LVwG-400161/2/FP

Linz, 18.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde von J V, x, D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. April 2016, GZ. VerkR96-27525-2015, wegen einer Übertretung des BStMG,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 60 Euro zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis vom 11. April 2016 warf die belangte Behörde dem Beschwerdeführer (Bf) vor, am 9. April 2015 ein im Straferkenntnis näher bezeichnetes Kraftfahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt zu haben, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

Die belangte Behörde verhängte über den Bf eine Geldstrafe iHv 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 34 Stunden) und sprach aus, dass er einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens iHv 30 Euro zu bezahlen habe.

 

Die belangte Behörde begründete zusammengefasst damit, dass der Bf gegen die von der belangten Behörde übermittelte Strafverfügung mit der Argumentation Einspruch erhoben habe, dass er zum Tatzeitpunkt im Besitz einer Vignette gewesen sei. Er habe eine Kopie einer 10-Tagesvignette 2015 mit Lochung 09.04. beigelegt und angeboten, das Original zu übersenden.

 

Die ASFINAG habe in einer aufgrund des Einspruchs eingeholten Stellungnahme mitgeteilt, dass der Lenker des ggst. Fahrzeuges keine gültige Vignette angebracht gehabt habe. Dies sei von der automatischen Vignettenkontrolle erkannt und registriert worden. Der alleinige Erwerb einer Vignette erfülle nicht die gesetzlichen Bestimmungen zur korrekten Entrichtung der Maut. Da der Bf der Aufforderung zur Leistung der Ersatzmaut nicht binnen vier Wochen entsprochen habe, sei die Anzeige einzuleiten gewesen.

 

Dem Bf sei die Stellungnahme samt Lichtbildern zur Kenntnis gebracht worden und sei ihm die Möglichkeit eingeräumt worden, sich zu äußern. Dies sei nicht geschehen.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens stehe der festgestellte Sachverhalt fest.

 

Nach Darstellung der gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde weiter aus, dass das Vorbringen des Bf ihn nicht entlasten könne, weil der alleinige Erwerb oder Besitz einer Vignette nicht die gesetzlichen Bestimmungen zur korrekten Entrichtung der Maut erfülle.

Die Vignette sei ordnungsgemäß anzubringen. Dabei sei die Vignette – nach vollständigem Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf der Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar sei. Bei Nichtbeachtung der Anbringungsvorschriften würde der Tatbestand der Mautprellerei verwirklicht.

 

Da der Bf die Maut weder durch ordnungsgemäße Anbringung einer Vignette, noch im Wege der Ersatzmaut entrichtet habe, habe er den objektiven Tatbestand verwirklicht. Hinsichtlich des Verschuldens genüge Fahrlässigkeit, welche dann ohne weiteres anzunehmen sei, wenn der Täter nicht glaubhaft mache, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe.

Der Bf habe keine Umstände vorgebracht, die sein Verschulden ausschließen würden. Ein sorgfältiger und pflichtbewusster KFZ-Lenker hätte vor Benutzung einer mautpflichtigen Strecke die Vignette ordnungsgemäß an der Windschutzscheibe angebracht. Es sei von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen und sei ihm die Tat auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

Im Hinblick auf die verhängte Strafe verwies die belangte Behörde auf die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe und führte aus, warum keine Unterschreitung (§ 20 VStG) derselben in Betracht kam.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Bf mit Schreiben vom 27. April 2016 rechtzeitig Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, er sei zu besagter Zeit – wie er dies auch schon in seinem Schreiben vom 16. Juli 2015 mitgeteilt habe (Einspruch gg. die Strafverfügung) – im Besitz einer gültigen Vignette gewesen.

Der Bf schloss die Kopie einer am 9.4.2015 gelochten 10-Tagesvignette (Vorder- und Rückseite) an und bot die Einsichtnahme in das Original an.

 

I.3. Mit Schreiben vom 9. Mai 2016 legte die belangte Behörde dem Verwaltungsgericht Verfahrensakt und Beschwerde zur Entscheidung vor. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter (§ 2 VwGVG).

 

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt. Das Verwaltungsgericht sieht gem. § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ab, weil keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine der Parteien eine Verhandlung beantragt hat.

 

II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher  S A C H V E R H A L T  steht fest:

 

Der Bf hat am 9. April 2015 um 11:31 Uhr einen PKW Mercedes mit dem deutschen Kennzeichen x (höchstes zulässiges Gesamtgewicht unter 3,5 t) auf der Autobahn A7 im Gemeindegebiet von Ansfelden, Mautabschnitt, Richtungsfahrbahn Knoten Linz, bei Strkm 0,853 gelenkt. An der Windschutzscheibe des PKW war keine Mautvignette angebracht. (Unbestrittener Sachverhalt, Lichtbilder der automatischen Mautüberwachung, Stellungnahme ASFINAG.)

Er hat der Aufforderung zur Leistung einer Ersatzmaut keine Folge geleistet (Stellungnahme ASFINAG). 

 

II.3. Beweiswürdigung        

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsstrafakt, insbesondere den in Klammern angegebenen Beweis­mitteln.

Dass an der Windschutzscheibe des ggst. Mercedes keine Vignette angebracht war, ergibt sich zweifelsfrei aus den von der ASFINAG zur Verfügung gestellten, unbedenklichen Lichtbildern der automatischen Mautüberwachung. Die fein aufgelösten Lichtbilder lassen im Gegensatz zu der deutlich erkennbaren deutschen Umweltplakette keinen anderen Aufkleber an der Windschutzscheibe, insbesondere keine Vignette, erkennen, sodass für das Gericht zweifelsfrei feststeht, dass keine solche angebracht war. Der Bf behauptet auch nicht, eine Vignette angebracht zu haben. Lediglich führt er in seinem Einspruch und der Beschwerde wiederholend aus, im Besitz einer Vignette gewesen zu sein. Auf die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 5. August 2015, die dem Bf nachweislich am 6. November 2015 zugestellt wurde, reagierte er nicht.   

 

 

III. Rechtliche Beurteilung      

 

III.1. Rechtliche Grundlagen

 

§ 1 Abs 1 BStMG 2002 lautet:

 

§ 1. (1) Für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen ist Maut zu entrichten.

 

§ 10 Abs 1 BStMG 2002 lautet:

 

§ 10. (1) Die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der zeitabhängigen Maut.

 

§ 11 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 BStMG 2002 lauten:

 

§ 11.

(1) Die zeitabhängige Maut ist vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

(2) Die Jahresvignette hat eine Gültigkeit von einem Kalenderjahr und berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken auch im Dezember des Vorjahres und im Jänner des Folgejahres. Die Zweimonatsvignette berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken im Zeitraum von zwei Monaten. Die Gültigkeit endet mit Ablauf jenes Tages, der durch sein Tagesdatum dem ersten Gültigkeitstag entspricht. Fehlt dieser Tag im zweiten Monat, so endet die Gültigkeit mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Die Zehntagesvignette berechtigt zur Benützung aller Mautstrecken während zehn aufeinanderfolgender Kalendertage. Die Korridorvignette berechtigt ab dem gemäß Abs. 6 festzulegenden Tag bis zum Ablauf des Tages der Verkehrsfreigabe beider Röhren des Pfändertunnels zur Benützung der Strecke der A 14 Rheintal/Walgau Autobahn zwischen der Staatsgrenze bei Hörbranz und der Anschlussstelle Hohenems in einer Fahrtrichtung mit einem einspurigen Kraftfahrzeug oder mit einem mehrspurigen Kraftfahrzeug, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, während 24 Stunden ab dem auf der Korridorvignette aufgedruckten Zeitpunkt. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen mit Verordnung zusätzlich eine Korridorvignette vorsehen, die zur Benützung dieser Strecke in beiden Fahrtrichtungen während 24 Stunden ab dem auf der Korridorvignette aufgedruckten Zeitpunkt berechtigt, und die Geltungsdauer der Korridorvignette verkürzen, sofern die Korridorvignette zu einer dauerhaften und wesentlichen Erhöhung der Verkehrsbelastung in Ortsgebieten von Gemeinden des Rheintals führt.

...

(5) Die näheren Bestimmungen über die Beschaffenheit der Mautvignetten, über ihre Anbringung an den Fahrzeugen und über das Mitführen der Mautvignetten an Stelle der Anbringung sind in der Mautordnung zu treffen.

...

 

§ 20 Abs 1 BStMG 2002 lautet:

 

§ 20. (1) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.

 

Die hier relevanten Punkte der Mautordnung für die Autobahnen und Schnell­straßen Österreichs in ihrer Fassung Nr 41 lauteten:

 

5.3 Zehntagesvignette

Die Zehntagesvignette berechtigt zur Straßenbenützung an zehn aufeinander folgenden Kalendertagen, wobei der beliebig zu wählende Ausstellungstag als erster Kalendertag zu zählen ist (siehe Anhang 1).

Eine Zehntagesvignette aus dem laufenden Kalenderjahr kann bis spätestens 30. November erworben werden. Eine Verwendung dieser Zehntagesvignette ist – wegen des zehntägigen Gültigkeitszeitraumes – bis 9. Dezember des laufenden Kalenderjahres zulässig. Ab dem 01. Dezember des laufenden Kalenderjahres kann dann nur mehr eine Zehntagesvignette des Folgejahres erworben werden.

 

7.1 Art und Ort der Anbringung

An jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug (unter Berücksichtigung des Punktes 7.2 Mautordnung Teil A I) ist vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige der jeweiligen Fahrzeugkategorie entsprechende Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Jede andere Art der Anbringung (zB durch [zusätzliche] Klebestreifen, andere Arten von Fixierungen oder ein Überkleben der Vignette mit einer zusätzlichen Schutzfolie) ist nicht gestattet, verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung und verwirklicht den Tatbestand der Mautprellerei (siehe Punkt 10). Zehntagesvignetten und Zweimonatsvignetten sind nur dann gültig, wenn sie durch ordnungsmäßige, vollständige Lochung des Kalendertages und –monats entwertet wurden.

Die Vignette für mehrspurige Fahrzeuge ist - nach vollständigem Ablösen von der Trägerfolie - unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen). Bei Nichtbeachtung der Anbringungsvorschriften (zB nicht vollständiges Ablösen von der Trägerfolie oder nicht vollständige Anbringung der Vignette) wird der Tatbestand der Mautprellerei (siehe Punkt 10) verwirklicht. Das Ankleben einer Vignette auf der Seitenscheibe ist nicht zulässig. Auf die Anbringungsempfehlung auf der Vignettenrückseite wird hingewiesen. Bei Motorrädern ist die Vignette sichtbar an einem nicht oder nur schwer zu entfernenden Bestandteil des Motorrades anzukleben.

Im Interesse der Verkehrssicherheit und um eine wirksame und benutzerfreundliche Kontrolle der Entrichtung der zeitabhängigen Maut zu gewährleisten, sollte tunlichst neben der jeweils gültigen Vignette höchstens eine zweite Vignette am Kraftfahrzeug angebracht sein.

Das Ablösen und Umkleben einer bereits geklebten gültigen Vignette, jede andere als in dieser Mautordnung zugelassene Mehrfachverwendung der Vignette oder eine chemische oder auch technische Manipulation des originären Vignettenklebers derart, dass bei Ablösen der Vignette deren Selbstzerstörungseffekt verhindert wird, ist unzulässig und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.

 

III.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.2.1. Aus den o.a. Bestimmungen des BStMG und der Mautordnung ergibt sich, wie die Maut „ordnungsgemäß“ zu erbringen ist. Dies hat vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes durch Anbringen einer gültigen, der jeweiligen Fahrzeugkategorie entsprechenden Vignette zu geschehen (Punkt 7.1. der Mautordnung iVm § 11 Abs 1 und 5 BStMG).

 

Weder der Besitz, noch das Mitführen einer möglicherweise korrekt gelochten Vignette führt demgemäß zur „Ordnungsgemäßheit“ der Entrichtung der Maut.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes steht fest, dass der Bf das mautpflichtige Straßennetz befahren hat, ohne zuvor eine Vignette, den Bestimmungen des Bundesstraßenmautgesetzes und der Mautordnung idgF entsprechend, an der Windschutzscheibe seines Fahrzeuges anzubringen.

Der Bf hat diesen Sachverhalt auch in keiner Weise bestritten, sondern hat stereotyp und ohne auf den Hinweis in der Stellungnahme der ASFINAG einzugehen, dass der alleinige Erwerb und Besitz der Vignette nicht zur korrekten Entrichtung der Maut führt (dem Bf mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme vom 5. August 2015 übermittelt), die Behauptung aufgestellt, er habe eine gültige Mautvignette besessen.

Selbst, wenn diese Behauptung als wahr unterstellt wird, ist daraus für den Bf nichts gewonnen, da der Bf mit einem solchen Vorbringen keinen Sachverhalt dartut, der ihn entlasten könnte. Darüberhinausgehendes Sachverhalts-vorbringen hat der Bf nicht erstattet und hat er damit auf Sachverhaltsebene weder ein geeignetes Vorbringen erstattet, noch hat der Bf Beweise angeboten, die seiner Entlastung dienlich wären. Durch ein bloßes, durch keine konkreten Behauptungen untermauertes Leugnen, kommt der Bf seiner ihm im Verwaltungsstrafverfahren obliegenden Mitwirkungspflicht jedoch nicht nach (vgl. VwGH v. 29. September 2000, 99/02/0132, 0159). Angesichts der Eindeutigkeit der vorliegenden Beweismittel (Lichtbilder) waren weder die belangte Behörde, noch das Verwaltungsgericht waren insofern verbunden, weiter Ermittlungen anzustellen.    

Zumal der Bf also das mautpflichtige Bundesstraßennetz benutzt hat, ohne eine Vignette (ordnungsgemäß) an der Windschutzscheibe des von ihm gelenkten Fahrzeuges anzubringen, hat er den objektiven Tatbestand erfüllt.

 

III.2.2. Verschulden

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

§ 5 Abs. 1 S 2 VStG ordnet der Sache nach an, dass bei fahrlässigen Ungehor­samsdelikten der Verstoß gegen den entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Rechtsbefehl grundsätzlich Fahrlässigkeit indiziert; der Täter muss diesfalls glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vor­­schrift „kein Verschulden trifft“ (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 5).

 

Beim Delikt nach § 20 Abs. 1 BStMG handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG.

 

Zur Entkräftung der gesetzlichen Vermutung seines fahrlässigen Handelns hätte der Bf im Sinne der stRsp des Verwaltungsgerichtshofs initiativ alles darzulegen gehabt, was für seine Entlastung spricht. Mit dem Vorbringen, er sei zum fraglichen Zeitpunkt im Besitz einer gültigen Mautvignette gewesen, ist es dem Bf nicht gelungen, iSd § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vorschrift kein Verschulden trifft, da der Besitz der Vignette schon an sich keine ordnungsgemäße Entrichtung der Maut nach sich zieht und der Bf damit lediglich auf Sachverhaltsebene bestritten hat.

 

Der Bf hätte vielmehr die Vignette entsprechend den Vorgaben des BStMG und der Mautordnung an der Windschutzscheibe seines Fahrzeuges anzubringen gehabt.

Da der Bf dies verabsäumt hat und sich vor Befahren einer Mautstrecke ganz offensichtlich nicht über seine Pflichten informiert bzw. diese wahrgenommen hat und auch die Nachzahlung der Maut unterblieben ist, ist Fahr­lässigkeit indiziert.

 

Einen relevanten Rechtsirrtum iSd § 5 Abs. 2 VStG hat der Bf nicht geltend gemacht.

 

Da keine Entschuldigungsgründe vorliegen, ist dem Bf die Tat auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

III.2.3. Zur Strafbemessung

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Ver­mögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. u.a. VwSlg 8134 A/1971). § 19 Abs. 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organmandat, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46 VStG) erfolgt.

Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit Genannten, wie insbes. Verschulden und Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie all­fällige Sorgepflichten, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw. Milderungs­gründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Straf­drohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs. 3 leg. cit. ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen u.a. im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels bzw. bisheriger Unbescholtenheit, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreif­lichen heftigen Gemütsbewegung, oder wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl. § 34 StGB).

 

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde die gesetzliche Mindeststrafe verhängt. Zumal der Bf das vom Gesetz typisierte Fehlverhalten gesetzt hat, also ohne ordnungsgemäße Entrichtung der Maut, das mautpflichtige Bundesstraßennetz befahren hat und die belangte Behörde ohnehin nur die gesetzliche Mindeststrafe verhängt hat, vermag das Gericht keine Mängel bei der Strafzumessung erkennen. Die Strafe ist auch angesichts der Unbescholtenheit des Bf tat- und schuldangemessen. 

 

Eine Unterschreitung der Mindeststrafe unter Anwendung des § 20 VStG kommt nicht in Betracht, da, schon ob des Fehlens geeigneten Vorbringens, kein beträchtliches Überwiegen von Milderungsgründen ersichtlich ist.

 

Die Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG (Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens/Erteilung einer Ermahnung) setzt voraus, dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Diese Voraussetzungen haben kumulativ vorzuliegen. Da jedoch das Verschulden des Bf nicht als gering anzusehen ist, war eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ausgeschlossen. Er hat auch diesbezüglich keinerlei Vorbringen erstattet.

 

III.3. Nur am Rande sei die belangte Behörde auf Art. 10 Abs. 3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen (BGBl. Nr. 526/1990) hingewiesen, der im Hinblick auf eine (Ersatz)freiheitsstrafe ein gesetzliches Zustellhindernis normiert, sodass der Ausspruch einer solchen, bei Zustellung nach Deutschland, nicht in Geltung treten kann (vgl. VwGH v. 15. Dezember 2011, 2008/03/0098).

Der Spruchabschnitt über die Ersatzfreiheitsstrafe kann daher nicht als zugestellt und damit nicht als erlassen gelten. Eine Abänderung durch das Verwaltungsgericht ist daher nicht erforderlich (vgl. VwGH v. 15. Dezember 2011, 2008/03/0098). 

  

 

IV. Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung strafbar. Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

Bei diesem Ergebnis war dem Bf gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht in der Höhe von 60 Euro (das sind 20 % der Strafe) vorzuschreiben.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

P o h l