LVwG-000165/2/Gf/Rt

Linz, 16.08.2016

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K !

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Grof über die Beschwerde des Dr. A T, vertreten durch RA Dr. A, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 21. Juni 2016, Zl. 0034868/2014, wegen einer Übertretung des Psychotherapiegesetzes

 

 

 

z u  R e c h t  e r k a n n t:

 

 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG i.V.m. § 20 VStG stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 38 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

 

II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 9 VStG weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich zu leisten.

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG nicht zulässig.

 


 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.

 

Gang des Behördenverfahrens

 

 

1. Mit Schreiben vom 14. Jänner 2014 hat das Bundesministerium für Gesundheit bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung eine Anzeige dahin erstattet, dass der als Psychotherapeut tätige Beschwerdeführer auf seiner Website – wie sich aus entsprechenden Screenshots ergebe – auch solche Behandlungs- und Heilmethoden ausgelobt habe, die offenkundig nicht mit wissenschaftlich fundierten Psychotherapieverfahren im Einklang stünden; dadurch habe er gegen die Werberichtlinie vom 14. Dezember 2010 verstoßen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat diese Anzeige mit Schreiben vom 17. Jänner 2014 zuständigkeitshalber an den Magistrat Linz weitergeleitet.

 

2. In der Folge hat der Magistrat Linz dem Rechtsmittelwerber mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10. November 2014, Zl. 0034868/2014, angelastet, dass er am 7. November 2014 auf seiner Homepage – wie sich aus entsprechenden, im Akt erliegenden Ausdrucken von dieser ergebe – Behandlungen, die vom Berufsbild eines Psychotherapeuten nicht erfasst sind, angeboten habe; dies stelle eine fachfremde Werbung und somit eine unsachliche Information im Sinne des § 16 Abs. 1 des Psychotherapiegesetzes, BGBl 361/1990 in der damals maßgeblichen Fassung BGBl I 32/2014 (im Folgenden: PsyThG), dar.

 

3. Mit Schriftsatz vom 18. November 2014 hat der Beschwerdeführer dagegen vorgebracht, dass seine Homepage zwar Hinweise auf die von der Behörde als unzulässig empfundenen Heilbehandlungen enthalte, dabei jedoch strikt vermieden worden sei, einen Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Psychotherapeut herzustellen.

 

4. Ohne in der Folge weitere Ermittlungsschritte zu setzen, hat der Bürgermeister der Stadt Linz mit Straferkenntnis vom 21. Juni 2016, Zl. 0034868/2014, über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 47 Stunden) verhängt, weil er am 7. November 2014 auf seiner Homepage entgegen § 16 Abs. 1 PsyThG, wonach sich ein Psychotherapeut jeglicher unsachlichen und unwahren Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten habe, Behandlungen wie schamanische Heilbehandlungen, Reiki und Silva Mind Control angeboten habe, die vom Berufsbild eines Psychotherapeuten nicht erfasst seien; dies stelle eine fachfremde Werbung und somit eine unsachliche Information i.S.d. § 16 Abs. 1 PsyThG dar, weshalb er gemäß § 23 PsyThG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass auf der Homepage in jeweils nicht getrennter Form sowohl Behandlungsmethoden angeführt seien, die dem Berufsbild eines Psychotherapeuten entsprechen würden, als auch solche, hinsichtlich der dies nicht zutreffe.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 1.500 Euro; keine Sorgepflichten).

 

5. Gegen dieses ihm am 5. Juli 2016 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die gegenständliche, am 21. Juli 2016 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Beschwerde.

 

Darin wird zunächst vorgebracht, dass insoweit Verjährung eingetreten sei, weil dem Rechtsmittelwerber innerhalb der einjährigen Verfolgungsfrist nicht – und zwar weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung noch mit dem angefochtenen Straferkenntnis – angelastet worden sei, dass die unzulässige Werbung in einem Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes als Psychotherapeut gestanden wäre. Im Übrigen habe er strikt darauf geachtet, dass sich die Werbung auf der Homepage ausschließlich auf seine nebenberufliche und sohin nicht psychotherapeutische Tätigkeit beziehe; insbesondere fielen spirituelle Therapie und psychologische Beratung nicht unter Psychotherapie. Und allein aus seiner Eintragung in die Liste der Psychotherapeuten beim Bundesministerium für Gesundheit könne kein Schluss darauf gezogen werden, dass jede seiner Tätigkeiten in Ausübung seines Berufes als Psychotherapeut erfolge. Außerdem komme der vom Bundesministerium herangezogenen, auf einem Beschluss des Psychotherapiebeirates fußende Richtlinie für das Verhalten von Psychotherapeuten keine Normqualität zu, sodass diese auch nicht als Grundlage für eine Bestrafung herangezogen werden könne. Schließlich liege auch kein bzw. lediglich ein ganz geringes Verschulden vor.

 

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Höhe der Geldstrafe oder bloß die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

 

6. Der Magistrat der Stadt Linz hat diese Beschwerde mit Schreiben vom 4. August 2016, Zl. 0034868/2014, samt dem Bezug habenden Akt dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich vorgelegt; von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat die belangte Behörde abgesehen. 

 

II.

 

Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich

und Zulässigkeit der Beschwerde

 

 

1. Die vorliegende, auf Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG gegründete Beschwerde richtet sich gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde und wurde innerhalb der Vier-Wochen-Frist des § 7 Abs. 4 VwGVG bei der belangten Behörde eingebracht; da der Inhalt dieser Beschwerde den Anforderungen des § 9 VwGVG entspricht und auch sonstige Prozesshindernisse nicht vorliegen, ist sie insgesamt als zulässig zu qualifizieren.

 

2. Weil diesbezüglich weder im PsyThG noch im VwGVG Abweichendes angeordnet ist, hatte das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B‑VG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

III.

 

Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung

durch das Verwaltungsgericht

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 003486/2014; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der oben unter I. dargestellte Sachverhalt – soweit entscheidungswesentlich – feststellen ließ, konnte von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

IV.

 

Rechtliche Beurteilung

 

 

In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erwogen:

 

1. Nach § 23 PsyThG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen, der den Bestimmungen des § 16 PsyThG zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 16 Abs. 1 PsyThG hat sich ein Psychotherapeut jeder unsachlichen oder unwahren Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten.

 

Nach § 16 Abs. 2 PsyThG darf die Anzeige einer freiberuflichen Ausübung der Psychotherapie lediglich den Namen des zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie berechtigten Psychotherapeuten, seine akademischen Grade, die Berufsbezeichnung samt Zusatzbezeichnung sowie seine Adresse, Telefonnummer und Sprechstunden enthalten.

 

2. Im gegenständlichen Fall geht aus dem angefochtenen Straferkenntnis hervor, dass der Beschwerdeführer – der Anzeige des Bundesministeriums für Gesundheit entsprechend – deshalb wegen eines Verstoßes gegen das PsyThG belangt werden soll, weil er auf seiner Homepage gewisse Heilbehandlungen angeboten habe, die nicht vom Berufsbild eines Psychotherapeuten erfasst seien.

 

2.1. Dass bzw. inwieweit die ihm angelasteten Methoden – wie Schamanismus, Reiki und/oder Silva Mind Control – „unsachliche bzw. unwahre Angaben“ i.S.d. § 16 Abs. 1 PsyThG darstellen, wird jedoch weder im Spruch des Straferkenntnisses konkret umschrieben noch in dessen Begründung näher ausgeführt.

 

Vielmehr wird offenbar unterstellt, dass dieser Umstand gleichsam „notorisch“ sei, was jedoch in dieser Allgemeinheit nicht zutrifft: Ob bzw. inwieweit es sich bei derartigen Methoden um unsachliche und/oder unwahre Angaben im Zusammenhang mit der Berufsausübung eines Psychotherapeuten handelt, müsste nämlich zuvor jeweils – bezogen auf jede konkrete Heilbehandlung – durch ein entsprechendes Sachverständigengutachten geklärt werden. Und erst auf dieser Basis hätte dem Rechtsmittelwerber eine Übertretung des § 16 Abs. 1 PsyThG spruchmäßig korrekt angelastet werden können, während die Tatumschreibung des angefochtenen Straferkenntnisses, die auf keiner derartigen fachkundigen Beurteilung fußt, den Anforderungen des Konkretisierungsgebotes des § 44a Z. 1 VStG nicht gerecht zu werden vermag.

 

2.2. Davon abgesehen besteht die Zielrichtung des § 16 Abs. 1 PsyThG ohnehin nicht darin, die Werbetätigkeit von Psychotherapeuten für deren Berufsausübung zu reglementieren bzw. zu beschränken; denn dieser Aspekt wurde vom Gesetzgeber im Wege der lex specialis des § 16 Abs. 2 PsyThG gesondert geregelt.

 

Dass der Beschwerdeführer durch die zum Tatzeitpunkt auf seiner Homepage enthaltenen, spezifische Heilbehandlungen betreffende Ankündigungen diesem Verbot zuwiderhandelte, ist zwar – unter der Voraussetzung, dass diese in einem entsprechenden Zusammenhang zu seiner Berufsausübung stehen und es sich insoweit nicht bloß um eine Nebentätigkeit handelte, die ihrerseits wiederum durch Art. 6 StGG geschützt wäre – offenkundig.

 

Ob hier ein derartiger Konnex zur Berufsausübung bestand bzw. keine bloße Nebentätigkeit vorlag, brauchte aber im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht beurteilt zu werden, weil auch insoweit dem Rechtsmittelwerber gegenüber innerhalb der einjährigen Verjährungsfrist des § 31 Abs. 1 VStG keine dementsprechend konkretisierte Verfolgungshandlung gesetzt wurde.

 

3. Da dem Beschwerdeführer somit im Ergebnis ein Verhalten angelastet wurde, das in jener Form, in der dieses spruchmäßig fixiert wurde, keinen Straftatbestand erfüllt, war der gegenständlichen Beschwerde sohin gemäß § 50 VwGVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 38 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 9 VStG weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich zu leisten. 

 

 

V.

 

Revision an den Verwaltungsgerichtshof

 

 

Eine ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

           

 

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f

 

 

 

LVwG-000165/2/Gf/Rt vom 16. August 2016

 

Erkenntnis

 

Normen:

§ 16 PsyThG

§ 23 PsyThG

 

Rechtssätze:

 

* Dass bzw. inwieweit die dem Bf. angelasteten Methoden – wie Schamanismus, Reiki und/oder Silva Mind Control – „unsachliche bzw. unwahre Angaben“ i.S.d. § 16 Abs. 1 PsyThG darstellen, darf nicht als gleichsam „notorisch zutreffend“ unterstellt, sondern muss jeweils – bezogen auf jede konkrete dieser Heilbehandlungen – durch ein entsprechendes Sachverständigengutachten geklärt werden;

 

* Die Zielrichtung des § 16 Abs. 1 PsyThG besteht nicht darin, die Werbetätig-keit von Psychotherapeuten für deren Berufsausübung zu reglementieren bzw. zu beschränken; dieser Aspekt wurde vom Gesetzgeber vielmehr im Wege der lex specialis des § 16 Abs. 2 PsyThG gesondert geregelt;

 

* Hinsichtlich der Frage, ob der Bf. durch die zum Tatzeitpunkt auf seiner Homepage enthaltenen, spezifische Heilbehandlungen betreffenden Ankündigungen diesem Verbot zuwiderhandelte, ist auch unter dem Aspekt zu prüfen, ob diese in einem entsprechenden Zusammenhang zu seiner Berufsausübung stehen oder ob es sich insoweit bloß um eine Nebentätigkeit handelte, die ihrerseits in den Schutzbereich des Art. 6 StGG fällt.

 

 

Beschlagwortung:

 

Psychotherapeuten – Werbeverbot; Berufsausübung; unsachliche und unwahre Angaben; Schamanismus; Reiki; Silva Mind Control; Sachverständige