LVwG-350242/2/Py/TO

Linz, 22.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn I.M., x, L., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 01.04.2016, GZ: SJF, betreffend Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs nach dem Oö. BMSG (bedarfsorientierte Mindestsicherung)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als in Spruchpunkt 2. die Wortfolge „sonstiges anrechen­bares Einkommen“ gestrichen wird und als eigene Mittel lediglich die vom AMS zuerkannte Arbeitslosenunterstützung einzusetzen ist.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 01.04.2016, GZ: SJF, wurde ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seines Antrages vom 18. Jänner 2016 befristet bis 31. Juli 2016 Hilfe zur Sicherheit des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs in Form von monatlichen Geldleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 3a Oö. BMSV (Mindeststandard für Wohngemeinschaft/Partnerschaft) zuerkannt werde. Zudem sind als eigene Mittel die Arbeitslosenunterstützung beim AMS sowie sonstiges anrechenbares Einkommen einzusetzen. In dem angeschlossenen Berechnungsblatt wird ein zuerkannter Mindeststandard in Höhe von monatlich 643,90 Euro sowie ein einzurechnendes Einkommen von monatlich 552,13 Euro angeführt.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe der Rechtsgrundlagen aus, dass der Beschwerdeführer mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt lebe und sich an der Miete beteiligen müsse. Krankheiten, die eine Arbeitstätigkeit nur eingeschränkt möglich machen, habe er nicht. Er beziehe Leistungen des AMS in Höhe von täglich 10,99 Euro und befinde sich in einer sozialen Notlage. Der beim M. L. beschäftigte Vater beziehe Lohn in Höhe von 1.303,91 Euro (14x), die Mutter sei Hausfrau.

 

Das den Mindeststandard „volljährige Personen, die in Haushaltgemeinschaft leben“ (§ 1 Abs. 1 Z 3a Oö. BMSV) überschreitende Einkommen des Vaters werde als anrechenbares Einkommen für den Beschwerdeführer herangezogen.

 

Der Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit richte sich nach den Lebensver­hältnissen des Kindes und der Eltern. Selbsterhaltungsfähigkeit bedeute die Fähigkeit zur eigenen angemessenen Bedürfnisdeckung auch außerhalb des elterlichen Haushaltes, unabhängig ob bereits die Volljährigkeit des Kindes eingetreten sei. Dies bedeute, dass bei Personen, die einen Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung stellen, keine Selbsterhaltungsfähigkeit durch eigenes Einkommen vorliege.

 

Gemäß § 231 ABGB hätten sich Eltern zur Deckung der ihren Lebensver­hältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen.

 

Die Leistung sei zu befristen gewesen, da keine Einschränkungen bei der Erwerbssuche feststellbar seien und davon auszugehen sei, dass bei täglicher intensiver Arbeitssuche, der Annahme jeder angebotenen Tätigkeit und des Hervorstreichens der Arbeitswilligkeit bei den Bewerbungsgesprächen nach spätestens einem halben Jahr ein Beschäftigungsverhältnis zu Stande kommen würde.

 

2. Dagegen brachte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. April 2016 Beschwerde ein, in der Folgendes (wortwörtlich wiedergegeben) vorgebracht wurde:

 

„1. Die Behörde nimmt zu Unrecht die Selbsterhaltungsunfähigkeit des BF an und rechnet daher unrichtigerweise einen fiktiven Unterhalt als Einkommen des BF an, wodurch sich ein zu geringer Mindestsicherungsanspruch ergibt. Zudem geht die Behörde offensichtlich davon aus, dass alle Personen, welche einen Mindestsicherungsantrag gestellt haben, nicht selbsterhaltungsfähig sind (vgl die zitierte Begründung auf Seite 3 des Bescheides), was ebenfalls unrichtig ist.

 

2. Nach der Judikatur des OGH  sind Unterhaltsentscheidungen prinzipiell Ermessensentscheidungen (OGH 4.7.2012, 5 Ob 2/12y). Die Frage der Selbsterhaltungsfähigkeit ist in jedem einzelnen Fall zu prüfen (OGH 15.7.1997, 1 Ob 156/97s).   Nach   der   Judikatur   des   OGH   kann   eine   einmal   eingetretene Selbsterhaltungsfähigkeit aus den unterschiedlichsten Gründen verloren gehen, was zur Folge hat, dass der Unterhaltsanspruch der Eltern wieder auflebt (OGH 20.4.1993, 1 Ob 524/93). Ein derartiger Grund ist die längerfristige Unmöglichkeit der Berufsausübung aufgrund unverschuldeter Arbeitslosigkeit. Eine bloße Einkommensminderung noch dazu bloß vorübergehender Art hat jedoch noch nicht den Verlust der Selbsterhaltungsfähigkeit und damit das Wiederaufleben der Unterhaltspflicht der Eltern zur Folge (OGH 28.1.1997, 1 Ob 2307/96p). Der Richtsatz für die Ausgleichszulage kann dabei als Orientierungshilfe dienen (OGH 14.7.2005, 6 Ob 128/05z).

 

Der BF hat 10 Monate lang (von März 2015 bis Dezember 2015) gearbeitet und ca. 1400 Euro netto monatlich verdient. Seit 1.1.2016 bezieht er Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung iHv 10,99 €/Tag. Aufgrund seiner Lehrzeit und der 10 Monate dauernden Erwerbstätigkeit mit oben genanntem Einkommen ist der BF jedenfalls immer noch als selbsterhaltungsfähig anzusehen, da es sich jedenfalls um eine bloß vorübergehende Arbeitslosigkeit handelt, welche noch nicht einmal vier Monate andauert. Es besteht daher keine Unterhaltspflicht der Eltern, weshalb auch nicht ein fiktiver Unterhalt als Einkommen angerechnet werden darf.

Der monatliche Notstandshilfeanspruch des BF beträgt (bei einem Jahr als Bezugszeitraum) 334,28 €. Dieser ist vom Mindeststandard in Abzug zu bringen, was einen monatlichen Mindestsicherungsanspruch des BF von 309,62 € ergibt.

 

Aus oben genannter Judikatur geht auch hervor, dass die Behörde nicht pauschal bei jedem Antragsteller davon ausgehen darf, dass keine Selbsterhaltungs­fähigkeit mehr gegeben ist.“

 

3.1. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 4. Mai 2016, GZ:SJF, wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führt dazu aus, dass das den Mindeststandard „volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaften leben“ überschreitende Einkommen seiner Eltern als anrechenbares Einkommen herangezogen wird. Die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung habe unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person sowie tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen und werde, wie den Erläuterungen zu § 6 Oö. BMSG zu entnehmen ist, die soziale Notlage jeweils auf der Ebene eines Haushaltes betrachtet.

 

3.2. Mit Eingabe vom 24. Mai 2016 stellte der Bf den Antrag, die Beschwerde dem Oö. Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag), woraufhin die belangte Behörde mit Schreiben vom 14. Juni 2016 die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt dem Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich vorlegte. Dieses ist gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Da bereits die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, konnte gemäß § 24 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, zumal eine solche von den Parteien auch nicht beantragt wurde.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Beschwerdeführer, geb. x, ist österreichischer Staatsbürger und bewohnt gemeinsam mit seinen Eltern an der Adresse L., x eine Wohnung. Der Vater des Bf ist beim M. L. beschäftigt und bezieht Lohn in Höhe von 1.303,91 (14x), die Mutter ist Hausfrau.

 

Der Beschwerdeführer hat eine Tischlerlehre absolviert. Von 9. März 2015 bis Dezember 2015 hat er in Linz in der Tischlerei F. GmbH gearbeitet und ein monatliches Nettoeinkommen von rd. 1.350 Euro bezogen. Seit 29. Dezember 2015 ist er beim Arbeitsmarktservice als arbeitssuchend gemeldet und bezieht seit 2. Jänner 2016 Leistungen des AMS in Höhe von täglich 10,99 Euro.

 

Am 18. Jänner 2016 hat der Beschwerdeführer einen Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs (bedarfsorientierte Mindestsicherung) gestellt, über den mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 1. April 2016 idF der Beschwerdevorentscheidung vom 4. Mai 2016 entschieden wurde.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist in dieser Form unbestritten.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 Abs. 1 Oö BMSG ist bei der Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung auf die besonderen Umstände des Einzelfalls Bedacht zu nehmen. Dazu gehören insbesondere Eigenart und Ursache der drohenden, bestehenden oder noch nicht dauerhaft überwundenen sozialen Notlage, weiters der körperliche, geistige und psychische Zustand der hilfebedürftigen Person sowie deren Fähigkeiten, Beeinträchtigungen und das Ausmaß ihrer sozialen Integration.

 

Gemäß § 5 Oö. Mindestsicherungsgesetz ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinn des § 4

1. von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist

2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die

1. ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder

2. den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Ange-hörigen, die mit ihnen in Hausgemeinschaft leben,

nicht decken können oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

 

Gemäß § 7 Abs. 2 Oö. BMSG gelten als Beitrag der hilfebedürftigen Person im Sinn des Abs. 1 insbesondere

1. der Einsatz der eigenen Mittel nach Maßgabe der §§ 8 bis 10;

2. der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 11;

3. die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, bei deren Erfüllung die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre sowie

4. die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragenen Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage.

 

§ 8 Oö. Mindestsicherungsgesetz lautet unter der Überschrift „Einsatz der eige-nen Mittel“ wie folgt:

 

(1) Die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung hat unter Berück-sichtigung

1.   des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person sowie

2. tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter

zu erfolgen.

(2) Bei der Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung wird das Einkommen der (des) im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegattin oder Ehegatten, Lebens-gefährtin oder Lebensgefährten bzw. Lebenspartnerin oder Lebenspartners insoweit als Einkommen der hilfebedürftigen Person betrachtet, als es jenen Betrag übersteigt, der ihr oder ihm zustünde, wenn sie oder er selbst auf bedarfsorientierte Mindestsicherung angewiesen wäre.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 Ziffer 3a Oö. Mindestsicherungsverordnung (Oö. BMSV), LGBl. Nr. 75/2011 in der Fassung LGBl. Nr. 152/2015, betragen die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindeststandards) zur Sicherung des Lebens-unterhalts und des Wohnbedarfs für volljährige Personen, die in Haushalts-gemeinschaft leben, 643,90 Euro pro Person.

 

Gemäß § 231 (1) ABGB  haben die Eltern zur Deckung der ihren Lebensver­hältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen.

(2) Der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, leistet dadurch seinen Beitrag. Darüber hinaus hat er zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht imstande ist oder mehr leisten müsste, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre.

(3) Der Anspruch auf Unterhalt mindert sich insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist.

(4) Vereinbarungen, wonach sich ein Elternteil dem anderen gegenüber verpflichtet, für den Unterhalt des Kindes allein oder überwiegend aufzukommen und den anderen für den Fall der Inanspruchnahme mit der Unterhaltspflicht schad- und klaglos zu halten, sind unwirksam, sofern sie nicht im Rahmen einer umfassenden Regelung der Folgen einer Scheidung vor Gericht geschlossen werden.

 

5.2. Die belangte Behörde bezieht sich in der Begründung ihrer Entscheidung auf § 6 Oö. BMSG. Diese Bestimmung besagt, dass bei Personen, die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Angehörigen, die mit ihnen in Hausgemeinschaft leben, nicht decken können oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können, eine soziale Notlage iSd Gesetzes vorliegt. Der Umstand, dass die soziale Notlage jeweils auf der Ebene eines Haushalts betrachtet wird, führt u.a. dazu, dass in einem Mindestsicherungsverfahren eine allfällige soziale Notlage von Familienangehörigen, die in anderen Haushalten leben, keine Berücksichtigung finden kann, sondern nach Maßgabe der Problemstellung und der Ressourcen in deren Haushalt zu beurteilen ist.

 

Der Einsatz eigener Mittel bei der Zuerkennung bedarfsorientierter Mindest­sicherung ist in § 8 Oö. BMSG geregelt. Gemäß § 8 Abs. 1 Oö. BMSG hat die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person (Z 1) sowie der tatsächlich zur Verfügung stehenden Leistung Dritter (Z 2) zu erfolgen. Die besondere Betonung von tatsächlich zur Verfügung stehenden Leistungen Dritter im Abs. 1 Z 2 macht deutlich, dass bestehende Ansprüche alleine – seien sie auch leicht realisierbar – noch keine Anrechnung rechtfertigen. Derartige Ansprüche sind entweder im Rahmen der Bemühungspflicht zu verfolgen (vgl. § 7 Abs. 2 Z 3) oder gemäß § 8 Abs. 4 Oö. BMSG dem zuständigen Träger zur Rechtsverfolgung zu übertragen (vgl. AB 434/2011 BlGLT XXVIII. GP zu § 8 Oö. BMSG).

 

In § 8 Abs. 2 Oö. BMSG wird für das Zusammenleben in einer Ehe oder ehe-ähnlichen Gemeinschaft die unwiderlegliche Vermutung aufgestellt, dass jener Teil des Partnereinkommens, das ihren oder seinen potenziellen Mindeststandard übersteigt, der hilfebedürftigen Person zugutekommt. Dieser Fall liegt hier jedoch nicht vor, da das von der belangten Behörde angerechnete Einkommen vom Vater des Bf und nicht vom (Ehe)Partner des Antragstellers stammt. Insofern ist die Anrechnungsbestimmung des § 8 Abs. 2 Oö. BMSG gegenständlich nicht anwendbar. Es liegt jedoch eine gemeinsame Wohnung und eine gemeinsame Wirtschaftsführung vor, weshalb von der belangten Behörde zu Recht der für in Haushaltsgemeinschaft lebende - gegenüber alleinstehende hilfebedürftige Personen reduzierte - Mindeststandard zur Anwendung gelangte.

 

Insofern die belangte Behörde in der Begründung ihrer Entscheidung davon ausgeht, dass „bei Personen, die einen Antrag auf bedarfsorientierte Mindest­sicherung stellen, keine Selbsterhaltungsfähigkeit durch eigenes Einkommen vorliegt“, ist ihr entgegenzuhalten, dass ein solcher von der Behörde angenommener Automatismus schon begrifflich auszuschließen ist, da dies zur Folge haben würde, dass bei bislang selbsterhaltungsfähigen Personen - unabhängig von den Lebensverhältnissen - allein aufgrund einer Antragstellung auf Zuerkennung bedarfsorientierter Mindestsicherung eine Unterhaltspflicht der Eltern wieder aufleben würde.

 

Die Frage, ob der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides selbsterhaltungsfähig war, ist vielmehr anhand der Bestimmungen des § 231 ABGB zu beurteilen und nicht bereits aufgrund der Antragstellung auf Zuerkennung von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs zu verneinen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung erlischt die Unterhaltspflicht mit Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes, kann aber wieder aufleben, wenn das Kind die Selbsterhaltungsfähigkeit verloren hat (RIS-Justiz RS0047667). Selbst­erhaltungsfähigkeit kann vor und nach der Volljährigkeit eintreten (RIS-Justiz RS0047524). Selbsterhaltungsfähigkeit im vollen Sinn des Begriffs ist erst gegeben, wenn das Kind sämtliche Unterhaltsbedürfnisse im Rahmen der bestimmten konkreten Lebensverhältnisse aus eigenen Kräften zu finanzieren im Stande ist. Im Falle solcher Selbsterhaltungsfähigkeit vermindert sich der Unterhaltsspruch gegen den Elternteil auf null, fällt also weg (RIS-Justiz RS0047602).

Im Taschenkommentar Manz ABGB 24. Auflage von Parth/Dockerlik/Potyka wird auf Seite 158 zweiter Absatz dazu ausgeführt:

Eine einmalig eingetretene Selbsterhaltungsfähigkeit kann allerdings aus unterschiedlichsten Gründen wieder wegfallen, was dann zur Folge hat, dass die Unterhaltspflicht der Eltern wieder auflebt (RIS-Justiz RS0047533). Eine bloße Einkommensminderung noch dazu bloß vorübergehender Art hat noch nicht den Verlust der einmal eingetretenen Selbsterhaltungsfähigkeit und das Wieder­aufleben der Unterhaltspflicht zur Folge (OGH 1 Ob 2307/98p).

 

Der volljährige Beschwerdeführer hat ein monatliches Nettoeinkommen von rd. 1.350 Euro bezogen und ist seit Dezember 2015 arbeitslos. Der Antrag auf Zuerkennung von Leistungen nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz ist datiert mit 18. Jänner 2016. Somit war der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung erst drei Wochen arbeitslos. Selbst die belangte Behörde geht bei ihrer Entscheidung – wohl zu Recht – vom Vorliegen einer vorübergehenden Lebenssituation des Bf aus, da sie die Befristung der Leistung damit begründet, dass spätestens nach einem halben Jahr ein (neues) Beschäftigungsverhältnis eintreten sollte. Im gegenständlichen Fall kann daher von einer vorübergehenden Arbeitslosigkeit gesprochen werden, bei der der Verlust der einmal eingetretenen Selbsterhaltungsfähigkeit - und damit ein Aufleben des Unterhaltsanspruches gegenüber dem Vater - noch nicht eingetreten ist, wobei festgehalten werden darf, dass dieser Umstand bei einer künftigen Antragstellung einer neuerlichen Beurteilung zu unterziehen ist, wobei die bereits oben zu § 8 Oö. BMSG ausgeführten Grundsätze zu beachten bleiben.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden und auszusprechen, dass der befristet gewährte Mindeststandard gemäß § 1 Abs. 1 Z 3a Oö. BMSV (lediglich) um die gewährte Leistung aus Mitteln des Arbeitsmarktservice reduziert wird.

 

 

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Andrea Panny