LVwG-601464/2/MS

Linz, 21.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin        Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Frau J U-B, Z, O, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 3. Mai 2016, GZ. VerkR96-6226-2015, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß § 82 Abs. 8 KFG, § 102 Abs. 1 iVm § 18 Abs. 1 KFG und § 102 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 6 KFG,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, der Spruchpunkt 1 des bekämpften Straferkenntnisses aufgehoben und das diesbezügliche Strafverfahren eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis (im Folgenden: belangte Behörde) vom 3. Mai 2016, VerkR96-6226-2015, wurden Frau J M U-B (im Folgenden: Beschwerdeführerin) folgende Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt:

„Sie haben am 27. Mai. 2015 um 10:20 Uhr in der Gemeinde Ort im Innkreis auf der Osternacher Straße, L1112 bei Straßenkilometer 4.345 folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

1.     Sie haben als Benützerin des Fahrzeuges mit dem ausländischen Kennzeichen PA-x dieses länger als 1 Monat nach dessen Einbringung nach Österreich verwendet, obwohl die Verwendung von Fahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen ohne Zulassung gemäß § 37 KFG nur während eines Monats ab ihrer Einbringung in das Bundesgebiet zulässig ist.

2.     Sie haben sich als Lenkerin, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass bei dem PKW die linke Bremsleuchte nicht funktionierte.

3.     Sie haben sich als Lenkerin, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass bei dem PKW die Kennzeichenleuchte nicht funktionierte.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Zu 1.: § 82 Abs 8 Kraftfahrgesetz (KFG) 1967, BGBl. Nr. 267/1967 idgF

Zu 2.: § 102 Abs. 1 iVm § 18 Abs. 1 Kraftfahrgesetz (KFG) 1967, BGBl. Nr. 267/1967 idgF

Zu 3.: § 102 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 6 Kraftfahrgesetz (KFG) 1967, BGBl. Nr. 267/1967 idgF

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Zu 1.: Geldstrafe 150,00 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden

Zu 2.: Geldstrafe 35,00 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 7 Stunden

Zu 3.: Geldstrafe 25,00 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 5 Stunden“

 

Begründend stützt sich die belangte Behörde auf die Anzeige der Polizeiinspektion Ried im Innkreis vom 10. Juli 2015, GZ: VStV/915100275343/001/2015, und die Einvernahme von Frau P B und sieht die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen als erwiesen an.

 

Hinsichtlich des Verschuldens der Beschwerdeführerin geht die belangte Behörde mangels Glaubhaftmachung, dass diese kein Verschulden trifft, zumindest von Fahrlässigkeit aus.

 

Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde mangels anderer Angaben von einem monatlichen Einkommen von 1.300,00 Euro, einem durchschnittlichem Vermögen und keinen Schulden aus.

Strafmildernd wurde die überdurchschnittlich lange Verfahrensdauer gewertet. Andere Straferschwerungsgründe oder Strafmilderungsgründe haben nicht vorgelegen.

 

 

Gegen das der Beschwerdeführerin am 12. Mai 2016 eigenhändig zugestellte Straferkenntnis der belangten Behörde hat diese mit Eingabe vom 9. Juni 2016, eingelangt bei der belangten Behörde am 10. Juni 2016, rechtzeitig eine als Einspruch bezeichnete Beschwerde erhoben.

 

Begründend führt die Beschwerdeführerin aus, sie habe sich das Auto nur 2 bis 3 Tage pro Woche von Ihrer Schwägerin geborgt, um Erledigungen machen zu können. Dies sei von Ihrer Schwägerin auch in deren Zeugeneinvernahme bestätigt worden.

Weiters erkläre sie sich bereit die Strafe für die defekte Kennzeichenleuchte und die defekte Bremsleuchte zu bezahlen, jedoch nicht für die Strafe für die Benutzung des PKW ihrer Schwägerin. Damit beantragt die Beschwerdeführerin sinngemäß der Beschwerde statt zugeben, den Spruchabschnitt 1 des bekämpften Straferkenntnisses zu beheben und das Strafverfahren diesbezüglich einzustellen.

 

Mit Schreiben vom 7. Juli 2016 legte die belangte Behörde die ggst. Beschwerde unter Anschluss des Verfahrensaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

 

II.            Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt, aus dem sich folgender entscheidungs-relevanter Sachverhalt feststellen ließ:

 

Zulassungsbesitzerin des PKW mit dem deutschen Kennzeichen PA-x ist Frau M P B, die die Schwägerin der Beschwerdeführerin ist. Diese ist seit 5. September 2014 in  S, S, mit Hauptwohnsitz gemeldet. Darüber hinaus war Sie das gesamte Jahr 2015 auch noch in Deutschland gemeldet und war auch 2015 noch hauptsächlich in Deutschland aufhältig.

 

Die Beschwerdeführerin ist mit Hauptwohnsitz in O, Z gemeldet und lieh sich seit Juni 2014 den ggst. PKW an ca. 2 bis 3 Tagen in der Woche von Ihrer Schwägerin aus, um Besorgungen zu machen, da sie selber kein Auto hatte. Ihre Schwägerin hatte noch ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung.

Die Beschwerdeführerin brachte das Fahrzeug im Anschluss an die zwei- bzw. dreitätige Verwendung der Schwägerin zurück bzw. hat sich die Schwägerin selbst das Auto von der Beschwerdeführerin abgeholt.

 

 

III.           Gemäß § 82 Abs. 8 KFG sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht. Nach Ablauf eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.

 

Gemäß § 134 Abs. 1 KFG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

 

 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich lediglich gegen Spruchabschnitt 1 des bekämpften Straferkenntnisses. Die Spruchabschnitte 2 und 3 sind daher in Rechtskraft erwachsen.

 

Aufgrund der dem Strafverfahren zugrunde liegenden Regelung des § 82 Abs. 8 KFG besteht die Vermutung des dauernden Standortes eines Fahrzeuges im Inland, wenn dieses durch eine Person, die im Inland ihren Hauptwohnsitz hat, in das Bundesgebiet eingebracht wird oder in diesem verwendet wird, wobei diese Vermutung nur so lange besteht, als nicht das Gegenteil bewiesen wurde.

Es handelt sich daher um eine widerlegliche Vermutung des dauernden Standortes.

Wie sich bereits aus der Wortwahl „dauernder Standort“ ergibt, darf der Standort des Fahrzeuges nicht nur vorübergehend, sondern muss ein andauernder sein.

 

Die Beschwerdeführerin hat im Inland ihren Hauptwohnsitz. Dies geht einerseits aus dem Auszug aus dem Melderegister hervor und andererseits finden sich im vorgelegten Verfahrensakt und auch in der vorliegenden Beschwerde keine Hinweise, die darauf hindeuten würden, dass die Beschwerdeführerin den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen anderswo als an ihrem gemeldeten Hauptwohnsitz haben würde.

 

Die Norm des § 82 KFG kann nur dann zur Anwendung gelangen, wenn die Frage, ob das ggst. Fahrzeug seinen dauernden Standort im Inland hat, bejaht werden kann. Dazu ist auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach zur Beantwortung dieser Rechtsfrage Feststellungen über den regelmäßigen Ort und sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeuges anzustellen sind.

 

Im Ermittlungsverfahren der belangten Behörde hat sich dazu ergeben, dass die Beschwerdeführerin zur Verwendung des Fahrzeuges mit deutschem Kennzeichen im Inland angab, dass sie sich dieses Fahrzeug von Ihrer Schwägerin, deren Hauptwohnsitz im vorgeworfenen Tatzeitpunkt in Deutschland befunden hat, an 2 bis 3 Tagen ausleihen würde, um damit in Österreich diverse Besorgungen zu machen. Danach würde sie das Fahrzeug entweder zu ihrer Schwägerin zurück bringen oder diese würde sich das Fahrzeug bei ihr abholen. Die als Zeugin einvernommene Schwägerin bestätigte die Angaben der Beschwerdeführerin und besteht kein Grund an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Auch die belangte Behörde brachte im bekämpften Straferkenntnis diesbezüglich keine Zweifel zum Ausdruck, sondern führte unter Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 21.09.2006, 2006/15/0025, aus, entscheidend sei wer das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt im Inland verwendet habe und nicht wer über das Fahrzeug verfüge bzw. ob die Beschwerdeführerin alleine über das Fahrzeug verfügungsberechtigt sei.

 

Nach dem festgestellten Sachverhalt befindet sich das Fahrzeug etwa 2 oder 3 Tag in der Woche am Wohnort der Beschwerdeführerin, wird dann zum Wohnort der Schwägerin verbracht und befindet sich den Rest der Woche, also 4 oder 5 Tage dort. Dies spricht eindeutig gegen einen dauernden Standort des ggst. Fahrzeuges am Wohnort der Beschwerdeführerin.

 

 

V.           Da ein dauernder Standort des ggst. Fahrzeuges mit deutschem Kennzeichen am Wohnort der Beschwerdeführerin, der im Inland liegt, nicht vorliegt, kommt eine Bestrafung auf der Grundlage des § 82 Abs. 8 KFG nicht in Betracht und war daher der Beschwerde stattzugeben, das Straferkenntnis im bekämpften Umfang (Spruchabschnitt 1) zu beheben und das diesbezügliche Strafverfahren einzustellen.

 

 

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben wird.

 

 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Monika Süß