LVwG-980000/2/BP/BD

Linz, 09.08.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Maßnahmenbeschwerde des Herrn G H, Bürgermeister der Gemeinde R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P B, S, vom 1. Juli 2016, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, den

 

 

B E S C H L U S S

 

gefasst:

 

I.          Gemäß § 31 VwGVG wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.              

 

1. Mit Schriftsatz vom 1. Juli 2016 erhob der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) Maßnahmenbeschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungs-behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.

 

In der Beschwerde wird ua. wie folgt ausgeführt:

Gegenständliche Beschwerde wird sowohl auf Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG wegen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, als auch auf Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit bekämpft.

 

Im Einzelnen wird ausgeführt wie folgt:

 

Vorerst ist von folgendem unstrittigen Sachverhalt auszugehen:

 

Bei der letzten Gemeinderats- bzw. Bürgermeisterwahl wurde der Bf. G H zum Bürgermeister der Gemeinde R  gewählt.

 

Mit schriftlicher Weisung vom 04.11.2015, ZI. Pers -415 - 2015, hat der Bf. in seiner Eigenschaft als Bürgermeister dem Amtsleiter der Gemeinde R die Weisung erteilt, die zustehenden Bürgermeisteramtsbezüge in der Höhe von Euro 2.641,90 um die Hälfte zu kürzen und in der Lohnverrechnung nur noch den restlichen Betrag in der Höhe von Euro 1.320,95 zu berücksichtigen.

 

Im angefochtenen Bescheid wird nunmehr diese dargestellte Weisung seitens der belangten Behörde der Oö. Landesregierung aufgehoben.

 

Begründet wird diese Aufhebungsmaßnahme unter Hinweis auf die einfach- und landesgesetzliche Bestimmung des § 1 Abs. 3 Oö. Gemeinde-Bezügegesetz 1998, wonach ein in Verzicht auf den Bürgermeisterbezug zur Gänze oder auch nur teilweise weder zulässig noch rechtswirksam wäre.

 

Der angefochtene Bescheid ist einerseits aus nachstehenden Gründen nach Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG rechtswidrig als auch stellt die Maßnahme der Behörde andererseits eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit dar.

Beide fakultativ möglichen Anfechtungstatbestände liegen hier kumulativ vor. Nach Z. 2 ist beschwerdebefugt jene Person, die behauptet, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen Rechten verletzt zu sein (Art. 132 Abs. 2 B-VG).

 

Es liegt auf der Hand, dass der Bf. in seinem Recht, auf einen Teil seines Bürgermeistergehaltes zu verzichten, durch den angefochtenen Bescheid, indem die diesbezügliche gegenständliche Weisung aufgehoben wurde, verletzt ist und stellt die Ausfertigung des bekämpften Bescheides eine Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt der belangten Behörde dar.

 

Daneben ist auch nach Z. 1 der angefochtene Bescheid aus nachstehenden mannigfaltigen Gründen rechtswidrig.

 

Zuerst krankt der angefochtene Bescheid an der falschen Bezeichnung des Normadressaten durch die belangte Behörde.

 

Schon diese falsche Bezeichnung macht den Bescheid in formeller Hinsicht rechtsunwirksam.

 

Im angefochtenen Bescheid wird als Normadressat die Gemeinde R, und nicht richtigerweise der Bf. ausgewiesen. Es liegt auf der Hand, dass ein Bescheid, in dem eine Weisung aufgehoben wird, sich nur an diejenige Person als Normadressaten richten kann, die die Weisung erteilt hat.

 

Die aufgehobene Weisung vom 04.11.2015 hat nicht die Gemeinde R  erteilt, sondern der Bf. in seiner Eigenschaft als Bürgermeister im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde R. Schon aus diesem Grund ist aus formellen Gründen wegen falscher Bezeichnung des Normadressaten der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

Darüber hinaus ist auch am anderen Ende der Rechtsbeziehungsleiter der Bescheid von einer unzuständigen Behörde ausgefertigt worden.

 

Die Oö. Landesregierung als ausstellende Behörde ist für die Aufhebung einer schriftlichen Weisung eines Bürgermeisters im Rahmen des unstrittigen eigenen Wirkungsbereiches einer Gemeinde nicht zuständig. Diesbezüglich beruft sich die belangte Behörde zu Unrecht auf den § 109 Oö Gemeindeordnung 1990 und leitet aus dieser Bestimmung fälschlicherweise eine Zuständigkeitskompetenz für die Aufhebung von Weisungen ab.

 

Unstrittig ist, dass die Weisung des Bürgermeisters im Rahmen des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde R am 04.11.2015 erfolgt.

 

Gemäß Art. 118 Abs. 4 B-VG hat eine Gemeinde, und natürlich davon abgeleitet ein Bürgermeister, die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches- der Verzicht auf Teile eines Bürgermeisterbezuges ist ein Fall des eigenen Wirkungsbereiches- im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung frei von Weisungen und unter Ausschluss eines Rechtsmitteis an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde zu besorgen.

Der gegenständliche Bescheid, in dem sich die belangte Behörde eine Kompetenz für die Aufhebung einer Weisung eines Bürgermeisters im eigenen Wirkungsbereich anmaßt, verstößt klar gegen Art. 118 Abs. 4 B-VG.

 

Auch aus Art. 119 a Abs. 1 B-VG ist eine Kompetenz für die Aufhebung einer Weisung eines Bürgermeisters für die belangte Behörde nicht ableitbar. Nach leg. cit. übt unter anderem das Land das Aufsichtsrecht über Gemeinden aus. Dieses Aufsichtsrecht ist zweifach eingeschränkt; das Überwachungsrecht ist limitiert einerseits in Richtung, dass die Gemeinde ihren Wirkungsbereich nicht überschreitet und andererseits ihre gesetzlich obliegenden Aufgaben erfüllt. Normadressat des Art. 119 a B-VG ist nicht ein Bürgermeister sondern eine Gemeinde.

 

Auch die Rechtsgrundlage für im angefochtenen Bescheid, nämlich § 103 Gemeindeordnung 1990 normiert, u.a. „...können rechtskräftige Bescheide, die den Wirkungsbereich der Gemeinde überschreiten oder Gesetze oder Verordnungen verletzen von der Aufsichtsbehörde aufgehoben werden". Keiner der zwei alternativen Tatbestände liegt hier vor. Die angeführte Weisung des Bfs. als Bürgermeister überschreitet nicht den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde sondern findet in dessen Bandbreite statt und wird auch durch die aufgehobene Weisung weder ein Gesetz noch eine Verordnung einer Gemeinde verletzt.

 

Eine Gesetzesverletzung liegt nur vor, wenn die scheinbare Verletzung des angesprochenen Gesetzes im Einklang mit der Verfassung steht. Im gegenständlichen Fall normiert § 1 Abs.3 Gemeinde-Bezügegesetz 1998, dass ein Verzicht oder auch teilweiser Verzicht auf den Bürgermeisterbezug weder zulässig noch rechtswirksam sei.

 

Im Stufenbau der Rechtsordnung stellte dieses Gesetz ein einfaches Gesetz im Bereich der Zuständigkeit des Landes dar.

 

Die Gesetzesbestimmung des § 1 Abs. 3 Gemeinde-Bezügegesetz 1998 verstößt in mannigfacher Weise gegen nachstehende Bestimmungen der Bundesverfassung und nachstehenden verfassungsrechtlichen Grundsätzen. Eine Missachtung eines einfachen Gesetzes, dass nicht im Einklang mit der Bundesverfassung steht und dieser widerspricht, bedeutet keine Verletzung eines Gesetzes. Gegen nachstehende Verfassungsbestimmungen- bzw. Grundsätze verstößt der vorgenannte § 1 Abs. 3 Gemeinde-Bezügegesetz 1998:

Die belangte Behörde stützt sich in ihrem angefochtenen Bescheid auf die vorgenannte Gesetzesbestimmung des Oö. Gemeinde-Bezügegesetz 1998 wonach ein Teil- bzw. ein Gesamtverzicht eines Bürgermeisterbezuges unzulässig und rechtsunwirksam wäre.

 

Diese Gesetzesbestimmung ist ein einfachgesetzliches Landesgesetz und wird von der belangten Behörde grundsätzlich richtig zitiert. Diese Bestimmung ist verfassungswidrig und steht in mehrfacher Hinsicht aus nachstehenden Gründen mit der Verfassung nicht im Einklang.

 

a) Vorerst verstößt dieses Gesetz gegen  den  Gleichheitsgrundsatz.  Der

Gleichheitsgrundsatz ist als subjektives, verfassungsgesetzlich gewähr-leistetes Recht normiert. Von allen Grundrechten spielt er die größte praktische Rolle. Er gilt für jede Art von Staatstätigkeit und bindet somit Gesetzgebung und Vollziehung.

Rechtsgrundlage sind Art. 2 StGG und Art 7. B-VG. Dieser gilt auch für den Bf., der österreichischer Staatsbürger ist.

Der einfachgesetzliche § 1 Abs. 3 des Oö. Gemeinde- Bezügegesetz verstößt deshalb gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil durch seine Anwendung alle Bürgermeister Österreichs NICHT gleich behandelt werden.

 

In Oberösterreich findet man die angezogene landesgesetzliche Bestimmung des § 1 Abs. 3 Oö. Gemeinde-Bezügegesetz 1998, wonach ein Bürgermeister nicht auf Teile oder gesamt seines Bürgermeisterbezuges verzichten kann.

 

Dem Gleichheitsgrundsatz würde entsprechen, wenn alle diesbezüglichen landesgesetzlichen Vorschriften so ein Verzichtsverbot in den Landesgesetzen in den einzelnen Bundesländern aufweisen würde. Dem ist nicht so.

 

Neben anderen Bundesländern enthält beispielhaft das burgenländische Gemeinde- Bezügegesetz in der Fassung vom 26.04.2016 unter § 30 a eine Klausel, wonach ein Verzicht auf Bezüge zulässig ist. Neben diesem Beispiel in Burgenland gibt es noch in anderen Bundesländern bzw. in deren Landesgesetzen solche Verzichtsklauseln. In Österreich werden zu diesem Themenbereich also Bürgermeister differenziert behandelt. Eine solche Differenzierung in den einzelnen Landesgesetzen nach Bundesländern ist sachlich nicht gerechtfertigt und verstösst die vorgenannte Oö. Bestimmung gegen den Gleichheitsgrundsatz. Nach ständiger Rechtssprechung des VfGH entspricht dem Gleichheitsgrundsatz nur „sachlich gerechtfertigte" Differenzierungen, was im gegenständlichen Fall geradezu nicht der Fall ist.

 

Nach ständiger Rechtssprechung ist eine Differenzierung nur „sachlich begründet" wenn sie nach objektiven Unterscheidungsmerkmalen - im gegenständlichen Fall nicht gegeben - erfolgt. Der Gesetzgeber ist demnach durch den Gleichheitssatz verpflichtet, an gleiche Tatbestände, gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen. Er hat „Gleiches gleich" zu behandeln.

 

Dies unterlässt eben der Oö. Landesgesetzgeber in dem er entgegen der Rechtslage im Burgenland ein Verbot einer Verzichtsklausel normiert. Es liegt auf der Hand, dass die Frage der Verzichtsmöglichkeiten auf Bürgermeisterbezüge auch als Ausfluss des föderalistischen Prinzipes in den einzelnen Bundesländern ohne sachliche Rechtfertigung einheitlich einfachgesetzlich geregelt werden müssen. Die angeführte Gesetzesbestimmung des § 1 Abs. 3 Oö. Gemeinde-Bezügegesetz verstößt daher gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil beispielshaft in Burgenland eine solche Verzichtsklausel geregelt ist. Es ist daher geboten, dass hier dirigistisch eingegriffen werden muss. Der Bf. verweist diesbezüglich, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes unterschiedliche Regelungen für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. (Vf.SIg 13.829 u. a.).

 

b) Ein einfaches Landesgesetz ist verfassungswidrig, wenn es auch nur gegen einen Teil oder einer Bestimmung der Verfassung verstößt. Der angezogene § 1 Abs. 3 Oö. Gemeinde-Bezügegesetz verstößt neben dem Gleichheitsgrundsatz aber auch gegen Art. 10 Abs. 1 MRK, wonach jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung hat.

 

Der Verzicht auf Teile der Bezüge eines Bürgermeisters ist Ausfluss der freien Meinungsäußerung eines jeden Menschen, der in geheimer und direkter Wahl zum Bürgermeister gewählt wurde.

 

Das Recht der Meinungsfreiheit ist zwar durch Gesetzesvorbehalte beschränkt, gerade bei diesem Grundrecht wird jedoch sogar ausdrücklich betont, dass seine Ausübung auch „Pflichten und Verantwortung" mit sich bringt.

 

Zulässig sind jedoch nur Grundrechtseingriffe seitens der staatlichen Behörden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit und der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes und der Rechte anderer unentbehrlich sind.

 

Der Eingriff in die Meinungsfreiheit muss daher gesetzlich vorgesehen sein, einen oder mehrere der genannten rechtfertigenden Zwecke verfolgen und zu deren Erreichung in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, d.h. verhältnismäßig sein.

 

Keiner der angeführten Tatbestandselemente sind im gegenständlichen Fall bei einem Verzicht von Teilen auf das Bürgermeistergehalt gegeben, sodass der teilweise oder ganze Verzicht auf Bezüge eines Bürgermeisters in der Bandbreite des Art. 10 Abs. 1 MRK der Bestandteil der österreichischen Verfassung ist, Deckung findet. Eine Verzichtserklärung ist Ausdruck der Meinungsfreiheit.

 

c) Die bekämpfte Bestimmung des § 1 Abs. 3 des Oö. Gemeinde-Bezügegesetzes

verstößt auch gegen Art. 4 Abs. 1 StGG.

 

Diese Verfassungsbestimmung normiert, dass die Freizügigkeit der Person und des Vermögens innerhalb des Staatsgebietes keiner Beschränkung unterliegt. Der Verzicht auf einen Teil des monatlichen Bezuges des Bürgermeistergehaltes ist nichts anderes als die Einordnung einer Vermögensverschiebung zwischen den Rechtssubjekten, Bürgermeister auf der einen Seite und Gemeinde R auf der anderen Seite. Wenn nunmehr im angefochtenen Landesgesetz hier ein Verbot des Verzichtes normiert wird, bedeutet dies nichts anderes, als das der einfach gesetzliche Landesgesetzgeber eine Vermögensverschiebung zwischen Bürgermeister und Gemeinde verbietet.

 

Das nach Art. 4 Abs. 1 Staatsgrundgesetz erklärte Recht auf Freizügigkeit des Vermögens hat keinen Gesetzesvorbehalt. Dennoch ist es nach der Rechtsprechung nicht schrankenlos, sondern nur im Rahmen der Rechtsordnung garantiert. Beschränkungen durch einfaches Gesetz sind jedoch nur zulässig, wenn der Gleichheitsgrundsatz dabei nicht verletzt wird. Im gegenständlichen

Fall wurde vorstehend aufgezeigt, dass die bekämpfte landesgesetzliche Bestimmung eben dem Gleichheitssatz nicht entspricht.

 

Diese Bestimmung verstößt damit auch gegen Art. 4 Abs.1 Staatsgrundgesetz gegen den Untertatbestand „Freizügigkeit des Vermögens"

 

d) Die angezogene mehrfach wiederholte bekämpfte Gesetzesbestimmung des Oö. Gemeindegesetzes verstößt auch in einer de lege lata Betrachtung gegen Art. 14 MRK dem Verbot der Benachteiligung.

 

Das Diskriminierungsverbot des Art. 14 MRK verbietet nicht jegliche, sondern nur eine diskriminierend unterschiedliche Behandlung.

 

Eine Diskriminierung liegt vor, wenn Rechtssubjekte, die sich in ähnlicher Situation befinden, ohne objektive und vernünftige Rechtfertigung ungleich behandelt werden - „wenn also ein legitimes Ziel" verfehlt - und wenn das Mittel im Hinblick auf das angestrebte Ziel unverhältnismäßig ist.

 

Im gegenständlichen Fall werden je nach Bundesland die einzelnen Bürgermeister unterschiedlich behandelt.

 

Es liegt keine objektive und vernünftige Rechtfertigung vor, dass so beispielshaft ein burgenländischer Bürgermeister verzichten kann, ein oberösterreichischer hingegen nicht. Eine diesbezügliche objektive oder vernünftige Rechtfertigung ist für den Bf. nicht ablesbar. Der dargestellte Eingriff des Oö. Landesgesetzgeber deckt im Verhältnis zur burgenländischen Regelung die vom Verfassungsgerichtshof entwickelte Definition der Diskriminierung. Dieses Gesetz verstößt somit auch gegen Art. 14 MRK, dem normierten Verbot der Benachteiligung.

 

Das landesgesetzlich ausgesprochene Verbot des Verzichtes verstößt auch gegen die Grundprinzipien des ABGB. Das österreichische Zivilrecht räumt einzelnen weitgehend die Möglichkeit ein, seine rechtlichen Beziehungen zur Umwelt nach seinem eigenen Willen frei zu gestalten. Diese Gestaltungsmöglichkeit heißt Privatautonomie.

 

Ein Verzicht auf Rechte ist eine subjektive Willenserklärung eines Bürgermeisters gegenüber seinem Arbeitgeber, sprich hier der Gemeinde R, auf einen Teil seines Bürgermeisterentgeltes zu verzichten.

 

Es kann nicht rechtskonform sein, wenn hier ein elementares Prinzip des als Zivilrechtes, wobei das Arbeitsrecht als ein Teil des Zivilrechts dort einzuordnen ist, mit Füßen getreten wird, in dem das subjektive Recht eines jeden einzelnen Bürgers auf Rechte zu verzichten vom einfachen Landesgesetzgeber ausgehebelt wird. Hier liegt nach Ansicht des Bfs. eine überschießende Kompetenzanmaßung des Landesgesetzgebers vor.

 

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass aus all den angeführten Gründen die erteilte schriftliche Weisung vom 04.12.2015 rechtskonform ist, insbesondere mit der Rechtsordnung im Einklang steht, und daher der angefochtene Bescheid vom

23.05.2016 in dem, wie dargestellt, die schriftliche Weisung aufgehoben wurde, rechtswidrig ist und auch die behördliche Handhabung Ausfluss unmittelbarer verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit darstellt.

 

Der Bf. ist auch beschwert, weil seine persönliche Weisung durch den gegenständlichen Bescheid aufgehoben wird.

 

Der Bf. stellt den

Antrag:

 

das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich möge den Bescheid der Landesregierung vom 23.05.2016 Z, IKD(Gem)-021619/578-2016 ersatzlos beheben und gemäß § 24 VwGVG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen.

 

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen. Da sich daraus schon der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergab und im vorliegenden Fall lediglich Rechtsfragen zu klären waren, konnte auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verzichtet werden.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt I.1. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

 

 

II.

 

Aufgrund der völlig klaren Beweislage erübrigt sich eine weiterführende Beweiswürdigung.

 

 

III.

 

1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit.

 

Nach Art. 132 Abs. 2 B-VG kann gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 VwGVG ist, sofern die Rechtssache nicht zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes gehört, in Rechtsachen in den Angelegenheiten, in denen die Vollziehung Landessache ist, das Verwaltungsgericht im Land zuständig.

 

Nach Abs. 2 Z. 2 richtet sich im Übrigen die örtliche Zuständigkeit in Rechtssachen, die nicht zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes gehören, in den Fällen des Art 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG nach dem Ort, an dem die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt begonnen wurde, wenn diese jedoch im Ausland ausgeübt wurde, danach, wo das ausübende Organ die Bundesgrenze überschritten hat.

 

Nach § 7 Abs. 4 Z. 3 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG sechs Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 2 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1.    die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2.    die Bezeichnung der belangten Behörde,

3.    die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4.    das Begehren und

5.    die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

 

Nach Abs. 2 Z. 2 leg. cit. ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG jene Behörde, der die Ausübung unmittelbarer verwaltungs-behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zuzurechnen ist.

 

Gemäß Abs. 4 tritt bei Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG an die Stelle der Bezeichnung der belangten Behörde, soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ die Maßnahme gesetzt hat.

 

Gemäß § 12 sind bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht die Schriftsätze bei der belangten Behörde einzubringen. Dies gilt nicht in Rechtssachen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG.

 

Nach § 22 Abs. 1 VwGVG haben Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG keine aufschiebende Wirkung. Das Verwaltungsgericht hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Andauern der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Nach Abs. 6 hat das Verwaltungsgericht, wenn im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.

 

2.1. Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt nach der höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen und hierbei physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (vgl. VwGH 29.6.2000, 96/01/0596 mwN und unter Hinweis auf die Lehre). Entscheidend ist dabei, dass es sich um einen Hoheitsakt einer Verwaltungsbehörde handelt, mit dem in die Rechte von individuellen natürlichen oder juristischen Personen eingegriffen wird, ohne dass ein Bescheid erlassen wird (vgl. Köhler in Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 45 f zu § 129a B-VG).

 

2.2. Im vorliegenden Fall behauptet der Bf durch die mit Bescheid der Aufsichtsbehörde vom 23. Mai 2016 verfügte Aufhebung einer Weisung, die er als Bürgermeister einer oberösterreichischen Gemeinde erlassen hatte, in seinen Rechten verletzt worden zu sein.

 

Nun ist aber festzuhalten, dass es – wie oben dargestellt – einer Maßnahme der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt wesensimmanent ist, dass bei Nichtbefolgung die Ausübung unmittelbaren physischen Zwangs zumindest droht, was im konkreten Fall wohl nicht anzunehmen ist. Vor allem aber ist klargestellt und völlig unbestritten, dass eine Maßnahmenbeschwerde gerade dann nicht zulässig erhoben werden kann, wenn in der betreffenden Angelegenheit ein Bescheid erlassen wurde. Dies ist aber im hier zu beurteilenden Verfahren der Fall.

 

Es mangelt daher schon am Vorliegen einer Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher  Befehls- und Zwangsgewalt.

 

3. Die vorliegende Maßnahmenbeschwerde war daher im Ergebnis unter Spruchpunkt I. als unzulässig zurückzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. des Verfassungsgerichts-hofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Bernhard Pree