LVwG-301104/9/KLi/Gru

Linz, 06.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 18. Mai 2016 des A.S., geb. x, x, W., D., vertreten durch Dr. M.B., Rechtsanwalt, x, S., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 26. April 2016, GZ: SanRB96-75-2015, wegen Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht erkannt:

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als im Hinblick auf Spruchpunkt a) von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Beschwerdeführer eine Ermahnung gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 4 VStG erteilt wird; sowie im Hinblick auf Spruchpunkt b) das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird.

 

II.      Der Beschwerdeführer hat weder einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde noch zum Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 26.4.2016, GZ: SanRB96-75-2015, wurden dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) Übertretungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes wie folgt vorgeworfen:

Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

Sie haben in Ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber zu verantworten, dass nicht dafür gesorgt wurde, dass am 2.11.2015 um 11.45 Uhr auf der Baustelle in K., X, bei der Beschäftigung der nach Österreich entsandten Arbeitnehmer (für die hier keine Sozialversicherungspflicht bestand)

a)    T.P., geb. am x, d. Staatsbürger und

b)    J.S., geb. am x, d. Staatsbürger

die gemäß § 7b Abs. 5 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz - AVRAG erforderlichen Unterlagen über die Anmeldung zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E 101 nach der Verordnung (EWG) Mr. 1408/71, Sozialversicherungsdokument A 1 (Pehle Torsten - ungültig) nach der Verordnung (EG) Nr. 883/04) sowie eine Abschrift der Meldung gemäß den Abs. 3 und 4 des zitierten Gesetzes (Meldung der Beschäftigung vor Arbeitsaufnahme an die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen) am angeführten Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereit gehalten werden konnten, da die angeführten Unterlagen dem Kontrollorgan nicht vorgewiesen werden konnten.

Tatort: G. K., K., X.

Tatzeit: 02.11.2015, 11:45 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 7b Abs. 5 i.V.m. § 7b Abs. 8 Ziffer 3 AVRAG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Bf eine Geldstrafe von 3.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1.008 Stunden gem. § 7i Abs. 1 AVRAG verhängt. Ferner wurde er verpflichtet einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von 300 Euro zu zahlen.

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund des Strafantrages der Finanzpolizei wegen der im Spruch angeführten Verwaltungsübertretung eine Aufforderung zur Rechtfertigung ergangen sei, zu welcher der Bf mit Eingabe vom 14.1.2016 eine Stellungnahme abgegeben habe.

 

Zusammengefasst habe der Bf ausgeführt, dass er die Verwaltungsübertretungen als unberechtigt zurückweise und es unrichtig sei, dass er als Arbeitgeber die Organe der Finanzpolizei bei Erhebungen behindert habe oder Unterlagen nicht fristgerecht übermittelt habe. Das Schreiben vom 3.11.2015 sei bei ihm am 7.11.2015 eingelangt und er habe sämtliche Unterlagen am 9.11.2015 nachweislich verschickt. Im Gesetz sei davon die Rede, dass die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktages abzusenden seien. In seinem Fall sei der Sonntag nicht zu zählen, da dieser kein Werktag sei und habe er für die Übermittlung sogar noch länger Zeit gehabt. Die ZKO 3-Meldung sei elektronisch übermittelt worden. Die Lohnunterlagen bzw. die Sozialversicherungsdokumente seien zeitgerecht per Post übermittelt worden. Die von seinen Arbeitnehmern gemachten Angaben seien jedoch durch die nachgereichten Lohnunterlagen nachgewiesen worden, sodass der Tatbestand nicht erfüllt sei. Außerdem sei der Auftrag zur Durchführung der betreffenden Malerarbeiten ganz kurzfristig erteilt worden. Ziel und Zweck der Strafbestimmungen sei nicht die Verhängung von Geldstrafen, sondern die Sicherstellung des nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Mindestentgelts. Dass dies von ihm eingehalten worden sei und daran kein Zweifel bestehen könne, würde sich aus den vorgelegten Unterlagen ergeben. Darüber hinaus seien die A1-Erklärungen an die Arbeitnehmer ausgefolgt worden. Sofern sie diese nicht mitgeführt hätten, treffe den Bf kein Verschulden.

 

Nach Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund der Meldung der Finanzpolizei eindeutig feststehe, dass bei der Kontrolle am 2.11.2015 um 11.45 Uhr die im Spruch angeführten Mitarbeiter beim Malen einer Fassade angetroffen worden seien. Es stehe ebenfalls aufgrund der Aktenlage fest, dass der Bf die geforderten Unterlagen im Zuge der Kontrolle nicht bereit gehalten habe. Der Bf habe daher die angeführte Verwaltungsübertretung begangen.

 

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, dass die Einkommens- und Vermögensverhältnisse mit einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 1.500 Euro, durchschnittlichem Vermögen und keinen Sorgepflichten eingeschätzt würden. Der Bf habe diesen Einschätzungen nicht widersprochen. Als Milderungsgrund werde ihm die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zugutegehalten, Erschwerungsgründe würden nicht vorliegen.

 

Die verhängten Strafen (es sei jeweils die Mindeststrafe ausgesprochen worden) seien dem Unrechtsgehalt der Tat sowie seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen angepasst und würden als ausreichend erachtet werden, um den Bf von der Begehung weiterer einschlägiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten und ihn im Hinblick auf die künftige Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen des AVRAG – insbesondere auch zur Verbesserung der betriebsinternen Administration – zu sensibilisieren.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 18.5.2016, mit welcher der Bf das Straferkenntnis dem gesamten Inhalt nach anficht. Als Beschwerdegründe werden Rechtswidrigkeit des Inhalts, Verfahrensfehler sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

 

Zusammengefasst bringt der Bf vor, der gegen ihn erhobene Tatvorwurf sei unrichtig. Die belangte Behörde sei in ihrer Begründung nicht auf seine Stellungnahme eingegangen. Er habe darauf hingewiesen, dass im Gesetz davon die Rede sei, dass die Unterlagen bis zum Ablauf des durch Aufforderung zweitfolgenden Werktages abzusenden seien und er habe den Arbeitern auch die Unterlagen mitgegeben bzw. sei er sich absolut keiner Schuld bewusst. Die ZKO 3-Meldung habe er elektronisch übermittelt.

 

Die Behörde gehe von einem Sachverhalt aus, ohne irgendwelche Beweise dafür zu nennen. Es sei auch nicht auf die Argumente eingegangen worden und es gebe keine Beweiswürdigung. Das Straferkenntnis sei mit schwerer inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.

 

Zur Geltendmachung von Verfahrensfehlern werde auf das Vorbringen zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit verwiesen. Gesondert werde dazu ausgeführt, dass es das Mindeste gewesen wäre, dass die belangte Behörde die Behauptungen in seiner Stellungnahme überprüfe. Die Behörde hätte aus verfahrensrechtlicher Sicht auf jeden einzelnen Punkt in der Stellungnahme eingehen müssen, was nicht geschehen sei. Ohne diese Verfahrensfehler wäre es jedenfalls möglich gewesen, dass die Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen.

 

Im Hinblick auf die unrichtige rechtliche Beurteilung werde vorgebracht, dass die rechtliche Situation von der Behörde überhaupt nicht beurteilt worden sei. In der rechtlichen Beurteilung hätte die Behörde ausführen müssen, welcher Sachverhalt unter welcher Norm zu subsumieren sei und wieso ihm in diesem Straferkenntnis jeweils Geldstrafen vorgeschrieben würden.

 

Außerdem seien die Normen des AVRAG weder für einen Laien noch für einen Fachmann nachvollziehbar. Der Zweck des Gesetzes sei eigentlich „Sozialdumping“ bzw. Schwarzarbeit zu verhindern und könne es nicht angehen, dass durch ein Versehen, verspätete Meldungen etc. eine derartige Strafe auferlegt werde. Ferner erachte er auch den Grundsatz des Verbotes der doppelten Bestrafung verletzt.

 

Aus diesen Gründen stelle er die Anträge, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge 1. eine mündliche Verhandlung anberaumen, 2. in der Sache selbst entscheiden und das Straferkenntnis ersatzlos beheben; in eventu 3. es bei einer Verwarnung belassen; in eventu 4. die Strafhöhe herabsetzen.

 

I.3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich beraumte daraufhin für den 23.9.2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung an, zu welcher sowohl der Bf und der Bf-Vertreter als auch die belangte Behörde und das Finanzamt geladen wurden. Die belangte Behörde war für ihre Abwesenheit entschuldigt. Mit dem Bf und dem Vertreter des Finanzamtes wurde die Sach- und Rechtslage umfassend erörtert.

 

Ferner wurde der Arbeitnehmer T.P. als Zeuge vernommen. Der weitere Arbeitnehmer, J.S., war krankheitsbedingt entschuldigt. Auf dessen Vernehmung wurde in weiterer Folge verzichtet.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Der Bf hat sich im Zuge der Verhandlung dahingehend geständig verantwortet, dass das A1-Dokument (Sozialversicherung) im Hinblick auf den Arbeitnehmer T.P. nicht vorgelegt werden konnte bzw. dass nur ein altes, nämlich abgelaufenes Dokument vorgelegt werden konnte.

 

II.2. Im Hinblick auf den Arbeitnehmer J.S. konnte der Bf ein aufrechtes A1-Dokument mit Gültigkeitsdauer vom 25.3.2015 bis 30.11.2015 vorlegen. Im Hinblick auf den Arbeitnehmer T.P. wurde versehentlich ein altes und daher abgelaufenes Dokument auf die Baustelle mitgenommen, welches Gültigkeit vom 7.1.2014 bis 31.12.2014 hatte. Tatsächlich gab es aber auch ein aufrechtes A1-Dokument für den Kontrollzeitpunkt. Dieses Dokument wurde in weiterer Folge nachgereicht und lag im Kontrollzeitpunkt bereits vor.

 

II.3. Der Bf ist unbescholten. Zu dem gegen ihn erhobenen Tatvorwurf hat er sich geständig verantwortet. Der Bf hat offengelegt, dass das fehlende A 1-Dokument zum Kontrollzeitpunkt tatsächlich nicht vorgezeigt werden konnte. Allerdings hat er dieses in weiterer Folge nachgereicht. Der Bf hat insofern zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen. Er hat auch unumwunden die Gründe für die Verwaltungsübertretung zugestanden. Sein Geständnis kann als reumütig gewertet werden.

 

Darüber hinaus hat der Bf die an die angetroffenen Arbeitnehmer ausbezahlten Löhne offengelegt und hat sich daraus ergeben, dass keine Unterentlohnung (kein Sozialdumping) erfolgt ist. Ferner sind Anhaltspunkte für eine allfällige Wiederholungsgefahr nicht gegeben.

 

II.4. Außerdem hat sich ergeben, dass der Einsatz der beiden Arbeitnehmer in Österreich kurzfristig erfolgt ist und daher offenbar in der daran anknüpfenden Hektik übersehen wurde, für den Arbeitnehmer T.P. das aufrechte A1-Dokument mitzunehmen. Anhaltspunkte für eine grob fahrlässige oder gar vorsätzliche Vorgehensweise sind jedoch nicht feststellbar.

 

II.5. Die Frage, inwiefern eine Herabsetzung der Strafe bzw. eine Ermahnung in Betracht kommt, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

 

 

 

III. Beweiswürdigung

 

III.1. Die Feststellungen zum Tatvorwurf ergeben sich aus dem Straferkenntnis der belangten Behörde sowie aus dem Geständnis des Bf in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht.

 

Außerdem wurde der betroffene Arbeitnehmer, T.P., als Zeuge vernommen und gab in Übereinstimmung mit der Verantwortung des Bfs an, dass er in der Eile ein abgelaufenes A 1-Dokument auf die Baustelle mitgenommen hat, wenngleich auch ein aufrechtes A 1-Dokument im Kontrollzeitpunkt bereits vorhanden war.

 

III.2. Die festgestellten Milderungsgründe ergeben sich ebenfalls aus dem Akteninhalt sowie aus der Erörterung der Sach- und Rechtslage mit dem Bf (bzw. seiner Rechtsvertretung) und dem Vertreter der Finanzpolizei in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht. Die Milderungs- und Erschwerungsgründe wurden umfassend erörtert. Für das erkennende Gericht bleiben insofern keine Zweifel, dass sämtliche oben genannten Milderungsgründe vorliegen, während keine Erschwerungsgründe bestehen.

 

Anhaltspunkte für eine gezielte Vorgehensweise des Bf oder eine Wiederholungsgefahr haben sich nicht ergeben.

 

III.3. Die Fragen der Strafzumessung und die Würdigung der Erschwerungs- und Milderungsgründe sowie der persönlichen Verhältnisse sind Fragen der rechtlichen Beurteilung.

 

 

IV. Rechtslage:

 

§ 7b. (1) Ein/e Arbeitnehmer/in, der/die von einem/einer Arbeitgeber/in mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europä­ischen Wirtschaftsraumes als Österreich zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, hat unbeschadet des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Rechts für die Dauer der Entsendung zwingend Anspruch auf

1.

zumindest jenes gesetzliche, durch Verordnung festgelegte oder kollektiv­vertragliche Entgelt, das am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmern/Arbeit­nehmerinnen von vergleichbaren Arbeitgebern/Arbeitgeberinnen gebührt (aus­genommen Beiträge nach § 6 BMSVG und Beiträge oder Prämien nach dem BPG);

2.

bezahlten Urlaub nach § 2 Urlaubsgesetz, sofern das Urlaubsausmaß nach den Rechtsvorschriften des Heimatstaates geringer ist; nach Beendigung der Ent­sendung behält dieser/diese Arbeitnehmer/in den der Dauer der Entsendung entsprechenden aliquoten Teil der Differenz zwischen dem nach österreichi­schem Recht höheren Urlaubsanspruch und dem Urlaubsanspruch, der ihm/ihr nach den Rechtsvorschriften des Heimatstaates zusteht; ausgenommen von dieser Urlaubsregelung sind Arbeitnehmer/innen, für die die Urlaubsregelung des BUAG gilt;

3.

die Einhaltung der kollektivvertraglich festgelegten Arbeitszeitregelungen;

4.

die Bereithaltung der Aufzeichnung im Sinne der Richtlinie des Rates über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (91/533/EWG) in Österreich durch den Arbeitgeber oder den mit der Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers gegenüber den entsandten Arbeitneh­mern Beauftragten.

Ein/e Beschäftiger/in mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich gilt hinsichtlich der an ihn/sie überlassenen Arbeitskräfte, die zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, in Bezug auf die Abs. 3 bis 5 und 8, § 7d Abs. 1, § 7f Abs. 1 Z 3 sowie § 7i Abs. 1 und Abs. 4 Z 1 als Arbeitgeber/in. Sieht das nach Abs. 1 Z 1 anzuwendende Gesetz, der Kollektivvertrag oder die Verordnung Sonderzahlungen vor, hat der/die Arbeitgeber/in diese dem/der Arbeitnehmer/in aliquot für die jeweilige Lohnzahlungsperiode zusätzlich zum laufenden Entgelt (Fälligkeit) zu leisten.

[...]

(3) Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs. 1 haben die Beschäftigung von Arbeitnehmer/innen, die zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­gesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden und dem/der im Abs. 1 Z 4 bezeichneten Beauftragten, sofern nur ein/e Arbeitnehmer/in entsandt wird, diesem/dieser, die Meldung in Abschrift auszuhändigen oder in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen. Die Meldung hat ausschließlich automationsunter­stützt über die elektronischen Formulare des Bundesministeriums für Finanzen zu erfolgen. In Katastrophenfällen, bei unaufschiebbaren Arbeiten und bei kurzfristig zu erledigenden Aufträgen ist die Meldung unverzüglich vor Arbeitsaufnahme zu erstatten. Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäf­tigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung an den zuständigen Krankenversicherungsträger (§§ 26 und 30 ASVG), und sofern es sich um Bautätigkeiten handelt, der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse elektronisch zu übermitteln.

[...]

(5) Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs. 1 haben, sofern für den/die ent­sandten Arbeitnehmer/innen in Österreich keine Sozialversicherungspflicht be­steht, Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers oder der Arbeitneh­merin zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E 101 nach der Ver­ordnung (EWG) Nr. 1408/71, Sozialversicherungsdokument A 1 nach der Verord­nung (EG) Nr. 883/04) sowie eine Abschrift der Meldung gemäß den Abs. 3 und 4 am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitzuhalten oder diese den Organen der Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse unmittel­bar vor Ort in elektronischer Form zugänglich zu machen. Sofern für die Beschäf­tigung der entsandten Arbeitnehmer/innen im Sitzstaat des/der Arbeitgebers/Ar­beitgeberin eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, ist auch die Genehmi­gung bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Ein­satz)orten sind die erforderlichen Unterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten oder in elektronischer Form zugänglich zu machen. Ist die Bereit­haltung oder Zugänglichmachung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Verlangen nachweislich zu übermitteln, wobei die Unter­lagen bis einschließlich des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusen­den sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

[...]

(8) Wer als Arbeitgeber/in im Sinne des Abs. 1

1.

die Meldung oder die Meldung über nachträgliche Änderungen bei den Anga­ben (Änderungsmeldung) entgegen Abs. 3 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erstattet oder

2.

in der Meldung oder Änderungsmeldung nach Abs. 3 wissentlich unrichtige An­gaben erstattet oder

3.

die erforderlichen Unterlagen entgegen Abs. 5 nicht bereithält oder den Orga­nen der Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungs­kasse vor Ort nicht unmittelbar zugänglich macht oder

4.

die erforderlichen Unterlagen entgegen Abs. 5 oder § 7h Abs. 2 nicht über­mittelt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen. Bei grenzüber­schreitender Entsendung gilt die Verwaltungsübertretung als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Arbeits(Einsatz)ort der nach Österreich entsandten Arbeitnehmer/innen liegt, bei wechselnden Arbeits(Ein­satz)orten am Ort der Kontrolle.

(9) Die Abs. 1 bis 8 gelten auch für Arbeitnehmer/innen, die von einem/einer Arbeitgeber/in mit Sitz in der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden.

 

§ 7d. (1) Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 haben während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohn­zahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeits­zeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprü­fung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei inner­halb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunter­lagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweit­folgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

[...]

 

§ 7f. (1) Die Organe der Abgabenbehörden sind berechtigt, das Bereithalten der Unterlagen nach §§ 7b Abs. 5 und 7d zu überwachen sowie die zur Kontrolle des dem/der nicht dem ASVG unterliegenden Arbeitnehmer/in unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zustehenden Entgelts im Sinne des § 7i Abs. 5 erforderlichen Erhebungen durchzuführen und

1.

die Betriebsstätten, Betriebsräume und auswärtigen Arbeitsstätten oder Arbeitsstellen sowie die Aufenthaltsräume der Arbeitnehmer/innen ungehindert zu betreten und Wege zu befahren, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist,

2.

von den dort angetroffenen Personen Auskünfte über alle für die Erhebung nach Abs. 1 maßgebenden Tatsachen zu verlangen, wenn Grund zur Annahme besteht, dass es sich bei diesen Personen um Arbeitgeber/innen oder um Arbeitnehmer/innen handelt, sowie

3.

in die zur Erhebung erforderlichen Unterlagen (§§ 7b Abs. 5 und 7d) Einsicht zu nehmen, Abschriften dieser Unterlagen anzufertigen und die Übermittlung von Unterlagen zu fordern, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Erfolgt bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten die Kontrolle nicht am ersten Arbeits(Einsatz)ort, sind die Unterlagen der Abgabenbehörde nachweis­lich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

(2) Die Organe der Abgabenbehörden haben die Ergebnisse der Erhebungen nach Abs. 1 dem Kompetenzzentrum LSDB zu übermitteln und auf Ersuchen des Kompetenzzentrums LSDB konkret zu bezeichnende weitere Erhebungen zu übermittelten Erhebungsergebnissen oder Erhebungen auf Grund von begrün­deten Mitteilungen durch Dritte durchzuführen.

 

§ 7i. (1) Wer die erforderlichen Unterlagen entgegen § 7d Abs. 1 oder § 7f Abs. 1 Z 3 nicht übermittelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer entgegen § 7g Abs. 2 oder § 7h Abs. 2 die Unterlagen nicht übermittelt.

(2) Wer entgegen § 7f Abs. 1 den Zutritt zu den Betriebsstätten, Betriebs­räumen und auswärtigen Arbeitsstätten oder Arbeitsstellen sowie den Aufent­haltsräumen der Arbeitnehmer/innen und das damit verbundene Befahren von Wegen oder die Erteilung von Auskünften verweigert oder die Kontrolle sonst er­schwert oder behindert, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro zu bestrafen.

(2a) Wer die Einsichtnahme in die Unterlagen nach den §§ 7b Abs. 5 und 7d verweigert, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist für jede/n Arbeitneh­mer/in von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro zu bestra­fen.

(3) Ebenso ist nach Abs. 2a zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in entgegen § 7g Abs. 2 die Einsichtnahme in die Unterlagen verweigert.

(4) Wer als

1.

Arbeitgeber/in im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält, oder

2.

Überlasser/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen dem/der Beschäf­tiger/in nicht nachweislich bereitstellt, oder

3.

Beschäftiger/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen nicht bereithält

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeit­nehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall von 4 000 Euro bis 50 000 Euro zu bestrafen.

(5) Wer als Arbeitgeber/in einen/e Arbeitnehmer/in beschäftigt oder beschäf­tigt hat, ohne ihm/ihr zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektiv­vertrag zustehende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien, ausgenommen die in § 49 Abs. 3 ASVG angeführten Entgeltbestandteile, zu leis­ten, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungs­behörde mit einer Geldstrafe zu bestrafen. Bei Unterentlohnungen, die durch­gehend mehrere Lohnzahlungszeiträume umfassen, liegt eine einzige Verwal­tungsübertretung vor. Auf Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag beruhende Überzahlungen bei den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag gebühren­den Entgeltbestandteilen sind auf allfällige Unterentlohnungen im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum anzurechnen. Hinsichtlich von Sonderzahlungen für die in § 7g Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Arbeitnehmer/innen liegt eine Verwaltungs­übertretung nach dem ersten Satz nur dann vor, wenn der/die Arbeitgeber/in die Sonderzahlungen nicht oder nicht vollständig bis spätestens 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres leistet. Sind von der Unterentlohnung höchstens drei Arbeitnehmer/innen betroffen, beträgt die Geldstrafe für jede/n Arbeitnehmer/in 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall 4 000 Euro bis 50 000 Euro.

[...]

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Nachdem sich der Bf zu dem gegen ihn erhobenen Tatvorwurf geständig verantwortet hat, sind im Hinblick auf die Strafhöhe die Milderungs- und Erschwerungsgründe gegeneinander abzuwägen bzw. sind die Voraussetzungen für das Vorgehen mittels Ermahnung zu prüfen.

 

V.2. Bei der Strafbemessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb des gesetzli­chen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begrün­dung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung des Ermessensaktes auf eine Überein­stimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (VwSlg. 8134 A/1971).

 

V.3. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe, die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensi­tät seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind über­dies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwe­rungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestim­men, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist beson­ders Bedacht zu nehmen.

 

Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

V.4. Vorliegend hat sich der Bf zu den gegen ihn erhobenen Tatvorwürfen (reumütig) geständig verantwortet. Der Bf ist außerdem unbescholten. Der Bf erfüllt insofern die Milderungsgründe gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 StGB, nachdem er aufgrund seiner Unbescholtenheit einen bisher ordent­lichen Lebenswandel geführt hat. Ebenso ist der Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z 17 StGB, das Vorliegen eines Geständnisses, erfüllt.

 

Der Bf hat sich auch darum bemüht, die von ihm begangene Verwaltungsübertretung dahingehend wieder gut zu machen, als er das fehlende Sozialversicherungsdokument nachgereicht hat. Aus den Unterlagen ergibt sich, dass eine Unterentlohnung des entsendeten Arbeitnehmers nicht vorlag. Der Schutzzweck der übertretenen Norm wurde insofern nicht beeinträchtigt. Die Vorgehensweise des Bfs kommt insofern dem Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z 15 StGB – der Schadensgutmachung – gleich.

 

Letztendlich haben sich aus den persönlichen Verhältnissen des Bfs keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass eine Wiederholungsgefahr bestehen könnte und daher aus spezialpräventiven Gründen jedenfalls die Verhängung einer höheren Strafe erforderlich wäre.

 

Dem gegenüber konnten keine Erschwerungsgründe festgestellt werden. Den fehlenden Erschwerungsgründen stehen drei Milderungsgründe gegenüber. Auch aus den gesamten Umständen des Sachverhaltes ergibt sich darüber hinaus, dass das Verschulden des Bfs als im unteren Bereich gelegen gewertet werden kann.

 

V.5. Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

V.5.1. Im Erkenntnis des VwGH vom 5.5.2014, Ro 2014/03/0052 setzte sich dieser mit der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG auseinander. Der dortige Revisionswerber begründete die Zulässigkeit seiner Revision damit, dass es noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der seit 1. Juli 2013 geltenden neuen Rechtslage des § 45 Abs. 1 VStG, und zwar insbesondere in Bezug auf § 45 Abs. 1 Z 4 und den letzten Absatz des § 45 Abs. 1 VStG, gebe. Zu prüfen sei die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und inwieweit das Verschulden eines Beschuldigten als gering anzusehen sei.

 

Der VwGH führte dazu aus, dass mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33/2013 § 45 VStG (unter anderem) um den – im gegenständlichen Fall maßgeblichen – Einstellungstatbestand der Z 4 erweitert wurde, wonach von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde – nach dem Schlusssatz des § 45 Abs. 1 VStG – dem Beschuldigten in diesem Fall unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. In den Gesetzesmaterialien (ErlRV 2009 BlgNR 24. GP, 19) wird dazu erläutert, dass mit dem neu formulierten § 45 Abs. 1 VStG insbesondere die bisher in § 21 Abs. 1 VStG enthaltenen Bestimmungen zusammengeführt werden sollen.

 

§ 45 Abs. 1 Z 4 VStG und der neue Schlusssatz dieses Absatzes entsprächen im Wesentlichen§ 21 Abs. 1 VStG (alte Fassung). Zu der zuletzt genannten Bestimmung, die ein Absehen von der Verhängung einer Strafe (bei allfälliger Ermahnung des Beschuldigten) vorsah, „wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind“, besteht eine gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, § 21 VStG E 5 ff, und in Raschauer/Wessely, VStG, § 21 Rz 6 bis 11 und 18 wiedergegebene Judikatur), anhand derer auch die Rechtsfragen, die der vorliegende Fall aufwirft gelöst werden können, sodass es keiner neuen Leitlinien bedarf.

 

Nichts anderes kann auch im vorliegenden Fall gelten und ist dieser anhand der bisherigen Rechtsprechung zu beurteilen.

 

V.5.2. Sander führt in Raschauer/Wessely, VStG, § 21 Rz 6 ff dazu aus: Für das Vorgehen nach § 21 VStG [nunmehr § 45 Abs. 1 Z 4 VStG] müssen im Wesentlichen zwei Kriterien vorliegen: Das Verschulden des Beschuldigten muss gering sein und die Folgen der Übertretung unbedeutend. Feststellungen dazu und damit die Basis für die Entscheidung werden sich in aller Regel aus den Erhebungsergebnissen bzw. im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ergeben. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (zB VwGH 16.3.1987, 87/10/0024; 19.5.1993, 92/09/0031; 10.12.1996, 96/04/0154; OGH 23.4.1992, 15 Os 19/92; 8.9.1994, 12 Os 109/94).

 

Unter geringfügigem Verschulden versteht die Rspr solche Fälle, in denen das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt zurückbleibt (zB VwGH 12.9.1986, 86/18/0059; 8.10.1990, 90/19/0483; 18.9.1996, 94/03/0128; 10.12.2001, 2001/10/0049; OGH 23.4.1992, 15 Os 19/92). Durch eine solche Auslegung des § 21 VStG ist gleichzeitig klargestellt, dass die Bestimmungen des § 21 VStG nicht nur im Fall der leichten Fahrlässigkeit angewendet werden können (zB VwGH 5.9.1986, 86/18/0167; 20.9.1995, 93/03/0083; 29.5.1998, 98/02/0050; 14.10.2005, 2004/05/0221). Die Meinung, dass ein geringfügiges Verschulden nur dann vorliegen kann, wenn es sich um leichte Fahrlässigkeit handelt, wird von der Rspr abgelehnt (VwGH 29.5.1998, 98/02/0050).

 

Neben der Voraussetzung des Vorliegens von bloß geringfügigem Verschulden, bei dessen Nichtvorliegen nach der Judikatur des VwGH die zweite Voraussetzung in aller Regel nicht mehr geprüft wird, darf die Verwaltungsübertretung für die Anwendung von § 21 VStG nur unbedeutende Folgen nach sich ziehen. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (zB VwGH 16.3.1987, 87/10/0024; 19.5.1993, 92/09/0031; 10.12.1996, 96/04/0154; OGH 23.4.1992, 15 Os 19/92; 8.9.1994, 12 Os 109/94).

 

V.5.3. Im Fall des AuslBG erwähnt Sander in Raschauer/Wessely, VStG, § 21 Rz 6ff nachfolgende Fälle: Bloß geringfügiges Verschulden kann (betreffend Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG) etwa dann vorliegen, wenn nicht eine Umgehungshandlung gesetzt werden sollte, sondern die Tatbestandsmäßigkeit in der Person des Ausländers verkannt wurde (VwGH 19.9.2001, 99/09/0264; 2007.09/0229). Wenn im Ergebnis ein Ausländer fahrlässig ohne die formellen Voraussetzungen nach dem AuslBG beschäftigt wurde, dieser aber materiell die Voraussetzungen für die Verlängerung seines Befreiungsscheines erfüllt hat, sodass die Beschäftigung im Ergebnis nur der gesetzlichen Ordnung widersprach und es für die konkrete Tat daher charakteristisch ist, dass sie in allen für die Strafbarkeit relevanten Gesichtspunkten eklatant hinter den typischen Straftaten nach § 28 AuslBG zurückbleibt, ist von bloß geringem Verschulden auszugehen (VwGH 4.9.2006, 2005/09/0073; 24.5.2007, 2006/09/0086; 18.9.2008, 2007/09/0241).

 

V.5.4. Sander führt in Raschauer/Wessely, VStG, § 21 Rz 18 ff zum Ausspruch einer Ermahnung aus: Wenn die Behörde gemäß § 45 Abs. 1 vorzugehen hat, kann sie den Beschuldigten mittels Bescheid ermahnen, wenn dies erforderlich ist, um ihn von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten. [...] Die Rspr nimmt an, dass die bescheidmäßige Ermahnung denselben Vorschriften unterliegt, wie die bescheidmäßige Erlassung eines Straferkenntnisses (zB VwGH 22.6.1971, 253/71; 19.11.1974, 799/73; 19.5.1980, 3407/79). Dadurch kann eine bescheidmäßig ausgesprochene Ermahnung auch vor den UVS [nunmehr: LVwG] und den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts angefochten werden (zB VwGH 8.2.1988, 87/10(0188). Der Ausspruch einer Ermahnung ist jedoch nur zulässig, wenn die Voraussetzungen hiefür, nämlich die Notwendigkeit, dadurch den Beschuldigten von der Begehung weiterer Handlungen der gleichen Art abzuhalten, vorliegen.

 

Diese Erwägungen zur Ermahnung im Hinblick auf das AuslBG lassen sich auch auf das AVRAG übertragen.

 

V.6. Zusammengefasst liegen im Hinblick auf die obige Abwägung der Milderungs- und Erschwerungsgründe die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG vor, sodass spruchgemäß zu entscheiden, der Beschwerde Folge zu geben und im Hinblick auf Spruchpunkt a) mittels Ermahnung sowie im Hinblick auf Spruchpunkt b) mittels Einstellung vorzugehen war. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs. 8 VwGVG.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

VI.1. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtspre­chung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

VI.2. Die Beurteilung und Abwägung der Milderungs- und Erschwerungsgründe sowie das Vorgehen mittels Ermahnung iSd § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ist außerdem jeweils im Hinblick auf den konkreten Bf und den konkreten Sachverhalt vorzunehmen. Diese Würdigung ist stets einzelfallbezogen und daher nicht verallgemeinerungsfähig. Auch aus diesem Grund ist die ordentliche Revision ausgeschlossen.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichts­hof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwer­de bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s e

 

1. Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

2. Gemäß § 7n Abs. 2 AVRAG wird darauf hingewiesen, dass mit der rechts­kräftigen Bestrafung die Eintragung in die Evidenz des Kompetenzzentrum LSDB verbunden ist.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer