LVwG-601448/8/WP

Linz, 22.08.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Peterseil über die Beschwerde des Rechtsanwalt Mag. R S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 13. Juni 2016, GZ: VerkR96-2021-2016, den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I.          Die Beschwerde wird gemäß Art 130 Abs 2 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) iVm §§ 7, 31, 53 VwGVG mangels tauglichem Beschwerdegegenstand als unzulässig zurückgewiesen.

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.            Bisheriges Verwaltungsgeschehen und maßgeblicher Sachverhalt:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung (in der Folge kurz: belangte Behörde) wird dem Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf) vorgeworfen, er habe als Lenker die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 28 km/h überschritten. Tatort: Gemeinde Linz, Autobahn Freiland, A7 bei Strkm 16.456 in Richtung Nord. Tatzeit: 10.02.2016, 09:25 Uhr. Der Bf habe dadurch § 52 lit a Zif. 10 a StVO verletzt, weshalb über ihn gem § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe idHv 90,- Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, verhängt wurde. Zudem wurde der Bf zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages idHv 10,- Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Bf bringt auf das Wesentliche zusammengefasst vor, die – für die Verordnung der höchst zulässigen Fahrgeschwindigkeit – erforderlichen Umweltparameter seien nicht erfüllt gewesen, weshalb die Geschwindigkeitsbeschränkung nicht rechtswirksam verordnet worden sei.

 

Das von der belangten Behörde wider dem Bf erlassene Straferkenntnis sei daher rechtswidrig und falle unter

 

Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG (Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze) weshalb dem Beschwerdeführer weiters der Schriftsatzaufwand für die Beschwerde im Betrag von 737,60 gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG iVm § 53 VwGVG iVm VwG-AufwErsV

zustehe. Abschließend beantragt der Bf die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Kostenersatz an den Beschwerdeführer. Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird weder ausdrücklich noch konkludent gestellt.

 

3. Mit Schreiben vom 30. Juni 2016, beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 6. Juli 2016 eingelangt, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt mit Hinweis, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu verzichten, zur Entscheidung vor.

 

 

 

 

II.          Beweiswürdigung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde samt Schriftsatz des Bf. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergab sich daraus widerspruchsfrei.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gem §§ 53, 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.

 

 

III.        Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat gem Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter über die rechtzeitige Beschwerde erwogen:

 

1. Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2016 erhob der Bf „Beschwerde“ an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und wendet sich darin gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 13. Juni 2016. Das Straferkenntnis wird vom Bf hinsichtlich seines gesamten Inhaltes als rechtswidrig angefochten, und dieser Anfechtungsgrund im Schriftsatz auch näher begründet. Im Hinblick auf den Beschwerdegegenstand ordnet der – sich selbst als Rechtsanwalt vertretende und damit rechtskundige – Bf das Straferkenntnis der belangten Behörde ausdrücklich der Kategorie „Verhalten einer Behörde in Vollziehung der Gesetze“ iSd Art 130 Abs 2 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zu („Das […] erlassene Straferkenntnis ist daher rechtswidrig und fällt unter Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG [Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze] weshalb dem Beschwerdeführer weiters der Schriftsatzaufwand für die Beschwerde […] zusteht.) und knüpft an die prozessuale Einordnung seines Rechtsmittels ein entsprechendes Kostenersatzbegehren. Neben der ausdrücklichen Einordnung des Straferkenntnisses unter Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG stützt der Bf – verfahrensrechtlich einwandfrei – sein Kostenersatzbegehren auf die §§ 35 Abs 1 iVm 53 VwGVG iVm der VwG-Aufwandersatzverordnung (737,60 Euro). Die Wahl des Rechtsmittels durch den rechtskundigen Bf im Hinblick auf den Beschwerdegegenstand des Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG erfährt in der schlüssigen Verknüpfung mit dem – dem Rechtsmittel entsprechenden – Kostenersatz­begehren (Schriftsatzaufwand) seine zweifelsfreie Bestätigung.

 

2. Mit dem Beschwerdegegenstand des Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG wollte der Gesetzgeber im Wesentlichen das sog schlicht-hoheitliche Handeln einer Verwaltungsbehörde beschwerdefähig machen. In der Literatur (siehe den bei Hauer, Der Beschwerdegegenstand im Verfahren vor den Landesverwaltungs­gerichten, dem Bundesverwaltungsgericht und dem VwGH, in: Fischer, Pabel, Raschauer [Hrsg] Verwaltungsgerichtsbarkeit [2014] 353, Rz 32, FN 136 wiedergegebenen Meinungsstand) wird ein solches Rechtsmittel gegen das (rechtswidrige) Verhalten einer Behörde in Vollziehung der Gesetze als Realaktbeschwerde oder Verhaltensbeschwerde bezeichnet.

 

3. Als potentieller Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Zuständigkeiten im Sinn von Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG kommt jedenfalls das weite Feld schlicht-hoheitlichen Verhaltens in Betracht, das derzeit noch nur selektiv rechtsschutzfähig ist, wie etwa im Rahmen des § 88 Abs 2 SPG. Zu denken ist etwa an schlichtes polizeiliches Handeln wie die Erstattung von Anzeigen, die Verwendung des Du-Wortes durch Amtswalter, das schlichte Betreten von Grundstücken ohne Zwangsausübung, die Verwendung personenbezogener Daten, polizeiliche Beobachtungen, das Anfertigen von Video- oder Fotoaufnahmen, behördliche Warnungen udgl (Hauer, aaO).

 

4. Der Verhaltensbeschwerde des Bf liegt allerdings kein schlicht-hoheitliches Handeln einer Verwaltungsbehörde zugrunde, sondern – ausdrücklich – ein Straferkenntnis einer Verwaltungsbehörde. Ein Straferkenntnis stellt – unabhängig von seiner Bezeichnung – einen Bescheid dar, da es sich dabei – nach einhelliger Definition des Verwaltungsgerichtshofes und der Lehre (Hauer, aaO Rz 4) – um einen hoheitlichen, normativen, individuellen, außenwirksamen und verfahrens­förmlichen Verwaltungsakt handelt. Das vom Verfassungs- und Verfahrensgesetzgeber vorgesehene Rechtsmittel gegen einen solchen Bescheid bildet allerdings nicht die Verhaltensbeschwerde gem Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG, sondern die Bescheidbeschwerde gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.

 

5. Im Ergebnis mangelt es der vom Bf erhobenen Verhaltensbeschwerde am tauglichen Beschwerdegegenstand. Die Verhaltensbeschwerde des Bf geht damit ins Leere und war mangels Vorliegens eines tauglichen Beschwerdegegenstandes als unzulässig zurückzuweisen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV.         Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Frage, ob gegen ein Straferkenntnis (Bescheid) einer Verwaltungsbehörde eine Bescheidbeschwerde gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG oder eine Verhaltens­beschwerde gem Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG das taugliche (und damit zulässige) Rechtsmittel darstellt, ist in Literatur und Judikatur einhellig beantwortet und ist keinesfalls als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung einzustufen. Damit weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H I N W E I S

Verhaltensbeschwerden sind nach den gesetzlichen Bestimmungen – anders als Bescheidbeschwerden in Verwaltungsstrafsachen – nicht von der gesetzlichen Gebührenpflicht befreit. Sie haben daher die von Ihnen eingebrachte Verhaltensbeschwerde mit 30,- Euro pauschal zu vergebühren. Die Gebührenschuld für die Eingaben und Beilagen an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entsteht grundsätzlich im Zeitpunkt der Einbringung der Eingabe bei jener Stelle, bei der die Eingabe einzubringen ist (das ist gemäß § 12 VwGVG in der Regel die belangte Behörde, siehe aber auch § 20 VwGVG) und wird damit fällig. Die Gebühr ist unter Angabe des Verwendungszwecks (Information des BMF) auf ein Konto des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (IBAN: AT83 0100 0000 0550 4109, BIC: BUNDATWW) zu entrichten. Die Entrichtung der Gebühr ist durch einen Zahlungsbeleg oder einen Ausdruck über die erfolgte Erteilung einer Zahlungsanweisung nachzuweisen; dieser Beleg ist dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorzulegen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Wolfgang Peterseil

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 20. Oktober 2016, Zl.: Ra 2016/02/0205-3