemand zum Tatzeitpunkt das Fahrzeug mit dem Kennzeichen HD-x, das auf den Beschwerdeführer zugelassen war, gelenkt und um 11:26 Uhr in der Gemeinde Ort im Innkreis auf der A8 bei km 62.055 die dort höchstzulässige Geschwindigkeit von 130 km/h um 12 km/h überschritten hat.

Der Beschwerdeführer bestreitet, das Fahrzeug gelenkt zu haben. Trotz verschiedener Möglichkeiten (Aufforderungen der belangten Behörde zur Bekanntgabe des Lenkers vom 17.12.2014 sowie zur Rechtfertigung vom 15.1.2015) gab der Beschwerdeführer nichts an, warum er zum Tatzeitpunkt das auf ihn zugelassene Fahrzeug nicht gelenkt haben konnte (z. B. Anwesenheit an einem anderen Ort, Fahrzeug verliehen, etc.). Er machte auch keine Angaben, wer das Fahrzeug gelenkt haben sollte. Aus diesen Gründen wertet das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich seine Aussage, das Fahrzeug nicht gelenkt zu haben, als reine Schutzbehauptung, um einer Strafverfolgung zu entgehen.   

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III. 1. Die maßgeblichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159/1960 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung lauten:

 

§ 20. Fahrgeschwindigkeit

„(2) Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.“

 

§99. Strafbestimmungen

„(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, (lit. a) wer als Lenker eines Fahrzeuges [...] gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.“

 

III. 2. Der Beschwerdeführer hat den Tatbestand des § 20 Abs. 2 StVO 1960 erfüllt.

 

Da § 99 Abs. 3 lit a StVO 1960 nichts über die Verschuldensform sagt, genügt gemäß § 5 Abs. 1 letzter Satz Verwaltungsstrafgesetz -VStG fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit besteht in einem Mangel an Sorgfalt. Die Verpflichtung des Kfz-Lenkers hat sich auf die Sorgfalt zu beziehen, die ein rechtstreuer, gewissenhafter und besonnener Mensch in der konkreten Lage des Täters aufwenden würde (VwGH 12.9.1980, 677/79). Umstände, welche das Verschulden des Beschwerdeführers ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 38 VwGVG iVm § 5 Abs. 1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen und somit auch die subjektive Tatseite zu bejahen ist.

 

Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 42  VwGVG darf aufgrund einer vom Beschuldigten oder auf Grund einer zu seinen Gunsten erhobenen Beschwerde in einem Erkenntnis oder in einer Beschwerdevorentscheidung keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid.

 

Von der belangten Behörde wurden der Unrechtsgehalt der Übertretung sowie das Ausmaß des Verschuldens der Strafbemessung zugrunde gelegt. Mangels entsprechender Nachweise, wurde von einem monatlichen Einkommen von 1.300 Euro bei durchschnittlichem Vermögen und keinen Sorgepflichten, ausgegangen. Diese Einschätzung erscheint realistisch und nicht überzogen. Aufgrund einer einschlägigen Verwaltungsübertretung liegt der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht vor. Erschwerende Gründe sind nicht hervorgekommen. Die Strafbemessung ist angemessen.

 

Da dem Straferkenntnis der belangten Behörde keine Rechtswidrigkeit anzulasten war, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

IV.         Verfahrenskostenbeitrag (zu Spruchpunkt II):

Gem. § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist gem. § 52 Abs. 2 leg. cit. zufolge für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen. Im vorliegenden Fall war daher ein Betrag in der Höhe von 12 Euro vorzuschreiben.

 

V.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Für den Beschwerdeführer ist die Möglichkeit zur Revisionserhebung gemäß

§ 25a Abs. 4 VwGG ex lege ausgeschlossen.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Sigrid Ellmer