LVwG-601217/2/Wim/Bb

Linz, 26.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter            Dr. Leopold Wimmer über die Beschwerde von Frau A M R, geb. x, A, W, vom 21. Jänner 2016, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, vom 18. Jänner 2016, GZ VStV/915300809808/2015, betreffend Zurückweisung des Einspruches gemäß § 49 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG wegen Verspätung,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG iVm §§ 49 Abs. 1 VStG und 38 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision der Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

Zu I.

 

1. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels (im Folgenden: belangte Behörde) wies mit Bescheid vom 18. Jänner 2016, GZ VStV/915300809808/2015, den Einspruch von Frau A M R (Beschwerde­führerin - im Folgenden kurz: Bf) vom 8. Jänner 2016 (richtig: 7. Jänner 2016) gegen die Strafverfügung vom 21. Juli 2015, GZ VStV/915300809808/2015, gemäß § 49 Abs. 1 – VStG als verspätet zurück.

 

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde ua. aus, dass der Einspruch erst am 8. Jänner 2016 beim dortigen Amt eingebracht worden sei, sodass dieser als verspätet eingebracht zurückgewiesen habe werden müssen.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 21. Jänner 2016, erhob die Bf mit Schriftsatz vom 21. Jänner 2016 innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde, worin sie begründend vorbrachte, dass die verspätete Eingabe des Einspruches wegen zeitweiser Ortsabwesenheit erfolgt sei. Außerdem habe sie die gewünschte Auskunft sofort nach Kenntnisnahme erteilt, weshalb sie um Rücknahme der Strafe ersuche.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Vorlageschreiben vom 27. Jänner 2016 unter Anschluss des Verwaltungsstrafaktes mit der GZ VStV/915300809808/2015 zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen.  

 

Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung begründet (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und das Beschwerdevorbringen.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte Abstand genommen werden, da sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und die Bf trotz entsprechender Belehrung in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides keine Verhandlung beantragt hat  (§ 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG). Zudem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze aus der Aktenlage.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bf wurde mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 21. Juli 2015, GZ VStV/915300809808/2015, die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach    § 52 lit. a Z 10a StVO (Überschreiten der durch Straßenverkehrszeichen zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h im Ortsgebiet um 12 km/h) am 11. Mai 2015 um 11.33 Uhr in Wels, auf der Wallerer Straße Nr. x, Richtung Norden, vorgeworfen und über sie gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro, im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 1 Tag und 3 Stunden, verhängt.

 

Diese Strafverfügung wurde nach dem aktenkundigen Zustellnachweis (RSb-Rückschein) am 24. August 2015 von einem Mitbewohner an der Abgabestelle der Bf übernommen und die Übernahme der Sendung mit Unterschrift und Beifügung des Datums bestätigt.

 

Im Zuge von aufgrund der Strafverfügung eingeleiteten Vollzugsmaßnahmen erhob die Bf bei der belangten Behörde am 7. Jänner 2016 per E-Mail – somit offensichtlich verspätet – Einspruch gegen die genannte Strafverfügung.

 

4.2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt des behördlichen Verwaltungsaktes. Insbesondere ergibt sich daraus, dass die Strafverfügung am 24. August 2015 zugestellt wurde (RSb-Rückschein) und eine Reaktion der Bf (Einspruch) erstmals am 7. Jänner 2016 erfolgte.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

 

Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die Strafverfügung gemäß § 49 Abs. 3 VStG zu vollstrecken.

 

Gemäß § 16 Abs. 1 ZustG darf, wenn die Sendung nicht dem Empfänger zugestellt werden kann und an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend ist, an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

 

Ersatzempfänger kann gemäß § 16 Abs. 2 ZustG jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist.

 

Gemäß § 16 Abs. 5 ZustG gilt eine Ersatzzustellung als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 erster Satz AVG (iVm § 24 VStG) enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

 

5.2. Die verfahrensgegenständliche Strafverfügung der belangten Behörde vom 21. Juli 2015, GZ VStV/915300809808/2015, wurde gemäß dem ent­sprechenden Zustellnachweis 24. August 2015 von einem Mitbewohner an der Abgabestelle der Bf übernommen und die Übernahme der Sendung mit Unterschrift und Beifügung des Datums bestätigt. Hinweise darauf, dass der Mitbewohner nicht als Adressat für eine Ersatzzustellung geeignet war, haben sich nicht ergeben und hat die Bf nicht behauptet.

 

Was das Vorbringen der Bf, das verspätete Einbringen des Einspruches sei aufgrund zeitweiser Ortsabwesenheit erfolgt, so kann mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne nähere Angaben und ohne Anbot entsprechender Bescheinigungsmittel das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht dargetan werden (VwGH 21. Jänner 1988, 87/02/0197). Vielmehr bedarf es hiezu eines konkreten, mit geeigneten Beweismitteln belegten Vorbringens, das klare Aussagen über den Umstand und die Dauer der Abwesenheit von der Abgabestelle enthält (vgl. dazu VwGH 24. März 2004, 2004/04/0033 uvm.). Gleiches hat für die Frage der Unwirksamkeit der Zustellung im Wege der Ersatzzustellung gemäß § 16 Abs. 5 ZustG zu gelten (VwGH 21. Februar 1990, 89/02/0201).

 

Ein durch entsprechende Beweisanbote untermauertes konkretes Vorbringen hat die Bf aber nicht erstattet. Aus ihrem Vorbringen lassen sich weder ein konkreter Aufenthaltsort noch Angaben über den Beginn und die Dauer einer allfälligen Abwesenheit von der Abgabestelle ableiten. Die Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne nähere Konkretisierung und Beibringung von zweckdienlichen Beweismitteln reicht zur Glaubhaftmachung nicht aus. Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Angaben der Bf nicht ausreichend darzutun, dass sie im Zeitpunkt der Zustellung der Strafverfügung ortsabwesend gewesen ist.

 

An der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges bestehen damit keine Zweifel. Nach der Beweislage sind keinerlei Anhaltspunkte für Zustellmängel gegeben. Der Zustellnachweis als öffentliche Urkunde erbringt den vollen Beweis, dass der Zustellvorgang vorschriftsmäßig erfolgt ist.

 

Die Strafverfügung gilt daher mit 24. August 2015 als rechtswirksam zugestellt und es begann mit diesem Tag die zweiwöchige Einspruchsfrist des § 49 Abs. 1 VStG zu laufen und endete sohin gemäß § 32 Abs. 2 AVG iVm § 24 VStG mit Ablauf des 7. September 2015 (Montag, kein Feiertag). Der Einspruch hätte daher spätestens am 7. September 2015 zur Post gegeben oder in anderer Weise bei der belangten Behörde eingebracht werden müssen. Auf die Rechtsmittelfrist von zwei Wochen wurde in der Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung zutreffend und ausdrücklich hingewiesen. Tatsächlich wurde der Einspruch jedoch erst am 7. Jänner 2016 per E-Mail eingebracht. Der Einspruch erweist sich sohin als verspätet und dessen Zurückweisung durch die belangte Behörde als rechtmäßig.

 

Das Fristversäumnis hat zur Folge, dass die in Rede stehende Strafverfügung mit dem ungenützten Ablauf der Einspruchsfrist in Rechtskraft erwachsen und damit inhaltlich keiner weiteren Erörterung zugänglich ist. Es war dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich demnach verwehrt, auf ein Sachvorbringen der Bf einzugehen.

 

Die Einspruchsfrist gemäß § 49 Abs. 1 VStG ist eine durch Gesetz festgesetzte Frist, deren Verkürzung oder Verlängerung einer Behörde oder einem Gericht nicht zusteht.

 

In Anbetracht der Bedeutung von Rechtsmitteln trifft jede Partei in Bezug auf Fristeinhaltung eine erhöhte Sorgfaltspflicht (VwGH 19. Dezember 1996, 95/11/0187).

 

Zu II.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Für die Bf ist die Möglichkeit zur Revisionserhebung gemäß § 25a Abs.4 VwGG ex lege ausgeschlossen.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

 

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr.  Leopold  W i m m e r