LVwG-650562/22/MS/Bb

Linz, 29.09.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde der S B, geb. 1979, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, S, M, vom 15. Jänner 2016, gegen den Bescheid der Bezirkshaupt­mannschaft Braunau am Inn vom 15. Dezember 2015, GZ 15/44527, wegen Aufforderung zur Abgabe einer Haarprobe gemäß § 24 Abs. 4 FSG, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 29. April 2016 und Durchführung ergänzender Erhebungen,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Frist zur Abgabe einer Haarprobe, welche mindestens 1 cm lang zu sein hat, mit drei Wochen ab Zustellung der Beschwerdeentscheidung festgesetzt wird.

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (im Folgenden: belangte Behörde) vom 15. Dezember 2015, GZ 15/144527, wurde S B (Beschwerdeführerin) gemäß §§ 8 Abs. 1 und 24 Abs. 4 FSG aufgefordert, innerhalb von drei Wochen, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, nach telefonischer Terminvereinbarung eine Haarprobe hinsichtlich der Bestimmung ihres Alkoholkonsumverhaltens abzugeben.

 

Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung auf die ihr vorliegende gutachtliche Stellungnahme der Amtsärztin und das dieser zugrunde liegende Ergebnis der fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme, wonach bei der Beschwerdeführerin ein Missbrauch von Alkohol festgestellt wurde. Zum Nachweis ihrer Alkoholabstinenz sei die Abgabe einer Haarprobe notwendig, da durch eine solche ein wesentlich exakteres Bild über ihr Alkoholkonsumverhalten gewonnen werden könne als durch die weitere Vorlage von Befunden der alkoholrelevanten Parameter.

 

Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 18. Dezember 2015, erhob die Beschwerdeführerin durch ihre rechtsfreundliche Vertretung mit Schriftsatz vom 15. Jänner 2016 innerhalb offener Beschwerde, in welcher sie Folgendes vorbringt (auszugsweise Wiedergabe):

„(...) Zur Vermeidung von Wiederholungen verweise ich auf meine Vorstellung vom 27.10. des Vorjahres und die darin enthaltenen Ausführungen zur Fairness, Verhältnismäßigkeit sowie zum Ausmaß der Mitwirkungspflicht des Betroffenen.

 

Zum Beweis, dass ich nicht alkoholabhängig bin, lege ich den aktuellen Laborbefund meines Hausarztes Dr. L, M, vom 15.12.2015 vor, welcher den CDT-Wert mit 1,2 % ausweist, den GGT-Wert mit 39 U/l, den GOT-Wert mit 25 U/l und den GPT-Wert mit 22,7 U/l, den MCV-Wert mit 98 fl.

 

Alle diese fünf Werte liegen in den jeweiligen Referenzbereichen, wobei nach der Legende zum CDT-Wert bei einem Ergebnis von 1,2 % Alkoholkonsum wenig wahrscheinlich ist; möglich ist dieser erst bei Werten zwischen 1,3 und 1,6 %, wahrscheinlich ist dieser erst ab Werten darüber.

 

Jemand der alkoholabhängig ist, also den Alkoholkonsum nicht vermeiden kann, ist nicht

in der Lage, derartige Werte zu erreichen. (...)

 

Der Behörde ist entgegenzuhalten, dass sich die Haaranalyse weder im FSG noch in der dazu ergangenen Gesundheitsverordnung findet; wie in der Vorstellung bereits ausgeführt, wurde vor einigen Jahren eine intensive Diskussion hierüber geführt aber davon Abstand genommen, die Haaranalyse als quasi non plus ultra in das Gesetz oder diese Verordnung aufzunehmen.

Der Gesetzgeber hat damals gezeigt, dass er keinesfalls eine Änderung der bisherigen führerscheinbehördlichen Praxis herbeiführen wollte, weswegen die Ansicht unberechtigt ist, man könne seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz betreffend die Frage der Alkoholabhängigkeit nicht nur mittels Haaranalyse nachweisen. (...)

 

Weiters ist auf das Konkretisierungsgebot hinzuweisen. Im vorliegenden Fall wird lediglich angeordnet, „eine Haarprobe hinsichtlich der Bestimmung des Alkoholkonsumerhaltens“ abzugeben, aber nicht, wie lande dieses Haar bei der Abnahme zu sein hat, war aber ganz entscheidend ist, weil der Einblick in die menschliche Biosphäre umso intensiver ist, je länger das analysierte Haar ist (...).“

 

Die Beschwerdeführerin begehrt die Aufhebung des behördlichen Bescheides und die Einstellung des Verfahrens, in eventu die Abänderung des Bescheides dahingehend, dass sie für die Dauer eines halben Jahres alle zwei Monate den CDT-, GGT-, GOT- und MCV-Wert vorzulegen habe.

 

Die belangte Behörde hat die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Vorlageschreiben vom 18. Jänner 2016 unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes GZ 14/144527 zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen.

Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung begründet (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und das Beschwerdevorbringen.

Weiters wurde eine ergänzende Stellungnahme der Amtsärztin der belangten Behörde sowie ein amtsärztliches Gutachten der Amtssach­verständigen des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Gesundheit, Dr. E W, eingeholt und in diese Einsicht genommen.

 

Zudem wurde am 29. April 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten, an welcher die Beschwerdeführerin ohne Beisein ihres Rechtsvertreters teilnahm und  zum Sachverhalt gehört und befragt wurde. Auch ein Vertreter der belangten Behörde hat an der Verhandlung nicht teilgenommen.

Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin teilte am 29. April 2016 telefonisch mit, dass seine Mandantin alleine zur Verhandlung erscheinen werde. Die Behörde hat sich mit Schreiben vom 28. April 2016 hinsichtlich der Teilnahme an der Verhandlung entschuldigt. 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Die Beschwerdeführerin wurde aufgrund stark erhöhter CDT-Werte mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. September 2015, GZ 15/144527, gemäß § 24 Abs. 4 FSG zur Beibringung einer fachärztlich-psychiatrischen Stellungnahme aufgefordert.

 

Aus diesem Grund unterzog sie sich am 1. Oktober 2015 beim Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, Dr. med. C S, in S bei M, einer psychiatrischen Untersuchung. Laut darüber ausgestellter Stellungnahme vom 2. Oktober 2015 wurde bei der Beschwerdeführerin ein Alkoholmissbrauch diagnostiziert. Der Facharzt empfahl zunächst die Beibringung einer 1 cm langen Haarprobe auf Ethylglucuronid (EtG). Mit Bescheid der belangten Behörde vom 8. Oktober 2015, GZ 15/144527, wurde die Beschwerdeführerin daher gemäß § 24 Abs. 4 FSG aufgefordert sich innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung eine Haarprobe zur Bestimmung ihres Alkoholkonsumverhaltens abnehmen zu lassen. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung. Sie bekundet darin ihre Bereitschaft, weiterhin alkoholrelevante Laborparameter vorzulegen, lehnt jedoch die Abgabe einer Haarprobe ab.

 

Die Amtsärztin der belangten Behörde gelangte in der Stellungnahme vom 17. November 2015 jedoch zum Ergebnis, dass die Haarprobe fallbezogen die einzig verlässliche und auch beweiskräftige Methode sei, um die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Alkoholabstinenz bei Diagnose „Alkoholmissbrauch“ zu dokumentieren und retrospektiv zu erfassen. Auf Basis dieser amtsärztlichen Stellungnahme erließ die Verwaltungsbehörde den nunmehr bekämpften Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs. 4 FSG.

 

Aufgrund des Vorbringens im Rechtsmittel und einer diesem angeschlossenen Befund, erstellt von Dr. M L, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 15. Dezember 2015, zum Beweis, dass kein Alkohol­missbrauch vorliege, wurde die Amtsärztin der belangten Behörde im Beschwerdeverfahren um Gutachtens-ergänzung ersucht. Diese führte in ihrer Stellungnahme vom 23. Februar 2016, GZ San20-192-2016, erläuternd aus, dass bei der Beschwerdeführerin die Diagnose Alkoholmissbrauch gestellt wurde und laut Facharzt aufgrund der Unsicherheit der Blutwerte eine Haarprobe erforderlich sei. Die Blutwerte (GGT, GOT, GPT, MCV, CDT) seien indirekte Parameter und nur hinweisgebend. Dabei sei der CDT-Wert nicht sensitiv genug, eine Abstinenz zu prüfen, sondern nur einen übermäßigen Alkoholkonsum zu erkennen und zeige bei 30 bis 40 % der Probanden trotz erhöhtem Alkoholkonsum keine Erhöhung an. Die vom Facharzt geforderte Bestimmung des EtG sei hingegen eine beweiskräftige Methode über den Alkoholkonsum und könne retrospektiv den Alkoholkonsum erfassen, d. h. die Konsumgewohnheiten der letzten drei Monate (3 cm Haarprobe). Auch eine Differenzierung des Alkoholkonsums von gar nicht - gelegentlich – häufig – regelmäßig – bis täglich sei möglich. Mit dem EtG im Haar sei die Aufnahme vielfach geringerer Alkoholmengen feststellbar als dies mit indirekten Alkoholkonsummarkern im Blut möglich sei. Bei Diagnose Alkoholmissbrauch dürfe das EtG den Wert von 29 pg/mg nicht überschreiten, was einem gelegentlichen, aber nicht missbräuchlichen Konsum gleich komme. Das EtG sei die einzig verlässliche und beweiskräftige Methode um die geltend gemachte Abstinenz zu dokumentieren und retrospektiv zu erfassen. Der beigebrachte Befund vom 15. Dezember 2015 würde keinen längerfristigen Verlauf einer Abstinenz anzeigen und könne daraus nicht geschlossen werden, dass kein Alkoholmissbrauch vorliege und sei daher weiterhin die Vorlage einer Haarprobe erforderlich.

 

Anlässlich der mündlichen Verhandlung wurde diese gutachtliche Stellungnahme als auch die Sach- und Rechtslage erörtert. Die Beschwerdeführerin hat im Rahmen der Verhandlung erneut einen aktuellen Laborbefund, datiert vom 28. April 2016 beigebracht. Es wurde deshalb die Abteilung Gesundheit des Amtes der OÖ. Landesregierung um Erstattung eines ärztlichen Gutachtens zur Frage gebeten, ob die vorgeschriebene Haarprobe unter Berücksichtigung der beiden von der Beschwerdeführerin vorgelegten Laborbefunde vom 15. Dezember 2015 und 28. April 2016 erforderlich ist, um ihr Alkoholkonsumverhalten zu bestimmen.

 

Die mit dem Vorgang befasste Amtsärztin hielt in ihrer gutachtlichen Stellungnahme vom 28. Juni 2016, GZ Ges-2016-259597/2-Wim/Pö, im Hinblick auf die Fragestellung zusammengefasst wie folgt fest:

„Bislang legte Frau B einen Laborbefund vom 28.04.2016 vor, in welchem sich zwar der CDT-Wert mit 1,1 % im Normbereich befindet, aber der GammaGT-Wert mit 148 U/l bei einem Referenzbereich von 6 bis 42, und der SGOT-Wert mit 24,7 U/l (Referenzbereich bis 15 U/l) stark erhöht sind.

Isolierte Erhöhung des GammaGT-Wertes kommt, sofern keine andere Lebererkrankung vorliegt, bei lang dauernder Medikamenteneinnahme bzw. Alkoholmissbrauch vor. Der GammaGT-Wert hilft aber auch Alkoholmissbrauch zu erkennen, jeder zweite Alkoholiker zeigt einen erhöhten GammaGT-Wert. Jede dritte GGT-Wert-Erhöhung eines Erwachsenen ist durch Alkohol verursacht. Besonders verdächtig ist eine isolierte Erhöhung von GammaGT, bei normalen oder fast normalen Leberwerten. Je nach Höhe des Wertes dauert es ca. zwei bis drei Monate oder länger, bis sich dieser Wert wieder normalisiert hat. Nach grober Abschätzung sinkt der GammaGT-Wert nach ungefähr drei Wochen auf die Hälfte seines Ausgangswertes, aber natürlich nur dann, wenn man keinen Alkohol mehr zu sich nimmt.

 

Zusammenfassend wird festgestellt, dass dieser zuletzt vorgelegte Laborbefund den zwar normalen CDT-Wert, aber stark erhöhten GammaGT-Wert nach wie vor auf erhöhten Alkoholkonsum innerhalb der letzten Wochen und Monate hinweist. Der CDT-Wert, der sich bei vorliegendem Befund im Normbereich befindet, weist lediglich darauf hin, dass innerhalb der letzten zwei bis drei Wochen vor der Blutabnahme keine Alkoholzufuhr von zumindest > 60 g Alkohol pro Tag stattgefunden hat.

 

Ausgehend von der fachärztlichen Stellungnahme von Dr. S vom 02.10. 2015 ist jedenfalls abzuleiten, dass der CDT-Wert vom 03.09.2015 immerhin 5,7 % betragen hat und der GammaGT-Wert 201 U/l, sodass zum damaligen Zeitpunkt von sicherlich erhöhtem Alkoholkonsum auszugehen gewesen war. Wie der Facharzt in der Stellungnahme beschrieben hatte, dass ausgehend davon, dass die Probandin Mitte September ihren Alkoholkonsum drastisch eingeschränkt hätte, nunmehr eine erste 1 cm lange Haarprobe mit Ende Oktober – Anfang November vorzulegen sei, wobei ein Cut-Off-Wert vom max. 29 pg/mg Haar, entsprechend einem gelegentlichen aber nicht missbräuchlichen Alkoholkonsum im Beobachtungszeitraum von einem Monat vorzulegen sei.

 

Die fachärztlich geforderte nachgewiesene Einschränkung des Alkoholkonsums zumindest entsprechend einem Cut-Off Wert von 29 pg/mg Haar wurde bis dato nicht vorgelegt. Der zuletzt stark erhöhte CDT-Wert von 5,7 % samt erhöhter Gamma-GT von 210 U/l konnte mit der Vorlage eines einmaligen CDT-Wertes vom 26.04.2016 mit 1,1, aber immerhin mit Gamma-GT mit 148 U/l nach wie vor stark erhöht, nicht als Nachweis dafür geltend gemacht werden, dass die Probandin ihren Alkoholkonsum drastisch eingeschränkt hätte, sondern weist nach wie vor auf erhöhten Alkoholkonsum hin.

 

Aufgrund der bis dato „Nicht-Beibringung“ der aus fachärztlicher Sicht als eignungsvoraussetzend geforderten Befunde, die aber als Voraussetzung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges aus fachärztlicher Sicht gefordert wurden, ist derzeit die gesundheitliche Eignung von Frau B zum Lenken eines Kraftfahrzeuges in Frage gestellt und sollte anhand der bis dato vagen Befunde vom Facharzt Dr. S nochmals ergänzend beurteilt werden. Der ab Mitte September geltend gemachte drastisch eingeschränkte Alkoholkonsum kann aufgrund der vorliegenden Befunde derzeit nicht bestätigt werden. Es besteht weiterhin der Verdacht auf erhöhten Alkoholkonsum bzw. Missbrauch oder Abhängigkeit, sodass dringend retrospektiv einerseits eine Haaruntersuchung auf EtG, wie fachärztlich beschrieben, erforderlich ist, sowie eine weitere fachärztliche Stellungnahme (da die vorliegende fachärztliche Stellungnahme bereits älter als sechs Monate ist).“

 

Diese amtsärztliche Stellungnahme wurde der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters in Wahrung des Parteiengehörs mit Schreiben des OÖ. Landesverwaltungsgerichtes vom 1. Juli 2016, GZ LVwG-650562/13/MS, nachweislich zur Kenntnis übermittelt und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme bis 20. Juli 2016 eingeräumt, welche die Beschwerdeführerin jedoch ungenützt verstreichen ließ.

 

Mit weiterem Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes vom 26. Juli 2016, GZ LVwG-650562/15/MS, wurde der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die amtsärztliche Stellungnahme vom 28. Juni 2016 aufgetragen, bis 31. August 2016 eine aktuelle fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen. Aufgrund ihres Vorbringens vom 11. August 2016, wonach sie von ihrem Rechtsvertreter verspätet über die Vorlage eines Facharztgutachtens informiert worden sei, wurde die Frist zur Beibringung einer Facharzt-Stellungnahme bis zum 16. September 2016 erstreckt. Mit Eingabe vom 5. August teilte die Beschwerdeführerin wiederum mit, dass ihr Anwalt sie nicht informiert habe und derzeit jeder Arzt auf Urlaub sei. Außerdem habe auch sie selbst einen gebuchten Urlaub geplant.

 

Zumal aufgrund des Schreibens der Beschwerdeführerin vom 11. August 2016 davon auszugehen ist, dass sie seit mindestens 27. Juli 2016 Kenntnis von der Vorlage einer aktuellen fachärztlichen Stellungnahme hatte und die eingeräumte Frist bis 12. September 2016 als äußerst großzügig bemessen und selbst unter Berücksichtigung der Urlaubszeit ausreichend erschien, wurde einer neuerlichen Fristerstreckung nicht zugestimmt.

 

Die Beschwerdeführerin hat bis zum 12. September 2016 (und auch darüber hinaus) keine psychiatrische Stellungnahme beigebracht.

III. Bestehen gemäß § 24 Abs. 4 FSG Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen“.

 

Gemäß § 14 Abs. 1 FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

 

Gemäß § 14 Abs. 5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

 

IV. Das OÖ. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof spricht in ständiger Judikatur aus, dass Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs. 4 FSG begründete Bedenken sind, dass der Inhaber einer Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt, und ein aktuelles amtsärztliches Gutachten ohne eine neuerliche Untersuchung des Betreffenden oder ohne neue Befunde nicht erstellt werden kann. Hiebei gehe es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssten aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (VwGH vgl. z. B. 21. September 2010, 2010/11/0126, 22. Juni 2010, 2010/11/0076, 24. April 2001, 2000/11/0231 uvm.).

 

Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass ein Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs. 4 FSG nur dann zulässig ist, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Fall einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides) von Seiten der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken bestehen (z. B. VwGH 13. Dezember 2005, 2005/11/0191, mwN). Gleiches gilt auch für die Verwaltungsgerichte.

 

Nach der Diagnose in den erwähnten amtsärztlichen Stellungnahmen, welche im Rahmen des Beschwerdeverfahrens eingeholt wurden, besteht bei der Beschwerdeführerin – zumindest - ein Missbrauch von Alkohol. Vor allem der von der Beschwerdeführerin zuletzt vorgelegte Laborbefund weist aufgrund des stark erhöhten GGT-Wertes (nach wie vor) auf einen erhöhten Alkoholkonsum innerhalb der letzten Wochen und Monate hin. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass die Beschwerdeführerin ihren Alkoholkonsum drastisch eingeschränkt hätte. Die amtsärztliche Sachverständige hat in ihrem Gutachten sogar eine Alkoholabhängigkeit nicht ausgeschlossen und die Vornahme einer Haaranalyse - sowie dies auch die Amtsärztin der belangten Behörde getan hat - als dringend erforderlich und unabdingbar erachtet. An der gesundheitlichen Eignung der Beschwerdeführerin bestehen damit erhebliche Zweifel und ist durchaus der Verdacht begründet, dass ihr Alkoholkonsum möglicherweise zu einer Abhängigkeit führen könnte.

 

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges erfordert ein Mindestmaß an gesundheitlicher Eignung. Nicht zuletzt im Interesse der allgemeinen Verkehrssicherheit erscheint daher die Überprüfung ihres Gesundheitszustandes durch eine Haaranalyse geboten.  

 

Sofern sich die Beschwerdeführerin gegen eine Haarprobe wendet und die Kontrolle der alkoholrelevanten Laborparameter als ausreichend erachtet, ist dem zu entgegnen, dass die Haaranalyse zum Nachweis von Alkoholkonsum und zum Zwecke der Abstinenzkontrolle wesentlich beweiskräftiger und geeigneter ist, als die Kontrolle der alkoholrelevanten Blutwerte. Nach den amtsärztlichen Feststellungen ist eine Haaruntersuchung fallbezogen die einzig verlässliche Methode, um die Alkoholkonsumgewohnheiten der Beschwerdeführerin zu dokumentieren und retrospektiv zu erfassen.

 

Die Methode der Haaranalyse wird auch in der Literatur ausdrücklich befürwortet (siehe dazu ausführlich Reinhard Fous – Haaranalyse im Dienste der FSG-GV: Ein neuer Weg, ZVR 2012/H10/Seite 327 ff).

 

Auch der Verwaltungsgerichtshof erachtet eine Haaranalyse als durchaus zulässige Methode im Führerscheinverfahren. So hat er beispielsweise die Behandlung einer erhobenen Beschwerde gegen das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 28. Jänner 2013, GZ VwSen-523209/36, mit welchem dem do. Bf als Auflage eine Drogenhaaranalyse vorgeschrieben wurde, mit Beschluss vom 26. April 2013, 2013/11/0072, abgelehnt. Mit Beschluss vom 25. November 2015, Ra 2015/11/0095 wurde die Revision gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 4. August 2015, GZ LVwG-670009/8/Sch/Bb, betreffend Erteilung der Lenkberechtigung, zurückgewiesen. In dieser Sache war der Bf mittels Verfahrensordnung zur Abgabe einer Haarprobe aufgefordert worden.

 

 

V. Im Ergebnis war die Beschwerde abzuweisen und der bekämpfte Bescheid zu bestätigen. Die Frist zur Abgabe einer Haarprobe war entsprechend neu festzusetzen (VwGH 23. Mai 2013, 2010/11/0164), wobei ein Zeitraum von drei Wochen ab Zustellung der Entscheidung ausreichend erscheint, um der aufgetragenen Verpflichtung nachzukommen, und die Haarlänge mindestens 1 cm zu betragen hat. 

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Mag. Dr. Monika S ü ß