LVwG-350235/12/Py/TO

Linz, 18.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn Dr. D.L., x, L., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 24. März 2016, GZ: SJF, betreffend Einstellung und Rückerstattung der gewährten Hilfe zur Sicherung des Wohnbedarfs und Lebensunterhalts (bedarfsorientierte Mindestsicherung) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27. Juli 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

 

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 24. März 2016, GZ: SJF, wurde die mit Bescheid des Bürgermeisters der Landes­hauptstadt Linz vom 12. Oktober 2015 befristet bis 31. März 2016 zuerkannte Leistung von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs nach dem Oö. BMSG eingestellt und die Rückerstattung verfügt. Der Spruch lautet wie folgt:

 

„1. Die mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12.10.2015 zuerkannte Leistung wird mit 29.02.2016 eingestellt.

 

2. Sie haben die aufgrund der Bescheide des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11.02.2014 (abgeändert am 16.06.2014), vom 10.12.2014, vom 03.04.2015 und vom 12.10.2015, zuerkannte Leistung für den Zeitraum von 01.03.2014 bis 29.02.2016 in Höhe von € 8.112,76 binnen 4 Wochen rückzuer­statten.

 

Rechtsgrundlagen

Zu 1. §§ 27, 34 Oö. BMSG iVm. § 5 Z. 1

Zu 2. §§ 27, 35 Oö. BMSG iVm. § 5 Z. 1, § 8, § 9“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde aufgrund des festgestellten Sach­verhaltes und unter Wiedergabe der Rechtsgrundlagen aus, dass aufgrund des hohen Einkommens bedingt durch die hohen pflegegeldbezogenen Geld­leistungen keine soziale Notlage mehr vorliege und daher die Leistung mit Bescheid einzustellen sei.

 

Der Bf habe die Änderungen der für die Hilfeleistung maßgeblichen Einkommens­verhältnisse der Behörde trotz gesetzlicher Verpflichtung nicht angezeigt. Es wurde ab der ersten Antragstellung das Pflegegeld der Mutter als Einkommen des Bf berücksichtigt und im Bescheid als eigene Mittel, die dem Bf angerechnet werden, angeführt. Somit sei dem Bf durchaus bewusst gewesen, dass das Pflegegeld herangezogen werde. Alle Kosten, die für die Deckung des Pflege­bedarfs der Mutter verwendet und vom Bf nachgewiesen wurden, bei der Berechnung des Einkommens des Bf abgezogen wurden, stelle der Restbetrag nach Abzug der pflegebezogenen Geldleistungen ein Einkommen für den Bf als pflegenden Angehörigen dar und der Bf hätte die Pflicht gehabt, Änderungen in der Höhe der Pflegestufe der Behörde bekanntzugeben.

 

 

2. Dagegen brachte der Bf rechtzeitig Beschwerde ein, mit der die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurde und begründend vorgebracht wurde (wortwörtliche Wiedergabe):

„Ich bezog von 2.12.2013 bis 29.2.2016 die bedarfsorientierte Mindestsicherung. Meine Mutter bezog Pflegegeld der Stufe 3, das mir als pflegender Angehöriger als Einkommen angerechnet wurde. Ab Februar 2014 bezog meine Mutter Pflegegeld der Stufe 4 und ab Juli 2015 Pflegegeld der Stufe 6. Trotz Vorlage von pflegebedingten Aufwendungen wurde mir wegen zu Unrecht bezogener bedarfsorientierter Mindestsicherung eine Rückerstattung von € 8112,76 vorgeschrieben.

 

Ich war immer bereit zum Einsatz der Arbeitskraft und habe bei allen mir vom Magistrat Linz befohlenen Arbeitsunterstützungsmaßnahmen bei AMS, FAB und IAB regelmäßig und lückenlos teilgenommen. Unterlagen für die von mir vorgenommene Arbeitssuche können jederzeit vorgelegt werden. Um die Arbeitssuche weiter zu intensivieren bzw. zu beschleunigen, habe ich außerdem zusätzlich etliche Berufsmessen, Vorträge und ähnliche Veranstaltungen besucht und bin zudem Mitglied bei mehreren professionellen, beitragspflichtigen Interessenvertretungen geworden. Aufgrund der prekären Arbeitsmarktsituation im oberösterreichischen Zentralraum war ich gezwungen, meine Arbeitssuche in der Folge auf Gesamtösterreich sowie auch auf benachbarte Länder auszudehnen. Aufgrund der sehr weiten Distanzen und der extrem hohen Zugfahrscheineinzelpreise für diese regelmäßigen Arbeitssuchreisen, die von keiner Firma ersetzt werden und somit selbst zu zahlen sind, war ich gezwungen, mir außerdem seit 2014 eine ÖBB-Österreich-Card (Preis pro Monat: € 139,92) anzuschaffen. Außerdem sind im Zuge der Arbeitssuche substanzielle Kosten für Kopien, Porto, Druckertinte und Papier entstanden. Die Pflegekosten beinhalten unter anderem die Finanzierung etlicher Kurzzeitpflegeaufenthalte (€ 6294,24 im Jahr 2015, € 743,12 im Jahr 2014), Mobile Dienste (€ 881,3 im Jahr 2015, € 1804,49 im Jahr 2014), Kosten für ein behindertengerechtes Fahrzeug (€ 5700.-), Fahrzeugbetriebskosten (€ 258,4), Rufhilfekosten (€ 218,04 pro Jahr), etc. Diesbezügliche Unterlagen können jederzeit vorgelegt werden.

 

Beschwerde:

Ich bin in meinem subjektiven Recht auf Zuerkennung der Mindestsicherung verletzt.

 

Beschwerdegründe:

In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

Die belangte Behörde verkennt meinen Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung nach den Bestimmungen des OÖBMSG.

 

Wie ich bereits bei der Behörde mehrmals bekanntgegeben habe, leben meine Mutter und ich in getrennten Haushalten! Ich erbringe zwar Pflegeleistungen für meine Mutter, aber bin immer zu 100% bereit zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft, was ich auch der Behörde mehrmals mitgeteilt habe. Wie bereits oben im Sachverhalt angegeben, habe ich an ständigen Besprechungen bzw. Kursen des AMS, der FAB sowie des IAB immer teilgenommen. Eine Anrechnung des Pflegegeldes als Einkommen meiner Mutter ist schon alleine deshalb unzulässig, da meine Mutter und ich in getrennten Haushalten wohnen und ich meine Mutter zwar in der Pflege unterstütze, jedoch nur teilweise Pflegeleistungen erbringe (mobile Dienste, Hilfe durch Freunde und Bekannte, regelmäßige Kurzzeitpflegeaufenthalte, Kuraufenthalte).

 

Aufgrund der mir vorliegenden Entscheidungspraxis (siehe Entscheidung des LVWG vom 19.3.2015, Entscheidung des UVS vom 9.1.2013) bzw. ständiger Rechtssprechung ist für eine Anrechnung des Pflegegeldes Voraussetzung, daß ein gemeinsamer Haushalt besteht. Der Ordnung halber verweise ich noch auf die gesamten von meiner Mutter zu tragenden Pflegekosten (Arzneimittel, Arztkosten, Fahrtkosten, Badewannenbrett, WC-Sitzerhöhung, Taschengeld, Autoanschaffungskosten, Autobetriebskosten, Rollstuhlausstattung, Ton­überwachungssysteme, bewegungsgesteuerte Hilfslichtanlagen, Nassreinigungs­tücher, Windeln, Badewannenlift, wasserdichte Spezialleintücher zum Matratzen­schutz, Essensschürzen, Strohhalme, erhöhte Waschmaschinennutzung und erhöhter Bodenreinigungsmittelbedarf, erhöhter Bedarf an professioneller Pediküre und Maniküre, Spezialplastikgeschirr, Kurzzeitpflegeaufenthalte in Pflegeheimen, Kleidung und Kosmetikartikel für Heimaufenthalte), die durch das Pflegegeld abgedeckt werden bzw. das Pflegegeld zu 100% dadurch verbraucht wird.“

 

 

3. Mit Schreiben vom 3. Mai 2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Ober­österreich vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht  und durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27. Juli 2016, an der der Bf sowie Vertreterinnen der belangten Behörde teilgenommen haben.

 

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bf, geb. x, ist österreichischer Staatsbürger, hat das Doktorat in Sozial- und Wirtschaftswissenschaft und lebte die letzten Jahre bis 2013 im asiatischen Raum, wo er als Professor für internationale Wirtschaft tätig war. Im Herbst 2013 kam er aufgrund der Verschlechterung des Gesundheitszustandes seiner Mutter nach Österreich zurück. Seither pflegt und betreut er seine Mutter. Der Bf bewohnt im Haus seiner Mutter in L., x, eine abgetrennte Wohnung im 1. Stock und führt einen eigenen Haushalt, die Mutter wohnt im Erdgeschoß.

 

Am 18. Oktober 2013 meldete sich der Bf als arbeitssuchend beim AMS. Aufgrund der bislang erfolglosen Arbeitsplatzsuche und mangels Vorliegen eines Anspruches auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe aufgrund der zuletzt im Ausland gelegenen Berufstätigkeit des Bf wurde ihm von der belangten Behörde erstmals ab 2. Dezember 2013 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe des Mindeststandards für Alleinstehende gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSV, reduziert aufgrund des fehlenden Wohnungsaufwandes um 146,4 Euro monatlich, zuerkannt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass als eigene Mittel das Pflegegeld seiner Mutter (abzüglich pflegebezogener Ausgaben) sowie sein zum damaligen Zeitpunkt bezogenes Einkommen aus einer Anstellung bei der Fachhochschulen Oö. Studienbetriebsgesellschaft einzusetzen sind.

Zudem wurde der Bf darüber informiert, dass er verpflichtet ist, der Behörde jegliche Änderung hinsichtlich Einkommen und Wohnsituation unverzüglich bekanntzugeben.

 

Die Mutter des Bf bezieht ein Pensionseinkommen in Höhe von 1.128,71 Euro, 14-mal jährlich (Stand: 2014). Zum Zeitpunkt der Antragstellung des Bf bezog sie bereits Pflegegeld der Stufe 3, das dem sie allein pflegenden Bf - abzüglich der vom Bf der Behörde vorgelegten pflegebedingten Aufwendungen – als eigenes Einkommen bei der Auszahlung des Pflegegeldes laufend angerechnet wurde.

 

Im November 2015 erlangte die Behörde Kenntnis darüber, dass das der Mutter zuerkannte Pflegegeld inzwischen erhöht wurde. Von Februar 2014 bis Juni 2015 erhielt sie Pflegegeld der Stufe 4 in Höhe von 664,30 Euro monatlich, seit Juli 2015 Pflegegeld der Pflegestufe 6 in Höhe von 1.260 Euro monatlich (ab 1. Jänner 2016 in Höhe von 1.285,20 Euro monatlich). Dadurch erhöht sich das bislang nicht angerechnete Einkommen des Bf aus Pflegeleistungen um insgesamt 8.112,75 Euro.

 

Ein Vergleich über die Rückerstattung dieses Betrages gemäß § 35 Abs. 3 Oö. BMSG kam nicht zustande.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Vorbringen des Bf in der mündlichen Verhandlung und ist in dieser Form unbestritten. Insbesondere bestätigte der Bf, dass er – abgesehen von Kurzzeitpflege­aufenthalten etc., die seitens der Behörde bei der Anrechnung des Pflegegeldes bereits in Abzug gebracht wurden - ausschließlich selbst die erforderlichen Pflegeleistungen für seine Mutter erbringt.

 

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

 

5.1. Gemäß § 5 leg. cit. ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinne des § 4

1. von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und

2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor,

1. die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder

2. den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Ange-hörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben,

nicht decken oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

 

Nach § 7 Abs. 1 leg. cit.  setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung die Bereitschaft der hilfsbedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtlos wäre.

Abs. 2 besagt: Als Beitrag der hilfsbedürftigen Person im Sinne des Abs. 1 gelten insbesondere

1. der Einsatz der eigenen Mittel nach Maßgabe der §§ 8 bis 10;

2. der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 11;

3. die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, bei deren Erfüllung die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre sowie

4. die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragener Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. hat die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung unter Berücksichtigung

1. des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person sowie

2. tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter

zu erfolgen.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 OÖ. BMSG dürfen beim Einsatz der eigenen Mittel das Pflegegeld nach bundes- und landesrechtlichen Vorschriften oder andere pflegebezogene Geldleistungen, die zur Deckung von Aufwendungen für den eigenen Pflegebedarf zuerkannt werden, nicht als Einkünfte berücksichtigt werden.

 

Gemäß § 35 Abs. 1 Oö. BMSG haben Hilfeempfänger (deren gesetzliche Vertreter) jede ihnen bekannte Änderung der für die Hilfeleistung maßgeblichen Umstände, insbesondere Änderungen der Vermögens-, Einkommens-, Familien- oder Wohn­verhältnisse, Aufenthalte in Kranken- oder Kuranstalten sowie maßgebliche Umstände im Sinn des § 16, unverzüglich nach deren Eintritt oder Bekanntwerden, längstens aber binnen zwei Wochen bei jener Bezirks­verwaltungsbehörde anzuzeigen, in deren Zuständigkeitsbereich sie ihren Haupt­wohnsitz, in Ermangelung eines solchen ihren Aufenthalt, haben. Gemäß Abs. 2 ist der Hilfebedürftige oder deren gesetzliche Vertreter zur Rückerstattung der Leistungen aus bedarfsorientierter Mindestsicherung verpflichtet, wenn er wegen Verletzung der Anzeigepflicht (Z 2) bzw. wegen bewusst unwahrer Angaben oder bewusster Verschweigung wesentlicher Tatsachen (Z 3) zu dieser Leistung gekommen ist.

Gemäß Abs. 3 leg. cit kann der Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung über die Rückerstattung einen Vergleichsversuch vornehmen. Dem Vergleich kommt, wenn er von der Behörde beurkundet wird, die Wirkung eines gerichtlichen Vergleichs gemäß § 1 Z 15 Exekutionsordnung zu.

 

 

5.2. Der Bf bringt in seiner Beschwerdeschrift vor, dass sich in seinem Fall ein Rechtsanspruch auf Zuerkennung der Mindestsicherung ergebe, da er und seine Mutter in getrennten Haushalten leben würden und für die Anrechnung des Pflegegeldes als Einkommen ein gemeinsamer Haushalt Voraussetzung sei.  Er unterstütze zwar seine Mutter in der Pflege, erbringe aber nur teilweise Pflege­leistungen. Die gesamten von seiner Mutter zu tragenden Pflegekosten – Arzneimittel, Arztkosten, Fahrtkosten, Badewannenbrett, WC-Sitzerhöhung, Taschengeld, Autoanschaffungskosten, Autobetriebskosten, Rollstuhlausstattung, Tonüberwachungssysteme, bewegungsgesteuerte Lichtanlagen, Nassreinigungs-tücher, Windeln, Badewannenlift, wasserdichte Spezialleintücher zum Matratzenschutz, Essensschürzen, Strohhalme, erhöhte Waschmaschinennutzung und erhöhter Bodenreinigungsmittelbedarf, erhöhter Bedarf an professioneller Pediküre und Maniküre, Spezialplastikgeschirr, Kurzzeitpflegeaufenthalte in Pflegeheimen, Kleidung und Kosmetikartikel für Heimaufenthalte – seien durch das Pflegegeld abgedeckt und werde dadurch verbraucht.

 

In der mündlichen Verhandlung bestätigte der Bf, dass die erforderlichen Pflege­leistungen betreffend seine Mutter ausschließlich von ihm erbracht werden und darüber hinaus von Dritten – ausgenommen die von der belangten Behörde ohnehin berücksichtigten Ausgaben – keine Betreuungsaufwendungen gegen Entgelt erbracht werden.

 

Gemäß § 1 Bundespflegegeldgesetz, BGBl. Nr. 110/1993 idF BGBl. I Nr. 58/2011 hat das Pflegegeld den Zweck, in Form eines Beitrages pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten, um pflegebedürftigen Personen soweit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern sowie die Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen. Demensprechend werden in der Einstufungsverordnung zum Bundes­pflegegeldgesetz, BGBl. II Nr. 37/1999 idgF entsprechende zeitliche Richtwerte für den Betreuungsaufwand festgelegt. Die pauschalierte Abgeltung in Höhe der Pflegestufe 6 etwa berücksichtigt, dass bei Tag und Nacht zeitlich nicht planbare Betreuungsmaßnahmen oder die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson wegen Eigen- oder Fremdgefährdung erforderlich sind.

 

Beim Pflegegeld bzw. bei anderen pflegebezogenen Geldleistungen handelt es sich daher nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes um Leistungen, die zweckgebunden zur (teilweisen) Abdeckung eines Pflegebedarfs des Empfängers dienen und daher regelmäßig nicht für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen, während es sich beim Anspruch des pflegenden Angehörigen auf Abführung der pflegebezogenen Geldleistung als Entschädigung für erbrachte Betreuungsleistungen (vgl. VwGH vom 30.05.2001, 95/08/0189) um ein Einkommen handelt, das uneingeschränkt für den Lebensunterhalt zur Verfügung steht (VwGH 30.09.2015, Ra2015/10/0090). Das Pflegegeld ist daher – soweit es nicht für den Zukauf von Pflegeleistungen Dritter verwendet wird – dem die Pflege erbringenden Angehörigen als Einkommen anzurechnen, weil dieser gerade jene Pflegeleistungen erbringt, zu deren Abdeckung (zweckgebunden) das Pflegegeld dient (VwGH 30.09.2015, Ra2015/10/0090). Der Umstand, dass der Bf nicht in Haushaltsgemeinschaft mit seiner Mutter wohnt, ändert - entgegen dem Beschwerdevorbringen des Bf - im gegenständlichen Verfahren nichts an der rechtlichen Beurteilung der pflegebezogenen Geldleistungen als (finanzielle) Entschädigung für seine erbrachten Betreuungsleistungen.

 

Ergänzend dazu wird auch auf die Materialien zum Oö. BMSG hingewiesen:

In der Beilage 434/2011 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtages, XXVII. GP, wird zur Bestimmung des § 9 Abs. 1  über die Ausnahme vom Einsatz des eigenen Einkommens bei der Zuerkennung von bedarfsorientierter Mindest­sicherung wie folgt ausgeführt:

Abs. 1, der den Art. 13 Abs. 3 der Art. 15a B-VG-Vereinbarung umsetzt, bringt inhaltlich keine wesentlichen Änderungen zur gegenwärtigen Situation. Entsprechende Bestimmungen fanden sich bereits bisher im § 2 Abs. 5 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 bzw. im § 5 Abs. 1 Z. 7 bis 9 Oö. Sozialhilfeverordnung 1998. Im Zusammenhang mit den pflegebezogenen Geldleistungen wird klargestellt, dass dabei nur solche ausgenommen sind, die für die Deckung des eigenen Pflegebedarfs zuerkannt wurden. Demgegenüber können diese Geld­leistungen bei einem pflegenden Angehörigen sehr wohl einzusetzende eigene Mittel darstellen.“

 

Hinsichtlich der vom Bf in seiner Beschwerde angeführten Ausgaben, die seiner Meinung nach für die Pflege der Mutter aufgewendet und daher in Abzug zu bringen sind wie etwa Arzneimittel, Autobetriebs- und Anschaffungskosten, Reinigungsmittel, Spezialgeschirr, Kosmetikbedarf oder Kleidung darf ebenfalls auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden, wonach es sich etwa bei erhöhten Kosten für diabetikergeeignete Ernährung sowie für Waschmittel und dergleichen nicht um pflegebedingte Aufwendungen handelt (VwGH 24.07.2013, 2012/10/0162; VwGH vom 13.12.2010, 2008/10/0309; VwGH vom 24.2.2011, 2008/10/0334). Dass die tatsächlichen Pflege­aufwendungen, etwa für einen Kurzzeitpflegeplatz der Mutter während der Arbeitssuche des Bf, von der belangten Behörde vom anzurechnenden Einkommen in Abzug gebracht wurden, wird vom Bf jedoch nicht bestritten. 

 

Die Anrechnung des der Mutter des Bf zuerkannten Pflegegeldes als Einkommen des sie pflegenden Bf kann daher, unabhängig vom Vorliegen oder – wie im gegenständlichen Fall – Nichtvorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, als nicht rechtswidrig erkannt werden. Vielmehr steht dem Bf, unabhängig von seiner Wohn- bzw. Haushaltsituation, das Pflegegeld seiner Mutter als Abgeltung für deren Betreuung und Pflege und somit als anrechenbares Einkommen gemäß § 8 Abs. 1 Oö. BMSG zur Verfügung. Im Hinblick auf die Höhe des Pflegegeldes für die zu betreuende Mutter, das sich seit der erstmaligen Antragstellung des Bf auf Zuerkennung bedarfsorientierter Mindestsicherung im November 2013 mehrmals ohne Bekanntgabe des Bf gegenüber der Behörde erhöht hat, verfügt der Bf über ein Einkommen, das über der Höhe des Mindeststandards für Alleinstehende nach dem Oö. BMSG liegt, weshalb sowohl der Ausspruch über die Einstellung der Mindestsicherung als auch hinsichtlich der Rückerstattungspflicht der zu Unrecht bezogenen Leistungen zu Recht erfolgte.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

6. Ergänzend wird auf die Bestimmung des § 35 Abs. 5 Oö. BMSG hingewiesen, wonach der Bf die Rückerstattung in angemessenen Teilbeträgen beantragen kann, wenn ihm dies auf andere Weise nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Andrea Panny