LVwG-750347/3/BP/BD

Linz, 26.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des D L,
geb. x, vertreten durch G Rechtsanwälte OG, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. März 2016, GZ: Pol18-5242, mit dem ein Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ abgewiesen wurde,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm. § 47 Abs. 2 iVm. § 11 Abs. 1 Z. 1 und 4 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 122/2015, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Bescheid vom 11. März 2016, GZ: Pol18-5242, wies die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) den Erstantrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ gem. § 11 Abs. 2 Z. 1 iVm Abs. 4 und § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (im Folgenden: NAG) als unbegründet ab.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst Folgendes aus:

Sie haben am 09.02.2016 bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" eingebracht.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23.02.2016 wurden Sie über das Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt.

 

Dazu haben Sie, vertreten durch Ihren Rechtsanwalt, folgende Stellungnahme eingebracht:

 

„Ich habe eine Beschäftigungszusage, wonach ich € 1.400,00 brutto monatlich als Reinigungskraft bei der Firma S Gebäudedienste bei Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels ins Verdienen bringen werde. Es entspricht dies einen Monatsnettoeinkommen von € 1.150,00 gerundet. Unter Berücksichtigung des 13. und 14. Monatsgehalts entspricht dies einen tatsächlichen Monatsnettoeinkommen von € 1.340,00, wonach ich jedenfalls die Voraussetzungen für die Erteilung der Einkommensbewilligung erfülle. Meine Gattin verdient monatlich € 708,74, wie sie in der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 23.02.2016 anführen. Insgesamt ergibt dies daher ein Monatsnettoeinkommen von € 2050,00 gerundet. Abzüge davon sind jedenfalls nicht vorzunehmen, sodass sich entgegen der Verständigung von dem Ergebnis der Beweisaufnahme kein Negativdifferenzbetrag ergibt, sondern verbleibt ein Betrag von € 590,00 gerundet Weswegen die Behörde hier Abzüge vornimmt vom Einkommen für die monatlichen Aufwendungen ist mir nicht nachvollziehbar und auch nicht rechtsrichtig.

 

Unabhängig davon würde sich für meine Gattin und die beiden minderjährigen Kinder die Situation nur verbessern. Anstatt eines Familieneinkommens von € 708,00 würde dies ein wesentlich höheres Einkommen bedeuten. Nach diesem Einkommen wäre ich jedenfalls ohne die Unterhaltsverpflichtungen für meine Gattin und die beiden minderjährigen Kinder Selbsterhaltungsfähig im Sinne des Gesetzes. Selbst wenn man meine obigen Ausführungen nicht zugrunde legen würde, würde die Verbesserung der finanziellen Ausgangslage für meine Familie insgesamt einen besonders berücksichtigungswürdigen Grund im Sinne des Gesetzes darstellen, zumal angesichts des äußerst geringen Einkommens meiner Gattin sich die Situation erheblich verbessern würde. Ich beantrage daher, es möge der beantragte Aufenthaltstitel erteilt werden."

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesondere aus den, Ihrem Antrag beigefügten Unterlagen.

 

(...)

 

Sie haben Ihr gesamtes Leben in Ihrem Heimatland verbracht. Ihre Ehe mit Frau B L wurde  am 11.07.2015 geschlossen.

 

Nach Prüfung Ihres Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK kommt die hs. Niederlassungsbehörde zum Ergebnis, dass die Abweisung Ihres Antrages zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten und somit zulässig ist.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des rechtsfreundlich vertretenen Bf vom 5. April 2016, worin ua. ausgeführt wird:

Mir wurde am 15.03.2016 der bekämpfte Bescheid der belangten Behörde vom 1103.2016 zur Geschäftszahl Poll 8-5242 zugestellt.

Ich erhebe durch meine ausgewiesenen Rechtsvertreter binnen offener Frist

 

Beschwerde

an das Verwaltungsgericht.

 

ich ziehe als Beschwerdegrund die unrichtige rechtliche Beurteilung heran.

 

Die belangte Behörde begründet den bekämpften Bescheid im Wesentlichen zusammengefasst damit, ich würde zu wenig ins Verdienen bringen und sei daher die Voraussetzung gem. § 4 Abs. 2 Z1 iVm Abs. 4 NAG wie auch der Versagungsgrund des Abs. 2 Z4 iVm Abs. 5 leg. cit. erfüllt.

 

Ich habe der Behörde einen Dienstvertrag vorgelegt, wonach ich monatlich € 1.400,00 (brutto) verdienen werde. Ich werde dementsprechend monatlich rund € 1.150,00 netto, unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen € 1.341,00, verdienen. Meine Gattin verdient im Schnitt € 708,74, sodass sich ein monatlich durchschnittliches Einkommen von € 2.049,74, gerundet € 2.050,00, ergibt. Bei zwei Sorgepflichten für unsere gemeinsamen minderjährigen Kinder ergibt sohin eindeutig, dass die von der belangten Behörde herangezogenen Versagungsgründe nicht vorliegen. Tatsächlich ist hinreichend Einkommen vorhanden und nachgewiesen, dass ich hinreichend Unterhalt für mich und meine Familie zur Verfügung habe. Doch selbst wenn man die unrichtige Ansicht der belangten Behörde vertreten und davon ausgehen würde, dass die Versagungsgründe gegeben wären (was selbstverständlich weiterhin bestritten wird), müsste man bei Anwendung der Bestimmungen gem. § 11 Abs. 3 NAG zu dem Ergebnis kommen, dass trotz der Mangelung der Voraussetzung der beantragte Aufenthaltstitel zu erteilen ist. Es ist dem nämlich dann dennoch Folge zu geben, wenn dies im Sinne des Artikel 8 EMRK zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens geboten ist, wobei insbesondere zu berücksichtigen sind die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war, sowie das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaates Drittstaatsangehörigen, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts und die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.

 

Sowohl die Ehegattin als auch die beiden minderjährigen Kinder leben rechtmäßig in Österreich und sind hier niedergelassen. Anhand der voranbeschriebenen flexiblen Kriterien, die im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung anzuwenden sind, ist die Anwendung des Artikels 8 EMRK sowie Erteilung trotz Vorliegens eines allfälligen Erteilungshindernisses gem. § 11 Abs. 3 NAG geradezu geboten. Gegenständlicher Versagungsgrund ist, würde man der Argumentation der belangten Behörde folgen, die nicht hinreichenden Unterhaltsmittel. Durch die Erteilung des Aufenthaltstitels würde die Familie, die derzeit € 708,74 zur Verfügung hat, plötzlich weitere € 1.341,00 netto im Monatsschnitt zur Verfügung haben. Dies ist beinahe das Dreifache. Auch sonst kann ich nur bei Erteilung des Aufenthaltstitels mein Familienleben ausüben, sodass die Anwendbarkeit geradezu geboten scheint.

 

Zusammengefasst ist daher auch aus diesem Aspekt die Entscheidung der belangten Behörde verfehlt.

 

Es werden daher gestellt nachstehende Anträge:

 

Es wolle der Beschwerde stattgegeben, der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben und der am 09.02.2016 beantragte Aufenthaltstitel „Familienangehöriger" erteilt werden; in eventu der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen werden; jedenfalls eine mündliche Verhandlung anberaumt werden.

 

3.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 8. April 2016 von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vorgelegten Verwaltungsakt.

 

3.2. Mit E-Mail vom 25. April 2016 übermittelte der Rechtsvertreter des Bf folgende Stellungnahme:

In umseits bezeichneter Angelegenheit wird wie telefonisch besprochen erstattet nachstehende

 

Stellungnahme:

 

Die beiden minderjährigen Kinder sind - entgegen des bisherigen aufgrund eines Missverständnisses erstatteten Vorbringens - nicht die leiblichen Kinder des Beschwerdeführers. Vielmehr sind es die Kinder der Gattin des Beschwerdeführers aus erster Ehe. Der Kindesvater zahlt auch Unterhalt für die beiden minderjährigen Kinder, sodass diese dem Antragsteller/Beschwerdeführer als Belastung nicht angerechnet werden können und dadurch die belangte Behörde von einem unrichtigen Richtsatz ausgegangen ist.

 

Bevor der Antragsteller/Beschwerdeführer seine Ehegattin ehelichte, führte er ca. 1 Jahr eine Lebensgemeinschaft mit ihr. Insgesamt besteht die Beziehung seit ca. 2 Jahren.

 

Die Ehegattin des Antragsteilers/Beschwerdeführers ist österreichische Staatsbürgerin seit ca. 16 Jahren. Auch die minderjährigen Kinder der Ehegattin des Antragstellers/Beschwerdeführers sind österreichische Staatsangehörige.

 

Der Antragsteller/Beschwerdeführer hatte in Österreich noch nie einen Aufenthaltstitel. Er spricht Deutsch auf A1-Niveau.

 

Der Antragsteller/Beschwerdeführer hat eine Tante in Salzburg, zu der er allerdings wenig Kontakt pflegt. Die übrigen Familienangehörigen leben in Bosnien. Es handelt sich dabei um seine Mutter, zwei Brüder und eine Schwester.

 

Der Antragsteiler/Beschwerdeführer ist gelernter Maschinentechniker und ist in Österreich gerichtlich unbescholten.

 

In Einem wird mitgeteilt, dass der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen wird. Im Übrigen wird beantragt, es möge der Beschwerde Folge gegeben werden.

 

3.3. Nachdem der relevante Sachverhalt völlig unbestritten und geklärt vorliegt, im Verfahren bloß Rechtsfragen zu klären sind und im Übrigen auch der ursprünglich gestellte Parteienantrag in der oa. Stellungnahme vom 25. April 2016 zurückgezogen wurde, erübrigte sich die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

 

4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von dem unter den Punkten I.1. und I.3.2. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

 

II.

 

Aufgrund des geklärten Sachverhalts kann auf eine detaillierte Beweiswürdigung verzichtet werden. Es ist festzuhalten, dass die in der Stellungnahme vom 25. April 2016 gemachten Angaben durchaus als glaubwürdig anzuerkennen sind.

 

 

III.

 

1.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B VG erkennen ab 1. Jänner 2014 die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.

1.2. Gemäß § 47 Abs. 2 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes 2005 – NAG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 122/2015, ist Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.

Gemäß § 47 Abs. 1 NAG sind Zusammenführende im Sinne der §§ 47 Abs. 2 bis 4 NAG Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.

 

Gemäß § 11 Abs. 2 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte

5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

 

§ 11 Abs. 4 NAG normiert, dass der Aufenthalt eines Fremden dem öffentlichen Interesse widerstreitet, wenn

1. sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde oder

2. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden kann.

 

Gemäß § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBL Nr. 189/1955. entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur-der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

 

Durch die demonstrative Aufzählung von „Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen" soll verdeutlicht werden, dass die individuelle Situation des Antragstellers oder des im Falle einer Familienzusammenführung für ihn Aufkommenden, die Höhe der erforderlichen Unterhaltsmittel beeinflusst, weshalb die tatsächliche Höhe der Lebensführungskosten als relevanter Faktor mit zu berücksichtigen ist.

 

Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen sind daher vom (Netto)Einkommen in Abzug zu bringen, jedoch nur insoweit, als sie ziffernmäßig über dem in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG genannten „Freibetrag" liegen und schmälern insofern die zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel.

 

2.1. Aus dem vorliegenden Sachverhalt ergibt sich, dass als Zusammenführende im Sinne des § 47 Abs. 1 und 2 NAG die nunmehrige Ehegattin des Bf (eine österreichische Staatsangehörige) anzusehen ist. Zur Erlangung des intendierten Aufenthaltstitels bedarf es gemäß § 47 Abs. 2 NAG der Erfüllung der Voraussetzungen des ersten Teiles des NAG. Im Verfahren vor der belangten Behörde war dabei insbesondere die Frage strittig, ob das zu erwartende Familieneinkommen als ausreichend anzusehen ist, um die Gefahr der finanziellen Belastung öffentlicher Mittel durch den Aufenthalt des Bf auszuschließen.

 

2.2. Da der Aufenthalt eines Fremden gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 NAG zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen darf, muss also der Bf und seine Gattin ein monatliches Einkommen erzielen, das über dem derzeit geltenden ASVG-Richtsatz liegt und zudem Kosten für den Wohnungsaufwand und eventuelle Kredite abdeckt. Der Richtsatz für ein Ehepaar und 2 minderjährige Kinder beträgt im Jahr 2016 1.596 Euro (1.323,58 + [2x 136,21]) monatlich.

 

In der Stellungnahme vom 25. April 2016 wendet sich der Bf gegen die Einbeziehung der Richtsätze für die beiden minderjährigen Kinder, zumal diese nicht seine leiblichen seien und vom ersten Ehegatten der Bf (dem leiblichen Vater) Alimente beziehen würden. Diese Intention findet aber in den derzeit geltenden Regelungen keinen Widerhall, da lediglich Unterhaltszahlungen des ehemaligen Ehemannes an die Gattin des Bf zu berücksichtigen wären (vgl. VwGH vom 28. März 2012, Zl. 2012/22/0211).

 

2.3. Aus den vorgelegten Unterlagen der Gattin des Bf ist ersichtlich, dass diese im Dezember 2015 ein Einkommen von 645,85 Euro und im Jänner 2016 ein Einkommen von 569,14 erzielte, bei Berücksichtigung des 13. und 14. Gehaltes, ergibt dies ein monatliches Durchschnittseinkommen von 708,74 Euro. Vom Bf wurde ein Dienstvertrag vorgelegt, in dem dem Bf bescheinigt wird, dass bei Einstellung dessen Lohn 1.400 Euro brutto/Monat betragen wird. Nach Abzug von Steuern und Berücksichtigung des 13, und 14. Bezugs ergibt dies einen monatlichen Durchschnittslohn von 1.145,58 Euro, Somit beträgt das durchschnittliche (gemeinsame) monatliche Einkommen in Zukunft voraussichtlich 1.854,32 Euro. Die Mietbelastungen belaufen sich auf 557,95 Euro monatlich, nach Abzug des Wertes der freien Station bleibt ein Restbetrag von 275,89 Euro/monatlich, die monatlichen Kreditbelastungen belaufen sich auf 291 Euro. Nach Abzug der Miete und der monatlichen Kreditbelastungen bleibt ein gesamtes verfügbares Einkommen von 1.287,43 Euro/monatlich. Wie oben dargestellt beträgt der Richtsatz für ein Ehepaar und 2 minderjährige Kinder 1.596 Euro/monatlich. Somit bleibt ein monatlicher Differenzbetrag von -308,57 Euro.

 

Die Grundlagen dieser von der belangten Behörde angestellten Berechnung wurden im Wesentlichen vom Bf auch nicht beanstandet. Insoweit er in der Beschwerde bei sich selbst von einem etwas höheren zu erwartenden durchschnittlichen Monatseinkommen ausgeht, ist festzuhalten, dass auch bei Zugrundelegung seiner eigenen diesbezüglichen Berechnung der fehlende Differenzbetrag nicht entscheidend geschmälert würde.

 

2.4. Aus diesem Grund besteht – der belangten Behörde folgend – die begründete Gefahr, dass ein Aufenthalt des Bf im Bundesgebiet der Republik Österreich zu einer finanziellen Belastung einer öffentlichen Gebietskörperschaft führen wird. Des Weiteren gefährdet dieser Mangel an Unterhaltsmittel die öffentliche Ordnung und Sicherheit (vgl. ua. VwGH 30. Jänner 2007, 2006/18/0448).

 

Im oben zitierten Erkenntnis führt der VwGH aus, dass nach ständiger Judikatur aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr der finanziellen Belastung der Republik Österreich und die Gefahr der illegalen Beschaffung der Mittel zum Unterhalt resultiert. Vermag ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen, so ist sowohl der Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 NAG als auch der Versagungsgrund des Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 leg.cit. erfüllt.

 

Dass der Aufenthalt des Bf – und damit verbunden sein zu erwartendes zusätzliches Einkommen – das Familieneinkommen steigern würde, wie in der Beschwerde ausgeführt, erscheint auf den ersten Blick zwar zutreffend; allerdings ist auszuführen, dass die zu prüfenden Kriterien des NAG nicht das Familieneinkommen per se, sondern im Bezug auf den Aufenthalt des Bf zum Inhalt haben und unter Zugrundelegung der entsprechenden Maßstäbe nicht erfüllt werden.

 

Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung somit zu Recht auf § 11 Abs. 2 Z. 1 und 4 NAG.

 

3.1. Gemäß § 11 Abs. 3 NAG kann ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzungen gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei-und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.

 

Art. 8 Abs. 2 EMRK normiert, dass eine Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen darf, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist sohin eine Interessensabwägung vorzunehmen, die sowohl das öffentliche Interesse an einem geordneten Niederlassungswesen als auch das Privat- und Familienleben der betroffenen Personen einander gegenüber stellt. Aufgrund seiner Eheschließung mit einer österreichischen Staatsangehörigen im Juni 2015 ist durch die Versagung des Aufenthaltstitels grundsätzlich das Privat- und Familienleben des Bf tangiert. 

 

3.3. Zunächst ist auszuführen, dass der sich der Aufenthalt des Bf im Bundesgebiet auf Besuche beschränkt und keinerlei legale Voraussetzungen für einen dauerhaften Aufenthalt festgestellt werden konnten.

 

Die in Rede stehende Ehe wurde zwar im Jahr 2015 (die Beziehung der nunmehrigen Gatten besteht seit ca. 2 Jahren) geschlossen; allerdings ist festzuhalten, dass von einem gemeinsamen Haushalt im Bundesgebiet nicht dauerhaft ausgegangen werden kann, zumal der Bf ja zu einem längerfristigen Aufenthalt nicht berechtigt war und ist.

 

Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens scheint kaum betroffen zu sein, da dieses sich unter der Prämisse entwickelte, dass die Ehegattin und deren Kinder in Österreich lebten, der Bf aber in seinem Heimatland aufhältig ist. Überdies kann angesichts der Verehelichung vor noch nicht einmal einem Jahr von keiner langfristigen und daher besonders schutzwürdigen Verbindung ausgegangen werden. Insbesondere gilt dies auch für die zu berücksichtigenden Interessen der Ehegattin, die die Verbindung im Bewusstsein eingegangen war, dass ihr nunmehriger Gatte nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist. Auch die Interessen der beiden Kinder, deren leiblicher Vater der Bf nicht ist, wie sich im Verfahren ergab, scheinen wenig schutzwürdig.

 

Der Bf kann bislang auf keine berufliche Integration im Bundesgebiet  verweisen, zumal er lediglich über einen Einstellungsvertrag verfügt, in Österreich aber offensichtlich am Arbeitsmarkt nicht als integriert gelten kann. Mit Ausnahme des Umstandes, dass der Bf über die Deutschprüfung auf A1 Niveau verfügt, sind keinerlei Momente für eine gelungene soziale Integration zu entdecken.

 

In Österreich lebt lediglich eine Tante des Bf, zu der er aber – nach eigenen Angaben – keinen engen Kontakt pflegt. Hingegen kann der Bf in seinem Heimatland fraglos als sprachlich, kulturell und auch sozial integriert gelten.

 

Strafrechtliche Verurteilungen liegen gegen den Bf in Österreich nicht vor. Eine ihm angelastete Übertretung des FPG wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wegen Spruchmangels ersatzlos behoben, weshalb dem Bf ein Verstoß gegen Fremden- oder Asylrecht nicht vorgehalten werden kann.

 

Das Privat- und Familienleben entwickelte sich fraglos während eines unsicheren Aufenthaltsstatus des Bf, zumal der Bf eben nicht zu längeren Aufenthalten in Österreich berechtigt war. Überlange Verfahrensdauer kann den Behörden jedenfalls nicht vorgeworfen werden. 

 

3.4. Unter Berücksichtigung der oa. Umstände kann keinesfalls von einem Überwiegen der persönlichen Interessen des Bf bzw. der betroffenen Familienangehörigen (österreichische Staatsbürger) ausgegangen werden, weshalb sich der Bf auch nicht zielführend auf § 11 Abs. 3 NAG stützen kann. 

 

4. Es war somit im Ergebnis die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, der angefochtene Bescheid zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Bernhard Pree