LVwG-301061/5/KLi/TK - 301062/2

Linz, 15.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerden vom 10. Mai 2016 der M.S., geb. x, sowie des M.S., geb. x, beide x, M., beide vertreten durch Rechtsanwälte S., x, L., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 21. April 2016, GZ. SanRB96-527-2016, wegen Sicherheitsleistung nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz – AVRAG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung samt mündlicher Verkündung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird den Beschwerden stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

II.      Der Antrag, den Beschwerden aufschiebende Wirkung zuzuer­kennen, wird abgewiesen.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. April 2016, GZ. SanRB96-527-2016, wurde ausgesprochen, dass aufgrund des Antrages der Finanzpolizei Team 47 (Finanzamt Grieskirchen Wels) vom 18. April 2016 dem Antrag auf Erlegung einer Sicherheit durch die Beschwerdeführerin und den Beschwerdeführer in Höhe von 12.000 Euro insofern stattgegeben werde, als eine Sicherheitsleistung in Höhe von 5.500 Euro (offenes Auftragsvolumen) mit sofortiger Wirkung zu hinterlegen sei.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass im Zuge einer am 18.4.2016 um 12.49 Uhr durchgeführten Kontrolle der Finanzpolizei nach dem AVRAG drei Mitarbeiter des Unternehmens P., x, V., ohne Sitz in Österreich bei Ausführung von Betonarbeiten (Fundament und Zaunsteher) angetroffen worden seien. Als Auftraggeber hätten die Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführer fungiert.

 

Im Zuge der Kontrolle sei festgestellt worden, dass hinsichtlich der Auftragnehmerin der begründete Verdacht mehrerer Verwaltungsübertretungen nach § 7b Abs. 3 iVm § 7b Abs. 8 Z 1 1. Fall AVRAG, § 7b Abs. 5 1. iVm § 7b Abs. Z 3 AVRAG und § 7d Abs. 1 1. + 2. Satz iVm § 7i Abs. 3 Z 1 AVRAG bestehen würde. Die Finanzpolizei habe daher vor Ort einen Zahlungsstopp gemäß § 7m Abs. 1 AVRAG verfügt und am selben Tag bei der belangten Behörde die Erlegung einer Sicherheit durch die Auftraggeber in Höhe von 12.000 Euro beantragt.

 

Unter Wiedergabe der rechtlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund der Ermittlungen der Finanzpolizei jedenfalls der begründete Verdacht mehrerer Verwaltungsübertretungen nach den Bestimmungen des AVRAG vorliegen würde. Eine Sicherheitsleistung habe vor Ort nicht eingehoben werden könne. Bei der Auftragnehmerin handle es sich um eine Firma mit Sitz in T.

 

Dazu werde festgehalten, dass nach den Informationen des Bundeskanzleramtes (Erlass vom 9.2.2015, GZ. BKA-601.468/0012-V/1/2014, sog. „BKA-Wiki“) bzgl. der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen T. systematisch die Vollstreckung gegen juristische Personen verweigere. Es müsse daher jedenfalls von einer Unmöglichkeit der Strafverfolgung und des Strafvollzuges ausgegangen werden.

 

Die Finanzpolizei Wels sei daher zum Zeitpunkt der Kontrolle zu Recht davon ausgegangen, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin (Auftragnehmer/in) oder in der Person des Überlassers oder der Überlasserin liegen würden, unmöglich oder wesentlich erschwert sein würde und habe somit zu Recht einen Zahlungstopp eines Teils des noch ausstehendigen Werklohns verfügt. Dem Antrag der Finanzpolizei auf Erlegung einer Sicherheit sei daher stattzugeben gewesen.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 10. Mai 2016, mit welcher Rechtswidrigkeit des Inhalts des Bescheides geltend gemacht und die Aufhebung des Bescheides sowie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird.

 

Zur Rechtswidrigkeit des Bescheides bringen die Beschwerdeführer vor, dass sie aufgrund bereits durchgeführter Arbeiten der t. Firma auf diese aufmerksam geworden seien. Aufgrund des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin T. als Muttersprache aufweise, sei mit dieser Firma in Kontakt getreten worden; dies im Glauben, dass die Firma tatsächlich sämtliche Berechtigungen habe, in Österreich Werkleistungen zu erbringen, dies eben schon aufgrund des Umstandes, dass schon mit mehreren fertiggestellten Gewerken der Firma in Österreich geworben worden sei. Man habe sich daraufhin ein Angebot erstellen lassen, das einen Gesamtbetrag von 14.038,05 t. K., also in etwa dem Auftragsvolumen von 5.500 Euro entsprochen habe.

 

Vereinbart worden sei, dass die Zaunarbeiten im Zeitraum vom 18.4.2016 bis 22.4.2016 durchgeführt werden sollten. Am 18.4.2016 gegen 10.00 Uhr hätten Mitarbeiter der Firma mit den Zaunarbeiten begonnen und vier Zaunsteher einbetoniert. Die restlichen Arbeiten seien nicht weitergeführt worden bzw. sei um 11.30 Uhr eine Kontrolle durch die Finanzpolizei erfolgt, welche die Arbeiten stillgelegt hätte. Seitens der Finanzpolizei sei mitgeteilt worden, dass die t. Firma mehrere Verwaltungsübertretungen begangen habe und sei daher von der Finanzpolizei noch mit Datum vom 18.4.2016 ein Zahlungsstopp ausgesprochen worden.

 

In der Zeit der Verfügung des Zahlungsstopps sei die Zahlung bzw. eine Anzahlung des Werklohns in Höhe von 5.500 Euro noch nicht erfolgt. Die Finanzpolizei habe daraufhin bei der belangten Behörde die Erlegung einer Sicherheit beantragt, welche mit dem angefochtenen Bescheid vom 21.4.2016 mit 5.500 Euro ausgesprochen worden sei.

 

Es sei allerdings so, dass neben dem vorliegenden begründeten Verdacht einer Verwaltungsübertretung noch die kumulative weitere Voraussetzung erfüllt sein müsse, dass aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen sei, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Auftragnehmers oder Überlassers liegen würden, unmöglich oder wesentlich erschwert sein würde. Diese Voraussetzungen seien nach Ansicht der Beschwerdeführer nicht gegeben, da es sich bei der im Bescheid angeführten Firma offensichtlich um eine Einzelfirma handle.

 

Nach den Informationen des Bundeskanzleramtes, die im Bescheid zitiert seien, verweigere T. bzgl. der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen jedoch offensichtlich nur die systematische Vollstreckung gegen juristische Personen. Gegenständlich handle es sich offensichtlich um eine Einzelfirma. Eine derartige Einzelfirma stelle keine juristische Person dar, sodass grundsätzlich nicht von einer Unmöglichkeit der Strafverfolgung oder des Strafvollzuges auszugehen sei.

 

Der wesentliche Punkt, weshalb von einer Rechtswidrigkeit des Inhalts des Bescheides ausgegangen werde, sei der, dass gemäß § 7m Abs. 3 AVRAG die Bezirksverwaltungsbehörde dem Auftraggeber durch Bescheid auftragen könne, den noch zu leistenden Werklohn oder einen Teil davon als Sicherheit binnen einer angemessenen Frist zu erlegen. Gemäß § 7m Abs. 4 AVRAG gelte als Werklohn das gesamte für die Erfüllung des Auftrages zu leistende Entgelt.

 

Faktum sei gegenständlich, dass die Beschwerdeführer mit 22.4.2016 aufgrund der ihnen bis zur Überprüfung dieser Firma durch die Finanzpolizei nicht bekannten Unzulänglichkeiten, aufgrund der nicht vollständig vorhandenen Unterlagen und aufgrund des Umstandes, dass Liefer- und Montagetermine nicht zugehalten werden hätten können, vom gegenständlichen Vertrag zurück­getreten seien.

 

Es sei weiters vereinbart worden, dass das bereits gelieferte Material seitens der Firma abgeholt werde, was zwischenzeitig auch geschehen sei und die Beschwerdeführer für die vier montierten Zaunsteher und die geleistete Arbeitszeit keinen Werklohn schulden würden.

 

Diese Vereinbarung sei seitens der t. Firma gefertigt und von der Beschwerdeführerin gegengezeichnet worden. Das Dokument sei in t. Sprache ausgeführt und liege eine seitens der Beschwerdeführerin abgefasste wörtliche Übersetzung vor.

 

Da im Sinne des § 7m Abs. 3 AVRAG seitens der Beschwerdeführer kein Werklohn an das t. Unternehmen geschuldet werde, erfolge der Auftrag zum Erlag einer Sicherheit im Umfang eines noch zu leistenden Werklohnes demnach zu Unrecht.

 

Des Weiteren werde beantragt, dem Bescheid über die Sicherheitsleistung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung widerspreche dem Grundsatz des Rechtschutzes, da insbesondere für den Fall der Abführung eines entsprechenden Vorverfahrens festgestellt werden hätte werden können, dass es zu einem Vertragsrücktritt gekommen sei und demnach die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Billigkeit entspreche.

 

Daher werde beantragt, aufgrund des Umstandes, dass keinerlei Werklohn mehr im Sinne des § 7m Abs. 3 AVRAG geschuldet werde, der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid aufzuheben. Weiters werde beantragt, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

 

I.3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat daraufhin für den 15. Juni 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, zu welcher die beiden Beschwerdeführer und ihr rechtsfreundlicher Vertreter ladungsgemäß erschienen sind; die belangte Behörde war entschuldigt; auch vom Finanzamt Grieskirchen Wels (Finanzpolizei) hat kein Vertreter teilgenommen.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Die Beschwerdeführer haben das t. Unternehmen P. s.r.o. damit beauftragt, bei ihrem privaten Haus samt Liegenschaft in M., x, einen Gartenzaun zu errichten. Der Werklohn betrug 5.500 Euro.

 

Vom t. Unternehmen wurden nach Besichtigung der Baustelle, Vermessung derselben und Legung eines Angebotes am 18.4.2016 mit den Bautätigkeiten begonnen. Vereinbart worden war, dass die Zahlung des Werklohnes erst nach gänzlicher Fertigstellung des Zaunes erfolgen sollte und wurde demnach keine Anzahlung geleistet.

 

II.2. Ebenso am 18.4.2016 fand sodann eine Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei statt. Die Finanzpolizei stellte dabei fest, dass im Hinblick auf dieses t. Unternehmen der Verdacht mehrerer Übertretungen der Bestimmungen des AVRAG bestanden.

 

Insbesondere lag der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung vor:

- nach § 7b Abs. 3 iVm § 7b Abs. 8 Z 1 1. Fall AVRAG

(Meldung/nicht rechtzeitig/nicht vollständig) in drei Fällen

- nach § 7b Abs. 5 1. Fall iVm § 7b Abs. 8 Z 3 AVRAG

(SV-Dokumente nicht bereitgehalten/zugänglich) in drei Fällen

- nach § 7d Abs. 1 1.+2. Satz iVm § 7i Abs. 4 Z 1 AVRAG

(Lohnunterlagen nicht bereitgehalten/zugänglich [Arbeitgeber]) in drei Fällen.

 

Insofern wurde zunächst von der Finanzpolizei gegenüber den Beschwerde­führern ein Zahlungsstopp der Werklohnleistung an das t. Unternehmen verfügt. Daraufhin hat die Finanzpolizei einen Antrag auf Erlag einer Sicherheitsleistung bei der belangten Behörde mit Datum vom 18.4.2016 eingebracht und eine Sicherheit in Höhe von 12.000 Euro beantragt. In weiterer Folge erging der zu Pkt. I.1. wiedergegebene Bescheid.

 

II.3. Nachdem die Finanzpolizei zur Kontrolle auf die Baustelle gekommen war, nahm die Beschwerdeführerin telefonisch Kontakt mit dem Geschäftsführer des t. Unternehmens auf und stellte diesen zur Rede bzw. konfrontierte ihn mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen fehlender Dokumente. Der Geschäftsführer des Unternehmens versuchte zwar, die Beschwerdeführerin zu vertrösten, dass der Verdacht unbegründet sei, die Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführer fassten dennoch den Beschluss, aufgrund der Gegebenheiten vom Vertrag mit dem t. Unternehmen zurücktreten zu wollen.

 

Für die Beschwerdeführerin und den Beschwerdeführer war die Situation außerdem überaus unangenehm und peinlich, zumal die Kontrolle durch die Finanzpolizei und das Vorfahren der Polizei mit Blaulicht Aufmerksamkeit in der Nachbarschaft erregten. Darüber hinaus wollten die Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführer auch kein Unternehmen beschäftigen, welches die österreichischen Gesetze nicht einhält.

 

Die Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführer traten daraufhin auch vom gegenständlichen Vertrag zurück. Diesbezüglich verfasste die Beschwerde­führerin eine schriftliche Rückabwicklungsvereinbarung in t. Sprache. Diese Vereinbarung hatte zum Inhalt, dass der gegenständliche Vertrag aufgehoben wird, sämtliches auf der Baustelle befindliches Material abgeholt wird und lediglich die bereits verarbeiteten und betonierten Zaunsteher (4 Stk.) auf der Baustelle verbleiben, wobei diese entschädigungslos in das Eigentum der Beschwerdeführerin und des Beschwerdeführers übergingen. Für diese verarbeiteten Materialien und für die dazu aufgewendete Arbeitszeit wurde vereinbart, dass kein Entgelt geschuldet ist. Ein bereits angefertigtes Gartentor verblieb im Eigentum der t. Unternehmung, welches dieses ohnehin auf einer anderen Baustelle verwenden wollte.

 

Aufgrund dieser Rückabwicklung des Vertrages wurde keinerlei Werklohn bezahlt und wird ein solcher auch nicht (mehr) geschuldet.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. Die Feststellungen zu den Beschwerdeführern ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie aus der Vernehmung der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

 

III.2. Die Feststellungen zum Vertragsabschluss mit dem t. Unternehmen gehen ebenfalls aus der Vernehmung der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hervor.

 

Die Beschwerdeführerin hat schlüssig und nachvollziehbar sowie chronologisch geordnet das Zustandekommen des Vertrages, die Kontrolle durch die Finanzpolizei und die Rückabwicklung geschildert, sodass an einer wahrheits­gemäßen und richtigen Aussage kein Zweifel gefunden werden konnte. Vielmehr waren beide Beschwerdeführer sehr bemüht, den gegenständlichen Vorfall korrekt wiederzugeben und haben insofern einen sehr positiven Eindruck hinterlassen.

 

III.3. Der Ablauf der Kontrolle, der Zahlungsstopp, der Antrag auf Verhängung einer Sicherheitsleistung, der Bescheid sowie die Beschwerde ergeben sich aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde.

 

III.4. Glaubwürdig und nachvollziehbar haben die Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführer dargetan, dass keinerlei Werklohn geschuldet wird. Die Beschwerdeführerin hat den Inhalt der Rückabwicklungsvereinbarung in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich schlüssig sowie in einer zusammenhängenden Darstellung geschildert, sodass an der Richtigkeit derselben kein Zweifel gefunden werden konnte.

 

Die Beschwerdeführerin hinterließ auch den Eindruck, sich mit dem gegen­ständlichen Vorfall gewissenhaft auseinandergesetzt zu haben, sodass die diesbezügliche Aussage und auch die Übersetzung der Beschwerdeführerin für richtig befunden werden konnten.

 

III.5 Nachdem der relevante Sachverhalt – insbesondere der Entfall jeglicher Werklohnzahlungen – feststeht, konnten weitere Beweisaufnahmen unterbleiben.

 

 

IV. Rechtslage:

 

Gemäß § 7m Abs. 3 AVRAG kann, wenn der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach den §§ 7b Abs. 8, 7i oder 7k Abs. 4 vorliegt und aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin (Auftragnehmer/in) oder in der Person des Überlassers oder der Überlasserin liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde, die Bezirksverwaltungsbehörde dem/der Auftraggeber/in, bei einer Überlassung dem/der Beschäftiger/in durch Bescheid auftragen, den noch zu leistenden Werklohn oder das noch zu leistende Überlassungsentgelt oder einen Teil davon als Sicherheit binnen einer angemessenen Frist zu erlegen. Mit Erlassung dieses Bescheides fällt der Zahlungsstopp weg. Die Sicherheitsleistung darf nicht höher sein als das Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe (§ 7m Abs. 6 AVRAG).

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Wie aus den Sachverhaltsfeststellungen im Zusammenhang mit den Erhebungen der Finanzpolizei hervorgeht, bestand ein begründeter Verdacht von Verwaltungsübertretungen des t. Unternehmens nach mehreren Bestimmungen des AVRAG. Gemäß § 7m Abs. 3 AVRAG kann in dem Fall, dass der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach den Bestimmungen des AVRAG vorliegt und aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers bzw. des Überlassers liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde, eine Sicherheitsleistung aufgetragen werden.

 

Im vorliegenden Fall liegt ein begründeter Verdacht von Verwaltungsüber­tretungen nach dem AVRAG vor. Auch die kumulative weitere Voraussetzung, dass aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Auftragnehmers oder Überlassers liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde, liegt vor. Diese Voraussetzungen sind insofern gegeben.

 

Im Grunde der Verlautbarung des Bundeskanzleramtes auf der Internetseite „BKA-Wiki – internationale Rechtshilfe“, welche umfassende Informationen zur internationalen Rechtshilfe in Verwaltungs(straf)sachen zur Verfügung stellt, ist eine Strafverfolgung und Strafvollstreckung hinsichtlich T. im Hinblick auf juristische Personen problematisch.

 

Beim Unternehmen P. s.r.o. handelt es sich um eine GmbH, also eine juristische Person, sodass davon auszugehen ist, dass die Strafverfolgung bzw. der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers liegen, unmöglich oder zumindest wesentlich erschwert sein werde.

 

Dieses Argument vermag daher den Beschwerdeführern nicht zum Durchbruch zu verhelfen.

 

V.2. Allerdings normiert § 7m Abs. 3 AVRAG, dass dem Beschäftiger (hier also den Beschwerdeführern) durch Bescheid aufgetragen werden kann, den noch zu leistenden Werklohn als Sicherheit zu erlegen.

 

Das gegenständliche Verfahren hat allerdings ergeben, dass der Vertrag mit der t. GmbH rückabgewickelt wurde, allenfalls erbrachte Leistungen entschädigungslos in das Eigentum der Beschwerdeführer übergehen und somit keinerlei Werklohn offen ist. Nachdem insofern die Voraussetzung eines offenen Werklohnes nicht vorliegt, war der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

V.3. Der Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war abzuweisen.

 

Gemäß § 7m Abs. 7 AVRAG haben Beschwerden gegen solche Bescheide keine aufschiebende Wirkung. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist demnach gesetzlich ausgeschlossen. Die Bestimmung ist § 37 Abs. 7 VStG nachgebildet, wonach Beschwerden gegen Bescheide gemäß § 37 Abs. 1 VStG, mit denen dem Beschuldigten eines Verwaltungsstrafverfahrens eine Sicherheitsleistung vorgeschrieben wird, keine aufschiebende Wirkung haben (Raschauer/Wessely, Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz, S. 521 f). Das dient nach der Judikatur der Aufrechterhaltung des Sicherheitszwecks, dessentwegen sie verhängt worden sind (VwGH 16.11.2011, 2011/17/0111). Nach der gesetzgeberischen Wertung im Hinblick auf die erforderlichenfalls gebotenen Dringlichkeit einer „Sicherheitsmaßnahme“ und der damit einhergehenden Unerlässlichkeit der Regelung (VfSlg. 8.945/1980) ist ein solcher Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch nicht als verfassungswidrig anzusehen (VfGH 2.12.2014, G74/2012). Da die aufschiebende Wirkung bereits gesetzlich ausgeschlossen ist und nicht durch die belangte Behörde verfügt wurde (§ 13 Abs. 2 VwGVG), kommt eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG nicht in Betracht. Gemäß § 22 Abs. 2 VwGVG könnte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung lediglich ausschließen [vgl. Landesverwaltungsgericht Wien, 16.12.2015, VGW-041/V058/14617/2015].

 

Darüber hinaus wurde der Beschwerde bereits mit dem vorliegenden Erkenntnis Folge gegeben, sodass sich auch aus diesem Grund eine aufschiebende Wirkung erübrigt.

 

V.4. Nach der gesetzlichen Bestimmung des § 7m Abs. 8 AVRAG hat die Bezirksverwaltungsbehörde die Sicherheit für frei zu erklären (und nicht das Verwaltungsgericht). Aus den angeführten Gründen wird die Behörde gemäß § 7m Abs. 8 AVRAG die von den Beschwerdeführern erlegte Sicherheit von 5.500 Euro für frei zu erklären haben.

 

V.5. Zusammengefasst war daher spruchgemäß zu entscheiden, der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer

 

 

LVwG-301061/5/KLi/TK + 301063/2 v. 15.06.2016

 

Normen:

 

§ 7m AVRAG

§ 37 VStG

 

 

Rechtssatz:

 

Gemäß § 7m Abs. 7 AVRAG haben Beschwerden gegen solche Bescheide keine aufschiebende Wirkung. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist demnach gesetzlich ausgeschlossen. Die Bestimmung ist § 37 Abs. 7 VStG nachgebildet, wonach Beschwerden gegen Bescheide gemäß § 37 Abs. 1 VStG, mit denen dem Beschuldigten eines Verwaltungsstrafverfahrens eine Sicherheitsleistung vorgeschrieben wird, keine aufschiebende Wirkung haben (Raschauer/Wessely, Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz, S. 521 f). Das dient nach der Judikatur der Aufrechterhaltung des Sicherheitszwecks, dessentwegen sie verhängt worden sind (VwGH 16.11.2011, 2011/17/0111). Nach der gesetzgeberischen Wertung im Hinblick auf die erforderlichenfalls gebotenen Dringlichkeit einer „Sicherheitsmaßnahme“ und der damit einhergehenden Unerlässlichkeit der Regelung (VfSlg. 8.945/1980) ist ein solcher Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch nicht als verfassungswidrig anzusehen (VfGH 2.12.2014, G74/2012). Da die aufschiebende Wirkung bereits gesetzlich ausgeschlossen ist und nicht durch die belangte Behörde verfügt wurde (§ 13 Abs. 2 VwGVG), kommt eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG nicht in Betracht. Gemäß § 22 Abs. 2 VwGVG könnte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung lediglich ausschließen (vgl. Landesverwaltungsgericht Wien, 16.12.2015, VGW-041/V058/14617/2015).

 

 

Beschlagwortung:

 

Aufschiebende Wirkung; gesetzlicher Ausschluss; Verfassungswidrigkeit, keine

 

Beachte:

Die Revision wurde als unbegründet abgewiesen.

VwGH vom 27. April 2017, Zl.: Ra 2016/11/0123-3