LVwG-400175/2/Gf/Mu

Linz, 01.08.2016

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K !

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Grof über die Beschwerde des A Ö, D, vertreten durch RA M K, D, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 6. Juni 2016, Zl. 0006524/2016, wegen einer Übertretung des Bundesstraßenmautgesetzes

 

 

z u  R e c h t  e r k a n n t:

 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG i.V.m. § 20 VStG insoweit stattgegeben, als die Höhe der Geldstrafe auf 150 Euro herabgesetzt wird; im Übrigen wird diese hingegen als unbegründet abgewiesen.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 15 Euro; für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG nicht zulässig.

 


 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

 

I.

 

Gang des Behördenverfahrens

 

 

1. Mit Schreiben vom 27. Jänner 2016 hat die ASFINAG beim Magistrat der Stadt Linz eine Anzeige dahin erstattet, dass ein mautpflichtiges KFZ mit dem polizeilichen Kennzeichen HN (D) am 4. September 2015 um 17:52 Uhr die mautpflichtige Bundesstraße A1, Mautabschnitt Asten St. Florian – Knoten Linz, km 164,057, Richtungsfahrbahn Staatsgrenze Walserberg, benutzt habe, ohne zuvor die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, weil am Fahrzeug keine Vignette bzw. die Vignette nicht ordnungsgemäß (z.B. Trägerfolie nicht entfernt) angebracht gewesen sei.

 

Vor der Anzeigeerstattung sei der Zulassungsbesitzer dieses KFZ ermittelt und dieser mit Schriftsatz vom 16. November 2015 dazu angehalten worden, die fällige Ersatzmaut zu entrichten; dem habe er jedoch innerhalb der gesetzlichen Frist nicht entsprochen.

 

2. In der Folge wurde der Zulassungsbesitzer mit Schreiben des Magistrates der Stadt Linz vom 2. Februar 2016 aufgefordert, binnen zwei Wochen den Namen, das Geburtsdatum und die Anschrift jener Person bekanntzugeben, die das verfahrensgegenständliche KFZ zum hier fraglichen Zeitpunkt gelenkt hat.

 

3. Mit Schreiben vom 16. Februar 2016 gab der Rechtsvertreter des Zulassungsbesitzers bekannt, dass dieses KFZ vom Beschwerdeführer selbst gelenkt worden sei.

 

4. Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Linz vom 17. Februar 2016, Zl. 0006524/2016, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 34 Stunden) verhängt, weil er am 4. September 2015 um 17:52 Uhr ein KFZ mit einem Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 Tonnen gelenkt und mit diesem die Autobahn A 1, Mautabschnitt Asten St. Florian – Knoten Linz, km 164,057, Richtungsfahrbahn Staatsgrenze Walserberg, benutzt habe, ohne zuvor die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, weil am Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht gewesen sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 20 Abs. 1 des Bundesstraßen-Mautgesetzes, BGBl I 109/2002 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 99/2013 (im Folgenden: BStMG), begangen, weshalb er nach § 20 Abs. 1 BStMG zu bestrafen gewesen sei.

 

5. Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Telefax vom 7. März 2016 rechtzeitig Einspruch erhoben; gleichzeitig wurde Akteneinsichtnahme beantragt und erklärt, dass in der Folge umgehend eine Einspruchsbegründung erfolgen werde.

 

Durch diesen Einspruch wurde die angefochtene Strafverfügung ex lege (vgl. § 49 Abs. 2 VStG) aus dem Rechtsbestand eliminiert.

 

6. In der Folge hat der Magistrat der Stadt Linz mit Schreiben vom 20. April 2016 den letzten Satz des Spruches der Strafverfügung vom 17. Februar 2016 dahin korrigiert, dass dem Beschwerdeführer nunmehr angelastet wurde: „Im Tatzeitpunkt befand sich auf der Windschutzscheibe .... eine Vignette, welche nicht gänzlich von der Trägerfolie abgelöst, sohin nicht ordnungsgemäß im Sinne des Teil A, Pkt. 7.1. MautO angebracht war, ....“. Gleichzeitig wurde mit diesem Schreiben dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers der Bezug habende Behördenakt übermittelt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, zur Tatanlastung binnen einer Frist von zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

 

7. Nachdem innerhalb dieser Frist keine Äußerung erfolgte, wurde über den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 6. April 2016, Zl. 0006492/2016, eine Geldstrafe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 34 Stunden) verhängt, weil er am 4. September 2015 um 17:52 Uhr ein KFZ mit einem Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 Tonnen gelenkt und mit diesem die Autobahn A 1 benutzt habe, ohne zuvor die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, weil am Fahrzeug zwar eine gültige Mautvignette angebracht, diese allerdings nicht gänzlich von der Trägerfolie abgelöst und damit nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen sei. Somit habe er eine Übertretung der §§ 1 Abs. 1 und 10 Abs. 1 BStMG begangen, weshalb er nach § 20 Abs. 1 BStMG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass diese Übertretung auf Grund der Anzeige der ASFINAG vom 27. Jänner 2016 und des von der Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien keine Erschwerungsgründe hervorgekommen, während die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als strafmildernd zu werten gewesen sei.

 

8. Gegen dieses ihm am 24. Juni 2016 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die gegenständliche, am 20. Juli 2016 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Beschwerde.

 

Darin wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer dazu bereit wäre, die ursprünglich vorgeschriebene Ersatzmaut unverzüglich zu bezahlen. Hingegen sei die Erhöhung der Geldstrafe nicht nachvollziehbar, denn der Beschwerdeführer habe schließlich nur sein Grundrecht auf Überprüfung der Angelegenheit in Anspruch genommen.

 

Daher wird – erschließbar – eine Herabsetzung des Strafausmaßes beantragt.

 

9. Der Magistrat der Stadt Linz hat diese Beschwerde mit Schreiben vom 22. Juli 2016, Zl. 0006524/2016, samt dem Bezug habenden Akt dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich vorgelegt; von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat die belangte Behörde abgesehen. 

 

 

 

II.

 

Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich

und Zulässigkeit der Beschwerde

 

 

1. Die vorliegende, auf Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG gegründete Beschwerde richtet sich gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde und wurde innerhalb der Vier-Wochen-Frist des § 7 Abs. 4 VwGVG bei der belangten Behörde eingebracht; da der Inhalt dieser Beschwerde den Anforderungen des § 9 VwGVG entspricht und auch sonstige Prozesshindernisse nicht vorliegen, ist sie insgesamt als zulässig zu qualifizieren.

 

2. Weil diesbezüglich weder im BStMG noch im VwGVG Abweichendes angeordnet ist, hatte das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B‑VG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

 

III.

 

Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung

durch das Verwaltungsgericht

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 0006524/2016; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der oben unter I. dargestellte entscheidungswesentliche Sachverhalt – der im Übrigen zwischen den Verfahrensparteien auch in keiner Weise strittig ist – feststellen ließ, konnte von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

 

IV.

 

Rechtliche Beurteilung

 

 

In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erwogen:

 

1. Nach § 20 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 BStMG begeht derjenige eine Verwal-tungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen, der als Lenker eines Kraftfahrzeuges, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, die zeitabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG haben Lenker solcher KFZ die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette i.S.d. § 11 Abs. 2 BStMG am Fahrzeug zu entrichten, wobei die näheren Bestimmungen über die Beschaffenheit der Mautvignetten, über ihre Anbringung an den Fahrzeugen und über das Mitführen der Mautvignetten anstelle der Anbringung in der Mautordnung getroffen sind.

 

Nach Punkt 7.1 (S. 15) der Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs (Version 41, im Folgenden: MautO V41)[1] ist die Vignette u.a. vor der Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes ordnungsgemäß – insbesondere unter Verwendung des originären Vignettenklebers – anzubringen. Jede andere Art der Anbringung (z.B. durch [zusätzliche] Klebestreifen, andere Arten von
Fixierungen oder ein Überkleben der Vignette mit einer zusätzlichen Schutzfolie) ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung; Zehntagesvignetten und Zweimonatsvignetten sind nur dann gültig, wenn sie durch ordnungsmäßige, vollständige Lochung des Kalendertages und ‑monats entwertet wurden; die Vignette für mehrspurige Fahrzeuge ist – nach vollständigem Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen); jede Nichtbeachtung der Anbringungsvorschriften (z.B. nicht vollständiges Ablösen von der Trägerfolie oder nicht vollständige Anbringung der Vignette) führt ebenso zum Verlust des Nachweises der ordnungsgemäßen Mautentrichtung wie das Ablösen und Umkleben einer bereits geklebten gültigen Vignette, jede andere als in der MautO zugelassene Mehrfachverwendung der Vignette oder auch die chemische oder die technische Manipulation des originären Vignettenklebers derart, dass bei Ablösen der Vignette deren Selbstzerstörungseffekt verhindert wird.

 

2.1. Im gegenständlichen Fall wurde der Rechtsmittelwerber beim Lenken eines Kraftfahrzeuges mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 t auf der Autobahn A 1 betreten. Dies wird von ihm selbst gar nicht in Abrede gestellt; Gleiches ergibt sich auch aus der Anzeige der ASFINAG vom 27. Jänner 2016, Zl. 770222015090417520843, aus der hervorgeht, dass die Übertretung durch ein auf der Autobahn A 1 installiertes automatischen Überwachungssystem festgestellt wurde.

 

In Würdigung dieser Umstände ist es daher als erwiesen anzusehen, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt mit einem KFZ, das – allseits unbestritten – ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von weniger als 3,5 t aufwies, die Autobahn A 1 benutzt hat (siehe dazu bereits oben, I.).

 

2.2. Die Autobahn A 1 zählte zum Tatzeitpunkt (4. September 2015) nach Teil A, Pkt. 2.1 (Seite 8), der auf § 14 BStMG basierenden MautO zu den mautpflichtigen Bundesstraßen.

 

Der Rechtsmittelwerber war daher nach § 10 erster Satz BStMG  dazu verpflichtet, für die Benützung der A 1 mit seinem ein nicht über 3,5 t höchstzulässigen Gesamtgewicht aufweisenden KFZ vor Fahrtantritt eine zeitabhängige Maut zu entrichten.

 

2.3. Zur Frage, ob diese Maut ordnungsgemäß entrichtet wurde, hat sich auf Grund des Beweisverfahrens (siehe oben, I.) ergeben, das sich an der Windschutzscheibe des Fahrzeuges des Beschwerdeführers zwar eine entwertete, auch den Vorfallszeitpunkt erfassende und damit grundsätzlich gültige 10-Tages-Vignette befand. Allerdings war deren Trägerfolie nicht (bzw. nicht vollständig) entfernt, denn auf dem von der Überwachungskamera erstellten, die Windschutzscheibe des KFZ des Rechtsmittelwerbers abbildenden Foto ist mit hinreichender Deutlichkeit noch das auf der (die Vignette überdeckenden, im Übrigen grundsätzlich transparenten) Folie befindliche schwarze Kreuz (bzw. „X“) zu erkennen; dieses Kreuz wäre jedoch auf der Trägerfolie – und nicht auf der aufgeklebten Vignette – verblieben, wenn die Vignette vor deren Anbringung auf der Innenseite der Windschutzscheibe vollständig von dieser abgezogen worden wäre.

 

Im Ergebnis lag daher jedenfalls zum Zeitpunkt der Betretung (4. September 2015) keine ordnungsgemäße Entrichtung der zeitabhängigen Maut i.S. d. § 11 Abs. 5 BStMG und sohin ein tatbestandsmäßiges Verhalten i.S.d. § 20 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 BStMG vor.

 

3.1. Hinsichtlich der Strafhöhe war neben dem bereits von der belangten Behörde beachteten Umstand der bisherigen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers noch als mildernd zu berücksichtigen, dass sich der Rechtsmittelwerber der Gebührenpflicht nicht gänzlich entzogen, sondern eine Vignette käuflich erworben und diese bloß nicht ordnungsgemäß angebracht hat.

 

Da Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen sind, erscheint es sohin im vorliegenden Fall gerechtfertigt, die gesetzliche Mindeststrafe gemäß § 19 VStG bis zur Hälfte zu unterschreiten.

 

4. Der gegenständlichen Beschwerde war daher gemäß § 50 VwGVG i.V.m. § 20 VStG insoweit stattzugeben, als die Höhe der Geldstrafe auf 150 Euro herabgesetzt wird; im Übrigen war die Beschwerde hingegen als unbegründet abzuweisen

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 15 Euro; für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten. 

 

 

 

V.

 

Revision an den Verwaltungsgerichtshof

 

 

Eine ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f

 



[1] Abrufbar unter http://www2.asfinag.at/web/guest/maut/mautordnung/archiv