LVwG-000172/4/Bi

Linz, 20.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde der Frau L. Z., x, N., vertreten durch Herrn RA Mag. Dr. C. J., x, K., vom 11. August 2016 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. Juli 2016, Pol96-173-2016/Gr, wegen Übertretungen des Tierschutzgesetzes,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren.

 

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über die Beschuldigte wegen Verwaltungsübertretungen gemäß

1) §§ 13, 24 Abs.1 Z2 und 38 Abs.3 Tierschutzgesetz iVm der 2. Tierhalte­verordnung Anlage 1 Punkt 1.3 und

2) §§ 13, 24 Abs.1 Z2 und 38 Abs.3 Tierschutzgesetz iVm der 2. Tierhaltungsverordnung Anlage 1 Punkt 1.4

Geldstrafen von je 600 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 26 Stunden verhängt sowie ihr gemäß § 64 Abs.1 VStG Verfahrenskostenbeiträge von zusammen 120 Euro auferlegt. Zugrundegelegt wurde laut Schuldspruch, sie habe es als Halterin Ihres Hundes – Rasse: Deutscher Schäferhund, Rufname: J, HundemarkenNr.: 50x – zu verantworten, dass dieser Hund zumindest am 5.2.2016 im

a) Keller und

b) in einem Zwinger von einer maximalen Höhe von 1,50 m und einer Bodenfläche von maximal 3 gehalten worden sei,

obwohl Hunde nur in Räumen oder in Zwingern gehalten werden dürften,

1. bei denen der Einfall von natürlichem Tageslicht sichergestellt sei. Die Flächen der Öffnungen für das Tageslicht müssten bei der Haltung in Räumen, die nach ihrer Zweckbestimmung nicht dem Aufenthalt von Menschen dienen, grundsätzlich 12,5% der Bodenfläche betragen. Bei geringem Tageslichteinfall seien die Räume entsprechend dem natürlichen Tag-/Nachtrhythmus zusätzlich zu beleuchten.

2. wenn eine ausreichende Frischluftversorgung sichergestellt sei.

3. wen die benutzbare Bodenfläche den Anforderungen an die Zwingerhaltung entspreche.

Anforderungen einer Zwingerhaltung:

1. Eine dauerhafte Zwingerhaltung ist verboten. Hunden ist mindestens einmal täglich entsprechend ihrem Bewegungsbedürfnis die Möglichkeit zu geben, sich außerhalb des Zwingers zu bewegen.

2. Jeder Zwinger muss über eine uneingeschränkte benutzbare Zwingerfläche von mindestens 15 verfügen.

3. Die Einfriedung des Zwingers muss so beschaffen sein, dass der Hund sie nicht zerstören kann, nicht überwinden und sich nicht daran verletzen kann. Die Einfriedungen müssen mindestens 1,8 m hoch sein und ausreichend im Boden verankert sein.

4. Der Zwingerboden und alle Einrichtungen des Zwingers müssen so gewählt und gestaltet werden, dass die Gesundheit der Hunde nicht beeinträchtigt wird und dass sie sich auch nicht verletzen können. Der Boden ist so auszuführen, dass Flüssigkeit abfließen kann. Mindestens eine Seite des Zwingers muss dem Hund freie Sicht nach außen ermöglichen. Das Innere muss sauber, ungeziefer­frei und trocken gehalten werden.

Der Zwinger muss ausreichend beleuchtet sein.

Dieser Sachverhalt sei am 5. Februar 2016 um 9,15 Uhr von Beamten der PI N. in N., x, festgestellt worden. 

Die Zustellung des Straferkenntnisses erfolgte laut Rückschein am 15. Juli 2016.

 

2. Dagegen hat die Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungs­gericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich gemäß § 44 Abs.2 VwGVG.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie weitere Ermittlungen und hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.  

Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhalten nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Spruch-erfordernissen nach § 44a Z1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass diese (zB nach Tatort und Tatzeit) unverwechselbar feststeht sowie eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat auch das Landesver-waltungsgericht nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die belangte Behörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601), sondern die Entscheidungsbefugnis ist durch den Gegenstand des Spruchs im angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs.4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Beschwerde­verfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der belangten Behörde bildet (vgl ua VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

 

Laut Anzeige ereignete sich der Vorfall, bei dem der Schäferhund „J.“ den Yorkshire Terrier „J.“ getötet hat, am 5. Februar 2016 gegen 17.30 Uhr im Bereich der Kreuzung x in N. Die genaue Zeit bzw Dauer der Ermittlungen, insbesondere wann genau das Foto aufgenommen wurde, das den Schäferhund in einem Gitterkäfig zeigt und das offensichtlich die Grundlage des ggst Verwaltungsstrafverfahrens bildet, geht aus der Anzeige nicht hervor; lediglich eine nicht zuordenbare Uhrzeit „9.15 Uhr“ und dass sich der Käfig an der Wohnanschrift der Bf im Keller befand, scheint am Ende der Anzeige auf.

Dazu wurde seitens des Landesverwaltungsgerichtes der Meldungsleger KI H. N., PI N., per Mail befragt. Er bestätigte, dass die Erhebungen am 6. Februar 2016 zwischen 9.00 Uhr und 10.00 Uhr im Haus x in N. bei der Bf stattfanden und das Foto um 9.15 Uhr im Keller dieses Hauses aufgenommen wurde.

 

Damit ist die Tatzeit „5. Februar 2016“ betreffend die der Bf im Straferkenntnis wie auch in der Strafverfügung vom 1. April 2016 zur Last gelegten Übertretungen unzutreffend.

Hinsichtlich eines Tatvorwurfs betreffend die Tatzeit „6. Februar 2016“ ist gemäß § 31 Abs.1 VStG Verfolgungsverjährung noch nicht eingetreten.

 

Zum Spruch des Straferkenntnisses ist zu sagen, dass eine sich im Wesentlichen als Wiederholung des Gesetzestextes darstellende Umschreibung der Tatanlastung dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG nicht gerecht wird (vgl  VwGH 22.2.1994, 92/04/0214;  19.12.2005, 2003/03/0199).

 

Die Anlastung im Tatvorwurf ist so umfangreich, dass damit im Ergebnis der Beschuldigten aufgebürdet wird, die konkrete Zuordnung der jeweiligen Tatanlastung zu der verletzten Verwaltungsvorschrift jeweils selbst durchzu­führen. Gerade das soll aber durch die Bestimmung des § 44a Z 1 und 2 VStG, die von der Vorstellung getragen ist, dem Beschuldigten eine effektive Verteidigung seiner Rechte zu ermöglichen, vermieden werden.

 

Anlage 1 der 2. Tierhaltungsverordnung sieht im Punkt 1.3. vor, dass ein Hund in Räumen, die nach ihrer Zweckbestimmung nicht dem Aufenthalt von Menschen dienen, nur dann gehalten werden darf, wenn die benutzbare Bodenfläche den Anforderungen an die Zwingerhaltung entspricht. Punkt 1.4 Abs.2 leg.cit sieht vor, dass jeder Zwinger über eine uneingeschränkt benutzbare Zwingerfläche von 15 verfügen muss, wobei in diese Fläche der Platzbedarf für die Hundehütte nicht eingerechnet ist.

Die Feststellung in der Anzeige, der Käfig habe sich in einem Kellerraum befunden, in den „kaum Tageslicht eindringt“, reicht für eine Subsumtion unter die Bestimmungen der 2. Tierhaltungsverordnung ohne weitere Erhebungen nicht aus.

 

Aus all diesen Überlegungen war der Beschwerde gemäß § 45 Abs.1 Z1 und 2 VStG Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden, naturgemäß unter Entfall von Verfahrenskostenbeiträgen. 

 

 

Zu II.:

 

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren.

 

 

Zu III.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger