LVwG-300951/10/BMa/AKe

Linz, 19.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des A.K., x, B., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 11. November 2015, SanRB96-79-2015, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (im Folgenden: ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 1. August 2016,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens beim Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

zu I.    

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma T. Gesellschaft m.b.H in der x, B., zu verantworten, dass die genannte Firma nachstehende Person, bei welcher es sich um eine nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z.3 lit a ASVG (geringfügig beschäftigte) pflichtversicherte Person handelt, ab dem 15.02.2013 beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse als in der Unfallversicherung Pflichtversicherte/r angemeldet wurde, obwohl Abs. 1 auch für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z.3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe gilt, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind. Die genannte Firma wäre als Dienstgeberin verpflichtet gewesen, den/die Beschäftigte(n) vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Meldung nicht erstattet.

 

Name: F.K. geb. x

Arbeitsantritt: 15.02.2013

Beschäftigungsort: x, B.

Tatort: Gemeinde B., x, x

Kontrollzeit: 14.07.2015, 09:00 Uhr

Tatzeitraum: 15.02.2013 - 14.07.2015

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§111 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 33 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz-ASVG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von              Falls diese                                       Gemäß

                                    uneinbringlich ist,

                                    Ersatzfreiheitsstrafe

                                    von

 

730,00 Euro                112 Stunden                                    § 111 ASVG

(Mindeststrafe)

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

73,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 100 € angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

803,-- Euro

 

1.2.      Mit der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom 14. Dezember 2015, die dem LVwG am 3. Februar 2016 gemeinsam mit dem Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt wurde, wurde konkludent die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

 

2.         Das LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde und am 1. August 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Bf und ein Vertreter der Organpartei gekommen sind.

 

Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäfts­verteilung zuständige Einzelrichterin.

 

3.         Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.      Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:

 

A.K. ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma T. Gesellschaft m.b.H. in der x, B. Am 15. Februar 2013 wurde mit Mail von J.B., der von der T. Ges.m.b.H. dazu beauftragt wurde, H.P. mit 14. Februar 2013 als Dienstnehmerin abgemeldet und F.K. ab 15. Februar 2013 angemeldet. Diesem Mail angeschlossen ist das vom Bf handschriftlich ausgefüllte Formular der OÖGKK zur Anmeldung der K.

Von der OÖGKK wurde kein Verfahren gegen den Beschwerdeführer wegen einer Abmeldung in Papierform der P. eingeleitet, jedoch ein solches wegen der Anmeldung der K.

Weil sowohl Ab- als auch Anmeldung mit demselben Mail erfolgt sind, war der Bf der Meinung, dass es hinsichtlich An- und Abmeldungen im Jahr 2013, die jeweils in Papierform und nicht mittels ELDA durchgeführt wurden, keine Probleme geben würde. Dem Bf war auch eine im Internet unter www.wgkk.at ersichtliche Information hinsichtlich Meldungserstattung via ELDA bekannt.

 

Dort wird angeführt: „Neuerungen im Detail Konkret wird ab 01.01.2014 die Erstattung von Papierformularen durch eingetragene Personengesellschaften und juristische Personen generell ausgeschlossen“.

Aufgrund dieser Information war der Beschwerdeführer der Annahme, dass bis zum 1. Jänner 2014 eine An- und Abmeldung per Mail unter Anschluss eines ausgefüllten Formulars zulässig ist.

 

Die Firma des Bf hat im Jahr 2013 nicht über jene Infrastruktur verfügt, die es ihm ermöglicht hätte, die ELDA-Meldung selbst zu erstatten. Die Anschaffung von neuen Geräten und Softwareprogrammen war zu dieser Zeit für den Bf aus budgetären Gründen ebenso wenig möglich, wie die Beauftragung eines Steuerberaters oder Lohnverrechnungsbüros mit dieser Aufgabe.

 

3.2.      Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung am 1. August 2016 ergibt. In dieser Verhandlung hat der Bf dargelegt, es sei für ihn nicht nachvollziehbar gewesen, dass die mit gleichem Mail erstattete Ab- und Anmeldung von Personen in einem Fall zu einer Bestrafung geführt hat und im zweiten Fall als gültige Form der Meldung akzeptiert wurde. Er hat auch die schwierige finanzielle Lage seines Unternehmens im Jahr 2013 dargelegt und sich auf Informationen der WGKK berufen, die über Internet allgemein zugänglich waren. Der Bf hat glaubhaft geschildert, dass die technischen Möglichkeiten zur Übermittlung der ELDA-Meldung nicht vorhanden waren und eine Beauftragung von anderen Personen, die über diese Möglichkeiten verfügt haben, aus finanziellen Gründen nicht möglich war. Aus dem vorliegenden Akt und den Ausführungen des Vertreters der Organpartei konnte nicht geschlossen werden, dass der Bf aufgrund seiner im Jahr 2013 vorhandenen technischen Möglichkeiten in der Lage gewesen war, die Meldung mittels ELDA zu erstatten, oder er die nötige Infrastruktur dafür schaffen hätte können.

 

3.3.        In rechtlicher Hinsicht hat das LVwG erwogen:

 

3.3.1.     Rechtsgrundlagen

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die Unter­lassung dieser Meldung ist gemäß § 111 ASVG strafbar.

Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind (Abs. 2 leg.cit).

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs. 2 ASVG Besonderes für nach § 4 Abs. 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs. 1 Z 3 lit.c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber nach § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs. 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; den­noch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 ASVG vorliegt.

 

Gemäß § 111 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) entgegen den Vorschriften des ASVG u.a. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine derartige Ordnungswidrigkeit ist von der Bezirksverwaltungs-behörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro (bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen), sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungs-strafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 VStG kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln die Geldstrafe bis zu 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder einge­tragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (§ 9 Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 41 Abs. 4 Z 1 ASVG in der zur Tatzeit geltenden Fassung dürfen Meldungen nur dann außerhalb elektronischer Datenfernübertragung ordnungs­gemäß erstattet werden, soweit dies in Richtlinien des Hauptverbandes (§ 31 Abs. 5 Z 29) vorgesehen ist. Diese Richtlinien haben

1.    andere Meldungen insbesondere dann zuzulassen,

a.    wenn eine Meldung mittels Datenfernübertragung für Betriebe unzumutbar ist;

b.    wenn die Meldung nachweisbar durch unverschuldeten Ausfall eines wesent­lichen Teils der Datenfernübertragungseinrichtung technisch ausgeschlossen war.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fort­führung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

3.3.2.     Wie sich aus den Feststellungen ergibt, hat die Firma des Bf im Jahr 2013 nicht über die technischen Möglichkeiten zur Erstattung einer ELDA-Meldung verfügt und es waren auch die finanziellen Mittel zur Beauftragung einer dritten Person, die die Möglichkeit dieser Meldungserstattung hatte, nicht vorhanden.

Damit kommt die Ausnahmeregelung des § 41 Abs. 4 Z 1 lit. a ASVG zur Anwendung, wobei von einer Unzumutbarkeit für den Betrieb des Bf bei der Meldungserstattung via ELDA im Jahr 2013 auszugehen ist. Darüber hinaus hat der Bf sich nachweislich im September 2013 über die Homepage der WGKK erkundigt und konnte aufgrund der dort abgebildeten Information davon ausgehen, dass erst ab 1. Jänner 2014 die Erstattung der Meldung in Form von Papierformularen für eingetragene Personengesellschaften und juristische Personen zur Gänze ausgeschlossen ist.

 

Weil nicht erwiesen werden konnte, dass die Meldung mittels Datenfern­übertragung für den Betrieb des Bf nicht unzumutbar war, war bereits aus diesem Grund der Beschwerde stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen.

 

3.3.3.     Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bf gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG weder einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu tragen.

 

4.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

 

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann