LVwG-601432/3/MB/BD

Linz, 08.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des A K, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. P H, M, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 20. April 2016, GZ VerkR96-2731-2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das Straferkenntnis der belangten Behörde behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.      Gemäß § 52 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt (im Folgenden: belangte Behörde) hat A K (dem nunmehrigen Beschwerdeführer – im Folgenden: Bf) im angefochtenen Straferkenntnis vom 20. April 2016, GZ  VerkR96-2731-2015, die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO vorgeworfen und über ihn gemäß § 99 Abs. 2e StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 225 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 104 Stunden, verhängt. Weiters wurde er von der belangten Behörde gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 22,50 Euro verpflichtet.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde (auszugsweise Wiedergabe):

 

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

 

Sie haben die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 51 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

 

Tatort: Gemeinde Hirschbach im Mühlkreis, Landesstraße Freiland, Nr. x bei km 113.800.

 

Tatzeit: 02.10.2015, 15:37 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 20 Abs 2 StVO

 

Fahrzeug:

Kennzeichen L-x, Kleinkraftrad (Mofa) einspurig,

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß

ist, Ersatzfreiheitsstrafe von    

 

225,00 Euro 104 Stunden § 99 Abs 2e StVO

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

22,50 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10,00 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100,00 Euro);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 247,50 Euro.“

 

Begründend führt die belangte Behörde wie folgt aus:

 

„Zum Sachverhalt:

 

Durch die Anzeige der LVA Oberösterreich wurde der Behörde bekannt, dass das Kleinkraftrad mit dem Kennzeichen L-x am 02.10.2015 um 15:37 Uhr im Gemeindegebiet Hirschbach, auf der B38T auf Höhe Strkm 113.800 mit einer vorwerfbaren Geschwindigkeit von 151 km/h gelenkt wurde, obwohl die erlaubte Höchstgeschwindigkeit in diesem Straßenbereich 100 km/h beträgt. Sie selbst sind Zulassungsbesitzer des oben dem Kennzeichen nach näher bezeichneten Kraftfahrzeuges. Als solcher wurden Sie gemäß §103 Abs. 2 KFG aufgefordert, den Lenker bekannt zu geben. In der von Ihnen übermittelten Lenkererhebung geben Sie an, dass Sie das Fahrzeug selbst gelenkt haben. Daraufhin erging mit Schreiben vom 3. Dezember 2015 eine Strafverfügung. Gegen diese Strafverfügung haben Sie, vertreten durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter, Mag. P H, Einspruch erhoben.

 

Im Rahmen des Parteiengehörs wurde Ihnen die Lenkerhebung vom 25. November 2015 und die Zulassungsabfrage samt Hinterlegungsanzeige des Kennzeichens übermittelt und ihnen Gelegenheit gegeben, innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung dieser Verständigung eine Stellungnahme abzugeben.

 

Mit Schreiben vom 9. März 2016 beantragen Sie eine Fristerstreckung zur Abgabe einer Stellungnahme bis 23. März 2016. Mit E-Mail vom 14. März 2016 wurde Ihnen diese Fristerstreckung gewährt.

 

Die Behörde geht von folgendem erwiesenen Sachverhalt aus:

 

Sie haben am 2. Oktober 2015 um 15:37 Uhr im Gemeindegebiet Hirschbach auf der Böhmerwald Bundesstraße B38 auf Höhe Strkm 113.800 das Kleinkraftrad mit dem Kennzeichen L-x gelenkt und dabei die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 51 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen. Die Messung selbst erfolgte mit einem Radar Messgerät der Type MUVR 6F, wobei die gemessene Geschwindigkeit 159 km/h betragen hat. Nach Abzug der Messtoleranz von 5% ergibt sich eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 151 km/h.

 

Als Beweismittel gelten:

- Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich vom 20.10.2015

- Elektronisch gefertigte Lenkerauskunft vom 20.11.2015

- Ausdruck aus der zentralen Zulassungsevidenz über die Hinterlegung des Kennzeichens

- Ihre eigenen Einspruchs- und Rechtfertigungsangaben

 

Gegenständlicher Sachverhalt unterliegt folgender rechtlicher Beurteilung:

 

Gemäß § 20 Abs. 2 StVO 1960 darf der Lenkereines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

 

Nach § 99 Abs. 2 lit. e StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis 6 Wochen zu bestrafen, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs unbefugt anbringt, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert, oder solche Einrichtungen beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden.

 

 

Die Behörde hat darüber Folgendes erwogen:

 

Zunächst ist festzuhalten, dass Sie die durch Messung mittels Radar Messgerätes, MUVR 6F, festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung nicht bestreiten. Daher ist für die Behörde grundsätzlich davon auszugehen, dass am Vorfallstag an der Tatörtlichkeit die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h mit dem Kleinkraftrad, Kennzeichen L-x, um 51 km/h überschritten wurde.

 

Die in Ihrem Einspruch vorgebrachten Einwände beziehen sich lediglich darauf, dass Sie auf der Rückseite der elektronisch gefertigten Lenkerauskunft - entgegen den Ausführungen auf der ersten Seite - angeben, dass Sie keinen Namen des Lenkers nennen könnten, da Sie das Motorrad damals zum Verkauf angeboten hätten. Nach Ihrer Erinnerung nach habe zu diesem Zeitpunkt ein Kauf Interessent eine Probefahrt gemacht. Der Name sei Ihnen allerdings nicht bekannt.

 

Die Behörde hat daraufhin versucht, die Glaubwürdigkeit Ihrer Aussage dahingehend zu überprüfen, inwieweit tatsächlich ein Verkaufsinteresse Ihrerseits bestanden hat. Dabei hat die Behörde eine Abfrage in der Zulassungsevidenz durchgeführt und festgestellt, dass das Fahrzeug im Februar 2016 noch immer auf Sie zugelassen war und Sie die Zulassung ruhend gemeldet haben. Betrachtet man diesen Umstand, so erscheint der Behörde, dass zumindest das Verkaufsinteresse Ihrerseits nicht als besonders groß einzustufen ist. Hätten Sie nämlich ein entsprechendes Verkaufsinteresse gehabt, so wäre davon auszugehen, dass Sie das Fahrzeug weiterhin zum Verkauf anbieten und nicht die Zulassung ruhend melden. Denn es steht für die Behörde außer Zweifel, dass jeder Kaufinteressent ein Fahrzeug zuerst ausprobieren will. Hierzu besteht allerdings nicht die Möglichkeit, wenn das Fahrzeug abgemeldet ist. Daraus ableitbar ist für die Behörde, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein Verkaufsinteresse Ihrerseits bestanden hat und die von Ihnen auf der Rückseite der elektronisch gefertigten Lenkerauskunft angeführten Bemerkung nur eine Schutzbehauptung darstellt.

 

Zudem erscheint es der Behörde als nahezu unwahrscheinlich, da Sie sich auf der ersten Seite selbst als Lenker bezeichnen, wenn Sie tatsächlich nicht der Lenker gewesen sind. Hier scheint wohl eine „Freudsche Fehlleistung" vorzuliegen.

 

Zur rechtlichen Beurteilung Ihrer Lenkerauskunft nach §103 Abs. 2 KFG ist festzuhalten, dass einer zur Lenkerauskunft aufgeforderter Zulassungsbesitzer initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht (vergleiche etwa das Erkenntnis 03.09.2003/2002/03/0012)

 

Gegenstand dieses Verfahrens ist allerdings nicht eine unrichtige bzw. mangelhafte Lenkerauskunft gemäß §103 Abs. 2 KFG 1967. Zu prüfen ist im gegenständlichen Fall ausschließlich, ob die Behörde auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes rechtmäßig zur Feststellung gelangt, der Vorstellungswerber (Zulassungsbesitzer) habe das Kraftfahrzeug zum Tatzeitpunkt selbst gelenkt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Vergleiche Erkenntnis vom 26.05.1989, Zahl 89/18/0043) befreit der Verfahrensgrundsatz, dass die Verwaltungsstrafbehörde von Amtswegen vorzugehen hat, die Partei nicht von der Verpflichtung zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen. Es entspricht ebenfalls der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Verwaltungsstrafbehörde ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften aus dem untätig bleiben des Zulassungsbesitzers im Verwaltungsstrafverfahren gegenüber dem Vorwurf eines bestimmten strafbaren Verhaltens im Rahmen Ihrer freien Beweiswürdigung den Schluss ableiten kann, der Zulassungsbesitzer sei selbst der Täter gewesen. Sie haben nämlich im Rahmen des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens nicht dahingehend mitgewirkt, Entlastungsbeweise, dass sie nicht selbst der Lenker waren, beizubringen. Vielmehr wären Sie bei Überlassung eines Fahrzeuges ohnedies verpflichtet zu kontrollieren, ob die betreffende Person überhaupt eine Lenkberechtigung besitzt. Diesfalls ist es erforderlich, dass Ihnen diese Person den Führerschein vorweist. Aus dem Führerschein wäre Ihnen bereits der vollständige Name, das Geburtsdatum und die Führerscheinnummer bekannt. Anhand dieser Daten wäre ohne weiters für die Behörde die Adresse eines derart bekannt gewordenen Führerscheinbesitzers feststellbar. Es erscheint der Behörde auch gänzlich unglaubwürdig und Lebensfremd, schon alleine aus eigentumsrechtlichen Gründen und weiteren Haftungsgründen, dass ein Zulassungsbesitzer und Eigentümer eines Fahrzeuges einer ihm völlig unbekannten Person ein Fahrzeug überlässt, ohne sich die Personalien dieser Person bekannt geben zu lassen und diese auch entsprechend vermerkt.

 

Sohin ist Ihre Anmerkung auf der Rückseite der elektronisch gefertigten Lenkerauskunft sowie Ihre Einspruchsbegründung, dass Sie nicht zum Tatzeitpunkt selbst der Lenker gewesen wären, von der Behörde nur als Schutzbehauptung zu bewerten und kommt die Behörde sohin zum Schluss, dass Sie selbst zum Tatzeitpunkt der Lenker des oben angeführten Kraftfahrzeuges waren und sohin die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Allgemein:

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1991 genügt zur Strafbarkeit grundsätzlich fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefährdung nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsams Delikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Beschuldigten kein Entlastungsbeweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Zusammengefasst waren Ihre Einwendungen daher nicht in der Lage, Gründe vorzubringen, die eine Bestrafung auf Grund der im Spruch geschilderten Verwaltungsübertretung im Wege stünden. Die Behörde musste daher davon ausgehen, dass Ihr Verschulden gegeben ist. Sie haben die gegenständliche Verwaltungsübertretung somit zumindest in Schuldform der Fahrlässigkeit begangen, da Sie die gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen und dadurch verkannt haben, dass Sie einen tatbildmäßigen Sachverhalt verwirklichen.

 

Zur Strafbemessung:

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1991 in der seit 01.07.2013 geltenden Fassung, BGBl. I Nr. 33/2013 sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auch auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes, sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Tat schädigt im erheblichen Maß das Interesse der Verkehrssicherheit und anderer Verkehrseilnehmer. Gerade Geschwindigkeitsüberschreitungen in einem derart hohen Ausmaß sind oftmals Ursachen schwerer Verkehrsunfälle.

 

Straferschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgetreten.

 

Strafmildernd wird die bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt über Sie aufscheinende verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit bewertet.

 

Da Sie im Rahmen der behördlichen Feststellung ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse trotz schriftlicher Aufforderung vom 23.02.2016 diese nicht bekannt gegeben haben, geht die Behörde bei der Strafbemessung davon aus, dass Sie ein monatliches Einkommen von ca. 1600 Euro beziehen, kein für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren relevantes Vermögen besitzen und keine ins Gewicht fallende Sorgepflichten haben.

 

Die verhängte Strafe ist dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat angemessen und ist die Verhängung der im Spruch angeführten Geldstrafe vor allem aus spezialpräventiven Gründen erfolgreich, um Sie in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Die ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe bildet einen gleichwertigen Ersatz und genügt nach Ansicht der Behörde, Sie ebenfalls in Hinkunft von der Begehung weiterer gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet.“

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis wurde durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter des Bf frist­gerecht die Beschwerde vom 23. Mai 2016 erhoben. Der Bf führt darin wie folgt aus:

 

„In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschwerdeführer gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 20.04.2016, GZ VerkR96- 2731-2015, zugestellt am 25.04.2016 binnen offener Frist

 

Beschwerde

 

an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und führt dazu wie folgt aus:

 

I. Rechtzeitigkeit, Zulässigkeit, Beschwerdepunkt

 

Das bekämpfte Straferkenntnis wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 25.04.2016 zugestellt und ist die Beschwerde durch postalische Aufgabe am 23.05.2016 rechtzeitig eingebracht. Die Beschwerde ist auch gem. Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG zulässig.

 

Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht verletzt, nicht entgegen den gesetzlichen Bestimmungen des § 99 Abs 2e StVO bestraft zu werden. Die belangte Behörde hat den Sachverhalt mangelhaft und aktenwidrig festgestellt und liegen zudem Mängel in der Beweiswürdigung vor.

 

 

II. Beschwerdegründe

1. Dem Beschwerdeführer wird im bekämpften Straferkenntnis vorgeworfen, er habe am 02.10.2015 um 15:37 Uhr die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 51 km/h überschritten. Der Tatort sei die Gemeinde Hirschbach, Landestraße Freiland, Nr. x bei km 113.800 am 02.10.2015 und 15:37 Uhr gewesen.

2. Die Behörde hat zur Tatbestandsmäßigkeit des Beschwerdeführer für die vorgeworfenen Übertretung ausgeführt, dass in der elektronischen Lenkerauskunft auf der ersten Seite angegeben worden sei, dass der Beschwerdeführer das Fahrzeug selbst gelenkt hätte und auf der nächsten Seite hingegen aber, dass die Namensnennung des Lenkers zufolge einer Probefahrt aufgrund eines Kaufinteressenten nicht möglich sei.

3. Die Behörde spricht sogar von einer "Freudschen Fehlleistung", sich auf der ersten Seite als Lenker zu bezeichnen, wenn der Beschwerdeführer tatsächlich nicht der Lenker gewesen sei.

4. Die Behörde kennt aber offensichtlich das Online-Formular zur elektronischen Lenkererhebung nicht wie es inhaltlich zum Zeitpunkt des Ausfüllens bestanden hat und auch zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung noch besteht. Im Schritt 2 von 4 des elektronischen Internet-Formulars äst nämlich bei der Auswahl der Auskunftsperson vermerkt: Wenn keine der Auswahlmöglichkeiten auf Sie zutrifft (z.B. weil es sich nicht um Ihr Fahrzeug handeln kann), wählen Sie bitte dennoch "dass ich das Fahrzeug selbst gelenkt habe". Auf der letzten Formularseite können Sie im Feld "Anmerkungen" Gründe angeben, warum keine der genannten Auswahlmöglichkeiten auf Sie zutrifft."

5. Da keine Auswahlmöglichkeiten auf den Beschwerdeführer zugetroffen hat, hat er anleitungsgemäß gehandelt und bei den Anmerkungen die Unmöglichkeit der Namensnennung ausgeführt. Daraus ist unzweifelhaft erkennbar, dass der Beschwerdeführer sich nur an die Anleitung im Formular gehalten hat, weil eine andere Auswahlmöglichkeit programmierseitig nicht vorgesehen ist. Daraus eine Inkonsistenz der Rechtfertigung - oder gar eine "Freudsche Fehlleistung" abzuleiten - ist somit unberechtigt.

 

Beweis: Ausdruck aus dem Online-Formular zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung (wird noch vorgelegt)

 

6. Wenn die Behörde weiters vermeint, es habe überhaupt kein Verkaufsinteresse bestanden, da der Beschwerdeführer das Fahrzeug im Februar 2016 noch immer auf sich zugelassen und nur ruhend gemeldet habe und deshalb das Fahrzeug wohl nicht zu verkaufen sei, da eine Probefahrt derzeit nicht möglich wäre, so irrt die Behörde.

7. Der Beschwerdeführer hat sein Fahrzeug auf der Internetplattform www.willhaben.at angeboten und ist es auch zu Besichtigungen - unter anderem auch am vorgeworfenen Tattag - gekommen. In der Folge ist es zu keinem Verkauf gekommen und ist dann die Wintersaison hereingebrochen. Da im Winter bekanntlich wenig bis überhaupt kein Motorradbetrieb auf Österreichs Straßen stattfindet und somit auch ein Kaufinteresse nicht mehr vorhanden ist, hat der Beschwerdeführer das Fahrzeug aus Kostengründen am 16.11.2015 - wie nach dem Ausdruck aus der Datenbank der KFZ-Zulassung ersichtlich ist - still gelegt bzw. das Kennzeichen hinterlegt. Dies ist ein normaler Vorgang eine Zulassungsbesitzers einen Motorrades für die Wintersaison. Warum dann die Behörde vermeint, es hätte zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt kein Verkaufsinteresse bestanden, ist somit mit den Denkgesetzen der Logik nicht nachvollziehbar.

 

8. Der Beschwerdeführer wollte tatsächlich das Fahrzeug verkaufen und hat eben damals keinen Käufer gefunden. Die Argumentation der Behörde wird zudem widerlegt, dass der Beschwerdeführer das Motorrad nunmehr tatsächlich am 13.05.2016 verkauft hat, der Käufer keine Probefahrt absolvierte und noch am selben Tag das Motorrad abgemeldet wurde. Wenn die Behörde vermeint, jemand kaufe kein Fahrzeug ohne Probefahrt, so mag dies die persönliche Vorgangsweise des Sachbearbeiters sein, entspricht aber nicht der tatsächliche gelebten Realität.

 

Beweis: Ausdruck aus www.willhaben.at (wird noch vorgelegt)

  Kaufvertrag (wird noch vorgelegt)

 

9. Die Behörde nimmt zudem an, dass niemand sein Fahrzeug zur Probe fahren lässt,

ohne Personendaten festzustellen. Auch dies entspricht nicht der gelebten Realität in der Praxis der hunderten - wenn nicht sogar tausenden - Fahrzeugverkäufen in Österreich täglich. In der Regel erscheint ein Interessent selbst mit einem Fahrzeug und lässt denknotwendigerweise sein Fahrzeug während einer Probefahrt beim Verkäufer zurück. Dass der Interessent nicht mehr zurückkehr und das Fahrzeug veruntreut ist daher höchst unwahrscheinlich und wird auch in Österreich – im Gegensatz zur Veruntreuung von Mietwägen und der Verbringung in Ausland - in der Öffentlichkeit nicht thematisiert.

 

10. Tatsächlich wurde der Beschwerdeführer am 02,10.2015 telefonisch von einem Interessenten kontaktiert, welche noch am gleichen Tag besichtigen wollte. Da der Beschwerdeführer am Nachmittag eine mehrstündige Arbeitstätigkeit am Flugplatz in Hirschbach/Mühlkreis zu erledigen hatte, hat er dies dem Interessent mitgeteilt, welcher sein Kommen im Laufe des Nachmittags direkt zum Flugplatz mitgeteilt hatte. Der Beschwerdeführer ist gegen 13^30^Uhr am Flugplatz in Hirschbach eingetroffen. Der Interessent erschien im Laufe des Nachmittags mit einem Motorrad und absolvierte eine Probefahrt mit dem Motorrad des Beschwerdeführers von 10 bis 15 Minuten. Der Beschwerdeführer geht davon aus, dass der Interessent die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Geschwindigkeitsübertretung begangen hat, indem der Interessent das Motorrad testen wollte. Der Beschwerdeführer hat dem Interessenten vertraut, dass dieser die Verkehrsregeln beachtet und hat keine Personalien erhoben, da das Motorrad des Beschwerdeführers (seiner Erinnerung nach eine Straßenmaschine in den Farben blau-weiß) während der Probefahrt am Parkplatz verblieb.

 

11. Der Interessent kehrte nach der Probefahrt zurück, hat aber das Fahrzeug nicht gekauft.

 

Beweis: PV

 

Der Beschwerdeführer hat die ihm vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung nicht begangen.

 

 

III. Anträge

 

Der Beschwerdeführer stellt daher die

 

Anträge,

 

das Verwaltungsgericht möge

1. eine mündliche Verhandlung anberaumen und durchführen und

2. das bekämpfte Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 20.04.2016, GZ VerkR96-2731-2015 zur Gänze ersatzlos aufheben und die Verwaltungsstrafsache einstellen.“

 

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben, GZ VerkR96-2731-2015, ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt (beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingelangt am 29. Juni 2016).

 

3.2. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.

 

1.1. Zusätzlich dazu übermittelte der Bf einen Kaufvertrag, der den Verkauf des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges mit 13.5.2016 zum Inhalt hat. Weiters wird eine mit dem gleichen Tag datierte Abmeldebestätigung der zuständigen Zulassungsstelle beigelegt. Auch wird ein Screenshot im Hinblick auf das Online-Formular zur Lenkerauskunft übermittelt. Hieraus ist ersichtlich dass bei Schritt 2 von 4 dieses Formulars erklärt wird: „.... Wenn keine der Auswahlmöglichkeiten auf Sie zutrifft (z.B. weil es sich nicht um Ihr Fahrzeug handeln kann), wählen sie bitte dennoch „dass ich das Fahrzeug selbst gelenkt habe“. Auf der letzten Formularsetze können Sie im Feld ‚Anmerkungen‘ Gründe angeben, warum keine der genannten Auswahlmöglichkeiten zutrifft.....“ Abschließend wird ein Auszug aus dem persönlichen Konto der Online-Verkaufsplattform: willhaben.at beigeschafft. Hieraus ist ersichtlich, dass bis zum 6.10.2015 und bis zum 5.11.2015 Verkaufsanzeigen betreffend den verfahrensgegenständlichen Gegenstand aktiv waren und 320 bzw. 176 Interessenten diese Anzeige besucht haben.

 

2. Auf Basis des sich aus Pkt. I dargestellten Sachverhaltssubstrates samt den dazugehörigen Beweisergebnissen und den unter Pkt. II.1.1. zusätzlichen Ermittlungsergebnissen ist zusätzlich zu dem sich aus Pkt. I. unstrittig ergebenen Sachverhaltsteilen nachfolgender Sachverhalt festzustellen: Es kann nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit festgestellt werden, dass der Bf das Fahrzeug am 2.10.2015 um 15:37 Uhr auf der Landesstraße Freiland Nr. x, bei Strkm. 113.800 im Gemeindegebiet Hirschbach im Mühlkreis gelenkt hat. Der Bf konnte mit der zweimalig aktiven Anzeigeschaltung (auch im Tatzeitpunkt!) sein von der belangten Behörde abgesprochenes Verkaufsinteresse dem Grunde nach belegen. Dieses Verkaufsinteresse gipfelte im tatsächlichen Verkauf vom 13.5.2016. Weiters vermag der Bf auch darlegen, warum in der Lenkerauskunft das „missverständliche“ Feld, das Fahrzeug selbst gelenkt zu haben, ausgewählt wurde. Zudem ist es nach Sicht des Landesverwaltungsgericht nicht gänzlich lebensfremd, dass auch bei der Ruhendstellung der Zulassung ein KfZ verkauft werden kann, können doch bspw. Teile der Funktionsfähigkeit im Stand ebenso im Ansatz begutachtet bzw. ein Ankauftest eines Fahrzeugklubs in Anspruch genommen werden. Die bloß eingeschränkte Sinnhaftigkeit des Verhaltens des Bf in diesem Punkt vermag die anhand der sonstigen Indizien gewonnene Beweiskette nicht durchbrechen.

 

 

III.

 

1.1. Gemäß § 20 StVO, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 StVO eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt.

 

1.2. Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 150 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

2. Entsprechend den unter Pkt. II. festgestelltem Sachverhalt kann nicht mit der für das Strafverfahren notwendigen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Bf das KfZ im Tatzeitpunkt am Tatort gelenkt hat. Im Zweifel war daher davon auszugehen, dass der Bf das KfZ nicht gelenkt hat. Das Tatbild des §§ 99 Abs. 2e StVO iVm § 20 Abs. 2 StVO ist daher nicht erfüllt.

 

3. Für das Beschwerdeverfahren ist vom Bf gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verfahren entfällt im Sinne des § 64 Abs. 2 VStG ebenso.

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Dr. Markus Brandstetter