LVwG-601496/5/KOF/HK

Linz, 04.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn S H, geb. x, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. M B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 12. Juli 2016,
VerkR96-5785-2015 wegen Übertretungen des KFG iVm der EG-VO 561/2006,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          

Der Beschwerde wird stattgegeben, das behördliche Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Der Beschwerdeführer hat weder Geldstrafen,

noch Verfahrenskosten zu bezahlen.

 

 

II.       

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) das

in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

Tatort: Gemeindegebiet St. Florian am Inn, B 137 Innviertier Straße bei km 60.000

Tatzeit: 20.08.2015, 14:38 Uhr

Fahrzeuge:   Kennzeichen EN-...., Sattelzugfahrzeug

                   Kennzeichen EN-...., Anhänger

 

Sie haben als Fahrer des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung
im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen.

 

Es wurde festgestellt, dass Sie

1)           nicht innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von mindestens 9 zusammenhängenden Stunden eingehalten haben, wobei die zulässige 3-malige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden berücksichtigt wurde.

Beginn des 24-Stundenzeitraumes am 14.08.2015 um 06:42 Uhr.

Die unzureichende tägliche Ruhezeit von weniger als 9 Stunden, bei der die reduzierte tägliche Ruhezeit gestattet ist, betrug somit 3 Stunden und 1 Minute.

Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F.

einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs.1 KFG i.V.m. Art. 8 Abs.1 und 2 EG-VO 561/2006

 

2) die Tageslenkzeit öfter als zwei Mal pro Woche auf 10 Stunden verlängert haben.
Sie haben die Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten an folgendem Tag überschritten: 14.08.2015 von 06:42:00 bis 15.08.2015 um 00:42:00 Uhr mit einer Lenkzeit von 11 Stunden 21 Minuten.

Die Überschreitung der täglichen Lenkzeit von 9 Stunden, bei der die Verlängerung

auf 10 Stunden nicht gestattet ist, betrug somit 2 Stunden und 21 Minuten.

Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F.

einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs.1 KFG i.V.m. Art. 6 Abs.1 EG-VO 561/2006

 

3) nach einer Lenkdauer von 4,5 Stunden keine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von mindestens 45 Minuten eingelegt haben, obwohl eine solche einzulegen ist, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Absatzes 1 des Artikel 7 der VO (EG) Nr. 561/2006 i.d.g.F. eingehalten werden.

Am 14.08.2015 wurde von 18:05:00 Uhr bis 15.08.2015 um 00:42:00 Uhr erst nach einer Lenkzeit von 6 Stunden 37 Minuten eine Lenkpause eingelegt, die die Anforderung an eine ununterbrochene  Fahrtunterbrechung  erfüllt.  Die  Überschreitung  der  ununterbrochenen Lenkzeit betrug somit 2 Stunden und 7 Minuten.

Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F.

einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs.1 KFG i.V.m. Art. 7 EG-VO 561/2006

 

 

 

 

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von                falls diese uneinbringlich ist,                                                                   gemäß

                                       Ersatzfreiheitsstrafe von            

1) 300 Euro              60 Stunden                                § 134 Abs.1 iVm. Abs.1b KFG

2) 300 Euro              60 Stunden                                § 134 Abs.1 iVm. Abs.1b KFG

3) 300 Euro              60 Stunden                                § 134 Abs.1 iVm. Abs.1b KFG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

90 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10,00 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100,00 Euro);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher ................... 990 Euro.“

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bf innerhalb offener Frist

eine begründete Beschwerde erhoben.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:

 

Entscheidungswesentlich ist im vorliegenden Fall einzig und allein,

ob die Fahrzeugkombination (Sattelzugfahrzeug und Anhänger)

im Zeitraum Freitag 14.08. - 19.56 Uhr bis Samstag 15.08.2015 - 00.42 Uhr

·         vom Bf unter Verwendung der Fahrerkarte seines Vaters, Herrn U.J.H. oder

·         vom Vater des Bf, Herrn U.J.H.

gelenkt wurde.

 

Für den Fall, dass innerhalb dieses Zeitraumes die Fahrzeugkombination vom Bf selbst – hier: unter Verwendung der Fahrerkarte seines Vaters – gelenkt wurde,
wären die unter Punkte 1. – 3. des behördlichen Straferkenntnis angeführten Tatbestände verwirklicht.

 

Falls in diesem Zeitraum die Fahrzeugkombination jedoch von Herrn U.J.H – dem Vater des Bf – gelenkt wurde, hätte der Bf die in Punkte 1. – 3. des behördlichen Straferkenntnis angeführten Tatbestände nicht begangen.

 

Maßgeblich ist somit, ob dem Bf nachgewiesen werden kann, dass im betreffenden Zeitraum die Fahrzeugkombination von ihm selbst – unter Verwendung der Fahrerkarte seines Vaters Herrn U.J.H. – gelenkt wurde.

 

Der Bf hat bereits bei der Amtshandlung gegenüber dem Polizeibeamten angegeben, dass in diesem Zeitraum die Fahrzeugkombination von seinem Vater gelenkt wurde.

 

Der Zulassungsbesitzer dieser Fahrzeugkombination, die Firma Z. S &
L, nähere Adresse in Deutschland hat – über Anfrage des LVwG Oö. – mit Stellungnahme vom 29.08.2016 Folgendes ausgeführt:

„Wir können keine Auskunft dazu geben, wer tatsächlich der Fahrzeuglenker

in dem von Ihnen bezeichneten Zeitraum gewesen ist.

Wir haben den Bf disponiert. Wenn dieser seinem Vater das Steuer überließ,
so können wir dies nicht beanstanden.“

 

 

 

 

Im Ergebnis kann daher nicht bewiesen werden, dass im maßgeblichen Zeitraum die Fahrzeugkombination tatsächlich vom Bf – unter Verwendung der Fahrerkarte seines Vaters – gelenkt wurde.

 

Gemäß dem Grundsatz „in dubio pro reo“ – siehe dazu die stRsp des VwGH,
z.B. vom 30.01.2015, 2011/17/0081; vom 29.06.2012, 2012/02/0097 uva. –

war daher

·                    der Beschwerde stattzugeben,

·                    das behördliche Straferkenntnis aufzuheben,

·                    das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen und

·                    auszusprechen, dass der Bf weder eine Geldstrafe,

    noch Verfahrenskosten zu bezahlen hat.

 

 

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag
der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) und/oder einer außerordentlichen Revision
beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Josef Kofler