LVwG-151011/3/VG LVwG-151012/3/VG

Linz, 03.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Verena Gubesch über die Beschwerden der W H, wohnhaft in S. P., gegen 1. den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde M vom 18. April 2016, GZ. 131/9-01/2015-2 - betr. Zl. 031/2-810/3 u. 811/3-21/2014 (betreffend Wasser und Kanal) sowie 2. den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde M vom 18. April 2016, GZ. 131/9-01/2015-2 - betr. Zl. 031/2-612-21/2014 (betreffend öffentliche Verkehrsfläche), beide betreffend Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag gemäß § 27 Oö. Raumordnungsgesetz 1994,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 279 Abs. 1 BAO werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

1. Die Beschwerdeführerin ist Alleineigentümerin des Grundstückes Nr. x, KG M. Das Grundstück ist nach dem derzeit geltenden Flächenwidmungsplan als Bauland gewidmet und vom örtlichen Entwicklungskonzept Nr. x umfasst. Das genannte Grundstück ist unbebaut und durch die gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage, die gemeindeeigene Kanalisationsanlage sowie eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde erschlossen.

 

2. Mit Bescheiden des Bürgermeisters der Marktgemeinde M (in der Folge: Bürgermeister), jeweils vom 4. Dezember 2014, wurde der Beschwerdeführerin die Leistung der Aufschließungsbeiträge für die gemeindeeigene Wasser- bzw. Kanalisationsanlage sowie für die öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde vorgeschrieben.

 

3. Mit Bescheiden des Bürgermeisters, jeweils vom 20. April 2015, wurde die von der Beschwerdeführerin beantragte Ausnahme von der Verpflichtung zur Leistung der Aufschließungsbeiträge versagt.

 

4. Die dagegen erhobenen Berufungen der Beschwerdeführerin wurden mit zwei Bescheiden des Gemeinderates der Marktgemeinde M (in der Folge: belangte Behörde), jeweils vom 18. April 2016, abgewiesen. Dies begründete die belangte Behörde in beiden Bescheiden zusammengefasst damit, dass die Voraussetzung des § 27 Abs. 1 Z 2 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (Oö. ROG 1994) nicht erfüllt sei. So stünden der beantragten Ausnahme die im örtlichen Entwicklungskonzept der Marktgemeinde M zum Ausdruck kommenden öffentlichen Interessen einer geordneten Siedlungsentwicklung entgegen. Die belangte Behörde stütze ihre Entscheidung unter anderem auf die eingeholte Stellungnahme des Ortsplaners vom 12. November 2015. Diese Stellungnahme bringe klar zum Ausdruck, dass die Erteilung einer Ausnahme von Aufschließungsbeiträgen für die Parzelle der Beschwerdeführerin (und die weiteren drei Grundstücke der Familie H.) der erfolgten Baulandmobilisierung (Umwidmung von Grünland in Bauland), sowie der gleichzeitig durchgeführten Herstellung der Infrastruktur Wasser, Kanal und Verkehrsfläche in den letzten drei Jahren, und letztlich unzweideutig der Zielsetzung einer geordneten Siedlungsentwicklung widerspreche. Der Siedlungsbereich des Grundstückes der Beschwerdeführerin (Ö, W, R) befinde sich zentral im Gemeindegebiet von M. Durch Hochwasserschutzmaßnahmen in den letzten Jahren sei die Bebaubarkeit der Grundstücke sichergestellt worden. Die Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes und des örtlichen Entwicklungskonzeptes habe in den Jahren 2012 - 2013 stattgefunden. Ein wichtiges Ziel bei der Überarbeitung des Entwicklungskonzeptes sei es gewesen, im Gemeindegebiet größere zusammenhängende Grundstücksflächen für die Bebauung mit Einfamilienhäusern für (Jung-)Familien zur Verfügung zu stellen. Dies stelle einen Beitrag zur Erhöhung der Bevölkerungsanzahl dar. Ein wichtiges Raumordnungsziel, das für den Erhalt der Prosperität der Gemeinde von zentraler Bedeutung sei. Alle Aufschließungsmaßnahmen – Errichtung der Straßen, Herstellung der Ortswasserleitung und des Ortskanals, Straßenbeleuchtung und sonstige Einbauten – für diesen neu gewidmeten Siedlungsbereich rund um das Grundstück der Beschwerdeführerin (Ö, W, R) seien in den Jahren 2013 und 2014 durch die Marktgemeinde ohne der möglichen Forderung eines Infrastrukturbeitrages an die Liegenschaftseigentümer durchgeführt worden. Insgesamt seien dadurch 32 neue Grundstücke mit einer bebaubaren Fläche von ca. 40.000 m² aufgeschlossen worden. Des Weiteren komme aus dem örtlichen Entwicklungskonzept der Gemeinde deutlich zum Ausdruck, dass eine geordnete Siedlungsentwicklung und der Siedlungsausbau im Bereich der Ö, W und R ein wichtiges Raumplanungsziel der Marktgemeinde darstelle. Die Ausnahme stehe den Interessen einer geordneten Siedlungsentwicklung, insbesondere solchen, die im örtlichen Entwicklungskonzept der Gemeinde zum Ausdruck kommen, entgegen. Es liege im öffentlichen Interesse, dass sämtliche im Bauland gelegenen Grundstücke, welche einzeln bebaubar seien, einer Bebauung zugeführt würden. Das Grundstück der Beschwerdeführerin sei gemeinsam mit anderen Grundstücken in diesem Siedlungsbereich vor drei Jahren im Rahmen der allgemeinen Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes von Grünland in Bauland umgewidmet worden. Die Umwidmung von Grünland in Bauland für die Familie H. erfolgte für eine Gesamtfläche von fast 8.000 . In weiterer Folge sei im Jahr 2013 nach erfolgter Parzellierung die notwendige Infrastruktur (Wasser- und Kanalanschluss, Straßenerschließung) durch die Marktgemeinde für insgesamt sieben Grundstücke der Familie H. ebenfalls kostenfrei hergestellt worden. Dabei habe die Marktgemeinde M nicht wie bei vielen anderen Gemeinden in Oberösterreich bereits üblich, die Möglichkeit in Anspruch genommen, der Beschwerdeführerin im Zuge des Umwidmungsverfahrens Vorgaben über die rasche Bebauung mittels Baulandsicherungsverträge oder die Kosten für die Herstellung der Infrastruktur in Form von sog. Infrastrukturkostenbeiträgen vorzuschreiben. Der Beschwerdeführerin seien weder für die Umwidmung noch für die Infrastrukturherstellung Kosten entstanden. Lediglich die Weiterverrechnung der Kosten für die Herstellung der Wasseranschlussleitung lt. gültiger Wasserleitungsordnung sei an die Beschwerdeführerin im vorigen Jahr erforderlich gewesen. Die gesamten Kosten von ca. € 700.000,00 für die Infrastrukturherstellung habe die Marktgemeinde M übernommen. Diese Kostenübernahme durch die Marktgemeinde sei damit begründet worden, dass die Gemeinde dadurch das im örtlichen Entwicklungskonzept – im Zusammenhang mit einer geordneten Siedlungsentwicklung – festgelegte Ziel, eine aktive Boden- und Siedlungspolitik zu betreiben und der fehlenden Verfügbarkeit von gewidmeten und infrastrukturell voll erschlossenen Baulandgrundstücken mit dieser Neuerschließung des gesamten Siedlungsgebietes massiv entgegen zu wirken, habe umsetzen können. Dabei sollten Baulandgrundstücke, die über infrastrukturelle Einrichtungen verfügten, mobilisiert werden, d.h. der widmungsgemäßen Verwertung zugeführt werden. Dass diese Mobilisierung notwendig gewesen sei, sehe man auch daran, dass die Marktgemeinde bis Ende des Jahres 2014 alle 19 gemeindeeigenen Grundstücke innerhalb eines Jahres verkauft habe und bereits im gesamten Siedlungsbereich zwölf Baubewilligungen für Wohnhäuser habe erteilen können. Die Nachfrage an Baugrundstücken halte an und sei immer noch sehr groß. Die Erteilung einer Ausnahme von Aufschließungsbeiträgen für die Parzelle der Beschwerdeführerin widerspreche dieser erfolgten Baulandmobilisierung und somit der Zielsetzung einer geordneten Siedlungsentwicklung.

 

Zum Berufungsvorbringen, dass im Vorschreibungsbescheid auf die Möglichkeit hingewiesen worden sei, eine Ausnahme zu beantragen, hielt die belangte Behörde fest, dass im Bescheid zur Vorschreibung der Aufschließungsbeiträge vom 4. Dezember 2014 auf die gesetzlich normierte Möglichkeit einer Ausnahmebeantragung hingewiesen worden sei. Ein Hinweis auf eine gesetzliche Möglichkeit könne jedoch nicht mit einer behördlichen Entscheidung gleichgesetzt werden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Marktgemeinde M keine inhaltliche Prüfung über die Ausnahme vornehmen können und mangels Antrag auch nicht vornehmen dürfen.

 

Weiters führte die belangte Behörde aus, dass die zitierte Stellungnahme des Ortsplaners vom 12. November 2015 der Beschwerdeführerin in Wahrung des Parteiengehörs mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zur Kenntnis gebracht worden sei. In der diesbezüglich ergangenen Stellungnahme vom 3. Jänner 2016 habe die Beschwerdeführerin keine entscheidungsrelevanten neuen Umstände dargelegt. Jedoch müsse dazu klar gestellt werden, dass generelle schriftliche Festlegungen bezüglich Ausnahmegenehmigungen bei örtlichen Entwicklungskonzepten und Flächenwidmungsplänen nicht möglich seien, da diese den gesetzlichen Vorgaben des Oö. Raumordnungsgesetzes widersprächen bzw. im Oö. ROG 1994 nicht vorgesehen seien. Daher seien diese auch vom Gemeinderat der Marktgemeinde M nicht festgelegt worden.

 

5. Gegen diese beiden Bescheide erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerden an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Soweit hier noch relevant bringt sie zusammengefasst vor, es sei unrichtig, dass im örtlichen Entwicklungskonzept keine schriftlichen Festlegungen getroffen werden können. Sehr merkwürdig sei, dass für ein Grundstück, welches als Baulücke zu bewerten sei und wofür von der Gemeinde eine Ausnahmebewilligung erteilt worden sei, ca. 50 m vom Grundstück der Beschwerdeführerin entfernt sei. Mit der Argumentation, dass sämtliche im Bauland gelegenen Grundstücke, welche einzeln bebaubar seien, im öffentlichen Interesse einer Bebauung zugeführt werden sollen, werde die Ausnahmebestimmung gemäß § 27 Oö. ROG 1994 ad absurdum geführt. Im Zuge einer Vorsprache beim Amtsleiter am 23. Oktober 2015 habe dieser das örtliche Entwicklungskonzept auch nach längerer Suche nicht finden können. Deshalb sei es sehr eigenartig, dass in der jetzigen Begründung bezüglich Ablehnung der Ausnahmebewilligung auf das örtliche Entwicklungskonzept verwiesen werde. Dass die im Bescheid angeführten Gesamtkosten von € 700.000,-- für die Herstellung der Infrastruktur komplett von der Gemeinde getragen worden seien, entspreche nicht der Wirklichkeit, weil die Einnahmen von den bereits geleisteten Beiträgen der Grundeigentümer sowie die gewährten Fördermittel dabei nicht in Abzug gebracht worden seien. Anzumerken sei weiters, dass der Hauptanteil der Infrastrukturkosten ohnehin auf die von der Marktgemeinde veräußerten Grundstücke angefallen sei. Laut Auskunft des Amtsleiters gebe es keine schriftlichen Festlegungen im örtlichen Entwicklungskonzept bezüglich des Ausschlusses von Ausnahmegenehmigungen gemäß § 27 Oö. ROG 1994 für das gegenständliche Gebiet. Den Umstand, dass durch die Nichtbebauung eines Grundstückes Interessen einer geordneten Siedlungsentwicklung verletzt werden würden, sehe die Beschwerdeführerin nicht. Die Ausnahmegenehmigung würde, wie bei vielen anderen Grundstücken in M, ohnehin nur für 10 Jahre gelten und nach dieser Zeit müssten die Aufschließungsbeiträge beglichen werden. Die Beschwerdeführerin weist weiters darauf hin, dass es sich bei der beantragten Ausnahmegenehmigung nicht um Spekulationsgrundstücke handle, sondern diese für ihre noch minderjährigen Kinder- bzw. Enkel zur Bebauung vorgesehen seien. Die Marktgemeinde habe keine Begründung abgegeben, welche Nachteile einer nicht geordneten Siedlungsentwicklung entstehen würden, wenn das Grundstück innerhalb der nächsten 10 Jahre nicht bebaut werden sollte. Außerdem sei für die dort Wohnenden ein größerer Erholungswert gegeben, wenn derzeit nicht sofort alles verbaut sei. Die Begleichung der Aufschließungsbeiträge sei auch keinesfalls ein Garant dafür, dass die Grundstücke bebaut werden würden. Für vier von 32 Parzellen sei eine Ausnahmebewilligung beantragt worden. Dass dieser Ausnahme die Interessen einer geordneten Siedlungsentwicklung entgegenstehen, könne die Beschwerdeführerin daher nicht nachvollziehen. Im Übrigen sei die Rechtsmittelbelehrung falsch.

 

6. Mit Vorlageschreiben vom 16. Juni 2016 legte die belangte Behörde die Beschwerden samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.


 

II.            Beweiswürdigung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben, durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie Einholung eines aktuellen Grundbuchsauszuges zum verfahrensgegenständlichen Grundstück der Beschwerdeführerin. Daraus ergibt sich der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang und entscheidungswesentliche Sachverhalt widerspruchsfrei. Da sohin der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war und lediglich Rechtsfragen zu beantworten waren, war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich.

 

 

III.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Gemäß § 27 Abs. 1 Oö. ROG 1994 hat die Gemeinde mit Bescheid einmalig eine Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag zu erteilen, wenn 1. dies der Grundstückseigentümer binnen vier Wochen nach Zustellung der Vorschreibung beantragt, 2. dem Interessen einer geordneten Siedlungsentwicklung, insbesondere solche, die im örtlichen Entwicklungskonzept zum Ausdruck kommen, nicht entgegenstehen und 3. das Grundstück keine Baulücke darstellt.

 

Die belangte Behörde hat die gegenständliche Versagung der beantragten Ausnahme von den Aufschließungsbeiträgen ausdrücklich auf § 27 Abs. 1 Z 2 Oö. ROG 1994 gestützt. Soweit sich das Vorbringen der Beschwerdeführerin sohin auf Umstände bezieht, die nicht den hier relevanten Versagungsgrund betreffen, war daher darauf nicht weiter einzugehen.

 

Vorweg wird bemerkt, dass das Landesverwaltungsgericht die von der Beschwerdeführerin offenbar vertretene Auffassung (siehe dazu ihre Stellungnahme im verwaltungsbehördlichen Verfahren vom 3. Jänner 2016), dass ihr die beantragte Ausnahme schon deshalb zu erteilen sei, weil im örtlichen Entwicklungskonzept keine schriftlichen Festlegungen bezüglich der Ausnahmegenehmigung enthalten seien, nicht teilt. Eine solche Forderung lässt sich aus dem Wortlaut der hier ausschließlich relevanten Bestimmung des § 27 Abs. 1 Z 2 Oö. ROG 1994 jedenfalls nicht ableiten.

 

Nach der Bestimmung des § 27 Abs. 1 Z 2 Oö. ROG 1994 ist die Frage, ob im hier zu beurteilenden Beschwerdefall der Erteilung der beantragten Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag Interessen einer geordneten Siedlungsentwicklung, insbesondere solche, die im örtlichen Entwicklungskonzept zum Ausdruck kommen, entgegenstehen oder nicht, entscheidungswesentlich.

 

Vor diesem Hintergrund hat die belangte Behörde – wie die oben wiedergegebene Bescheidbegründung zeigt – eine einzelfallbezogene Interessenabwägung unter Beiziehung des Ortsplaners, der auch auf die Plandarstellung des örtlichen Entwicklungskonzeptes Nr. x im Vergleich zur ursprünglichen Plandarstellung des örtlichen Entwicklungskonzeptes Nr. x Bezug genommen hat, vorgenommen. Sie hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die Gewährung der Ausnahme von Aufschließungsbeiträgen für die Parzelle der Beschwerdeführerin der im hier relevanten Bereich bereits erfolgten Baulandmobilisierung und somit der Zielsetzung einer geordneten Siedlungsentwicklung widerspricht. Im Jahr 2012 und 2013 wurden der Flächenwidmungsplan und das örtliche Entwicklungskonzept im Hinblick auf eine geordnete Siedlungsentwicklung überarbeitet. Dabei war es ein wichtiges Ziel der Gemeinde im Gemeindegebiet größere zusammenhängende Grundstücksflächen für die Bebauung mit Einfamilienhäusern für (Jung-)Familien zur Verfügung zu stellen. Im Ergebnis wurden 32 neue Grundstücke, darunter auch jenes der Beschwerdeführerin, von Grünland in Bauland umgewidmet und in der Folge durch die erforderliche Infrastruktur aufgeschlossen. Den Ausführungen des Ortsplaners ist die Beschwerdeführerin im Übrigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

 

Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, dass es sich beim gegenständlichen Grundstück um kein Spekulationsgrundstück handle, sondern dieses für ihre noch minderjährigen Kinder- bzw. Enkel zur Bebauung vorgesehen sei, so übersieht sie, dass es auf die derzeitig fehlende Bauabsicht der Beschwerdeführerin nicht ankommt. Ein solcher Umstand findet keinen Niederschlag in den allein maßgeblichen Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Oö. ROG 1994 und ist daher nicht zu berücksichtigen (vgl. dazu im Übrigen die von der Beschwerdeführerin selbst angeführte Entscheidung des VwGH 29.7.2015, 2013/17/0040).

 

Auch aus dem Vorbringen, dass für ein benachbartes Grundstück eine Ausnahmebewilligung erteilt worden sei, lässt sich für die Beschwerdeführerin nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein Recht ableiten (vgl. VwGH 27.5.2008, 2006/17/0148; 17.6.2009; 2006/17/0077, jeweils mwN).

 

Die Beschwerdeführerin lässt ferner unberücksichtigt, dass der Aufschließungsbeitrag nach dem Willen des Gesetzgebers das Ziel der Baulandmobilisierung verfolgt (vgl. AB 340/1993 BlgLT Oö. 24. GP 19f). Zudem konstatierte der Verfassungsgerichtshof bezüglich Aufschließungs- und Erhaltungsbeiträgen im Bauland etwa in seiner Entscheidung vom 26. Juni 2006, B 3261/05, bereits ausdrücklich:

„[...] während die Grundlage für die Entrichtung des Aufschließungsbeitrages (insoweit dem Interessentenbeitrag verwandt) die Errichtungskosten der Kanalanlage darstellen, knüpft der Erhaltungsbeitrag an der Überlegung an, dass die Erhaltungskosten einer Abwasserentsorgungsanlage unabhängig davon bestehen, ob alle in ihrem Einzugsbereich liegenden Baugrundstücke bereits bebaut sind und damit der Anschlusspflicht und der Pflicht zur Entrichtung der Benützungsgebühren unterliegen oder nicht.

Jener Grundstückseigentümer, der sein Grundstück aus welchen Gründen immer nicht bebaut, soll daher nach dem Willen des Gesetzgebers dessen ungeachtet ebenfalls einen Beitrag zu den Erhaltungskosten beisteuern müssen. Das ist schon im Hinblick darauf sachlich gerechtfertigt, dass auch der Eigentümer unbebauter Grundstücke im Bauland von der mit der Aufschließung (und der damit im Fall der Bebauung gegebenen Anschlussmöglichkeit an einen öffentlichen Kanal) verbundenen Wertsteigerung des Grundstücks profitiert. Darüber hinaus ist die Maßnahme aber auch unter dem Gesichtspunkt sachlich gerechtfertigt, finanzielle Anreize zur Unterlassung der Bebauung zu vermeiden und solche zur Nutzbarmachung des Baulandes (‚Baulandmobilisierung‘) zu schaffen.“

 

Insgesamt lässt sich somit festhalten, dass das „Horten“ von Bauland mit dem System der Aufschließungsbeiträge verhindert werden soll, weshalb die Ausnahmetatbestände streng auszulegen sind.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Der Vollständigkeit halber wird bemerkt, dass die Beschwerdeführerin auch die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides beanstandet. Durch diese konnte sie im gegenständlichen Fall aber jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzt sein. In der Rechtsmittelbelehrung wird unter Bezugnahme auf die Bestimmung des § 254 BAO darauf hingewiesen, dass die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat. Dazu ist festzuhalten, dass das Wesen der aufschiebenden Wirkung im Aufschub der Rechtswirkungen des angefochtenen Bescheides besteht. Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird der Eintritt der durch die Rechtsordnung an den rechtskräftigen Bescheid geknüpften Rechtswirkungen hinausgeschoben, was bei Leistungsbescheiden bewirkt, dass die auferlegte Leistung vorerst nicht zu erbringen ist. Die zitierte Bestimmung ist somit dann relevant, wenn mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid eine Abgabe festgesetzt wurde. Das ist hier – betreffend das Verfahren hinsichtlich der beantragten Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag – aber ohnehin nicht der Fall. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid im Übrigen auch auf die für den gegenständlichen Fall speziellere Bestimmung des § 27 Abs. 1a Oö. ROG 1994 hingewiesen, wonach die Einbringung des Antrages auf Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag die Wirkung hat, dass die Einhebung des Aufschließungsbeitrags bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens über die Ausnahme gehemmt wird.

 

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 27 Abs. 1 Z 2 Oö. ROG 1994 entscheidungswesentliche Frage, ob der Erteilung der beantragten Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag Interessen einer geordneten Siedlungsentwicklung, insbesondere solche, die im örtlichen Entwicklungskonzept zum Ausdruck kommen, entgegenstehen oder nicht, erfordert vielmehr eine Beurteilung im jeweiligen Einzelfall.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Verena Gubesch