LVwG-050074/2/Bi

Linz, 18.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin         Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn M B, x, vom 6. Juli 2016 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 8. Juni 2016, Pol01-54-2016, wegen Maßnahmenvorschreibungen nach dem Tierschutzgesetz iVm Anlage 2 der 2. THVO betreffend die Haltung von Wachteln,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der in Beschwerde gezogene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die vierwöchige Frist zur Durchführung der vorgeschriebenen Maßnahme ab Rechtskraft (= Zustellung an den Beschwerdeführer) des Erkenntnisses zu berechnen ist.

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) in Bestätigung des Mandatsbescheides der belangten Behörde vom 4. Mai 2016 gemäß § 35 Abs.6 TSchG iVm 5. Mindest­anforderung Abs.2 der Anlage 2 der 2. THVO eine Maßnahme zur Behebung der Mängel betreffend die Haltung von Wachteln vorgeschrieben, die bis spätestens 4 Wochen nach Erhalt des Bescheides durchzuführen sei, nämlich

„Den Hühnern ist eine Voliere nach den Mindestanforderungen an die Haltung von Hühnervögeln zur Verfügung zu stellen (pro Paar eine Grundfläche von 2 und einer Höhe von 2m). Die Umsetzung der Maßnahme ist der Behörde schriftlich anzuzeigen.“

Die Zustellung des Bescheides erfolgte laut Rückschein am 9. Juni 2016.

2. Dagegen hat der Bf fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerde­vorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Die Durchführung einer (nicht beantragten) öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich gemäß § 24 VwGVG.

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, er halte die domestizierte Japanwachtel, die als Hausgeflügel einzustufen sei und daher gelte die 1. und nicht die 2. THVO. Der in Beschwerde gezogene Bescheid beruhe daher auf einer falschen Rechtsgrundlage. Die von ihm gehaltenen Wachteln würden nicht im Sinne einer Zoo- oder Heimtierhaltung gehalten, sondern dienten der Lebensmittelerzeugung in Form von Eiern bzw Fleisch. Daher würden nicht die Bestimmungen der 2. THVO, die auf Papageien, Sittiche oä zutreffen, sondern die Bestimmungen betreffend Hausgeflügel laut Anlage 6 der 1. THVO.

Aus dem Umstand, dass in Anlage 6 der 1. THVO keine speziellen Anforderungen für die landwirtschaftliche Haltung von Wachteln zur Lebensmittelgewinnung vorgesehen seien, könne nicht abgeleitet werden, dass seine Wachteln nicht als Hausgeflügel anzusehen wären. Auf seine Wachtelhaltung träfen vielmehr die allgemein zur Haltung von Hausgeflügel normierten Bestimmungen der 1. THVO zu. In diesem Zusammenhang verweise er auf die Kundmachung der Stellung­nahme des Tierschutzrates mit Empfehlungen zur Wachtelhaltung in den AVN des BMG GZ.74800/0158-IV/6/2006, die von den Bestimmungen der 2. THVO abweichten und aus denen klar ersichtlich sei, dass auch von Experten des Tierschutzrates die Wachtelhaltung zur Lebensmittelerzeugung nicht als  den Bestimmungen der 2. THVO unterliegend anzusehen seien. Beantragt wird die Aufhebung des Bescheides.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde und hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 35 Abs.1 TSchG obliegt die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der darauf gegründeten Verwaltungs­akte der Behörde. Gemäß Abs.6 dieser Bestimmung sind, wenn die Behörde bei einer Überwachungshandlung feststellt, dass Tiere nicht den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder den darauf gegründeten Verordnungen oder Bescheiden entsprechend gehalten werden, dem Tierhalter Änderungen der Haltungsform oder der Anlagen, in denen die Tiere gehalten werden, oder sonstige Maßnahmen vorzuschreiben, mit denen innerhalb einer angemessenen Frist eine den Zielen und sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechende Haltung erreicht werden kann.

 

Feststeht, dass der Bf bei der unangekündigten Kontrolle am 12. April 2016 durch die Amtstierärzte Dr. E P und Mag. D D in einer Gartenhütte in K, G, ca 350 Wachteln in Käfiganlagen hielt, wobei die Käfige auf der linken Seite eine Größe von (l x b x h) 2,2 m x 0,66 m x 0,52 m und auf der rechten Seite von 1 m x 0,34 m x 0,22 m aufwiesen, die einer Bodenfläche von links 1,452 und rechts 0,34 entsprachen.

Gegen den Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 4. Mai 2016, Pol01-54-2016, brachte der Bf fristgerecht Vorstellung ein. Die Amtstierärztin geht in ihrer Stellungnahme vom 28. Mai 2016, GZ: 2016-223454-Pir, davon aus, dass das Grundstück G in K in einem Wohngebiet liegt, dh nicht für landwirtschaftliche Nutztiere gewidmet ist. Die Wachtelhaltung des Bf entspreche auch nicht den Empfehlungen des Tierschutzrates gemäß § 42 Abs.9 TSchG, GZ:74800/0158-IV/6/2006, zumal keinerlei strukturierte Gehege vorhanden seien und die Bodenfläche der Käfige nicht mindestens 5000 cm² erreiche, sondern nur 3400 cm² auf der rechten Seite. Die vorhandene Gesamtfläche von nur 49440 cm² entspreche nicht der empfohlenen begehbaren Fläche von mindestens 450 cm² pro Tier ab sechs Wochen, das wären insgesamt 157500 cm². Die Maximalhöhe sei rechts 22 cm und nicht wie empfohlen mindestens 40 cm, und der Gitteranteil von empfohlenen 50% sei nur teilweise gegeben; rechts bestünde zur Gänze Gitterboden. Es gebe weder Rückzugs- noch Staubbade- noch Möglichkeiten zur ungestörten Eiablage, rechts fehle jedwede Einstreu und die Räumlichkeit sei sehr staubig, zumal auch Kisten mit Exkrementen dort gelagert würden. Die Amtstierärztin kommt unter Berücksichtigung der biologischen Merkmale der domestizierten Wachtel zum Ergebnis, dass die Haltung in konventionellen Käfigen den Wachteln nicht erlaube, essentielle Grundbedürfnisse wie zB Aufenthalt in Deckung, Picken, Scharren, Sandbaden und eine Eiablage in Legenestern zu leben.

 

Auf dieser Grundlage erging der nunmehr in Beschwerde gezogene Bescheid, den die belangte Behörde auf die Bestimmungen der Anlage 2 der 2. THVO stützte mit der Begründung, die Anlage 6 der 1. THVO sei deshalb nicht heranziehbar, weil dort die Haltung von Hausgeflügel der Art „gallus gallus“ geregelt sei und Wachteln fielen nicht darunter.

 

Aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes ist zum Beschwerdevorbringen zu sagen, dass Japanwachteln („coturnix japonica“) in der Systematik unter die „Hühnervögel“ fallen, die in der Anlage 2 Punkt 5 der 2. THVO explizit geregelt sind.

Die Anlage 6 der 1. THVO gilt hingegen für Hausgeflügel der Art „gallus gallus“, dh darunter fallen sicher keine Wachteln.

 

Die Anlage 2 der 2. THVO sieht im Punkt 5 „Mindestanforderungen an die Haltung von Hühnervögeln“ als Mindestgröße einer Voliere für „sehr kleine Hühner (zB Wachteln)“ pro Paar 2 Fläche x 2 m Höhe vor, wobei die Empfehlung des Tierschutzrates zu GZ:74800-0158-IV/6/2006 nur in der Höhe 40 cm als Mindestmaß gelten lässt. Die Empfehlung des Tierschutzrates ist aber im Gegensatz zur 2. THVO keine Gesetzesbestimmung, daher war hinsichtlich der im Bescheid vorgeschriebenen Maßnahme keine Rechtswidrigkeit zu erkennen.

 

Der vom Bf eingewendete Zweck der Ei- und Fleisch­gewinnung im Sinne einer landwirtschaftlichen Nutzung der Tiere ist völlig unbeachtlich, weil die 2. THVO nicht auf den Zweck der Tierhaltung abstellt, sondern das Wohlbefinden der Tiere steht im Vordergrund. Die auf Fotos dokumentierte Käfigmassenhaltung auf kleinstem Raum in einer Gartenhütte entspricht weder der 2. THVO noch der Empfehlung des Tierschutzrates, weshalb der Beschwerde der Erfolg zu versagen war.

Dabei war die im Spruch genannte Frist von 4 Wochen, binnen derer der Bf die Tierhaltung zu ändern hat, auf die Rechtskraft (=Zustellung an den Bf) dieses Erkenntnisses zu beziehen und somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger

Beachte:

Das angefochtene Erkenntnis wurde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

VwGH vom 16. Dezember 2016, Zl.: Ra 2016/02/0178-6