LVwG-601443/8/KLE

Linz, 16.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin        Mag. Karin Lederer über die Beschwerde von S B, R, L, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 27.5.2016, VStV/915301663931/2015 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch die Hausnummer „x“ durch „x“ und die Postleitzahl „4030“ durch „4020“ ersetzt wird.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 10 Euro zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 27.5.2016, VStV/915301663931/2015, wurde nachstehender Spruch erlassen:

„1. Sie haben am 27.10.2015, von 13:25 Uhr bis 13:30 Uhr in 4030 Linz, Wiener Straße x als Lenker(in) des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen x dieses Fahrzeug auf einem Gehsteig zum Halten abgestellt gehabt.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 8 Abs. 4 StVO

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

 

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

gemäß

50,00 Euro

 

0 Tage(n) 23 Stunde(n) 0 Minute(n)

 

§ 99 Abs. 3 lit. a StVO

 

 

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft): -

 

Ferner hat der Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

 

€       als Ersatz der Barauslagen für

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 60,00.“

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und stellte die Anträge, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren gegen ihn einzustellen.

 

Begründend wird ausgeführt:

„Als erstes möchte ich anführen, dass der in Straferkenntnis angeführte Tatort, nämlich 4030 Linz, Wienerstr. x, nicht stimmt. Der richtige Tatort lautet 4020 Linz, Wienerstr. x.

 

Ich bin am 27.10.2015 um 13.30 Uhr als Taxifahrer nur deswegen in der Wiener Straße auf dem Gehsteig gestanden, weil hinter mir ein Notarzt-Auto gefahren ist. Ich bin auf die Seite gefahren, um den Weg frei zu machen. Bevor ich weiterfahren konnte, kam ein Zivilauto der Polizei und parkte vor mir ein. Das alles passierte innerhalb von 2 Minuten und ich saß dabei angeschnallt im Fahrzeug bei laufendem Motor. Ich dachte, dass die Beamten nur stehen geblieben und ausgestiegen sind, da sie mich etwas fragen wollten.

 

Ich habe daher den § 8 Abs. 4 StVO nicht verletzt bzw. habe ich mein Kfz nur kurzfristig auf dem Gehsteig abgestellt, weil es für mich keine andere Möglichkeit gab, den Notarztwagen vorbei fahren zu lassen.“

 

Mit Schreiben vom 30.6.2016 legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vor.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. An dieser nahm der Zeuge RevInsp A S teil.

 

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Beschwerdeführer stellte das KFZ mit dem Kennzeichen x am 27.10.2015 von 13:25 Uhr bis 13:30 Uhr, Wiener Straße x, 4020 Linz auf dem dort befindlichen Gehsteig ab.

  

Im verfahrensgegenständlichen Bereich fand zum Tatzeitpunkt kein Rettungs- oder Notarzteinsatz bzw. eine Einsatzfahrt statt.

 

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere dem im Akt erliegenden Lichtbild, der Aussage des Zeugen, wonach es sich bei der Adresse um einen Tippfehler des Meldungslegers handelt (x statt x) und der Auskunft des S Linz und der Rettungsleitzentrale des Österreichischen R K, Landesverband OÖ.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

§ 8 Abs. 4 StVO:

Die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art und die Benützung von Radfahranlagen mit Fahrzeugen, die keine Fahrräder sind, insbesondere mit Motorfahrrädern, ist verboten. […]

 

§ 26 Abs. 5 StVO:

Alle Straßenbenützer haben einem herannahenden Einsatzfahrzeug Platz zu machen. Kein Lenker eines anderen Fahrzeuges darf unmittelbar hinter einem Einsatzfahrzeug nachfahren oder, außer um ihm Platz zu machen, vor ihm in eine Kreuzung einfahren.

 

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass kein Einsatzfahrzeug (Notarzt- oder Rettungsfahrzeug) zur Tatzeit in der Nähe des Tatortes war. Die Benützung des Gehsteiges mit dem KFZ war dem Beschwerdeführer daher nach § 8 Abs. 4 StVO verboten.

 

Bei der gegenständlichen Übertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weshalb gemäß § 5 Abs. 1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist. Der Beschwerdeführer hat daher die ihm vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Das Verfahren hat keine Umstände ergeben, welche das Verschulden des Beschwerdeführers ausschließen würden.

 

 

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (statt vieler VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. ua. VwSlg 8134 A/1971). § 19 Abs. 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organstrafverfügung, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46 VStG) erfolgt.

Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit Genannten, wie insbes. Verschulden und Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw. Milderungsgründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs. 3 leg cit ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen ua im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels bzw. bisheriger Unbescholtenheit, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung oder, wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl. § 34 StGB).

 

Von der belangten Behörde wurde bei der Strafbemessung als erschwerend gewertet, dass einschlägige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen vorliegen würden. Mildernde Umstände würden nicht vorliegen.

 

Die belangte Behörde hat ihrer Entscheidung mangels Angaben des Bf ein geschätztes monatliches Nettoeinkommen von 1.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten zugrunde gelegt. Diesen Angaben wurde vom  Beschwerdeführer nicht widersprochen.

 

Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

§ 8 Abs. 4 StVO ist eine Schutznorm, deren Zweck in der Vermeidung jedweder Gefährdung oder Behinderung von Fußgängern liegt.

 

Es bedarf daher besonders aus spezialpräventiven, aber auch aus generalpräventiven Überlegungen der verhängten Strafhöhe, um den Beschwerdeführer selbst, als auch die Allgemeinheit darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der straßenverkehrsrechtlichen Verpflichtungen nach § 8 Abs. 4 StVO von wesentlicher Bedeutung ist.

 

Die Geldstrafe von 50 Euro entspricht dem Unrechtsgehalt der begangenen Übertretung, liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und beträgt lediglich ca. 7 % der möglichen Höchststrafe.

 

Eine Herabsetzung der verhängten Strafe kam somit nicht in Betracht.

 

Der Spruch war, wie angeführt, anzupassen, da es sich um ein Versehen bei der Anzeigenlegung handelte.

 

II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde bzw. der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Karin Lederer