LVwG-601440/7/KOF/MSt

Linz, 30.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter          Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn E-C T, geb. 1985, gegen
das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom
05. Oktober 2015, GZ: VerkR96-904-2015, wegen Übertretungen des KFG und des FSG, nach der am 18. August 2016 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I./1.:

Betreffend Punkt 1) des behördlichen Straferkenntnis (§ 82 Abs.8 KFG) wird der Beschwerde stattgegeben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Der Beschwerdeführer hat weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten zu entrichten.

 

I./2.:

Betreffend Punkt 2) des behördlichen Straferkenntnis (§ 1 Abs.3 FSG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 52 Abs.1 und Abs.2 VwGVG hat der Beschwerdeführer
einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe
von 146 Euro zu leisten.

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

„Fahrzeug: Kennzeichen HO-....., PKW, Marke, Type, Farbe

 

1)          Sie haben als Benutzer eines Fahrzeuges mit einem ausländischen Kennzeichen dieses länger als 1 Monat nach der Einbringung des Fahrzeuges nach Österreich verwendet, obwohl Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundes-gebiet eingebracht und in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen sind.

Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 KFG ist

nur während eines Monats ab ihrer Einbringung in das Bundesgebiet zulässig.

Das KFZ wurde am 26.09.2013 in Österreich eingebracht.

Sie haben Ihren Hauptwohnsitz in Österreich und haben das KFZ

zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort verwendet.

Tatort: Gemeinde Franking, Gemeindestraße Ortsgebiet, Holzleithen 8,

Letzte Wahrnehmung / Verwendung in 5131 Franking, Holzleithen nächst Nr. 31.

Tatzeit: 26.09.2013, 16:30 Uhr bis 26.01.2015, 11:55 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 82 Abs.8 2.Satz KFG

 

2)  Sie haben das angeführte Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt, obwohl Sie nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung der betreffenden Klasse, in die das gelenkte Kraftfahrzeug fällt, waren, da Ihnen diese mit Bescheid entzogen wurde. Behörde: Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn,

Bescheid vom 20.01.2015, GZ.: VerkR21 -27-2015/BR

Tatort: Gemeinde Franking, Landesstraße Ortsgebiet, Holzöster, Holzöster Landesstraße Richtung/Kreuzung: von Franking Richtung Holzöster Nr. 1010 bei km 1.175, 1. Wahrnehmung: L 1010, StrKm 1,175;

Anhalte-, Kontrollort: nächst Holzöster 31, 5131 Franking.

Tatzeit: 26.01.2015, 11:55 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 37 Abs.1 FSG i.V.m. § 1 Abs.3 FSG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von        falls diese uneinbringlich ist,                                       gemäß

         Ersatzfreiheitsstrafe von

220 Euro                 96 Stunden                                § 134 KFG

730 Euro               337 Stunden            § 37 Abs.1 FSG i.V.m. § 37 Abs.4 Z1 FSG

 

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

95 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10,00 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100,00 Euro);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher .......................... 1.045 Euro.“

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bf innerhalb offener Frist

eine begründete Beschwerde erhoben.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:

 

Am 18. August 2016 wurde beim LVwG Oö. eine öffentliche mündliche
Verhandlung (mVh) durchgeführt. Zu dieser mVh ist der Bf – trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung – unentschuldigt nicht erschienen.

 

Ist der Bf - trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung - ohne triftigen Grund und damit unentschuldigt iSd § 45 Abs.2 VwGVG bzw. 19 Abs.3 AVG iVm § 17 VwGVG zur mVh nicht erschienen, erweisen sich sowohl die Durchführung der mVh, als auch die Verkündung (Fällung)  des  Erkenntnisses in dessen Abwesenheit  als  zulässig;

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, E2, E5, E6, E22 zu § 51f VStG (Seite 1048 und 1051) zitierten Erkenntnisse des VwGH sowie VwGH vom 31.01.2005,  2004/03/0153; vom 20.04.2004, 2003/02/0291;   

                    vom 30.01.2004, 2003/02/0223; vom 03.09.2003, 2001/03/0178;

                    vom 18.11.2003, 2001/03/0151; vom 25.02.2010, 2009/09/0146;

                    vom 20.10.2010, 2009/02/0292; vom 29.06.2011, 2007/02/0334.

VwGH vom 18.06.2015,  Ra 2015/20/0110

    

Es fällt einzig und allein dem Bf – und nicht dem LVwG – zur Last, wenn der Bf von der ihm durch die ordnungsgemäße Ladung zur Verhandlung gebotenen Gelegenheit zur Kenntnisnahme der Beweisergebnisse und Stellungnahme dazu, durch sein Nichterscheinen keinen Gebrauch macht;

VwGH vom 16.10.2009, 2008/02/0391; vom 03.09.2003, 2001/03/0178 unter Verweis auf das Erkenntnis vom 29.01.2003, 2001/03/0194;

vom 29.06.2011, 2007/02/0334; vom 25.06.2013, 2012/08/0031 und

vom 05.09.2013, 2012/09/0131 jeweils mit Vorjudikatur

 

An der mVh hat der Meldungsleger, Herr Gr.Insp. A. B., PI O. teilgenommen und zeugenschaftlich folgendes ausgesagt:

 

 

 

 

Am 24. Jänner 2015 habe ich dem Bf den Führerscheinentziehungsbescheid
der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20.01.2015, VerkR21-27-2015 persönlich ausgefolgt und dabei dessen deutschen Führerschein eingezogen.

 

Dies war – soweit erinnerlich – meine erste Begegnung mit dem Bf.

 

Nur zwei Tage später, am 26. Jänner 2015 um ca. 11:55 Uhr war ich allein mit dem Dienst-PKW in der Gemeinde Franking, Ortschaft Holzöster, unterwegs.

Dabei begegnete mir der Bf, welcher einen PKW lenkte.

Ich habe sofort umgedreht und bin ihm nachgefahren und habe ihn angehalten.

Die Anhaltung war beim Parkplatz beim Holzöstersee.

 

Bei der darauffolgenden Amtshandlung habe ich den Bf darauf hingewiesen,
dass ich ihm zwei Tage zuvor den Führerscheinentziehungsbescheid ausgefolgt und seinen Führerschein eingezogen habe.

Weiters hatte ich ihm damals erklärt, er dürfe nicht mehr mit dem PKW fahren.

 

Der Bf gab zur Antwort, er dachte,

dieser Führerscheinentziehungsbescheid gelte noch nicht.

 

Ich stelle nochmals ausdrücklich fest,

dass es sich beim Lenker um den Bf handelte.

 

Ich habe ihm den Fahrzeugschlüssel abgenommen und ihn darauf hingewiesen, dass er den PKW stehen lassen müsse.

 

Glaublich am selben Tag (26.01.2015) kam ein Bekannter des Bf auf die Dienststelle. Dieser wies mir den Führerschein vor, sodass ich ihm den Fahrzeugschlüssel ausfolgen konnte.

 

Vor dem 26. Jänner 2015 habe ich keine Wahrnehmung gemacht,

dass der Bf mit diesem PKW gefahren ist.

Am 24.01.2015 – am Tag der Führerscheinabnahme bzw. Ausfolgung des Entziehungsbescheides – war ich am Wohnsitz des Bf und es stand auch dieser PKW vor seinem Wohnsitz.

Ich habe jedoch an diesem Tag nicht wahrgenommen, dass er tatsächlich mit diesem PKW gefahren ist.

 

Anmerkung:  Der Name des Bf wurde durch die Wendung „Bf“

                    – in der jeweils grammatikalisch richtigen Form – ersetzt.

 

 

Der amtshandelnde Polizeibeamte hat bei der mVh einen sehr glaubwürdigen und   kompetenten Eindruck hinterlassen, den Ablauf der Amtshandlung ausführlich und detailliert geschildert und in keiner Weise bei der Einvernahme den Anschein erweckt, den Bf in irgendeiner Art und Weise ungerechtfertigt belasten zu wollen;

VwGH vom 23.01.2009, 2008/02/0247; vom 31.05.2012, 2012/02/0082.

 

Zu Punkt 1. des behördlichen Straferkenntnisses:

 

Der amtshandelnde Polizeibeamte hat – siehe dessen Zeugenaussage bei der mVh – den Bf zur Tatzeit (26.01.2016) erstmals beim Lenken des verfahrens-gegenständlichen KFZ beobachtet.

 

Der Beweis, dass der Bf im Zeitraum vor dieser Amtshandlung tatsächlich
den verfahrensgegenständlichen PKW und zwar für den Zeitraum von mindestens 1 Monat gelenkt hat, kann somit nicht erbracht werden.

 

Gemäß dem Grundsatz „in dubio pro reo“ war daher der Beschwerde stattzugeben, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und auszusprechen, dass der Bf weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten zu bezahlen hat.

 

Zu Punkt 2. des behördlichen Straferkenntnisses:

 

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.

 

Gemäß § 32 Abs.2 VStG sind Verfolgungshandlungen – unter anderem –

eine Aufforderung zur Rechtfertigung sowie das behördliche Straferkenntnis

und zwar auch dann, wenn der Beschuldigte von dieser Verfolgungshandlung keine Kenntnis erlangt hat.

 

Entscheidungswesentlich ist einzig und allein, dass die Verfolgungshandlung innerhalb der Verjährungsfrist abgefertigt – z.B. zur Post gegeben – worden ist; siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage,

E 207 zu § 32 VStG (Seite 640) zitierte Judikatur des VwGH.

 

Im vorliegenden Fall wurden sowohl die Aufforderung zur Rechtfertigung vom
04. Februar 2015, als auch das behördliche Straferkenntnis vom 05. Oktober 2015

innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist an den Bf gesendet. –

Die Verfolgungsverjährung ist somit – entgegen den Vorbringen des Bf –

nicht eingetreten.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH genügt betreffend die Feststellung
der Lenkereigenschaft die Zeugenaussage eines Polizeibeamten, welcher den Lenker persönlich kannte;  VwGH vom 24.01.2006, 2004/02/0223;

vom 27.05.2004, 2003/03/0253; vom 25.07.2003, 2002/02/0175;

vom 20.07.2001, 2000/02/0076 und vom 26.11.1999, 99/02/0218.

 

Der amtshandelnde Polizeibeamte, Herr Gr.Insp. A. B. kannte den Bf

bereits aufgrund einer zwei Tage zuvor durchgeführten Amtshandlung.

 

Somit steht fest, dass der Bf – obwohl ihm zwei Tage zuvor die Lenkberechtigung rechtswirksam entzogen wurde – zur Tatzeit und am Tatort den

verfahrensgegenständlichen PKW gelenkt hat.

 

Betreffend den Schuldspruch war daher die Beschwerde abzuweisen.

 

Bei der über den Bf verhängten Geldstrafe (730 Euro) handelt es sich nahezu

um die Mindeststrafe nach § 37 Abs.4 Z1 FSG.

 

Die Beschwerde war somit – trotz der geringen Einkommensverhältnisse des Bf – auch hinsichtlich der Strafbemessung abzuweisen.

 

Gemäß § 52 Abs.1 und Abs 2 VwGVG hat der Bf einen Beitrag zu den Kosten
des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe zu bezahlen.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag
der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) und/oder einer außerordentlichen Revision
beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

 

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s e

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim VwGH einzubringen.

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als gegenstandslos.                                                   

Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler