LVwG-301121/14/KLi

Linz, 11.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 20. Juni 2016 des K S, geb. X, X, X, vertreten durch die X Rechtsanwälte GmbH, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19. Mai 2016, GZ: SanRB96-68-2015/Gr, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozial­versicherungsgesetzes (ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als eine Übertretung des ASVG anstatt im Zeitraum von 17.4.2015 bis 29.4.2015 lediglich am 28.4.2015 erfolgt ist und die Geldstrafe auf 1.090 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstraße auf 168 Stunden herabgesetzt wird. Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Die Kosten im Verfahren vor der belangten Behörde reduzieren sich auf 109 Euro. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG fallen im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich keine Kosten an.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1.       Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (in der Folge: belangte Behörde) vom 19. Mai 2016, GZ: SanRB96-68-2015/Gr, wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe es als Gewerbeinhaber und Arbeitgeber seines Unternehmens mit Sitz in X, X, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass er als Dienstgeber Herrn D V (im Straferkenntnis „V“), geb. X, als Dienst­nehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt als Friseur im Ausmaß von mehreren Stunden zumindest von 17.4.2015 bis 29.4.2015 beschäftigt habe, ohne vor Arbeitsbeginn (X) bei der
Oö. Gebietskrankenkasse mit Sitz in 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung zu erstatten. Dieser Sachverhalt sei von den Organen des Finanzamtes Linz bei einer Kontrolle am 29.4.2015 um 10:05 Uhr in seinem o.a. Unternehmen nach Durchsicht der Stundenaufzeichnungen und durch Abfrage im Hauptverband festgestellt worden. Der o.a. Dienstnehmer sei nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen gewesen. Der Beschwerdeführer habe somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen.

 

Über den Beschwerdeführer werde daher eine Geldstrafe von 2.180 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 336 Stunden verhängt, ferner werde der Beschwerdeführer dazu verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 218 Euro zu leisten.

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund der durchgeführten Ermittlungen folgender Sachverhalt feststünde: Der Beschwerdeführer habe es als Gewerbeinhaber und Arbeitgeber seines Unternehmens mit Sitz in X, X, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass er als Dienstgeber Herrn D V, geb. X, als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt als Friseur im Ausmaß von mehreren Stunden zumindest von 17.4.2015 bis 29.4.2015 beschäftigt habe, ohne vor Arbeitsantritt (X) eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse mit Sitz in 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger erstattet zu haben.

 

Zu diesem Ergebnis gelange die belangte Behörde auf Grund folgender Beweismittel: Aufgrund des Strafantrages des Finanzamtes Linz sei dem Beschwerdeführer die ggst. Verwaltungsübertretung mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 8.6.2015 zu Last gelegt worden. Im Zuge der persönlichen Vorsprache am 22.6.2015 habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen angegeben, dass Herr V erst am 5.5.2015 bei ihm zu arbeiten begonnen hätte. Am 28.4.2015 hätte er im Auftrag des AMS geschnuppert. Bei der Kontrolle am 29.4.2015 hätte er im Aufenthaltsraum auf den Beschwerde­führer gewartet.

 

Aufgrund dieser Ausführungen habe das Finanzamt Linz eine Stellungnahme abgegeben, welche dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 4.8.2015 zur Kenntnis gebracht worden sei. In weiterer Folge hätten der Beschwerdeführer und seine Mutter nochmals eine Rechtfertigung abgegeben, in welcher im Wesentlichen die gleichen Rechtfertigungen wie schon in der ersten Stellung­nahme vorbracht worden seien.

 

Die darauffolgenden Äußerungen des Finanzamtes seien dem Beschwerdeführer mit der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 10.3.2016 übermittelt worden. Darin sei ausgeführt worden, dass sowohl der Beschwerdeführer als auch Herr V bereits bestätigt hätten, dass letzterer am 28.4.2015 von 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr im Friseursalon geschnuppert habe. Daher sei zumindest an diesem Tag von einem meldepflichtigen Dienstverhältnis auszugehen.

 

Von der Möglichkeit sich nochmals zum ggst. Sachverhalt zu äußern, hätte der Beschwerdeführer nicht Gebrauch gemacht.

 

Der Beschwerdeführer habe durch die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung den Schutzzweck des ASVG verletzt. Straferschwerend müsse die einschlägige Verwaltungsvorstrafe des Beschwerdeführers gewertet werden, was zum qualifizierten Strafrahmen führe. Milderungsgründe könnten keine gefunden werden. Die verhängte Strafe sei dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessen, die Einkommensverhältnisse seien entsprechend der Angaben des Beschwerdeführers berücksichtigt worden. Die Verhängung einer Geldstrafe sei aus spezialpräventiven Gründen nötig.

 

I.2.       Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 20. Juni 2016, mit welcher das Straferkenntnis in vollem Umfang bekämpft wird.

 

Zusammengefasst bringt der Beschwerdeführer vor, das Straferkenntnis sei rechtswidrig. Die Behörde gehe zu Unrecht von einem anmeldepflichtigen Dienstverhältnis des Herrn V aus. Die belangte Behörde sei weder auf die Verantwortung des Beschuldigten in seiner Aussage vom 22.6.2015, noch auf dessen Bestätigung und die Bekräftigung durch seine Mutter als Zeugin im August 2015 eingegangen.

 

Die belangte Behörde hätte es demnach unterlassen, die Verantwortung des Beschuldigten durch die Einvernahme von weiteren Beschäftigten des Einzelunternehmens als Zeugen zu hinterfragen, dass Herr V tatsächlich lediglich am 28.4.2015 und da nur für wenige Stunden „geschnuppert“ habe. Hätte sich die Behörde mit den Zeugenaussagen auseinandergesetzt, hätte sie erkennen müssen, dass bloße Eintragungen in einem Handkalender – von wem auch immer – und die Anwesenheit des Herrn V am 29.4.2015 im Aufenthaltsraum bei der Kontrolle in rechtlicher Hinsicht noch kein meldepflichtiges Dienstverhältnis im Sinne des § 5 ASVG begründen würden. Die belangte Behörde hätte daher ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt.

 

Darüber hinaus hätte die belangte Behörde Sachverhaltsfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung getroffen. Diese würde sich unrichtigerweise ausschließlich auf den Strafantrag des Finanzamtes Linz und damit ausschließlich auf handschriftliche Eintragungen in einem Kalender stützen.

 

Bei der Beweiswürdigung hätte sich die belangte Behörde jedoch richtigerweise auf die Aussagen des Beschwerdeführers und seiner Mutter stützen und diesen Glauben schenken müssen. Diesen Aussagen nach habe Herr V lediglich am 28.4.2015 für wenige Stunden im Betrieb geschnuppert und am 29.4.2015 nur die Modalitäten für das Dienstverhältnis beginnend mit 5.5.2015 besprechen wollen.

 

Die belangte Behörde hätte in Ermangelung anderer Beweise von der Richtigkeit dieser Aussagen ausgehen müssen und sich nicht bloß auf die Eintragung eines Vornamens mit teils unleserlichen schriftlichen Anmerkungen stützen dürfen. Diese Eintragungen wären ungeeignet als Beweis für das Vorliegen eines meldepflichtigen Dienstverhältnisses. Dies würde im Ergebnis, insbesondere nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.2.2013 (2012/08/0023), dazu führen, dass kein meldepflichtiges Dienstverhältnis nach dem ASVG bestand.

 

Aus den genannten Gründen beantrage der Beschwerdeführer die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, sowie die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses der belangten Behörde und die Einstellung des Strafver­fahrens gegen den Beschwerdeführer. Sollte das Landesverwaltungsgericht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung betreffend der Rechtswidrigkeit des Straferkenntnisses kommen, so werde beantragt, nach § 20 VStG vorzugehen, oder von der Bestrafung gem. § 45 Abs. 1 Z 4 VStG abzusehen.

 

 

II.         Nachfolgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt steht fest:

 

II.1.      Der Beschwerdeführer ist Gewerbeinhaber und Arbeitgeber seines Unter­nehmens in der X, X, wo er einen Friseursalon betreibt.

 

II.2.   Am 28.4.2015 „schnupperte“ der Zeuge D V im Auftrag des AMS im Betrieb des Beschwerdeführers. Im Rahmen dieses Schnupperns wollte der Beschwerdeführer die Fähigkeiten des Zeugen als Friseur testen. Der Zeuge machte bei einem Modell eine Frisur (Farbe auftragen, Haarschnitt). Der Beschwerdeführer erhielt für diese Leistungen des Zeugen keine Bezahlung von der Dame, weil es sich eben um ein Modell und nicht um eine Kundin gehandelt hatte.

 

Eine Anmeldung des Zeugen bei der Oö. Gebietskrankenkasse erfolgte vor dem „Schnuppern“ nicht. Der Beschwerdeführer entschied allerdings, den Zeugen aufgrund seiner Leistungen beim „Schnuppern“ einzustellen.

 

Am 29.4.2015 war der Zeuge dort anwesend, während das Finanzamt Linz eine Kontrolle durchführte. An diesem Tag sollten die Arbeitsbedingungen für den Arbeitsantritt am 5.5.2015 besprochen werden. Arbeitsleistungen des Zeugen erfolgten an diesem Tag nicht. Der Beschwerdeführer war zunächst noch bei einem auswärtigen Termin, als der Zeuge auf ihn wartete und die Finanzpolizei die Kontrolle durchführte. Als der Beschwerdeführer im Friseursalon eintraf, war die Kontrolle bereits abgeschlossen.

 

II.3.   Der Zeuge füllte im Rahmen der Kontrolle ein Personenblatt aus, auf dem er bekannt gab, am 28.4.2015 von 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr im Betrieb geschnuppert zu haben. Auch am 29.4.2015 wurde in der Spalte für die Arbeitszeit ebenfalls 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr eingetragen. Weiters füllte er aus, dass über den Lohn bzw. die Bezahlung nicht gesprochen wurde. Auch die anderen Arbeitnehmer des Beschwerdeführers mussten Personalblätter ausfüllen. Nachdem sich der Zeuge im Betrieb des Beschwerdeführers noch nicht auskannte, schrieb er beim Ausfüllen seines Personalblattes teilweise von den anderen Arbeitnehmern ab.

 

II.4.   Im Zuge der Kontrolle wurde seitens der Organe des Finanzamtes Linz ein Kalender gefunden, in dem bereits seit 17.4.2015 Eintragungen unter dem Namen „D“ geführt wurden.

 

II.5.   Die Mutter des Beschwerdeführers schreibt den Kalender immer schon für einige Wochen vor, und es war geplant, den Zeugen schon früher, nämlich ab 17.4.2015, einzustellen. Tatsächlicher Arbeitsbeginn war am 5.5.2015.

 

 

III.        Beweiswürdigung:

 

III.1.     Die Feststellungen zum Unternehmen des Beschwerdeführers und zum Beschwerdeführer selbst ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde. Sie werden auch vom Beschwerdeführer zugestanden, sodass diesbezüglich weitere Erhebungen unterbleiben konnten.

 

III.2.     Die Feststellungen zur Beschäftigung des Zeugen bzw. zu seinem „Schnuppertag“ im Unternehmen des Beschwerdeführers ergeben sich ebenfalls aus dem Akteninhalt. Im Speziellen gehen diese Feststellungen aus den im Wesentlichen deckungsgleichen Aussagen des Beschwerdeführers und des Zeugen in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht hervor.

 

Der Beschwerdeführer gab vor dem erkennenden Gericht an, dass er sich im Zuge des Schnupperns ein Bild von den jeweiligen Bewerbern mache, insbesondere auch, ob sie mit dem Friseurwerkzeug umgehen können. Der Zeuge habe bei einer Dame eine Frisur gemacht (Protokoll ON 13, Seite 2
Abs. 2).

 

Mit dieser Aussage übereinstimmend gab auch die Mutter des Beschwerdeführers an, dass der Zeuge einen Haarschnitt machte, damit der Beschwerdeführer seine Eignung für den Betrieb prüfen konnte (Protokoll ON 13, Seite 4 Abs. 6).

 

Schließlich sagte auch der Zeuge aus, dass er beim Schnuppern bei einem Modell die Haare gewaschen, Farbe aufgetragen und einen Haarschnitt gemacht habe, der Beschwerdeführer habe aber an dieser Probearbeit nichts verdient (Protokoll ON 13, Seite 6 Abs. 2).

 

Insofern ergibt sich aus allen Aussagen, dass sich nicht nur der Zeuge ein Bild von seinem allenfalls zukünftigen Arbeitgeber machte, sondern auch der Beschwerdeführer sich ein Bild von seinem allenfalls zukünftigen Arbeitnehmer machte.

 

III.3.     Die Eintragungen im Kalender ergeben sich aus dem Akt der Behörde, insbesondere aus den darin enthaltenen Fotokopien aus dem Kalender. Weiters sind hier die im Akt befindlichen Niederschriften der Aussagen des Beschwerdeführers und die seiner Mutter vor der belangten Behörde von Relevanz. Die Mutter wurde außerdem in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht nochmals befragt.

 

Sowohl die Mutter des Beschwerdeführers als auch der Beschwerdeführer selbst gaben bereits im Verfahren vor der belangten Behörde an, dass die Mutter den Kalender bereits vorgeschrieben hatte, obwohl der Zeuge noch nicht mit der Arbeit begonnen hatte. Die Mutter des Beschwerdeführers schilderte das „Vorschreiben“ des Terminkalenders auch in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht. Üblicherweise wird der Kalender für 2-3 Monate vorgeschrieben, sodass auch Mitarbeiter aufscheinen, die dann z.B. auf Urlaub oder im Krankenstand sind oder in der Zwischenzeit gekündigt haben. Der Zeuge habe seine Arbeit dann erst später begonnen als ursprünglich angenommen.

 

Dass ein Terminkalender für einige Zeit im Voraus vorbereitet wird, ist nicht unglaubwürdig. Dass also die Mutter des Beschwerdeführers irrtümlich annahm, der Zeuge würde bereits am 17.4.2015 zu arbeiten beginnen, kann nicht widerlegt werden.

 

III.4.     Ob die Arbeitsleistung des Zeugen im Zuge des „Schnupperns“ eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung darstellt, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

 

 

IV.       Rechtslage:

 

IV.1.    Als Dienstnehmer gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz entlohnt werden, oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Ein­kommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig  sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

IV.2.    Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3
lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten ist.

 

IV.3.    Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundes­gesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

IV.4.    Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes 1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder 2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder 3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder 4. gehörig ausgewiesene Bedienstete oder Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt. Gemäß § 111 Abs. 2 leg. cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

 

V.        Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1.   Gegenständlich hat das Verfahren ergeben – und wird vom Beschwerde­führer auch nicht bestritten – dass der Zeuge am 28.4.2014 im Betrieb des Beschwerdeführers anwesend war und einer Dame eine Frisur gemacht hat. Dies geht insbesondere aus der Aussage des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung hervor. Der Zeuge konkretisierte, dass es sich um ein Modell gehandelt und der Beschwerdeführer daran nichts verdient hat.

 

Des Weiteren gilt als erwiesen, dass der Zeuge auch am darauffolgenden Tag im Betrieb des Beschwerdeführers anwesend war; dies laut Beschwerdeführer und Zeugen zum Zweck der Besprechung der späteren Einstellung.

 

Der im Betrieb vorhandene Kalender spricht einerseits dafür, dass zu diesem Zeitpunkt schon ein längeres Dienstverhältnis mit dem Zeugen bestand. Das Datenblatt, welches vom Zeugen ausgefüllt wurde, bezieht sich andererseits nur auf die oben bereits genannten beiden Tage, wobei auffällt, dass auch für den 29.4.2015 die Dienstzeit von 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr eingetragen wurde, was wohl länger als die normale Dauer einer Besprechung der Modalitäten betreffend der Einstellung eines Dienstnehmers ist. Andererseits gab der Zeuge dazu an, von den anderen Arbeitnehmern abgeschrieben zu haben.

 

V.2.   Verfahrensgegenständlich ist daher die Frage, ob bereits ein längeres Dienstverhältnis mit dem Zeugen bestand, oder ob es bei dem Schnuppertag am 28.4.2015 und bei dem Einstellungsgespräch am 29.4.2015 blieb.

 

In letzterem Fall ist dann noch zu klären, ob es sich tatsächlich um einen reinen Schnuppertag handelte, oder um einen Probearbeitstag, der anmeldepflichtig ist.

 

Da am 29.4.2015 keine Arbeitstätigkeit des Zeugen an diesem Tag, sondern lediglich seine Anwesenheit festgestellt werden kann, bliebe es beim Verstoß am 28.4.2015.

 

V.3.   Da die belangte Behörde weitere Ermittlungsschritte hinsichtlich der von ihr behaupteten Anstellung des Zeugen seit 17.4.2015 nicht getätigt hat, und somit als einziges Indiz dafür der Kalender, in dem der Name „D“ eingetragen ist, dient und weiter die Aussagen des Beschwerdeführers und der Zeugin nicht widerlegbar sind und auch nicht geradezu unglaubwürdig erscheinen, kann das Bestehen eines solchen Dienstverhältnisses nicht als erwiesen angesehen werden (in dubio pro reo).

 

V.4.   Hinsichtlich des Schnupperarbeitstages am 28.4.2015 ist daher abzu­wägen ob er dazu diente, dass sich der Zeuge ein Bild vom Betrieb des Beschwerde­führers machen konnte, oder ob auch der Beschwerdeführer die Kenntnisse und Fertigkeiten des Zeugen testen wollte.

 

V.4.1.  Der Verwaltungsgerichtshof führte dazu aus:

Der Zweck des "Probetages", die Eignung des (potentiellen) Dienstnehmers zu überprüfen, setzt voraus, dass dieser sich zumindest in untergeordneter Weise an der Arbeit (etwa der Regalbetreuung in den Supermärkten) beteiligt, zum anderen wäre auch eine mehrere Stunden dauernde Einschulung (hier: das Kennenlernen der Route und der zu verrichtenden Tätigkeiten durch Teilnahme an einer Auslieferungsfahrt) bereits als Teil der Betriebsarbeit anzusehen. Auch ohne ausdrücklich vereinbartes Entgelt hatte der den Probetag Absolvierende daher Anspruch auf den kollektivvertraglichen bzw. angemessenen Lohn (vgl. § 1152 ABGB; zur Vermutung der Entgeltlichkeit auch bei Einschulungszeiten s. auch das Urteil des Obersten Gerichtshofes ArbSlg. 8457) [VwGH 14.2.2013, 2012/08/0023].

 

In rechtlicher Hinsicht dient das „Schnuppern“ daher dem Arbeitnehmer, sich ein Bild vom Arbeitgeber zu machen und die Probearbeit dem Arbeitgeber, sich ein Bild vom Arbeitnehmer zu machen. Während „Schnuppern“ nicht zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt, ist dies bei einer Probearbeit sehr wohl der Fall.

 

V.4.2.     Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 14.2.2013, 2012/08/0023 Nachfolgendes erkannt:

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits klargestellt, dass es der Annahme eines (versicherungspflichtigen) Probearbeitsverhältnisses nicht entgegensteht, wenn die (Weiter)Beschäftigung vom Ergebnis dieser Erprobung abhängig gemacht wird, zumal im Probearbeitsverhältnis ohnehin die Möglichkeit zu dessen jederzeitiger Auflösung ohne Begründung besteht. Für die danach erforderliche Abgrenzung eines bloßen Vorstellungsgesprächs von der Aufnahme der (auch versicherten) Betriebsarbeit kann es vor dem Hintergrund des Schutzzwecks arbeitsrechtlicher Normen nicht dem Arbeitgeber überlassen werden, eine Beschäftigung, die typischerweise Teil eines Probearbeitsverhältnisses ist, nach Belieben in das Vorstellungsgespräch zu integrieren und so Arbeit suchende Personen zu Arbeitsleistungen ohne Entgeltanspruch zu verhalten. Die Abgrenzung des Vorstellungsgesprächs von einer Arbeitsleistung, die den Beginn eines Arbeitsverhältnisses markiert, hat daher nach objektiven Gesichtspunkten unter Berücksichtigung der Übung des redlichen Verkehrs zu erfolgen. Soweit der Arbeitgeber das Vorstellungsgespräch dazu benützt, eine Arbeitsleistung in Anspruch zu nehmen, die nach Art und Umfang üblicherweise nicht unentgeltlich erbracht wird, und dadurch das Vorstellungsgespräch der Sache nach in die eigentliche Betriebsarbeit oder in eine für die Beschäftigung allenfalls erforderliche Einschulung erstreckt, kommt es zu einer einseitigen Verkürzung der Interessen des Arbeitnehmers, ohne dass dies durch berechtigte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt werden könnte. Eine solche Vorgangsweise entspricht daher nicht der Übung des redlichen Verkehrs (Hinweis E 18. Februar 2004, Zl. 2000/08/0180, VwSlg 16285 A/1996).

 

V.4.3.  In seinem Erkenntnis vom 18.2.2004, 2000/08/0180 (= VwSlg 16285 A/2004) führte der Verwaltungsgerichtshof zur Herstellung eines Probearbeitsstückes aus:

 

Der Verwaltungsgerichtshof kann nun nicht finden, dass die Herstellung eines Werkstückes durch die nicht unerhebliche Zeitdauer von zwei Stunden im Betrieb des Arbeitgebers typischerweise Teil eines Vorstellungsgespräches ist. Es ist dem Arbeitgeber zwar nicht verwehrt, sich bei einem Vorstellungsgespräch davon zu überzeugen, ob der Bewerber die für die in Aussicht genommene Stelle erforderlichen Kenntnisse besitzt, wozu auch kurze praktische Erprobungen zählen mögen. Die Herstellung eines Werkstückes zur Beurteilung der Arbeitserbringung des Bewerbers im hier in Rede stehenden zeitlichen Ausmaß geht aber dem Umfang und der Sache nach schon deshalb über das bei einem Vorstellungsgespräch Übliche und Zulässige hinaus, weil den Interessen des Arbeitgebers in gleicher Weise in einem zu jeder Stunde kündbaren Probearbeitsverhältnisses Rechnung getragen werden kann, jedoch das Interesse des Arbeitsnehmers, nicht unentgeltliche Arbeitsleistungen erbringen zu müssen, nur in einem solchen Probearbeitsverhältnis zur Geltung kommt. Soweit aber der Arbeitgeber das Vorstellungsgespräch dazu benützt, eine Arbeitsleistung in Anspruch zu nehmen, die nach Art und Umfang üblicherweise nicht unentgeltlich erbracht wird, und dadurch das Vorstellungsgespräch der Sache nach in die eigentliche Betriebsarbeit oder in eine für die Beschäftigung allenfalls erforderliche Einschulung – und sei es auch nur die Herstellung eines Werkstückes – erstreckt, kommt es zu einer einseitigen Verkürzung der Interessen des Arbeitnehmers, ohne dass dies durch berechtigte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt werden könnte. Eine solche Vorgangsweise entspricht daher nicht der Übung des redlichen Verkehrs.

 

V.4.4.     In verschiedenen arbeitsrechtlichen Bestimmungen ist das Dienstver­hältnis auf Probe geregelt (§ 1158 Abs. 2 ABGB, § 19 Abs. 2 Angestelltengesetz, § 16 Abs. 2 Gutsangestelltengesetz, § 10 Abs. 1 Landarbeitsgesetz, § 4 Abs. 3 Vertragsbedienstetengesetz). Darunter versteht man ein für einen durch das Gesetz selbst begrenzten Zeitraum (in der Regel höchstens einen Monat) vereinbartes Arbeitsverhältnis mit jederzeitiger (gleichsam stündlicher) Lösbarkeit. Das Dienstverhältnis auf Probe soll dem Arbeitgeber die Möglichkeit geben, sich davon zu überzeugen, ob sich der Arbeitnehmer für die ihm zugedachte Stelle eignet, bevor er ihn endgültig einstellt (vgl. Martinek-Schwarz, Kommentar zum Angestelltengesetz, Erläuterung 7 zu § 19).

 

Die genannten gesetzlichen Bestimmungen setzen für die Erprobung des Arbeitnehmers die Begründung eines (im Zweifel entgeltlichen [§ 1152 ABGB]) Arbeitsverhältnisses voraus. Es steht daher der Annahme eines (versicherungspflichtigen) Probearbeitsverhältnisses nicht entgegen, dass die (Weiter-)Beschäftigung am nächsten Tag (zunächst) von der Vorlage der Arbeitsbewilligung abhängig gemacht wurde, zumal im Probearbeitsverhältnis ohnehin die Möglichkeit zu dessen jederzeitiger Auflösung ohne Begründung besteht und daher auch das nicht wunschgemäße Verhalten des Beschäftigten Anlass für eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Dienstgeber sein kann (vgl. VwGH vom 18. Februar 2004, 2000/08/0180).

 

Soweit aber der Beschwerdeführer die "Probearbeit" dazu benützt, eine Arbeitsleistung in Anspruch zu nehmen, die nach Art und Umfang üblicherweise nicht unentgeltlich erbracht wird, und in eine für die Beschäftigung allenfalls erforderliche Einschulung erstreckt, kommt es zu einer einseitigen Verkürzung der Interessen des Beschäftigten, ohne dass dies durch berechtigte Interessen des Beschwerdeführers gerechtfertigt werden könnte. Eine solche Vorgangsweise entspricht daher nicht der Übung des redlichen Verkehrs. Mangels entgegenstehender Vereinbarungen (Lohnabsprachen wurden nicht vorgenommen; Unentgeltlichkeit der Probearbeit war nicht vereinbart) ist laut Aktenlage von einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis (§ 1152 ABGB) auszugehen. Die Höhe des Entgelts hat sich an der beabsichtigten Entlohnung zu orientieren (VwSen-252597/2/Sr/Sta).

 

V.4.5.  Da der Beschwerdeführer auch in seiner Aussage in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sagte, er müsse sich die Arbeitnehmer ansehen bevor er sie einstellen könne, insbesondere ob sie mit den Werkzeugen umgehen können, ist von einer Überprüfung der Eignung des (potentiellen) Dienstnehmers auszugehen. Es ist daher, auch wenn kein Lohn vereinbart wurde oder einfach nicht über den Lohn gesprochen wurde, von einem entgeltlichen und anmeldepflichtigen Dienst­verhältnis, sei es auch nur für diesen einen Tag, auszugehen.

 

V.5.   Im ggst. Fall kann daher dem Begehren des Beschwerdeführers das Straferkenntnis aufzuheben, keine Folge gegeben werden.

 

Es kann jedoch die Anwendung einer außerordentlichen Strafmilderung gemäß
§ 20 VStG in Betracht kommen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass bereits eine einschlägige Verwaltungsvorstrafe des Beschwerdeführers vorliegt.

 

Diesbezüglich hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits mit der Frage der Strafzumessung auseinander gesetzt. Im Hinblick auf das AuslBG hat er dazu ausgeführt, dass der Umstand, dass ein Beschwerdeführer wegen Übertretung des AuslBG einschlägig vorbestraft wurde, wohl die Anwendung des zweiten Strafsatzes de § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG rechtfertige, hingegen das Vorliegen von Strafvormerkungen nicht bedeute, dass allein deshalb hinsichtlich der Verwaltungsübertretung bei der Strafbemessung die außerordentliche Milderung nach § 20 VStG nicht anwendbar wäre (VwGH 28.12.2001, 99/09/0043; VwGH 18.05.2010, 2006/009/0235).

 

In Analogie können diese Ausführungen auch auf Übertretungen des ASVG angewandt werden. Im hier vorliegenden Fall führt daher das Vorliegen der Verwaltungsvorstrafe zwar zur Anwendung des qualifizierten Strafsatzes gemäß § 111 Abs. 2 ASVG, was jedoch nicht generell die Anwendung des § 20 VStG verhindert.

 

V.6.   Im vorliegenden Fall ist zunächst die lange Verfahrensdauer zu berück­sichtigen, insbesondere dass der Beschwerdeführer selbst einen Beitrag zur Dauer des Verfahrens nicht zu verantworten hat. Die lange Verfahrensdauer ist insofern als Milderungsgrund heranzuziehen. Es handelt sich nicht um einen derart komplexen Fall, dass die Zeit zwischen der letzten Zeugenaussage (Mutter des Beschwerdeführers, 15. September 2015) und der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme (10. März 2016) zu rechtfertigen ist, da aus dem Verfahrensakt hervorgeht, dass in der Zwischenzeit keine weitere Handlung der Behörde stattfand. Auch die Stellungnahme des Finanzamtes nach der letzten Zeugenaussage langte bei der Behörde bereits am 21. September 2015 ein.

 

Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26.6.2008, Zl. B 304/07, ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005; 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

V.7.   Auch kann als Milderungsgrund herangezogen werden, dass, obwohl ein Dienstverhältnis gem. § 4 Abs. 2 ASVG zumindest für den 28.4.2015 angenommen werden muss, zumindest keine einseitige Bereicherung des Dienstgebers stattfand, da der Dienstnehmer die oben thematisierte Frisur lediglich bei einem Modell gemacht hat. Auch war der Zeuge nicht nur zum Zweck der Erprobung im Betrieb, sondern konnte sich auch seinerseits die Räumlichkeiten und die Arbeit ansehen. Daher war die Verletzung des Schutzzweckes des ASVG nicht besonders intensiv. Vom Vorsatz der Ausbeutung des Arbeitnehmers oder der vorsätzlichen Hinterziehung von Sozialversicherungsabgaben kann in diesem konkreten Einzelfall bei einem Tag Probearbeit nicht ausgegangen werden. Der Beschwerdeführer ist daher lediglich aufgrund von fahrlässigem Verhalten strafbar. Das Verschulden ist als gering­fügig und die Folgen sind als unbedeutend anzusehen.

 

V.8.   Aus diesen Erwägungen sowie den Strafzumessungsgründen (Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwernisgründen) ergibt sich insofern, dass im vorliegenden speziellen Einzelfall gerade noch mittels einer außer­ordentlichen Strafmilderung vorgegangen werden konnte.

 

V.9.   Der Beschwerde war insofern Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung gründet auf § 52 Abs. 8 VwGVG.

 

 

VI.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

VI.1.    Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

VI.2.    Hinsichtlich des Vorgehens mittels außerordentlicher Strafmilderung wird auf die obige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu V.5. und hinsichtlich der langen Verfahrensdauer auf die obige Rechtsprechung zu V.6. verwiesen. Die vorliegende Entscheidung steht im Einklang mit dieser Rechtsprechung und weicht nicht davon ab. Die Strafzumessung ist außerdem eine Entscheidung, die sich jeweils auf den konkreten Beschuldigten bezieht und somit eine der Verallgemeinerung nicht zugängliche Entscheidung im Einzelfall.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 


 

H i n w e i s e

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung        einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer