LVwG-301051/40/KLi/AKe

Linz, 02.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 25. April 2016 des U D, geb. x, x, vertreten durch Dr. W S, Rechtsanwalt, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. April 2016, GZ: SanRB96-242-2015/Gr, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Aus Anlass der Beschwerde wird das Straferkenntnis gemäß
§ 50 VwGVG aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II.      Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde noch zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 7. April 2016, GZ: SanRB96-242-2015/Gr, wurden dem Beschwerdeführer drei Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes wie folgt vorgeworfen:

 

Sie haben es als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit Außenvertretungsbefugter der F OG mit Sitz in A, H.straße 1, gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma als Dienstgeber

1.     Herrn R A, geb. x, als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (32,00 Euro pro Stunde) als Monteur im Ausmaß von 38,5 Stunden pro Woche, zumindest von 11.3.2015 bis 4.9.2015, beschäftigt hat, ohne vor Arbeitsantritt (11.3.2015),

2.     Herrn A H, geb. x, als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (32,00 Euro pro Stunde) als Monteur im Ausmaß von 38,5 Stunden pro Woche, zumindest von 5.5.2015 bis 4.9.2015, beschäftigt hat, ohne vor Arbeitsantritt (5.5.2015) und

3.     Herrn H K, geb. x, als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (32,00 Euro pro Stunde) als Monteur im Ausmaß von 38,5 Stunden pro Woche, zumindest von 14.4.2015 bis 30.4.2015, beschäftigt hat, ohne vor Arbeitsantritt (30.4.2015),

eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse mit Sitz in 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger zu erstatten.

Dieser Sachverhalt wurde von Organen des Finanzamtes Linz am 4.9.2015 um 8.52 Uhr in L, N.weg 12, durch eine niederschriftliche Einvernahme mit Herrn R A und durch Abfragen im Hauptverband festgestellt.

 

 

Über den Beschwerdeführer wurden gemäß § 111 ASVG drei Geldstrafen in Höhe von 730 Euro, insgesamt 2.190 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatz­freiheitsstrafen von jeweils 112 Stunden, insgesamt 336 Stunden verhängt. Ferner wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 219 Euro zu leisten.

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der vorgeworfene Sachverhalt aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens feststehe. Der Sachverhalt sei von Organen des Finanzamtes Linz am 4. September 2015 um 8.52 Uhr durch eine niederschriftliche Einvernahme mit R A und durch Abfragen im Hauptverband festgestellt worden.

 

Aufgrund des Strafantrages des Finanzamtes Linz sei ihm die gegenständliche Verwaltungsübertretung mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12. November 2015 zur Last gelegt worden. In seiner Rechtfertigung vom 25. November 2015 habe er im Wesentlichen vorgebracht, dass der Subunternehmer G N der Dienstgeber der genannten Personen gewesen sei. Die darauffolgende Stellungnahme des Finanzamtes sei ihm mit der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 5. Februar 2016 zur Kenntnis gebracht worden. Mit Schreiben vom 30. März 2016 habe er seine abschließende Stellungnahme eingebracht und verschiedene Unterlagen, wie Rechnungen, Arbeitsnachweise, etc. vorgelegt.

 

Unter Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde in weiterer Folge aus, dass dem Beschwerdeführer gegenständliche Verwaltungs­übertretung aufgrund der Feststellungen des Finanzamtes zur Last gelegt worden sei. Demnach habe er die genannten Personen zu den jeweils angeführten Zeiten als Dienstnehmer beschäftigt, ohne diese vor Arbeitsantritt beim zuständigen Versicherungsträger anzumelden.

 

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach R A die Rechtsbelehrung und den Inhalt der Niederschrift nicht entsprechend verstanden habe, sei entgegenzuhalten, dass die Befragung von geschulten Organen der Finanzpolizei durchgeführt worden sei. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass der Befragte der deutschen Sprache entsprechend mächtig gewesen sei, da ansonsten ein Dolmetscher beigezogen worden wäre.

 

Aufgrund der Ermittlungen stehe außer Zweifel, dass sich die genannten Mitarbeiter morgens um 7.30 Uhr beim Firmensitz des Beschwerdeführers einfinden hätten müssen, um neue Aufträge zu erhalten. Weiter seien die Stundenaufzeichnungen auf Vorlagen der Firma des Beschwerdeführers geführt worden. Der Durchschlag dieser Unterlagen sei beim Kunden verblieben, das Original sei wieder beim Beschwerdeführer abgegeben worden. Von einem dritten Blatt, das beim angeblichen Subunternehmer verblieben sei, sei nicht gesprochen worden. Diese Vorgangsweise bei den Stundenaufzeichnungen sei nicht bestritten worden. In der letzten Stellungnahme habe der Beschwerde­führer sogar zugegeben, dass einzelne Aufzeichnungen von mehreren Personen verfasst worden seien. Als Beispiel habe er die Arbeitsnachweise vom 4.5.2015 und vom 11.5.2015 angeführt, diese würden von A H und U D stammen. Laut seinem Vorbringen, hätten also zwei Arbeitnehmer verschiedener Dienstgeber eine Stundenaufzeichnung geführt.

 

Durch diese Eingaben habe der Beschwerdeführer bestätigt, dass seine Dienstnehmer gemeinsam mit den o.a. Personen auf einer Baustelle gearbeitet hätten. Weiters habe er nicht bestritten, dass sein Unternehmen die Preise kalkuliert habe, bei Baustellen mit Übernachtung die Zimmer gebucht und bezahlt habe sowie informiert werden hätte müssen, wenn die genannten Personen erkrankt waren oder Urlaub hatten. Bei der Betrachtung des gesamten Sachverhaltes sei festzuhalten, dass die Entschlussfähigkeit der genannten Personen, aber auch der angeblichen Subunternehmerin, N G, auf ein Minimum beschränkt gewesen sei.

 

Abgesehen davon bedürfe es beim Tätigwerden eines Subunternehmers eines Werkvertrages, wobei es sich hier laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln müsse. Die Verpflichtung aus diesem Werkvertrag bestehe darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Die vorgelegte „Bestätigung der Kooperation im Bereich Submontage“ erfülle diese Kriterien nicht und könne daher nicht als Werkvertrag gewertet werden.

 

Aufgrund der organisatorischen Eingliederung der genannten Arbeiter in das Unternehmen des Beschwerdeführers und Mangels eines geeigneten Werkvertrages seien die o.a. Personen als Dienstnehmer des Beschwerdeführers zu werten. Da diese zu den jeweils angeführten Tatzeitpunkten nicht beim Sozialversicherungsträger angemeldet gewesen seien, sei die objektive Tatseite als erfüllt anzusehen.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG handle es sich beim vorgeworfenen Delikt um ein Ungehorsamsdelikt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes habe ein Beschuldigter initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spreche. Dies habe in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen würden für die „Glaubhaftmachung“ nicht reichen.

 

Die gegenständliche Übertretung sei dem Beschwerdeführer als unbeschränkt haftender Gesellschafter der genannten Firma zur Last gelegt worden. Diese Funktion sei nicht bestritten worden, weshalb ihm die Übertretung auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen sei.

 

Grundlage für die Bemessung der Strafe sei § 19 VStG. Durch die gegenständliche Verwaltungsübertretung habe der Beschwerdeführer den Schutzzweck des ASVG verletzt. Seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse hätten mangels geeigneter Angaben nicht berücksichtigt werden können und seien daher – wie angekündigt – geschätzt worden. Sonstige straferschwerende oder strafmildernde Gründe hätten nicht gefunden werden können.

 

Die verhängte Geldstrafe sei als dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessen zu betrachten. Die Verhängung der Geldstrafe sei weiters vor allem aus spezialpräventiven Gründen notwendig, um den Beschwerdeführer von weiteren Übertretungen des ASVG abzuhalten und ihn dazu zu bewegen, der Einhaltung der Gesetzesvorschriften in Hinkunft mehr Augenmerk zu schenken.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 25. April 2016 mit welcher das Straferkenntnis in vollem Umfang angefochten wird.

 

Zusammengefasst bringt der Beschwerdeführer vor, dass nach dem Spruch des angeführten Straferkenntnisses die drei Arbeiter einen Stundenlohn von 32 Euro brutto bekommen würden. Ein Einblick in den Kollektivvertrag für Bauindustrie und Baugewerbe, abgeschlossen zwischen dem Fachverband der Bauindustrie, der Bundesinnung Bau und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Bau-Holz vom 1. Mai 2015 würde zeigen, dass dieser Betrag als Stundenlohn überhöht sei. Zum Kollektivvertrag gehöre auch die Lohntafel, gültig ab 1. Mai 2015, die neuere, gültig ab 1. Mai 2016, könne nicht angewendet werden. Nach dieser Lohntafel sei die Feststellung zu treffen, dass der Stundenlohn eines Vizepoliers bei 15,18 Euro liege, sein Monatslohn bei 2.573,01 Euro brutto. Der Stundenlohn eines Facharbeiters liege bei 14,77 Euro, der des angelernten Bauarbeiters bei 13,44 Euro, der des Bauhilfsarbeiters bei 11,45 Euro, der des sonstigen Hilfspersonals bei 10,50 Euro. Da bei den drei Arbeitern von Bauhilfsarbeitern auszugehen sei, würde der festgestellte Bruttolohn ungefähr das Dreifache des Kollektivvertrages darstellen. Das bedeute im Ergebnis, dass die 32 Euro Stundenlohn der Vereinbarung zwischen dem Unternehmen des Beschwerdeführers und dem Unternehmen N G entsprechen würden.

 

Die Argumentation der belangten Behörde, wonach zwischen den beiden Firmen kein Werkvertrag vereinbart worden sei, löse das Problem nicht. Gerade der vorher mündlich und nachher abgeschlossene schriftliche Kooperationsvertrag seien im Grunde der Beweis für das Vorliegen einer Kooperation zwischen dem Hauptunternehmen und dem Subunternehmen auf vertraglicher Basis. Es werde eben nicht ein Werk geschuldet, sondern eine Vielzahl von Werken mit Unternehmerhaftung des Unternehmens N G. Der abgeschlossene Kooperationsvertrag zeige im Ergebnis den Willen der Parteien, eine Subunternehmerschaft durchzuführen bzw. abzuwickeln, wobei der Stundensatz von 32 Euro der Vereinbarung zwischen den beiden Firmen entspreche. Betrachte man den ersten Teil des Arbeitsnachweises für den Arbeitnehmer A H für den Monat August, so falle auf, dass eine Vielzahl von Werkverträgen seitens des Unternehmens des Beschwerdeführers mit dem Subunternehmen abgeschlossen worden seien, die zahlreiche Baustellen betroffen habe.

 

Der weiteren Argumentation der belangten Behörde, wonach die Arbeitsnachweise vom 4. Mai 2015 und vom 11. Mai 2015 dafür sprechen würden, dass zwei Arbeitnehmer verschiedener Dienstgeber eine Stunden­aufzeichnung geführt hätten, sei entgegenzuhalten, dass der angeführte Arbeitnehmer „Herr D“ einer der Beschwerdeführer sei. Er habe auf dem Arbeitsnachweis vom 11. Mai 2015 Zusatzbemerkungen angefügt. Dies sei im Büro geschehen, als Hinweis für die weiteren Arbeiten, sei aber kein Beweis für das Mitarbeiten auf der Baustelle.

 

Außerdem sei es bei einer bestehenden Kooperation geradezu selbstredend, dass Bedienstete der beteiligten Unternehmen gemeinsam auf der Baustelle arbeiten. Der Begriff „Werkvertrag“ passe völlig in das Bild dieser Kooperation. Der Werkvertrag sei zwischen den beiden Firmen verfasst worden, für die Ausführung des Auftrages habe man sich des Subunternehmens bedient. Mangels ausreichendem Personals bei Subunternehmern hätten eben Arbeiter des eigenen Unternehmens mitgearbeitet.

 

Der Beschwerdeführer sei juristisch nicht gebildet, im Grunde genommen sei „die Bestätigung der Kooperation im Bereich Submontage“ der Auftrag an das Subunternehmen, wobei durchaus auch schlüssig eine Ergänzung oder Erweiterung des Vertrages geschlossen worden sein könne. Jedenfalls hätten die Arbeiter entweder bei der einen Firma oder bei der anderen zur Sozialversicherung gemeldet sein müssen, was auch der Fall gewesen sei. Diesbezüglich werde auf den Versicherungsdatenauszug verwiesen.

 

Aus dem Versicherungsdatenauszug für R A ergebe sich, dass er seit 11. März 2015 bei N G gemeldet sei; A H sei seit 5. Mai 2015 bei N G gemeldet, H K sei in der Zeit von 14. April 2015 bis 30. April 2015 ebenfalls bei N G gemeldet gewesen.

 

Der Vorwurf, H K sei nicht vor Arbeitsantritt am 30. April 2015 gemeldet worden, sei rechtswidrig. Der 30. April 2015 sei das Arbeitsende gewesen, nicht der Arbeitsbeginn.

 

Unstrittig sei, dass sich die Mitarbeiter von N G um 7.30 Uhr im Unternehmen des Beschwerdeführers einfinden hätten müssen, dies sei Teil der Absprache gewesen. Das Wesen des Kooperationsvertrages sei es, dass ein Unternehmen die Preise kalkuliere, ein Unternehmen die Barauslagen an Ort und Stelle (Übernachtungskosten) entrichte und wissen müsse, wie viele Personen zur Arbeitsleistung zur Verfügung stünden (Krankheit, Urlaub). Wenn tatsächlich von einer „nur angeblichen“ Subunternehmerin gesprochen werde, so wäre es doch ein Leichtes gewesen, auch diese ausführlich zu vernehmen. Dies sei aber nicht geschehen.

 

Der vernommene Zeuge R A sei der deutschen Sprache nicht mächtig. Die Argumentation der belangten Behörde, dass er die Rechtsbelehrung und den Inhalt der Niederschrift verstanden habe, weil die Befragung durch geschulte Organe der Finanzpolizei durchgeführt worden sei, sodass davon ausgegangen werde könne, dass der Befragte der deutschen Sprache entsprechend mächtig gewesen wäre, ansonsten ein Dolmetscher beigezogen worden wäre, sei im Grunde genommen eine reine Scheinbegründung. Die vernehmenden Beamten hätten nicht erkennen können, ob der Vernommene den Inhalt des Protokolls verstanden habe, wenn die vernehmenden Organe selbst nicht der persischen Sprache mächtig seien. Im Grunde sei das Vernehmungs­protokoll „Juristendeutsch“. Der Zeuge habe gegenüber dem Beschwerdeführer erklärt, er habe den Inhalt des Protokolls nicht verstanden. Es werde daher beantragt, den Zeugen neuerlich unter Beiziehung eines Dolmetschers für die persische Sprache zu vernehmen.

 

Ferner werde beantragt, N G zu vernehmen und dazu zu befragen, dass sie die Arbeiter ordnungsgemäß in ihrem Betrieb angemeldet habe und diese Arbeiter von ihr die Entlohnung bezogen hätten.

 

Nachdem die drei Arbeitnehmer bei N G zur Sozial­versicherung angemeldet gewesen seien und diese die Sozialversicherungs­beiträge bezahlt habe, sei somit eine Meldung an die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse durch den Beschwerdeführer nicht notwendig gewesen.

 

Zur Höhe der Strafe werde ausgeführt, dass diese überhöht sei, weil der Strafmilderungsgrund der Unbescholtenheit nicht berücksichtigt worden sei.

 

Zusammengefasst werde daher beantragt, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wolle gemäß § 50 VwGVG das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Verfahren einstellen; gemäß § 44 VwGVG eine mündliche Verhandlung anberaumen und in eventu die verhängte Geldstrafe schuldangemessen herabsetzen.

 

I.3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat daraufhin für den 17. Oktober 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, zu welcher sowohl der Beschwerdeführer als auch die Zeugen R A, H K, A H und N G geladen wurden. Ferner wurde ein Dolmetscher für die persische Sprache bestellt.

 

Mit dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers sowie einer Vertreterin des Finanzamtes Linz wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Die belangte Behörde war für ihre Abwesenheit entschuldigt.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Der Beschwerdeführer war gemeinsam mit dem Mitbeschuldigten M S unbeschränkt haftender Gesellschafter und Außenvertretungsbefugter der F OG mit Sitz in A, H.straße 1. Gegenstand des Unternehmens war unter anderem die Montage von Lichtkuppeln und Lichtbändern, welche auch hier verfahrensgegenständlich ist. Das Unternehmen ist zu FN x im Firmenbuch des Landesgerichtes Linz eingetragen.

 

Mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 14. April 2016 wurde über dieses Unternehmen zu GZ: 17 S 32/16d das Konkursverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom 19. April 2016 wurde die Schließung des Unternehmens angeordnet.

 

II.2. N G betreibt ein Einzelunternehmen mit Sitz in L, N.weg 12. Unternehmensgegenstand ist unter anderem die Montage von Lichtkuppeln und Lichtbändern, wie sie auch vom Unternehmen des Beschwerdeführers durchgeführt wird. Diese Montagearbeiten werden vom Ehegatten von N G, R A, verrichtet, ferner waren im relevanten Zeitraum H K und A H als Hilfsarbeiter beschäftigt.

 

Für die vom Einzelunternehmen N G verrichteten Aufträge für die F OG wurden jeweils Rechnungen gelegt. In diesen Rechnungen erfolgte eine Abrechnung der drei eingesetzten Arbeitnehmer nach Stunden. Darüber hinaus wurden für Fahrten, welche mit dem Firmenfahrzeug des Einzelunternehmens verrichten wurden, Kilometergelder verrechnet.

 

Nachdem über das Unternehmen des Beschwerdeführers das Konkursverfahren eröffnet worden war, erfolgte keine weitere Bezahlung der vom Einzelunternehmen N G gelegten Rechnungen. Dieses Einzelunternehmen meldete daher die Forderungen im Konkursverfahren vor dem Landesgericht Linz an. Diese Forderungen sind in der Forderungsanmeldung vom 24. Mai 2016 dokumentiert. Die angemeldeten Forderungen in Höhe von insgesamt 21.094,23 Euro wurden im Konkursverfahren anerkannt.

 

II.3. Die Einzelunternehmerin N G verrichtete ihr erteilte Aufträge der F OG, wobei es sich jeweils um die Montage von Lichtkuppeln bzw. Lichtbänder handelte.

 

Für diese Montagearbeiten wurden drei Arbeitnehmer eingesetzt. Als Fach­arbeiter arbeitete R A, der Ehegatte der Einzelunternehmerin. Als Hilfsarbeiter wurden A H und H K eingesetzt.

 

N G meldete alle drei Arbeitnehmer zur Sozialversicherung bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse an.

 

R A war von 11. März 2015 bis 4. September 2015 (und ist auch weiterhin) zur Sozialversicherung angemeldet, wobei N G als Dienstgeberin aufscheint.

 

A H war von 5. Mai 2015 bis 4. September 2015 ebenfalls zur Sozial­versicherung bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse angemeldet und schien auch für ihn N G als Dienstgeberin auf. A H war dann noch bis Anfang 2016 Dienstnehmer bei N G und bis zu diesem Zeitpunkt auch bei der Sozialversicherung angemeldet.

 

H K war in der Zeit von 14. April 2015 bis 30. April 2015 Dienst­nehmer bei N G und ebenfalls zur Sozialversicherung bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse angemeldet.

 

R A, der Ehegatte der Einzelunternehmerin, ist noch immer Dienstnehmer und noch immer bei der Sozialversicherung angemeldet. Nachdem N G nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt, hat R A außerdem eine notarielle Vollmacht erhalten, rechtsverbindlich für das Unternehmen seiner Ehegattin einzuschreiten. Für R A handelt es also nicht nur um das Unternehmen seiner Ehegattin, sondern auch sein „eigenes“ Unternehmen.

 

N G hat außerdem die Sozialversicherungsbeiträge für alle drei Dienstnehmer bezahlt. H K legte in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht seinen Gehaltszettel für April 2015 vor, aus welchem sich ergibt, dass die Sozialversicherungsbeiträge von N G entrichtet wurden.

 

Die gesamte Personalverrechnung für das Einzelunternehmen wurde vom Steuerberater durchgeführt.

 

Nachdem die F OG zahlungsunfähig wurde, konnte dieses Unternehmen auch die Rechnungen von N G nicht bezahlen, was wiederum Auswirkungen auf deren Zahlungsfähigkeit – auch im Hinblick auf die Sozial­versicherungsbeiträge ihrer Dienstnehmer – hatte. N G geriet bei der Oö. Gebietskrankenkasse in Rückstand, weshalb eine Ratenzahlungs­vereinbarung zwischen N G und der Oö. Gebietskrankenkasse abgeschlossen wurde. Diese Ratenzahlung wird von N G bedient.

 

II.4. Zwischen der F OG und N G wurden jeweils einzelne Aufträge über die Montage von Lichtkuppeln und Lichtbändern abgeschlossen. Eine schriftliche Vereinbarung liegt nicht vor, die Auftrags­erteilung erfolgte jeweils mündlich. Vereinbart war die Bezahlung von 32 Euro pro Stunde.

 

Die F OG erteilte jeweils gesonderte Aufträge an N G. Vereinbart war, dass die Einzelunternehmerin die Haftung für die ihr erteilten Aufträge übernehmen musste und gewährleistungspflichtig war. Für den Fall, dass Aufträge mangelhaftet verrichtet wurden, musste die Einzelunternehmerin die aufgetretenen Mängel auf ihre Kosten beheben. Für den Fall, dass Mängel nicht behebbar waren bzw. Schäden eintraten, wurden diese der Einzel­unternehmerin in Rechnung gestellt.

 

Für die F OG spielte es keine Rolle, welche Arbeitnehmer die der Einzelunternehmerin erteilten Aufträge verrichteten und ob dies R A, A H und H K waren oder andere Personen. Tatsächlich verfügte N G allerdings nur über diese drei Arbeitnehmer, sodass ohnehin nur diese zur Auftragserfüllung eingesetzt werden konnten.

 

Krankenstände und Urlaube der drei Arbeitnehmer mussten grundsätzlich nicht mit der F OG vereinbart werden, sondern teilten die drei Arbeitnehmer Krankenstände und Urlaube N G mit. Diese informierte aber dennoch die F OG, damit diese über die Verfügbarkeit von N G bzw. deren Arbeitnehmern Bescheid wusste.

 

Die Abrechnung erfolgte jeweils pro Stunde und wurde zusätzlich Kilometergeld verrechnet. Für den Fall, dass die Arbeitnehmer von N G mit einem Firmenfahrzeug der F OG unterwegs waren, wurde demnach kein Kilometergeld verrechnet. Abgesehen von Spezialwerkzeugen verfügten die Arbeitnehmer der N G über eigenes Werkzeug.

 

Zusammengefasst war es nunmehr so, dass die F OG über Lichtkuppeln verfügte und die Monteure von N G zugekauft hat; gemeint ist damit, dass die Montageleistung zugekauft wurde. Die F OG verkaufte insgesamt die Lichtkuppeln samt Montage an ihre Auftraggeber.

 

Ob es sich bei dem Vertragsverhältnis zwischen der F OG und N G nunmehr um Werkverträge oder jeweils um Arbeitskräfte­überlassung handelte, kann dahingestellt bleiben – worauf im Rahmen der rechtlichen Beurteilung noch näher einzugehen sein wird.

 

II.5. Am 4. September 2015 erfolgte eine Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei Linz. Die Finanzpolizei kontrollierte das Unternehmen von N G in L, N.weg 12. Im Zuge dieser Kontrolle wurde festgestellt, dass die genannten Arbeitnehmer, R A, A H, H K, jeweils Montagearbeiten für die F OG verrichteten.

 

Dass derartige Arbeiten von den drei Arbeitnehmern tatsächlich verrichtet wurden, ist unbestritten. Eine Anmeldung der drei Arbeitnehmer bei der Sozial­versicherung erfolgte durch die F OG nicht, welcher Umstand ebenfalls unbestritten ist.

 

Inwieweit die F OG verpflichtet gewesen wäre (Werkvertrag oder Arbeitskräfteüberlassung), die drei Arbeitnehmer bei der Sozialversicherung anzumelden, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. Die Feststellungen zum Unternehmen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde und den Erhebungen der Finanzpolizei. Ferner gehen diese aus dem Akteninhalt hervor. Ebenso ergeben sich diese Feststellungen aus dem Firmenbuch des Landesgerichtes Linz sowie aus der Ediktsdatei. Die Einzelheiten zum Unternehmen des Beschwerdeführers sind außerdem unstrittig.

 

III.2. Die Feststellungen zum Einzelunternehmen der Zeugin N G ergeben sich aus der Vernehmung des (weiteren) Beschwerde­führers M S sowie der Zeugin N G bzw. des Zeugen R A sowie aus dem Akteninhalt.

 

Sowohl die Zeugin N G als auch der Zeuge R A schilderten übereinstimmend, dass zwar N G als Einzel­unternehmerin auftritt, aufgrund ihrer mangelnden Deutschkenntnisse allerdings R A mittels notariell beglaubigter Bevollmächtigung beauftragt wurde, für das Unternehmen rechtsverbindlich einzuschreiten. Dementsprechend verwundert es auch nicht, dass der Zeuge bei seiner Einvernahme von „seinem Unternehmen“ bzw. „unserem Unternehmen“ (also jenes seiner Ehegattin und seines eigenen) sprach.

 

Die aushaftenden Forderungen von N G gegenüber der F OG ergeben sich aus der im Akt befindlichen Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren der F OG. Die offenen Forderungen wurden anerkannt.

 

III.3. Dass die drei im Straferkenntnis genannten Arbeitnehmer im Rahmen von Montageleistungen der F OG tätig wurden, geht ebenfalls aus dem Akteninhalt hervor und ist unbestritten. Strittig ist die rechtliche Qualifikation, ob es sich dabei um einen Werkvertrag zwischen der F OG und N G oder um eine Arbeitskräfteüberlassung von N G an die F OG handelte.

 

Dass eine mündliche Vereinbarung abgeschlossen wurde, haben sowohl der (weitere) Beschwerdeführer M S als auch die beiden Zeugen N G und R A übereinstimmend geschildert. Insbesondere haben auch alle Personen ausgesagt, dass diesbezüglich keine schriftliche Vereinbarung vorlag, sondern die jeweilige Beauftragung mündlich, meist telefonisch, erfolgte. Auch die Bezahlung von 32 Euro pro Stunde ist übereinstimmend und unstrittig gegeben.

 

Ebenso schilderten sowohl der (weitere) Beschwerdeführer M S als auch die Zeugen N G und R A übereinstimmend, dass für mangelhafte Montageleistungen bzw. Schäden gehaftet bzw. Gewähr geleistet werden musste. Auch hinsichtlich der Bekanntgabe von Krankenständen und Urlauben an die F OG gaben alle Beteiligten übereinstimmend an, dass diese deshalb mitgeteilt wurden, damit die F OG über die Verfügbarkeit der Arbeitskräfte Bescheid wusste. Inwieweit sich aus dieser Vorgehensweise eine Arbeitskräfteüberlassung anstelle eines Werkvertrages ergibt, oder ob diese Unterscheidung gegenständlich eine Rolle spielt, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

 

Dass die Abrechnung der eingesetzten Arbeitskräfte jeweils pro Stunde erfolgte und zusätzlich für Fahrten mit dem firmeneigenen Fahrzeug von N G Kilometergelder verrechnet wurden, geht ebenfalls aus den Vernehmungen der beteiligten Personen hervor. Darüber hinaus wurden entsprechende Rechnungen im Beschwerdeverfahren vorgelegt, aus welchen dieser Abrechnungsmodus ebenfalls ersichtlich ist.

 

Letztendlich geht aus den vorliegenden Anmeldungen bzw. Abmeldungen bei der Sozialversicherung hervor, dass N G die drei Arbeitnehmer bei der Sozialversicherung angemeldet hat, entsprechende Versicherungs-datenauszüge bzw. ELDA-Meldungen wurden vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegt. Ferner hat sich auch ergeben, dass die Sozialversicherungs­beiträge von N G bezahlt wurden, was diese als Zeugin im Verfahren vor dem erkennenden Gericht bestätigt hat. Die Personalverrechnung wurde jeweils von ihrem Steuerberater vorgenommen.

 

Der Zeuge H K hat darüber hinaus in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht seinen Lohnzettel für April 2015 vorgelegt. Aus diesem Lohnzettel ergibt sich, dass die Sozialversicherungsbeiträge von N G entrichtet wurden.

 

Die Zeugin hat darüber hinaus in ihrer Aussage dargelegt, dass die Sozialversicherungsbeiträge stets von ihrem Unternehmen bezahlt werden. Nachdem die F OG zahlungsunfähig wurde und die Rechnungen von N G nicht mehr bezahlen konnte, geriet sie in Zahlungs­rückstand bei der Sozialversicherung. Sie hat daraufhin eine Ratenzahlungs­vereinbarung mit der Sozialversicherung abgeschlossen, welche von ihr bedient wird.

 

III.4. Die Feststellungen zur Kontrolle der Finanzpolizei am 4. September 2015 ergeben sich aus dem Akteninhalt. Unstrittig ist auch, dass die F OG die drei genannten Dienstnehmer nicht bei der Sozialversicherung angemeldet hat. Inwieweit eine derartige Verpflichtung überhaupt bestanden hat, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

 

 

IV. Rechtslage:

 

IV.1. Als Dienstnehmer gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz entlohnt werden, oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig  sind,  soweit  es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

IV.2. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z  3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten ist.

 

IV.3. Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

IV.4. Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes 1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder 2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder 3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder 4. gehörig ausgewiesene Bedienstete oder Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt. Gemäß § 111 Abs. 2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

IV.5. Gemäß § 539a Abs. 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Gemäß Abs. 2 leg.cit. können durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden. Ferner ist gemäß Abs. 3 leg.cit. ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre. Nach Abs. 4 leg.cit. sind Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend. Gemäß Abs.5 leg.cit. gelten die Grundsätze, nach denen (1.) die wirtschaftliche Betrachtungsweise, (2.) Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie (3.) die Zurechnung nach den §§ 21 und 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechts und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Verfahrensgegenständlich stellt sich insofern zunächst die Frage, ob der von der F OG und N G beschriebene Vertragstypus einen Werkvertrag oder eine Arbeitskräfteüberlassung darstellt bzw. inwiefern für den gegenständlichen Fall überhaupt relevant ist, ob ein Werkvertrag oder eine Arbeitskräfteüberlassung vorliegt.

 

V.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 20. Mai 1980, 2397/79, vw Slg 10140 A/1980 grundlegend mit der Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag andererseits beschäftigt und hat – in Übereinstimmung mit der in diesem Erkenntnis zitierten Lehre – ausgeführt, dass es entscheidend darauf ankommt, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (dem Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liegt ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall liegt ein Werkvertrag vor), wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich beschlossene Einheit handelt, während es beim Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf die Bereitschaft des Letzteren zur Erbringung von Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit, ankommt. Der Werkvertrag begründet in der Regel ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung – in der Regel bis zu einem bestimmten Termin – zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 5. Juni 2002, Zlen. 2001/08/0107, 0135 sowie vom 3. Juli 2002, Zl. 2000/08/0161) (hier auch Ausführungen, dass bei der vorliegenden Vortragstätigkeit kein Werkvertrag sondern ein freier Dienstvertrag iSd. § 4 Abs. 4 ASVG vorliegt). [VwGH 21.9.2015, Ra 2015/08/0045).

 

V.3. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass eine Arbeitskräfteüberlassung im Sinn des § 4 Abs. 2 Z 1 bis 4 AüG schon dann vorliegt, wenn nur eine der 4 Ziffern erfüllt ist.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat (vgl. die Erkenntnisse vom 21. März 1995, Zl. 94/09/0007 und vom 18. November 1998, Zl. 96/09/0281), ist für die Abgrenzung zwischen Werkverträgen, deren Erfüllung im Wege einer Arbeitskräfteüberlassung im Sinn des AÜG stattfindet, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, grundsätzlich eine Gesamtbetrachtung der Unterscheidungsmerkmale notwendig. Das Vorliegen einzelner, auch für das Vorliegen eines Werkvertrages sprechender Sachverhaltselemente ist in diesem Sinn nicht ausreichend, wenn sich aus den Gesamtumständen unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessenlage Gegenteiliges ergibt (vgl. das Erkenntnis vom 16. September 1998, Zl. 97/09/0150). Bei Erfüllung auch nur eines der in § 4 Abs. 2 Z 1 bis 4 AÜG genannten Tatbestands­elemente liegt jedenfalls dem wirtschaftlichen Gehalt nach Arbeitskräfte­überlassung im Sinn des § 3 Abs. 1 AÜG durch den Werkunternehmer als Überlasser im Sinn des § 3 Abs. 2 AÜG (der insofern die überlassenen Arbeitskräfte mittelbar zur Arbeitsleistung an den Beschäftiger verpflichtet) an den Werkbesteller als Beschäftiger im Sinn des § 3 Abs. 3 AÜG vor. Es kann Arbeitskräfteüberlassung im Sinn von § 4 Abs. 2 AÜG insbesondere auch vorliegen, wenn keine organisatorische Eingliederung der Arbeitskräfte in den Betrieb des Werkbestellers besteht, stellt doch dieses Tatbestandsmerkmal (im Sinn der Z 3 leg. cit.) nur eines von vier möglichen Merkmalen der Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte dar (vgl. hiezu die Erkenntnisse vom 17. Juli 1997, Zl. 95/09/0218, vom 18. März 1998, Zl. 96/09/0131 und vom 22. Oktober 1996, Zl. 94/08/0178). Selbst im Fall zivilrechtlich als Werkvertrag einzustufender Vereinbarungen (und einer ihnen entsprechenden Vertrags­abwicklung) zwischen Unternehmer und „Subunternehmer“ liegt danach eine Arbeitskräfteüberlassung vor, wenn eine der Ziffern des § 4 Abs. 2 AÜG (in Verbindung mit dem Einleitungssatz dieser Bestimmung) zur Gänze erfüllt ist (vgl. das Erkenntnis vom 10. März 1998, Zl. 95/08/0345, sowie zum Ganzen das Erkenntnis vom 3. Oktober 2013, Zl. 2013/09/0042). [VwGH 19.5.2014, Ro 2014/09/0026; 14.12.2015, Ra 2015/09/0057].

 

V.4. § 3 Abs. 1 AÜG regelt, dass die Überlassung von Arbeitskräften die zur Verfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte ist. Gemäß § 3 Abs. 2 AÜG ist Überlasser, wer Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung an Dritte vertraglich verpflichtet. Gemäß § 3 Abs. 3 AÜG ist Beschäftiger, wer Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt. Gemäß § 3 Abs. 4 AÜG sind Arbeitskräfte Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen. Arbeitnehmerähnlich sind Personen, die ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbstständig sind.

 

§ 14 AüG normiert eine Bürgschaftsregelung. Gemäß § 14 Abs. 1 AüG haftet der Beschäftiger für die gesamten der überlassenen Arbeitskraft für die Beschäftigung in seinem Betrieb zustehenden Entgeltsansprüche und die entsprechenden Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung sowie für die Lohnzuschläge nach dem BUAG als Bürge (§ 1355 des ABGB). [...]

 

V.5. Mit der Frage der Verpflichtung nach dem ASVG und ob diese den Überlasser oder den Beschäftiger trifft, hatte sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 4.10.2011, 96/08/0351 auseinanderzusetzen:

 

Nach § 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 23. März 1988, BGBl. Nr. 196, mit welchem die Überlassung von Arbeitskräften geregelt wurde (Arbeitskräfteüberlassungsgesetz – AÜG) ist Überlassung von Arbeitskräften die zur Verfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte.

Nach Abs. 4 leg. cit. sind Arbeitskräfte Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen. Arbeitnehmerähnlich sind Personen, die ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbstständig sind.

[...]

Im Rahmen der vorrübergehenden Überlassung von Arbeitnehmern an Dritte (iSd. Leiharbeitsverhältnisses) bleiben die grundlegenden Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen verleihendem Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufrecht. Der „Entleiher“ darf nur ihm delegierte, fremde Rechte ausüben. Der Verleiher ist in der Regel auch der sozialversicherungsrechtliche Dienstgeber des Leiharbeitnehmers (vgl. das Erkenntnis vom 23. Mai 1985, Slg. Nr. 11.778/A). Damit kommt der Arbeitnehmer durch seine Tätigkeit beim Beschäftiger (Entleiher) rechtlich nur seiner Arbeitspflicht gegenüber dem Verleiher nach, wobei die Weisungen des Entleihers als solche des Verleihers (als Arbeitgeber) zu beurteilen sind, diesen auch sämtliche Arbeitgeberpflichten weiterhin treffen und eine unmittelbare vertragliche Rechtsbeziehung zwischen Arbeitnehmer und Beschäftiger fehlt (vgl. das Erkenntnis vom 17. Jänner 1995, Slg. Nr. 14.194/A).

 

V.6. Im Lichte dieser Rechtsprechung ergibt sich insofern, dass selbst dann, wenn gegenständlich nicht von einem Werkvertragsverhältnis sondern von einer Arbeitskräfteüberlassung auszugehen ist, die sozialversicherungsrechtlichen Pflichten weiterhin die Einzelunternehmerin N G treffen. Unabhängig davon, ob man nun von einem Werkvertrag oder einer Arbeitskräfte­überlassung ausgeht, ist also N G dazu verpflichtet, die drei Arbeitnehmer zur Sozialversicherung anzumelden und die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Dies ist tatsächlich unstrittiger Weise geschehen.

 

§ 14 AÜG normiert eine Bürgenhaftung des Beschäftigers für die Sozialversicherungsbeiträge des entleihenden Dienstgebers. Eine derartige Bürgenhaftung ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn primär als Hauptschuldner der Entleiher, also N G haftet. Tatsächlich wurden bzw. werden die Sozialversicherungsbeiträge von ihr entrichtet.

 

Eine nochmalige – mit anderen Worten doppelte – Anmeldung zur Sozial­versicherung und damit auch doppelte Entrichtung der Sozialversicherungs­beiträge einmal durch N G und einmal durch die F OG lässt sich dem AÜG bzw. dem ASVG nicht entnehmen.

 

V.7. Nachdem die Anmeldung zur Sozialversicherung und die Zahlung der Beiträge durch N G erfolgte, kann ein Verstoß gegen die Bestimmungen des ASVG durch die F OG bzw. den Beschwerdeführer nicht erblickt werden.

 

V.8. Zusammengefasst war daher der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

 

Der Beschwerdeführer hat weder einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde noch zum Beschwerdeverfahren vor dem Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich zu bezahlen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

VI.1. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

VI. 2. Die gegenständliche Entscheidung steht darüber hinaus im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den sozialversicherungsrechtlichen Pflichten im Sinne des § 3 AÜG (Erkenntnis vom 4.10.2001, 96/08/0351). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die obigen Ausführungen zu Punkt V. 5. verwiesen. Auch aus diesem Grund ist die ordentliche Revision ausgeschlossen.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer