LVwG-350250/2/GS/TO

Linz, 09.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Gabriele Saxinger über die Beschwerde von Frau A K, x, A, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Mai 2016, GZ: BHLLSO-2016-235429/2-SG, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs (bedarfsorientierte Mindestsicherung)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der behördliche Bescheid vom 18.05.2016, GZ: BHLLSO-2016-235429/2-SG, bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1.  Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18.05.2016, GZ: BHLLSO-235429/2-SG, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) vom 12.05.2016 auf Zuerkennung von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs gemäß §§ 4 und 6 Oö. BMSG 2011, LGBl. 74/2011 idF LGBl. abgewiesen.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde dazu zusammengefasst aus, dass gemäß § 4 Oö. BMSG die persönlichen Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht vorliegen würden. Die Bf verfüge über keinen gültigen Daueraufenthaltstitel bzw. über keine unbefristete Niederlassungsbewilligung, sondern nur über eine Rot-Weiß-Rot – Karte plus.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in der die Bf Folgendes (wortwörtlich wiedergegeben) vorbringt:

„Ich bin im Jahr 2004 nach Österreich gekommen. Zuerst war ich in L wohnhaft, derzeit ist mein Wohnsitz in H, x. Ich war immer im Besitz einer sogenannten Rot-Weiß-Rot-Karte plus, welche immer wieder verlängert wurde. Derzeit bin ich im Besitz der Rot-Weiß-Rot-Karte plus, welche am 4. Mai 2015 ausgestellt wurde und welche noch bis 3. Mai 2018 gültig ist.

 

Ich wohne mit meiner neun Jahre alten Tochter und meinem sieben Jahre alten Sohn alleine in einer Mietwohnung. Derzeit bin ich erwerbslos und erhalte Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 16,93 Euro. Ich bin geschieden und bekomme einen Unterhaltsvorschuss für meine beiden Kinder in Höhe von monatlich 170 Euro je Kind. Für meinen behinderten Sohn beziehe ich Pflegegeld in Höhe der Stufe 3.

 

Beschwerde:

Ich bin in meinem subjektiven Recht auf Zuerkennung der bedarfsorientierten Mindestsicherung verletzt.

 

Beschwerdegründe:

Mit dem bekämpften Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Mai 2016, Geschäftszeichen: BHLLSO-2016-235429/2-SG, wurde mein Antrag auf Gewährung der bedarfsorientierten Mindestsicherung auf Grundlage des § 4 Oö. BMSG 2011 abgewiesen.

Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass ich die persönlichen Voraussetzungen für die Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung gemäß § 4 Oö, BMSG 2011 nicht erfülle. Es wurde festgehalten, dass ich keinen gültigen Daueraufenthaltstitel bzw. keine unbefristete Niederlassungsbewilligung nachweisen könne, sodass mein Antrag abgewiesen wurde. Gemäß § 4 Oö. BMSG 2011 wird eine bedarfsorientierte Mindestsicherung auch für Personen geleistet, die den gewöhnlichen Aufenthalt in Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19 a Meldegesetz erfüllen und Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistung nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden.

 

Die Voraussetzungen des § 4 Oö. BMSG 2011 werden sehr wohl von mir erfüllt, da ich mich seit 2004 ununterbrochen in Österreich aufhalte, gearbeitet habe und somit auch einen Aufenthaltstitel im Inland hatte. Gemäß § 4 Abs. 1 Zif. 2 lit. e Oö. BMSG werden unter anderem Personen umfasst, die gemäß § 9 Abs. 5 BFA-VG eine Aufenthalts Verfestigung erlangt haben. Dabei handelt es sich um Drittstaatsangehörige, die bereits fünf Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen waren. Diese Personen dürfen wegen fehlender eigener Mittel zum Unterhalt oder mangels ausreichender Krankenversicherung nicht ausgewiesen werden. Wie schon oben erwähnt, erfülle ich diese Voraussetzung. Ich befinde mich seit 2004 ununterbrochen und rechtmäßig in Österreich, habe hier gearbeitet, wobei das letzte Arbeitsverhältnis ohne mein Verschulden beendet wurde (Arbeitgeberkündigung).“

 

3. Mit Schreiben vom 24.06.2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Da bereits die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtslage nicht erwarten lässt, konnte gemäß § 24 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, zumal eine solche von den Parteien auch nicht beantragt wurde.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgen-dem Sachverhalt aus:

 

Die Bf ist türkische Staatsbürgerin, die seit 2004 in Österreich lebt – seit 1.11.2013 an der Adresse, A, x - und mit einem türkischen Staatsbürger verheiratet war. Die Ehe wurde am Bezirksgericht Traun rechtskräftig mit 11.07.2012 ohne Unterhaltsvereinbarung geschieden. Für die aus dieser Ehe stammenden Kinder – eine neunjährige Tochter und ein siebenjähriger behinderter Sohn – erhält die Bf Unterhaltsvorschuss von monatlich 170 Euro pro Kind. Für den behinderten Sohn wird Pflegegeld der Stufe 3 bezogen. Die Bf ist zur Zeit arbeitslos und erhält bis 31.05.2016 Arbeitlosengeld in Höhe von 22,57 Euro täglich, beginnend mit 01.06.2016  16,93 Euro täglich.  Zudem werden 210,11 Euro Wohnbeihilfe bezogen.

Die Bf ist im Besitz einer Rot-Weiß-Rot – Karte plus, die bis 03.05.2018 gültig ist.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist in dieser Form unbestritten.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

5.1. § 4 Oö. BMSG regelt die persönlichen Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung:

(1) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1.  ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl.Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2. a) österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familien-angehörige,

b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EG“ oder „Daueraufenthalt - Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

sind.

(2) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann im Einzelfall – abweichend von Abs. 1 – auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, soweit

1. der Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann und

2. dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.

 

5.2. Die Bf bringt in ihrer Beschwerde vor, dass sich in ihrem Fall ein Rechtsanspruch auf Zuerkennung der Mindestsicherung ergebe, da sie dem Personenkreis des § 4 Abs. 2 lit. e Oö. BMSG angehöre.

 

Nach den Bestimmungen des § 4 Oö. BMSG muss – um bedarfsorientierte Mindestsicherung gewähren zu können – ein dauernder Aufenthalt in Österreich gewährt sein. § 4 Abs. 1 Z 2 lit.

 

Die Gewährung bedarfsorientierter Mindestsicherung ist immer vom tatsächlich bestehenden Aufenthaltstitel abhängig (LVwG-350057/2/KLi/TK vom 2.6.2014).

 

Die Bf bringt vor, dass sie über eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ verfüge, die bis 03.5.2018 gültig sei, nicht jedoch über einen Daueraufenthalt in Österreich.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 iVm § 41a Abs. 3 NAG  handelt es sich bei der „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ um einen Aufenthaltstitel, der befristet ist. Im gegenständlichen Fall ist der Aufenthaltstitel bis 03.05.2018 befristet.

 

Aus der Beilage 434/2011 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtags XXVII. Gesetzgebungsperiode ergibt sich dazu Folgendes:

Für EU-/EWR-Bürgerinnen oder –bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige räumt § 4 – in Übereinstimmung mit den Vorgaben des

Art. 4 Abs. 3 Z 3 der Vereinbarung gemäß Art. 15 a B-VG über eine bundesweite bedarfsorientierte Mindestsicherung – dem gegenüber im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts keine absolute, sondern eine durch fremdenrechtliche Bestimmungen (vgl. insbesondere §§ 51 bis 57 NAG sowie

Art. 7 und 24 Richtlinie 2004/38/EG) bedingte Position ein, die bisher erforderlichenfalls im Sinn des § 38 AVG zu beurteilen ist. Dabei handelt es sich insbesondere um Personen, die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen haben. Bei den Familienangehörigen von EU/EWR- und Schweizer-Bürgern ist das Vorhandensein eines abgeleiteten Freizügigkeitsrecht erforderlich (lit. c).

Eine derartige Vorfragenbeurteilung entfällt hinsichtlich der Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“, „Daueraufenthalt – EG“ eines anderen Mitgliedstaates oder „Daueraufenthalt – Familienangehörige“ (§§ 45, 48 und 49 NAG) sowie bei Personen mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung (im Sinn der Rechtslage vor dem NAG, vgl. § 81 NAG). Bei diesen Tatbestandsalternativen ist lediglich entscheidend, ob ein entsprechender Aufenthaltstitel vorliegt – oder eben nicht.

 

6. Nachdem für die Beschwerdeführerin ein derartiger Aufenthaltstitel nicht vorliegt, war der Beschwerde keine Folge zu geben und der Bescheid der belangten Behörde zu bestätigen.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gabriele Saxinger