LVwG-300799/2/Kü/BZ

Linz, 23.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde des Herrn A.I., A., x, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H., Dr. U., Mag. M., Mag. L., Mag. F., Mag. L., V., x, vom 19. August 2015, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22. Juli 2015, GZ: SanRB96-14-2015, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG),

 

zu Recht  e r k a n n t:

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG hat der Beschwerdeführer weder einen Kostenbeitrag für das Beschwerde­verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich noch einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.          1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) hat mit dem Straferkenntnis vom 22. Juli 2015, GZ: SanRB96-14-2015, über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungs­übertretung nach § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl Nr. 189/1955 idF BGBl I Nr. 68/2014, eine Geldstrafe in der Höhe von 365 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde dem Bf die Bezahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 36,50 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

Sie haben als Dienstgeber nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, am 06.09.2014 um 11:50 Uhr beschäftigt, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberöster­reichischen Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde.

Sie wären als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Meldung nicht erstattet.

 

Arbeitnehmer:

Q.A., geb. x,

Staatsangehörigkeit: M.

Arbeitsantritt: 06.09.2014 11:50

Beschäftigungsort: X, A.

Tatort: Gemeinde A., A., X

Tatzeit: 06.09.2014, 11:50 Uhr“

 

Begründend wurde nach Darlegung des Sachverhaltes und der maßgeblichen Rechtsgrundlagen im Wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund des durchge­führten Ermittlungsverfahrens unbestritten fest stehe, dass Herr A. zumindest am 06.09.2014 (Kontrolltag) vom Bf beschäftigt worden sei, ob dieser nun Arbeiten an der Außenfassade durchgeführt habe oder im Keller beim Ausmalen geholfen habe, sei nicht relevant. Somit sei der objektive Tatbestand als erfüllt anzusehen. Im gegenständlichen Fall könne nicht von einer Unentgeltlichkeit ausgegangen werden, da Herr A. vom Bf Essen und Trinken erhalten habe. Diese Naturalentlohnung stelle auch ein Entgelt dar. Außerdem hätte der Bf Herrn A. für seine geleistete Hilfe 20 Euro geben wollen. Es könne seitens der belangten Behörde auch von keiner spezifischen Bindung zwischen dem Bf und Herrn A. ausgegangen werden. Wenn Herr A. so ein guter Freund vom Bf wäre, wie dieser behauptet, dann würde A. nicht bei einem Unbekannten nächtigen, den er am Bahnhof erst kennengelernt habe, anstatt beim Bf. Somit würden die Ausführungen der guten Freundschaft als reine Schutzbehauptung gewertet werden.

 

2.         Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 19. August 2015, mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens beantragt werden.

 

Begründend wird in der Beschwerde zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschuldigte Mieter an der Liegenschaft X, A. sei. Das Gebäude stehe im Eigentum der Zeugin H.M.E. Nach eigener Aussage von Frau E. sei der Zeuge J. mit der Anbringung des Vollwärmeschutzes am Haus X beauftragt worden. Dieser habe auch Entgelt für die Sanierung der Fassade von Frau E. erhalten. Der Zeuge A. habe dem Beschuldigten lediglich einen Freundschaftsdienst erwiesen, indem er ihm beim Ausmalen des Kellers geholfen habe. Somit liege jedoch kein Beschäftigungsverhältnis iSd § 2 Abs. 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz vor. Zu dieser Frage komme es insbesondere nicht darauf an, ob „Essen und Trinken frei sei“, ausschlaggebend sei vielmehr, dass eine Unentgeltlichkeit jedenfalls vereinbart gewesen sei bzw. über dieses Thema gar nicht gesprochen worden sei.

 

Bei der Beurteilung, ob ein Gefälligkeitsdienst anzunehmen sei, habe die Behörde alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen. Bei Betrachtung des wahren wirtschaftlichen Gehaltes und nicht der äußeren Erscheinungsform könne nicht davon gesprochen werden, dass zwischen dem Zeugen A. und dem Beschuldigten ein Abhängigkeitsverhältnis der Arbeitskraft bestanden habe. Die belangte Behörde würde dem Beschuldigten vorhalten, „wenn er tatsächlich so ein guter Freund gewesen wäre, warum er denn nicht dann beim Beschuldigten wohnen konnte“. Dieser Vorhalt sei wissentlich falsch gemacht worden, da der Beschuldigte selbst angegeben hätte, dass in seiner Wohnung an der Liegenschaft für weitere Personen kein Platz sei. Ein Übernachten sei daher rein technisch gar nicht möglich gewesen.

 

Wie aus dem Ermittlungsverfahren hervorgegangen sei, sei für die Sanierung bzw. Anbringung des Vollwärmeschutzes Auftragnehmer Herr J. gewesen. Wäre daher der Zeuge Q. von diesem unerlaubt beschäftigt worden, so hätte gegen Herrn J. ein Verfahren eingeleitet werden müssen. Es könne sich daher lediglich um die Frage handeln, ob Herr Q. Herrn A. beim Ausmalen des Kellers geholfen habe. 

 

Zudem hätte die belangte Behörde gegen Verfahrensvorschriften verstoßen. So hätte die belangte Behörde es unterlassen, den Sachverhalt amtswegig zu ermitteln, zu erheben, festzustellen und die notwendigen Beweise aufzunehmen. Weiters wäre dem Beschuldigten das Recht auf Parteiengehör verwehrt worden und hätte die belangte Behörde die Beweiswürdigung vor einer vollständigen Beweiserhebung vorgenommen.

 

3.         Die belangte Behörde hat diese Beschwerde gemeinsam mit dem Verfahrensakt mit Schreiben vom 23. September 2015 dem Landesver­waltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch Einzelrichter zu entscheiden.

 

4.         Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

4.1.      Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

Anlässlich einer Kontrolle am 6. September 2014 in A., X, haben Organe der Finanzpolizei Gmunden Vöcklabruck Herrn Q.A. auf einem Gerüst stehend angetroffen.

 

Frau H.E. ist Besitzerin des Wohnobjektes in A., X, und hat die Arbeiten an der Fassade des Gebäudes (Anbringung eines Vollwärmeschutzes) in Auftrag gegeben. Dieser Auftrag wurde von ihr an Herrn J. vergeben, die Arbeiten wurden (im Wesentlichen) bereits ausgeführt und von ihr auch bezahlt.

 

Der Bf ist Mieter in diesem Wohnhaus.

 

Am Tag der Kontrolle hat der Bf gemeinsam mit Herrn A. den Keller im Objekt X in A. ausgemalt.

 

Der Bf und Herr A. kennen einander bereits seit ca. 14 bis 15 Jahren und pflegen ein freundschaftliches Verhältnis. Herr A. hat dem Bf freiwillig ca.  vier bis fünf Stunden beim Ausmalen des Kellers geholfen. Der Bf hat Herrn A. am Kontrolltag verköstigt, eine geldwerte Leistung für die Hilfe hat Herr A. nicht erhalten bzw. hat Herr A. die ihm vom Bf angebotenen 20 Euro für die Hilfe abgelehnt.

 

4.2.      Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Strafantrag, den Aussagen von Frau E. anlässlich ihrer Einvernahme durch die Kontrollorgane, der Rechtfertigung des Bf sowie dem Beschwerdevorbringen. Im Besonderen stellte Frau E. anlässlich ihrer Einvernahme glaubwürdig dar, dass sie als Hauseigentümerin die Arbeiten an der Außenfassade (Anbringung eines Vollwärmeschutzes) in Auftrag gegeben hat. Zudem sind die Aussagen des Bf nachvollziehbar, als glaubwürdig anzusehen und in sich nicht widersprüchlich.

 

 

II.         Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich:

 

1.         Als Dienstnehmer gilt gemäß § 4 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungs­gesetz (ASVG) derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz entlohnt werden, oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Nach § 33 Abs. 1a leg. cit. kann der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1.   vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versiche­rungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.   die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Nach § 111 Abs. 1 leg. cit. handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.  Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.  Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.  Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.  gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der       Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen,   die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß § 111 Abs. 2 leg. cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2180 Euro, im Wiederholungsfall von 2180 Euro bis 5000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 539 Abs. 1 leg. cit. ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werk­vertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

Nach Abs. 2 können durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.

Ferner ist gemäß Abs. 3 ein Sachverhalt so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

Abs. 4 besagt: Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend.

Gemäß Abs. 5 gelten Grundsätze, nach denen

1.   die wirtschaftliche Betrachtungsweise,

2.   Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie

3.   die Zurechnung

nach den §§ 21 und 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

2.         Für die Beurteilung, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungs­verhältnis vorliegt, kommt es auf das Gesamtbild und den wahren wirtschaftlichen Gehalt der konkret ausgeübten Tätigkeit an. Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicher­weise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH 29.04.2013, 98/08/0270).  

 

Die persönliche Arbeitspflicht ist stets die Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG und damit eines versicherungs­pflichtigen Beschäftigungsverhältnisses.

Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. VwGH 20.03.2014, 2012/08/0024 mwN). Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungs­vorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unter­scheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung (vgl. wiederum VwGH 20.03.2014, 2012/08/0024 mwN).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind als Freund­schafts- oder Gefälligkeitsdienste kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden und die einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (vgl. VwGH 19.12.2012, 2012/08/0165 mwN).

 

3.         Verfahrensgegenständlich wird dem Bf vorgeworfen, dass er Herrn Q.A. am 6. September 2014 um 11:50 Uhr beschäftigt habe, ohne diesen vor Arbeitsbeginn beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet zu haben. Der Begründung des Straferkenntnisses ist zu entnehmen, dass es nicht relevant sei, ob Herr A. nun Arbeiten an der Außenfassade durchgeführt oder im Keller beim Ausmalen geholfen habe.

 

Diesem (nur in Zusammenschau mit der Begründung annähernd vollständigen) Tatvorwurf steht zum einen entgegen, dass die Eigentümerin des Wohnobjektes in der X in A. glaubwürdig in der Vernehmung durch Organe der Finanzpolizei am 1. Dezember 2014 angegeben hat, dass sie mit der Herstellung eines Vollwärmeschutzes einen Herrn J. beauftragt hat, dieser die Arbeiten an der Außenfassade auch durchführte und sie ihn bezahlte. Dass der Bf als Mieter dieses Wohnobjektes Arbeiten an der Außenfassade vergeben und hiefür jemanden beschäftigt hätte, ist somit auszuschließen. Darüber hinaus liegen Arbeiten an der Außenfassade (wie die Anbringung eines Vollwärmeschutzes) nicht im Verfügungsbereich eines Mieters. Die Aussage des Bf in seiner Vernehmung durch die Kontrollorgane, dass sich Herr A. die (bereits durchgeführten) Arbeiten an der Fassade bloß ansehen wollte, erscheint auch nachvollziehbar. Dafür spricht auch, dass laut Strafantrag die Kontrollorgane Herrn A. lediglich auf dem Baugerüst stehend angetroffen haben, jedoch keine Arbeiten an sich festgestellt haben. Der Vorwurf, dass der Bf Herrn A. mit Arbeiten an der Außenfassade beschäftigt habe, ist somit nicht erfüllt.

 

Zum Alternativvorwurf, dass der Bf Herrn A. mit Arbeiten im Keller beschäftigt habe, ist anzumerken, dass der Bf auch angegeben hat, dass Herr A. ihm beim Ausmalen des Kellers geholfen habe. Der Bf wendet allerdings ein, dass es sich um kein Arbeitsverhältnis, sondern um einen Freundschaftsdienst gehandelt hätte. Die belangte Behörde hat diesen Einwand bereits aus dem Grund verworfen, da Herr A. nicht beim Bf genächtigt hätte.  Dazu ist anzumerken, dass eine Nicht-Beherbergung kein ausreichendes Sachverhaltselement darstellt, um das Vorliegen eines Freundschaftsdienstes auszuschließen. Vielmehr entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass – insbesondere wenn auch die räumliche Möglichkeit nicht besteht – die Zurverfügungstellung einer Unterkunft bzw. die Beherbergung nicht Voraussetzung für einen Freundschaftsdienst sein kann. Auch eine Verköstigung ist kein (ausreichender) Beweis dafür, dass eine entgeltliche Tätigkeit in wirtschaftlicher Abhängigkeit vorliegt. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts zählt die Verköstigung eines Freundes durchaus zu den üblichen Gepflogenheiten. Für das Vorliegen eines (unentgeltlichen) Freundschaftsdienstes spricht auch, dass Herr A. die vom Bf angebotene Entschädigung in der Höhe von 20 Euro für seine Mithilfe abgelehnt hat. Die Mithilfe des Herrn A. beim Ausmalen des Kellers des Bf ist somit als freiwilliger und unentgeltlicher Freundschaftsdienst anzusehen.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass der Sachverhalt keine Feststellung dahingehend zulässt, dass Herr A. in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängig­keit Arbeitsleistungen für den Bf erbracht hat. Der Bf ist daher in keinem Fall als Dienstgeber zu werten, weshalb ihn keine Meldepflicht iSd § 33 Abs. 1 ASVG treffen kann. Es ist demnach bereits die objektive Tatseite der gegenständlich vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nicht erfüllt und war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bf gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Landesver­waltungsgericht noch für das verwaltungsbehördliche Verfahren vorzuschreiben.

 

 

III.        Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger