LVwG-650688/4/WP

Linz, 09.09.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Peterseil über die Beschwerde des F S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 28. Juli 2016, GZ: VerkR21-143-2016, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen AM, A, B, BE und F

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Bisheriges Verwaltungsgeschehen:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis (in der Folge kurz: belangte Behörde) vom 28. Juli 2016 wurde dem Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf) die Lenkberechtigung für die Klassen AM, A, B, BE und F „für die Dauer von 4 Monaten, gerechnet ab dem Tag der freiwilligen Abgabe, das war der 13. Juni 2016, bis einschließlich 13. Oktober 2016“ entzogen. Er wurde zudem verpflichtet, sich einer Nachschulung zu unterziehen. Es wurde festgestellt, die Entziehung ende nicht vor Befolgung dieser Maßnahme.

 

Die Entziehung der Lenkberechtigung begründet die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass der Bf am 11. Juni 2016 um 22:25 Uhr einen näher bezeichneten PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, wobei die Untersuchung der Atemluft auf Alkohol mittels Messgerät einen Alkoholgehalt von 0,66 mg/l ergab.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der von der belangten Behörde angenommene Sachverhalt wird vom Bf – an keiner Stelle seines Beschwerdeschriftsatzes – bestritten. In rechtlicher Hinsicht bringt der Bf allerdings – mit Verweis auf seine derzeitigen schwierigen privaten und beruflichen Lebensumstände – vor, es möge von der Entziehung der Lenkberechtigung der Klasse F abgesehen werden, da die Entziehung der Lenkberechtigung dieser Klasse schwere wirtschaftlichen Folgen hätte und in weiterer Folge sein Betrieb beinahe zum Stillstand geriete. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wird vom Bf – trotz entsprechendem Hinweis im angefochtenen Bescheid – nicht beantragt.

 

3. Mit (nicht rechtskräftigem) Straferkenntnis der belangten Behörde vom 8. September 2016, GZ: VerkR96-4453-2016, wurde der Bf (ua) wegen des Vorfalls vom 11. Juni 2016 verwaltungsbehördlich bestraft. Begründend wird im Hinblick auf die Erfüllung des objektiven Tatbestandes ausgeführt, der Bf habe anlässlich seiner Vorsprache bei der belangten Behörde die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht bestritten.

 

4. Mit Schreiben vom 16. August 2016, beim Landesverwaltungsgericht Ober­österreich am 22. August 2016 eingelangt, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt mit dem Ersuchen um Entscheidung vor.

 


 

II.            Beweiswürdigung und festgestellter Sachverhalt:

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt samt der darin enthaltenen Schriftsätze des Bf. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ergab sich daraus widerspruchsfrei.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht geht daher von folgendem entscheidungs­relevanten Sachverhalt aus:

 

2.1. Der Bf lenkte am 11. Juni 2016 um ca 22:25 Uhr seinen PKW (amtliches Kennzeichen im Akt) in Waldzell auf dem Güterweg Baumgarten in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, wobei die Untersuchung der Atemluft auf Alkohol mittels Messgerät einen Alkoholgehalt von 0,66 mg/l ergab.

 

2.2. Mit (nicht rechtskräftigem) Straferkenntnis der belangten Behörde vom 8. September 2016, GZ: VerkR96-4453-2016, wurde der Bf (ua) wegen des Vorfalls vom 11. Juni 2016 verwaltungsbehördlich bestraft.

 

3. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gem § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden, da der Sachverhalt vom Bf nicht bestritten wird, keine (ergänzende) Beweiswürdigung vorzunehmen und auch keine Rechtsfrage zu beantworten war, die die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erfordert hätte (vgl etwa VwGH 16.11.2015, Ra 2015/11/0091).

 

 

III.           Rechtslage:

 

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Führerscheingesetzes (FSG) lauten auszugsweise wie folgt:

 

Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

1. […],

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

3. […]

 

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7 (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

(2) […]

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

 

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24 (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

 

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder […]

 

(2) […]

 

(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

 

1. […]

2. […]

3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960.

 

Dauer der Entziehung

§ 25 (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

 

(2) […]

 

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. […]

 

Sonderfälle der Entziehung

§ 26 (1) […]

 

(2) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges

1. […],

4. erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen,

5. […]

 

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen der Straßenverkehrs­ordnung 1960 (StVO 1960) lauten auszugsweise wie folgt:

 

§ 5 Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol.

 

(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

 

(2) […]

 

§ 99 Strafbestimmungen

(1) […]

 

(1a) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1200 Euro bis 4400 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

 


 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG) hat gem Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter im Rahmen des § 27 VwGVG über die zulässige und rechtzeitige Beschwerde erwogen:

 

1. Grundlage für die beschwerdegegenständliche Entziehung und die daran anknüpfende weitere Maßnahme nach dem FSG bildet der Vorfall vom 11. Juni 2016, anlässlich dessen der Bf in alkoholisiertem Zustand (0,66 mg/l der Atemluft) seinen PKW auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt hat. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde der Bf mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 8. September 2016 verwaltungsbehördlich bestraft. Er hat damit eine Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs 1a iVm 5 Abs 1 StVO begangen, welche eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs 3 Z 1 FSG darstellt.

 

2. Der Aktenlage zufolge hat der Bf erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1a StVO begangen und es handelt sich offensichtlich auch um die erstmalige Entziehung seiner Lenkberechtigung. Für die erstmalige Begehung eines Deliktes nach § 99 Abs 1a StVO hat der Gesetzgeber in § 26 Abs 2 Z 4 FSG eine Mindestentziehungszeit von vier Monaten festgelegt. Gründe, aufgrund derer die Mindestentzugsdauer zu überschreiten wäre, sind für das Landesverwaltungsgericht nicht ersichtlich. Nach stRsp des Verwaltungs­gerichtshofes kann bei Festsetzung der gesetzlichen Mindestent­ziehungszeit die Wertung der vorliegenden bestimmten Tatsache unterbleiben.

 

3. Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um eine Schutzmaßnahme im (primären) Interesse anderer Personen vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0108, 8.7.1983, 82/11/0014). Persönliche und berufliche Interessen am Besitz der Lenkberechtigung haben bei der Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen des öffentlichen Interesses außer Betracht zu bleiben (VwGH 24.8.1999, 99/11/0166).

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich verkennt keineswegs die – gerade durch den Tod des Vaters des Bf sich noch verstärkenden – privaten und beruflichen Probleme, die durch den Entzug der Lenkberechtigung eintreten. Grundlage für die Entscheidung über die Entziehung der Lenkberechtigung bildet allerdings das Gesetz und die dazu ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach solche – wenngleich tragische und allgemein verständliche – Umstände nicht zu berücksichtigen sind. Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Lenkberechtigung im Ausmaß der gesetzlichen Mindestentzugsdauer entzieht.

 

4. Die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker ist gemäß § 24 Abs 3 FSG zwingend anzuordnen. Dass die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnungen endet, ergibt sich aus der Bestimmung des § 24 Abs 3 sechster Satz FSG.

 

5. In seiner Beschwerde beantragt der Bf allerdings unmissverständlich, die Lenkberechtigung der Klasse F aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen nicht zu entziehen. Dieses Vorbringen fügt sich nahtlos in sein gesamtes Vorbringen im gegenständlichen Verfahren ein, wonach der Bf offenkundig die Begehung der – dem Entzug zugrundeliegenden – Verwaltungsübertretung nicht bestreitet (vgl diesbezüglich auch die Begründung im Straferkenntnis), die Entziehung der Lenkberechtigung der übrigen Klassen (A, AM, B, B, BE) erkennbar auch gar nicht bekämpft, sondern „lediglich“ um die Belassung der Lenkberechtigung der Klasse F ersucht. Soweit der Bf damit auf die Ausnahmebestimmung des § 24 Abs 1 dritter Satz FSG, wonach aus besonders berücksichtigungs­würdigen Gründen von der Entziehung der Klasse AM hinsichtlich der Berechtigung zum Lenken von Motorfahrrädern abgesehen werden kann, abzielt, erweist sich sein Antrag als nicht berechtigt, da diese Bestimmung unzweifelhaft nur eine Ausnahme für die Entziehung der Lenkberechtigung der Klasse AM vorsieht. Eine vergleichbare – die Lenkberechtigung der Klasse F betreffende – Ausnahmebestimmung existiert nicht, weshalb sich der Antrag auch in dieser Hinsicht als nicht zielführend erweist.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Entziehung der Lenkberechtigung bei Alkoholdelikten ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Wolfgang Peterseil