LVwG-601451/7/FP

Linz, 03.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde von L Y, geb. x, L, L, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Nietzschestraße 33, 4021 Linz vom        10. Juni 2016, GZ: VStV/915301888480/2015, wegen einer Übertretung der StVO

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs-strafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z1 und 2 VStG eingestellt.

 

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG hat der Beschwerdeführer keine Verfahrenskostenbeiträge zu bezahlen.

 

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis vom 10. Juni 2016 warf die belangte Behörde dem Beschwerdeführer (Bf) vor, am 11. Dezember 2015 um 22.50 Uhr die Fußgängerzone in Linz, Schmidtorstraße 1, mit dem Taxi x befahren zu haben, obwohl dies verboten sei.

Die belangte Behörde verhängte, gestützt auf § 99 Abs 3 lit a StVO, eine Strafe iHv 50 Euro (23 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) und begründete zusammengefasst damit, dass der Sachverhalt durch die eigene dienstliche Wahrnehmung eines Organes der Straßenaufsicht zweifelsfrei erwiesen sei und dadurch feststehe, dass der Bf die Verwaltungsübertretung begangen habe. Die belangte Behörde stützte ihre Begründung im Wesentlichen darauf, dass der einvernommene Polizeibeamte zur Anzeige dahingehend Stellung genommen habe, dass auch Taxi-Fahrzeuge im AST-Verkehr die angegebene Fußgängerzone nur von 00:00 Uhr bis 4:00 Uhr durchfahren dürften. Nachdem der Bf bei seinen Angaben im Einspruch geblieben sei und angegeben habe, dass AST-Fahrzeuge die Schmidtorstraße bereits ab 20:00 Uhr durchfahren dürften, habe der Meldungsleger angegeben, dass das Fahrzeug des Bf nicht als AST-Fahrzeug gekennzeichnet gewesen und zudem kein Fahrgast im Fahrzeug mitgeführt worden sei. Für die Behörde bestünde keinerlei Anlass, an der Richtigkeit des zugrundeliegenden Sachverhaltes zu zweifeln. Der Sachverhalt sei von einem zur Beobachtung und Überwachung des öffentlichen Straßenverkehrs geschulten Beamten angezeigt worden. Diesem müsse zugemutet werden, dass er eine Übertretung der angeführten Art einwandfrei wahrnehmen, als solche erkennen und darüber der Behörde verlässliche Angaben machen könne.

Im Hinblick auf Schuld und Strafe begründete die belangte Behörde unter Bezugnahme auf § 5 Abs. 1 und § 19 VStG.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Bf mit E-Mail vom 2. Juli 2016 rechtzeitig Beschwerde, die er damit begründete, dass ihm mitgeteilt worden sei, dass AST-Fahrzeuge durch die Schmidtorstraße Richtung Hauptplatz fahren dürften. Der Beschwerde schloss der Bf eine Kopie einer Ausnahmebewilligung vom Verbot des Befahrens der Fußgängerzone Schmidtorstraße, ausgestellt vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz, an.

 

I.3. Mit Schreiben vom 4. Juli 2016 legte die belangte Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde samt Verfahrensakt zur Entscheidung vor, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter (§ 2 VwGVG).

 

I.4. Das Verwaltungsgericht holte in der Folge Auskünfte bei der x Taxi GmbH und beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz (u.A. den Ausnahmebewilligungsbescheid) ein, um die Angaben des Bf verifizieren zu können. Die belangte Behörde hat auf weitere Stellungnahmen verzichtet.

 

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt und Einholung von Auskünften bei der zuständigen Taxi-Vermittlung und beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz.

Von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wird gem § 44   Abs. 3 Z3 VwGVG abgesehen, weil keine der Parteien eine solche beantragt hat und eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

 

II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

 

Der Beschwerdeführer hat mit seinem Taxi x am 11. Dezember 2015 um 22:50 Uhr die Fußgängerzone Schmidtorstraße in 4020 Linz, bei Schmidtorstraße 1, in Richtung Hauptplatz durchfahren. Am Ort besteht zwischen 00:00 und 4:00 Uhr eine Ausnahme vom Fahrverbot für Taxis. (Akt, Angaben Meldungsleger)

Die Linz Linien GmbH betreibt in Linz gemeinsam mit der x Taxiservice GmbH das sogenannte Anruf-Sammel-Taxi (AST). Es handelt sich dabei um Taxis, die nach Fahrplan verkehren und mit anderen Fahrgästen geteilt werden. Das AST verkehrt in den Nachtstunden innerhalb von Linz und in diverse Nachbargemeinden. (Homepage der Linz AG)

Der Bf war am 11. Dezember 2015 nachts im AST-Verkehr tätig. In seiner Abrechnung scheinen Termine um 21:00 Uhr, 22:30 Uhr und 23:15 Uhr auf. (Auskunft x Taxiservice GmbH, Abrechnung Bf)

Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat der Linz Linien GmbH eine Ausnahmebewilligung zum Befahren der Fußgängerzone Schmidtorstraße mit AST-Taxis zwischen 20:00 Uhr und 5:30 Uhr erteilt. Die Textierung der Ausnahmebewilligung lautet:

 

„AUSNAHMEBEWILLIGUNG

VOM:

Verbot des Befahrens der Fußgängerzone Schmidtorstraße

GÜLTIG BIS: 30.07.2017

ZWECK:

AST-Betrieb in der Zeit von 20.00 – 5.30 Uhr

GELTEND FÜR:

Taxifahrzeuge im AST-Nachtverkehr“

 

Der auf diese Textierung bezugnehmende umseitige Spruch des Ausnahme-bewilligungsbescheides lautet:

 

„Dem Ansuchen der Linz Linien GmbH, Wiener Straße 151, 4021 Linz um Ausnahme von umseitig genanntem Verbot wird Folge gegeben.“

 

Folgende Auflagen wurden erteilt:

„1. Das Original liegt beim Berechtigten auf.

2. Eine Kopie ist im AST-Taxifahrzeug mitzuführen und auf Verlangen den Organen der Straßenaufsicht vorzuweisen bzw. auszuhändigen.

3. Die Fahrt hat auf der kürzest möglichen Strecke mit Schrittgeschwindigkeit zu erfolgen.

4. Beim Befahren der Fußgängerzone dürfen weder der Schienenverkehr, die FußgängerInnen, noch die übrigen FußgängerzonenbenützerInnen behindert oder gefährdet werden.

5. Die Bewilligung erlischt bei Wegfall oder Änderung der Bewilligungsvoraussetzungen in verkehrstechnischer Hinsicht.

6. Die Bewilligung gilt bis 30.07.2017.“

 

Ausnahmebewilligungen dieser Art sind beim Magistrat Linz seit 2011 aktenkundig.

 

(Auskunft Magistrat Linz, Kopie Ausnahmebewilligung)

 

II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsstrafakt. Das Gericht zweifelt nicht an den Angaben des Meldungslegers im Hinblick auf das Befahren der Schmidtorstraße durch den Bf.

Auf die darüber hinaus gehenden Feststellungen der belangten Behörde dahingehend, dass das Fahrzeug des Bf nicht als AST-Taxi gekennzeichnet gewesen sei bzw. der Bf keine Fahrgäste befördert hat, kommt es, wie in der rechtlichen Beurteilung darzustellen sein wird, nicht an. Vielmehr waren Ermittlungen dahingehend anzustellen, ob es sich beim Fahrzeug des Bf tatsächlich um ein AST-Taxi gehandelt hat, bzw., eingehend auf das Vorbringen des Bf, ob AST-Taxis tatsächlich vom Verbot des Befahrens der angesprochenen Fußgängerzone ausgenommen sind. Diese Ermittlungsschritte hat das Verwaltungsgericht nachgeholt und haben diese zweifelsfrei ergeben, dass der Bf in der besagten Nacht als AST verkehrte. Dass die vom Bf behauptete Erlaubnis vorliegt, ergibt sich aus der von ihm und dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz vorgelegten Ausnahmebewilligung.

 

 

III. Rechtliche Beurteilung

 

III.1. Wesentliche rechtliche Grundlagen:

 

a)   § 76a Abs 1 und 2  Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO, BGBl. Nr. 159/1960 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2015) lauten:

 

§ 76a. Fußgängerzone

(1) Die Behörde kann, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs, insbesondere des Fußgängerverkehrs, die Entflechtung des Verkehrs oder die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines Gebäudes oder Gebietes erfordert, durch Verordnung Straßenstellen oder Gebiete dauernd oder zeitweilig dem Fußgängerverkehr vorbehalten (Fußgängerzone). Vor Erlassung einer solchen Verordnung ist die Eisenbahnbehörde anzuhören, wenn auf der betroffenen Straßenstelle oder in dem betroffenen Gebiet Schienenfahrzeuge verkehren. In einer solchen Fußgängerzone ist jeglicher Fahrzeugverkehr verboten, sofern sich aus den folgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt; das Schieben eines Fahrrades ist erlaubt. Die Bestimmungen des § 45 über Ausnahmen in Einzelfällen bleiben unberührt.

(2) Sind in einer Fußgängerzone Ladetätigkeiten erforderlich, so hat die Behörde in der Verordnung nach Abs. 1 nach Maßgabe der Erfordernisse die Zeiträume zu bestimmen, innerhalb deren eine Ladetätigkeit vorgenommen werden darf. Ferner kann die Behörde in der Verordnung nach Abs. 1 nach Maßgabe der Erfordernisse und unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten bestimmen, daß mit

1. Kraftfahrzeugen des Taxi- und Mietwagen-Gewerbes und Fiakern jeweils zum Zubringen oder Abholen von Fahrgästen,

2. Kraftfahrzeugen des Gästewagen-Gewerbes zum Zubringen oder Abholen von Fahrgästen von Beherbergungsbetrieben,

3. Fahrrädern und

4. Kraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht bis zu 3 500 kg, die zur Ausübung der Tätigkeit als Handelsvertreter dienen und die mit einer Tafel mit der Aufschrift „Bundesgremium der Handelsvertreter, Kommissionäre und Vermittler“ und mit dem Amtssiegel des Landesgremiums, dem der Handelsvertreter angehört, gekennzeichnet sind, die Fußgängerzone dauernd oder zu bestimmten Zeiten befahren werden darf.

 

 

b)   § 45 Abs 2 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) BGBl. Nr. 159/1960 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2015 lautet:

 

§ 45. Ausnahmen in Einzelfällen.

 (2) In anderen als in Abs. 1 bezeichneten Fällen kann die Behörde Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straßen gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie zB auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert, oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und weder eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, noch wesentliche schädliche Einwirkungen auf die Bevölkerung oder die Umwelt durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe zu erwarten sind.

  

 

III.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.2.1. Zur Ausnahmebewilligung:

 

Dem Grunde nach sieht die Straßenverkehrsordnung ein Verbot des Befahrens von Fußgängerzonen vor. § 45 Abs. 2 StVO erlaubt es der zuständigen Behörde jedoch, Ausnahmebewilligungen zu erteilen. Der Linz Linien GmbH, die den AST-Dienst (mit)betreibt, wurde nach den Feststellungen eine Ausnahmebewilligung dahingehend erteilt, die es ihr, bzw. den von ihr eingesetzten Taxis (AST) erlauben soll, die Schmidtorstraße über die für Taxis allgemein geltenden Erleichterungen hinaus, von 20:00 Uhr bis 5:30 Uhr, zu befahren.

Das Beweisverfahren hat zudem ergeben, dass der Bf generell im AST-Dienst tätig ist und am in Frage stehenden Tag, zeitnah zur vorgeworfenen Tatzeit, AST-Fahrten durchgeführt (begonnen) hat.

Darauf, ob die Taxifahrzeuge als AST-Taxi gekennzeichnet sind, kommt nach der Ausnahmebewilligung nicht an, zumal der zugrundeliegende Bescheid eine derartige Verpflichtung im Spruch nicht vorsieht. Um die Begünstigung aus der Ausnahmebewilligung in Anspruch nehmen zu können, wäre daher, nach dem Wortlaut des Bescheides, eine besondere Kennzeichnung des Taxis nicht erforderlich.  

 

Auflagen sind im Übrigen pflichtenbegründende Neben­bestim­mungen eines begünstigenden Verwaltungsaktes. Die Nichtbefol­gung einer Auflage berührt aber den Bestand des Verwaltungsaktes nicht (vgl. VwGH vom
16. Dezember 2002, 2002/06/0169), sodass ein Fehlen einer derartigen Kennzeichnung, ggf. eine Verwaltungsübertretung (sofern im Gesetz vorgesehen) darstellen mag, aber dem Grunde nach die Bewilligung nicht unwirksam macht.

 

Auch kann dem vorliegenden Ausnahmebewilligungsbescheid nicht entnommen werden, dass er als Voraussetzung für seine Wirksamkeit vorsieht, dass zu jeder Zeit Fahrgäste transportiert werden müssen, weil es nach dem Wortlaut der vorliegenden Ausnahmebewilligung nur darauf ankommt, dass Taxifahrzeuge im AST-Nachtverkehr verkehren. Insofern müssen jedenfalls auch solche Fahrten umfasst sein, die etwa die Leerzufahrt zum Aufsammeln von Fahrgästen oder zu AST-Standplätzen betreffen.

 

Die vom vermittelnden Unternehmen vorgelegte Abrechnung weist aus, dass der Bf zwischen 21:00 Uhr und 23:15 Uhr und danach AST-Fahrten durchführte. Er verkehrte also zweifellos im AST-Nachtverkehr, sodass er nach ihrem Wortlaut vom Umfang der Ausnahmebewilligung erfasst wäre und die Fußgängerzone Schmidtorstraße durchfahren dürfte.

 

Die vorliegende Ausnahmebewilligung kann jedoch für den Bf aus anderen Gründen keine Rechtswirkungen entfalten:

 

Ein Bescheid ist eine individuell konkrete, von einer Verwaltungsbehörde geschaffene Rechtsnorm. Er richtet sich insofern an einen oder mehrere bestimmte, namentlich genannte Adressaten.

Demgemäß hat der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in seiner Entscheidung vom   8. März 2016,  2013/02/0257, dargelegt, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO (durch Bescheid) an einen nach Name und Zahl nicht bestimmten Personenkreis nicht in Frage kommt (vgl. die Erkenntnisse vom 21. Jänner 1988, Zl. 87/02/0193, vom 31. Juli 1998, Zl. 98/02/0059, und vom 20. April 2007, Zl. 2007/02/0050). Noch konkreter sprach er etwa in seiner Entscheidung vom    11. September 1985, 85/03/0003 aus, dass eine generelle Ausnahmegenehmigung des Inhaltes, dass den Gästen eines bestimmten Betriebes auch während der Zeit des bestehenden Nachtfahrverbotes die Zu- und Abfahrt zu und von dem Betrieb gestattet ist, nach § 45 Abs 2 StVO nicht erteilt werden kann.

 

Demgegenüber ist eine Verordnung eine generell abstrakte Rechtsnorm, die sich, anders als ein Bescheid, an einen generellen Adressatenkreis, also etwa die Allgemeinheit richtet.  

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich, in Zusammenhang mit Ausnahmebewilligungen nach der StVO, wie folgt ausgesprochen:

„Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung an einen nach Name und Zahl nicht bestimmten Personenkreis (hier: für eine ungewisse Anzahl von Transporten bzw. Transportfahrzeugen) kommt nicht in Frage. Hiefür bedürfte es vielmehr einer durch Anbringung einer Zusatztafel an den bestehenden Verkehrszeichen kundgemachten generellen Regelung, die aber nur im Verordnungsweg möglich wäre (Hinweis E 11.9.1985, 85/03/0003, E 21.1.1988, 87/02/0193).“ (E 20. April 2007, 2007/02/0050)

 

Es ergibt sich, dass die vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz der Linz Linien GmbH erteilte Ausnahmebewilligung, da sie sich an einen unbestimmten und wohl einem Wechsel unterliegenden Personenkreis (AST-Taxis) richtet, keine Rechtswirkung zugunsten des Bf bewirken konnte, weil sie sich nicht individuell konkret an ihn richtet. Generell eignet sich der vorliegende Bescheid nach der zitierten Judikatur des VwGH nicht, um allen AST-Taxi-Fahrzeugen die Durchfahrt durch die Fußgängerzone Schmidtorstraße zu erlauben. Vielmehr wäre es an der zuständigen Behörde gewesen, so sie eine generell abstrakte Regelung schaffen wollte und dem aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts entgegen steht, dies im Wege einer Verordnung zu bewerkstelligen oder den jeweiligen in Betracht kommenden Adressaten individualisierte Ausnahmebewilligungen zu erteilen, sofern die Voraussetzungen des § 45 Abs 2 StVO vorliegen.

 

Es erweist sich sohin, dass die vom Bf vorgelegte Ausnahmebewilligung für ihn keine Wirksamkeit entfalten konnte, weil sie sich als Bescheid an die Linz Linien GmbH richtet und nicht auf den Bf bezogen individualisiert ist.

 

III.3. Zur Objektiven Tatseite:

 

Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, gilt am Tatort ein sich aus    § 76a StVO ergebendes Fahrverbot. Zumal der Bf außerhalb der auf der Zusatztafel kundgemachten Ausnahmezeiten in die Fußgängerzone eingefahren ist, konnte er sich auf diese nicht berufen.

Auch aus der weiter oben beschriebenen Ausnahmebewilligung kann für ihn keine Berechtigung abgeleitet werden, weil sie, neben den anderen weiter oben dargestellten Mängeln, als Bescheid nicht an den Bf (bezogen etwa auf das Kennzeichen seines Taxis), der als selbstständiger Unternehmer im Dienste der Linz Linien GmbH tätig wird, ergangen ist. Der Umstand, dass ihm, auch wenn die ausstellende Behörde der Bescheidadressatin eine derartige Auflage erteilt hat, eine Kopie der Ausnahmebewilligung auszufolgen war, vermag an diesem Umstand nichts zu ändern.

 

Der Bf war somit gem. § 76a VStG nicht berechtigt, in die Fußgängerzone einzufahren.

 

Teil des objektiven Tatbestandes ist aber auch die objektive Sorgfaltswidrigkeit, zumal die Fahrlässigkeit bei jedem Fahrlässigkeitsdelikt Element des objektiven Tatbestandes ist.

Es ist demnach (verkürzt dargestellt) zu prüfen, wie der maßgerechte Taxi-Lenker in der Situation des Bf (Maßfigur des mit den rechtlich geschützten Werten angemessen verbundenen, besonnenen und einsichtigen Menschen) gehandelt hätte bzw. welches Handeln das Gesetz vom Betroffenen verlangt hat.

 

Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass dem Bf, einer Auflage im vorliegenden Ausnahmebewilligungsbescheid folgend, eine Kopie der von der zuständigen Behörde (§ 44 Abs 2 Z4 des Statuts für die Landeshauptstadt Linz) ausgestellten Ausnahmebewilligung ausgefolgt wurde und sich aus dieser ausdrücklich ergibt, dass Taxis im AST-Nachtverkehr nicht an das Fahrverbot in der Fußgängerzone Schmidtorstraße gebunden sind. Zudem ergibt sich aus dem Bescheid weder, dass AST-Taxis als solche zu kennzeichnen sind, noch während des Durchfahrens der Fußgängerzone Fahrgäste befördern müssen (vgl. III.2.1). Auch der maßgerechte AST-Taxilenker kann einen von der zuständigen Behörde erlassenen Bescheid, der ausdrücklich sein Tun als rechtmäßig darstellt nicht anders verstehen, als dass er berechtigt ist, von dieser Ausnahmebewilligung Gebrauch zu machen. Der vorliegende Bescheid kann auch nicht anders verstanden werden, als dass der Magistrat Linz genau jene Wirkungen erzeugen wollte, die im vorliegenden Bescheid verbrieft sind. Dem maßgerechten Taxilenker und damit dem Bf, kann kaum zum Vorwurf gemacht werden, dass er juristische Feinheiten, wie das Verhältnis zwischen Bescheid und Verordnung, nicht kennt oder nicht erkennt, dass sich die Behörde bei ihrer Schaffung in der Rechtsnorm vergriffen hat. Vielmehr darf sich die Maßfigur auf gesetzgemäßes Behördenhandeln verlassen.

 

Es ergibt sich für das Gericht, dass der maßgerechte Taxi-Lenker in der Situation des Bf, die Situation nicht anders interpretieren konnte, als dass ihn die vorliegende Ausnahmebewilligung zum Befahren der Fußgängerzone Schmidtorstraße berechtigte. Es ist dies genau jene Wirkung, die die zuständige Behörde herbeiführen wollte. Sie hat sich lediglich in der Rechtsform vergriffen und hat dies selbst nicht erkannt. Umsoweniger konnte dies die Maßfigur erkennen. Es liegt sohin schon in objektiver Hinsicht kein Sorgfaltsverstoß vor, sodass bereits der objektive Tatbestand nicht erfüllt ist.

 

 

III.4. Zur subjektiven Tatseite

 

Selbst wenn man jedoch von einer objektiven Sorgfaltswidrigkeit ausginge, wäre der Sachverhalt im Bereich der subjektiven Vorwerfbarkeit im Hinblick auf einen Verbotsirrtum zu untersuchen.

Nach stRspr entschuldigen nur das Vertrauen auf die einschlägige und einhellige höchstgerichtliche Rsp zum Tatzeitpunkt (VwGH 22. März 1994, 93/08/0177), von der zuständigen Behörde selbst erteilte Auskünfte über ihre Verwaltungspraxis (VwSlg 14.020 A/1994) bzw. eine tatsächlich bestehende „ständige Verwaltungsübung“ (VwGH 22. März 1994, 93/08/0177) sowie Rechtsauskünfte auf Grundlage einer vollständigen Sachverhaltsmitteilung, wenn sie von einer fachkompetenten Stelle/Person stammen und bestimmte wesentliche Kriterien erfüllen. Entschuldigend wirkt hiebei eine Rechtsauskunft der zuständigen Behörde (VwGH 4. Oktober 2012, 2012/09/0134, 18. September 2008, 2008/09/0187), in eingeschränkter Form einer anderer fachkompetenter Institutionen, zB der gesetzlichen beruflichen Vertretungen (zB VwGH 16. November 1993, 93/07/0022, 0023), der Gebietskrankenkasse (VwSlg 14.020 A/1994) oder auch des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (VwSlg 13.257 A/1990) bzw in sehr eingeschränktem Ausmaß die Rechtsauskunft berufsmäßiger Parteienvertreter (zB von Rechtsanwälten) vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 21  (Stand 1.7.2013, rdb.at).

 

Es gilt das oben Gesagte.

Die zuständige Behörde hat rechtsirrig einen der Verordnung oder einzelnen, individualisierten Bescheiden vorbehaltenen Verwaltungsakt im Wege eines generell-abstrakten Bescheides erlassen. Offensichtlich ist die Behörde selbst von der Richtigkeit ihres Tuns ausgegangen.

Der Bf konnte die ihm ausgefolgte Ausnahmebewilligung nicht anders verstehen, als er sie verstanden hat. Die Behörde hat mit Ausfolgung dieser Ausnahmebewilligung, die sie ausdrücklich für alle Taxis im AST-Nachtverkehr gelten lassen wollte und deren Kopie und Ausfolgung an die Taxilenker sie selbst im Wege einer Auflage veranlasst hat, eine mit der behördlichen Auskunft vergleichbare Situation geschaffen. Letztlich liegt auch eine jahrelange Verwaltungspraxis vor.

     

Der Bf konnte damit im Ergebnis erfolgreich die Nichterfüllung des objektiven Tatbestands und mangelndes Verschulden iSd §5 Abs. 1 Satz 2 VStG glaubhaft machen.

 

Das bekämpfte Straferkenntnis war demnach aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 45 Abs 1 Z 1 und 2 VStG einzustellen.

 

Bei diesem Ergebnis entfallen sämtliche Beiträge des Bf zu den Verfahrenskosten.         

 

IV. Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des VwGH ergangen wäre (Hinweis B vom 27. August 2014, Ra 2014/05/0007, mwN). Es liegt auf der Hand, dass ein Verkehrsverbot keine Wirkung haben kann, wenn eine diesbezügliche Ausnahmebewilligung besteht, die das Fahren ausnahmsweise erlaubt. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Für den Bf ist die Möglichkeit zur Revisionserhebung gemäß § 25a Abs.4 VwGG ex lege ausgeschlossen.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

P o h l