LVwG-650672/3/Zo/Bb

Linz, 12.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter            Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des R M, geb. 1996, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. Juni 2016, GZ VerkR21-316-2016/LL, betreffend Entziehung  der Lenkberechtigung der Klassen A1 und A2 mangels Absolvierung der zweiten  Ausbildungsphase (Mehrphasenausbildung),

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.   Aus Anlass der Beschwerde wird festgestellt, dass der behördliche   Bescheid rechtmäßig war.

 

 

II.  Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche   Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) hat Herrn R M (Beschwerdeführer) mit Bescheid vom 14. Juni 2016, GZ VerkR21-316-2016/LL, die Lenkberechtigung für die Klassen A1 und A2 bis zur Absolvierung der fehlenden Ausbildungsphase (Fahrsicherheits­training, verkehrspsychologisches Gruppengespräch, Gefahren­wahrnehmungs­training und Perfektionsfahrt) gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides entzogen und verpflichtet, den über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellten Führerschein unverzüglich nach Rechtskraft des Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abzuliefern.

 

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde u.a. aus, dass der Bf laut Meldung des Führerscheinregisters das Fahrsicherheitstraining, ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch und ein Gefahrenwahrnehmungs­training, die alle an einem Tag abzuhalten sind und die Perfektionsfahrt für die Klasse A nicht innerhalb von 14 Monaten, der Nachfrist von vier Monaten und der weiteren Verlängerung der Frist zur Absolvierung um vier Monate nach Erteilung der Lenkberechtigung (bis spätestens 8. Mai 2016) absolviert habe, obwohl dies mit Bescheid vom 18. Jänner 2016, GZ VerkR22-17-22-2016, angeordnet worden sei. Aus diesem Grund sei daher die Lenkberechtigung zu entziehen und der ausgestellte Führerschein unverzüglich abzuliefern.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 17. Juni 2016, erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde, in welcher er vorbringt, dass er leider das nötige Fahrsicherheitstraining nicht absolvieren habe können.

 

Er sei seit 1. Juni 2016 in Reichersberg am Inn in Zivildienstausbildung als Sanitäter. Nach einer Vorsprache bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land sei als Termin für das Fahrsicherheitstraining der 9. Juni 2016 vereinbart worden. Laut beiliegenden Befunden habe er den Termin aufgrund einer schweren Schulterverletzung aber nicht wahrnehmen können. Neuer Termin sei daher der 23. Juli 2016. Er bitte den Führerscheinentzug bis zu der im Anschluss nötigen Perfektionsfahrt aufzuschieben.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Vorlageschreiben vom 14. Juli 2016 unter Anschluss des Verwaltungsstrafaktes mit der GZ VerkR21-316-2016/LL zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, welches durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter entscheidet.

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und das Beschwerdevorbringen. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG Abstand genommen werden, weil sich der Sachverhalt zur Gänze aus der Aktenlage ergibt und eine solche nicht beantragt wurde.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Dem Beschwerdeführer wurde laut Aktenlage am 8. Juli 2014 die Lenkberechtigung für die Klassen A1 und A2 erteilt. Er ist seit 1. Juni 2016 Zivildiener.

 

Er war daher gemäß § 4a Abs. 1 FSG zur Durchführung der Mehrphasen­ausbildung (Fahrsicherheitstraining, verkehrspsychologisches Gruppengespräch, Gefahrenwahrnehmungstraining und Perfektionsfahrt gemäß § 4b Abs. 3 FSG) binnen 14 Monaten, also bis 8. September 2015, verpflichtet.

 

Nachdem der Beschwerdeführer diese zwingend zu absolvierende zweite Ausbildungsphase für die Klassen A1 und A2 nicht innerhalb dieser gesetzlichen Frist sowie der Nachfrist von vier Monaten nach Erteilung der Lenkberechtigung absolviert hat, wurde die Absolvierung der fehlenden Stufen der zweiten Ausbildungsphase zunächst behördlich mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Jänner 2016, GZ VerkR96-22-17-2016, angeordnet. Trotz dieser Anordnung hat der Beschwerdeführer das Fahrsicherheitstraining, das verkehrspsychologische Gruppengespräch und das Gefahrenwahrnehmungs-training, die alle an einem Tag abzulegen sind, sowie die Perfektionsfahrt auch innerhalb der gesetzlich festgelegten Nachfrist von weiteren vier Monaten nicht bis spätestens 8. Mai 2016 absolviert.

 

§ 4c Abs. 2 iVm § 24 Abs. 3 achter Satz FSG sieht in solchen Fällen grundsätzlich zwingend die Entziehung der Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung vor, weshalb dem Beschwerdeführer mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid seine Lenkberechtigung für die Klassen A1 und A2, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides bis zur Absolvierung der fehlenden Stufen entzogen wurde.

 

Laut Zentralem Führerscheinregister hat der Beschwerdeführer das Fahrsicherheitstraining samt verkehrspsychologischem Gruppengespräch und Gefahrenwahrnehmungstraining am 23. Juli 2016 und entsprechend der schriftlichen Mitteilung der belangten Behörde vom 6. Oktober 2016 die Perfektionsfahrt am 6. September 2016 absolviert.

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 4a Abs. 1 FSG haben anlässlich des erstmaligen Erwerbs einer Lenkberechtigung der Klassen A1, A2 oder A sowie anlässlich des erstmaligen Erwerbs einer Lenkberechtigung der Klasse B deren Besitzer unbeschadet der Bestimmungen des § 4c Abs. 3 innerhalb des in § 4b Abs. 1 bis 3 vorgesehenen Zeitraumes eine zweite Ausbildungsphase zu durchlaufen. Bei den Klassen A1, A2 und A ist die zweite Ausbildungsphase nur einmal und zwar anlässlich des erstmaligen Erwerbes einer der genannten Klassen zu durchlaufen. Jene Personen, die gleichzeitig eine Lenkberechtigung für die Klassen A1, A2 oder A und für die Klasse B erstmalig erworben haben, haben die zweite Ausbildungsphase für beide Klassen (A (A1, A2) und B) zu durchlaufen.

 

Gemäß § 4b Abs. 3 FSG hat die zweite Ausbildungsphase für einen Besitzer einer Lenkberechtigung der Klassen A1, A2 oder A folgende Inhalte in der genannten Reihenfolge zu umfassen:

1.   ein Fahrsicherheitstraining, ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch und ein Gefahrenwahrnehmungstraining, die alle an einem Tag abzuhalten sind, im Zeitraum von zwei bis zwölf Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung sowie

2.   eine Perfektionsfahrt im Zeitraum von vier bis 14 Monaten nach Erwerb der Lenkberechtigung.

Diese Bestimmungen gelten auch für den Fall, dass der Betreffende bei Erwerb der Lenkberechtigung für die Klassen A1, A2 oder A bereits im Besitz der Lenkberechtigung für die Klasse B ist. Zwischen der Absolvierung der in Z 1 und 2 genannten Inhalte hat ein Zeitraum von mindestens zwei Monaten zu liegen.

 

§ 4 Abs. 2c FSG lautet:

„Werden eine oder mehrere der in § 4b genannten Stufen unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3 nicht innerhalb von zwölf Monaten (14 Monaten im Fall der Klassen A1, A2 oder A) nach Erteilung der Lenkberechtigung absolviert, ist der Führerscheinbesitzer zwölf Monate (14 Monate im Fall der Klassen A1, A2 oder A) nach Erteilung der Lenkberechtigung darüber zu verständigen. In diesem Schreiben ist auf die Verlängerung der Probezeit hinzuweisen, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von vier Monaten nachgewiesen wird, sowie auf die Entziehung der Lenkberechtigung, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb einer weiteren Frist von vier Monaten nachgewiesen wird. Werden die fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von vier Monaten nach Ablauf der im ersten Satz genannten Fristen absolviert, hat die Behörde dem Betreffenden ausschließlich die Absolvierung dieser Stufe(n) anzuordnen. Mit der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) verlängert sich die Probezeit unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 4 Abs. 3 zweiter bis vierter Satz. Kommt der Besitzer der Lenkberechtigung der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von weiteren vier Monaten nach, ist gemäß § 24 Abs. 3 achter Satz vorzugehen. Die Behörde kann auf Antrag für eine angemessene Zeit von der Entziehung der Lenkberechtigung absehen, wenn die betreffende Person besonders berücksichtigungswürdige Gründe nachweist aus denen hervorgeht, dass sie innerhalb der festgesetzten Frist den oder die fehlenden Teil(e) nicht absolvieren konnte. (...)“

 

Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs. 2 nicht befolgt oder wurde dabei die Mitarbeit unterlassen, so ist gemäß § 24 Abs. 3 achter Satz FSG die Lenkberechtigung jener Klasse, für die die angeordnete(n) Stufe(n) nicht absolviert wurde(n), bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

5.2.

Der Beschwerdeführer hat während des Beschwerdeverfahrens die fehlenden Stufen der zweiten Ausbildungsphase für die Klassen A1 und A2 vollständig absolviert. Derartige Änderungen der Sachlage während des Verfahrens sind grundsätzlich zu berücksichtigen, dies gilt jedoch dann nicht, wenn die gesetzlichen Bestimmungen auf die Sachlage während eines bestimmten, in der Vergangenheit liegenden, Zeitraumes abstellen. Im konkreten Fall ist im Beschwerdeverfahren deshalb nur zu überprüfen, ob der Beschwerdeführer innerhalb der gesetzlichen Frist (einschließlich der Nachfristen) die Mehrphasenausbildung zur Gänze absolviert hat oder nicht. Dies war nicht der Fall, weshalb die bescheidmäßige Anordnung der Verwaltungsbehörde zu Recht erfolgte. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer während des Beschwerdeverfahrens seiner Verpflichtung nachgekommen ist, ändert nichts an der Rechtsmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, weshalb dessen Rechtmäßigkeit festzustellen war (Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 RZ 82).

 

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Schwierigkeiten wegen seines Zivildienstes ab Juni 2016 sind schon deshalb unbeachtlich, weil er die Mehrphasenausbildung grundsätzlich bereits bis September 2015 und auch bei Berücksichtigung aller Nachfristen jedenfalls bis Mai 2016 hätte absolvieren müssen.

 

Zu II.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des       Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Mehrphasenausbildung ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Mag.  Gottfried  Z ö b l