LVwG-000013/2/Gf/Rt

Linz, 07.03.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K !

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde der E H  gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 7. November 2013, Zl. VetR96-14-9-2013, wegen zwei Übertretungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes

 

 

z u  R e c h t  e r k a n n t:

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren im Hinblick darauf, dass die Rechtsmittelwerberin eine derartige Verwaltungsübertretung, wie ihr diese spruchmäßig angelastet wurde, nicht begangen hat, nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

 

II.         Gemäß § 66 Abs. 1 VStG hat die Beschwerdeführerin weder einen Beitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG eine Revision der Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 letzter Satz B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 7. November 2013, Zl. VetR96-14-9-2013, wurden über die Beschwerdeführerin zwei Geldstrafen in einer Höhe von je 180 Euro (Ersatzfreiheitsstrafen: jeweils 9 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 36 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 396 Euro) verhängt, weil sie es als Geschäftsführerin einer GmbH zu vertreten habe, dass in deren Betriebsstätte (in B) den Anordnungen des Kontrollorganes insofern nicht unverzüglich entsprochen worden sei, als weder die defekten Beleuchtungskörper bis zum 9. Juni 2013 repariert noch die beanstandeten Fliegengitter bis zu diesem Termin gereinigt worden seien. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 38 Abs. 2 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. II 39/2013 (im Folgenden: LMSVG), i.V.m. Anh. II Kap. I Z. 7 der Verordnung (EG) 852/2004 (im Folgenden: VO 852/2004) begangen, weshalb sie nach § 90 Abs. 4 Z. 2 LMSVG zu bestrafen gewesen sei.

 

Dieses der Rechtsmittelwerberin angelastete Tatverhalten sei auf Grund der Wahrnehmungen des Amtstierarztes bei einer von diesem am 12. Juni 2013 vorgenommenen Betriebskontrolle als erwiesen anzusehen.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei eine gleichartige rechtskräftige Vormerkung als erschwerend zu werten gewesen, während Milderungsgründe nicht hervorgekommen seien; bei der Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Rechtsmittelwerberin sei von durchschnittlichen Verhältnissen auszugehen gewesen.

 

2. Gegen dieses ihr am 26. November 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 10. Dezember 2013 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Beschwerde.

 

Darin bringt die Rechtsmittelwerberin zunächst vor, dass sie seit April 2013 in Karenzurlaub und daher im Tatzeitraum nicht im Unternehmen tätig gewesen sei. Außerdem sei der belangten Behörde bereits mit Schreiben vom 7. Oktober 2009 eine verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person bekannt gegeben worden.

 

Davon abgesehen befänden sich in der Betriebsstätte ohnehin ausreichend große Fensterflächen, sodass nach Anh. II Kap. I Z. 7 der VO 852/2004 eine zusätzliche künstliche Beleuchtung nicht erforderlich sei. Zudem seien die Fliegengitter nicht für jedermann sichtbar verschmutzt gewesen, sondern das Vorliegen einer solchen Verunreinigung sei lediglich vom Amtstierarzt behauptet worden.  

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Perg zu Zl. VetR96-14-2013.

 

Da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 44 Abs. 3 Z. 3 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2. Weil im LMSVG Abweichendes nicht angeordnet ist, hatte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B VG durch einen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

III.

 

In der Sache selbst hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich über die vorliegende Beschwerde erwogen:

 

1.1. Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus dem Kontrollbericht des Amtstierarztes vom 5. Juni 2013, Zl. KRI-Z/S-23/2013, (u.a.), dass die „Lampen/Neonröhren entlang der Schlachtlinie ..... nicht ausgetauscht/repariert“ und die „Fliegengitter bei den Entlüftungsventilatoren nicht gereinigt (Schutzgitter komplett ‚verschlissen‘)“ waren, sodass „vorgeschlagen/angeordnet“ wurde, dass (u.a.) diese „Mängel ..... bis zum entsprechenden Nachfristdatumdies war jeweils der 9. Juni 2013zu beheben“ seien (vgl. S. 2). Bei einer Kontrolle am 12. Juni 2013, die von einem anderen Amtstierarzt vorgenommen wurde, erfolgten dieselben Beanstandungen (vgl. den entsprechenden Kontrollbericht vom selben Tag, Zl. FR-Z/S-24/2013, S. 2).

 

1.2. Diesen Sachverhaltsfeststellungen ist die Beschwerdeführerin lediglich mit unsubstantiierten Behauptungen entgegengetreten; ein solcherart ohne Vorlage entsprechender Nachweise erfolgtes bloßes Bestreiten ist jedoch objektiv besehen nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit der übereinstimmenden Wahrnehmung von zwei sachverständigen Amtstierärzten in Zweifel zu ziehen.

 

1.3. Vor diesem Hintergrund geht daher auch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich von der Erwiesenheit des von der belangten Behörde dem angefochtenen Straferkenntnis zu Grunde gelegten Sachverhaltes (s.o., 1.1.) aus.   

 

2.1. Wenn § 90 Abs. 4 Z. 2 LMSVG einerseits denjenigen mit Strafe bedroht, der (u.a.) den Verpflichtungen des § 38 LMSVG zuwiderhandelt, und andererseits – davon getrennt – § 90 Abs. 4 Z. 3 LMSVG eine Sanktion für denjenigen festlegt, der (u.a.) einer Anordnung nach § 39 LMSVG nicht entspricht, so ergibt sich daraus insgesamt, dass der Gesetzgeber die im Zuge der Durchführung der behördlichen Kontrolle bestehenden Pflichten des Unternehmers systematisch von jenen unterscheidet, die sich für Letzteren (erst) als Resultat einer solchen Kontrolle ergeben.

 

Konkret bedeutet dies z.B., dass der Betriebsverantwortliche nach § 38 Abs. 2 zweiter Satz LMSVG den von den Aufsichtsorganen im Zuge der Durchführung der Kontrolle erlassenen Anordnungen unverzüglich Folge zu leisten hat; dies etwa derart, dass dem Kontrollorgan der Zutritt zu einem bestimmten Raum zu ermöglichen ist, ihm bestimmte Unterlagen vorzulegen sind, etc.

 

Davon zu trennen ist jedoch jene sich an die Beendigung der Kontrolle anschließende Phase, in der gemäß § 39 LMSVG beispielsweise konkrete Maßnahmen bescheidmäßig vorgeschrieben werden, vom Unternehmer umzusetzen sind und in weiterer Folge von der Behörde in Bezug auf deren Realisierung überprüft werden.

 

Offensichtlich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung hat der Gesetzgeber spezifische Befugnisse, die die Grenzen zwischen diesen beiden systematisch getrennten Bereichen – nämlich: einerseits Durchführung der Betriebskontrolle durch (bloße) Organwalter der Behörde, andererseits bescheidmäßige Anordnung von Maßnahmen als Folge von zuvor festgestellten Mängeln durch die Behörde selbst andererseits – transzendieren, vorgesehen, allerdings jedoch bloß ausnahmsweise und beschränkt auf diese explizit festgelegten Verfahrensakte:

 

So war (bzw. ist) in § 39 Abs. 2 LMSVG eine Mängelbehebung durch den Unternehmer an Ort und Stelle oder eine schriftliche Aufforderung des Aufsichtsorganes zur Abstellung der wahrgenommenen Verstöße vor der Erlassung eines behördlichen Bescheides vorgesehen; außerdem konnten die Aufsichtsorgane nach § 35 Abs. 7 LMSVG bei der Wahrnehmung von Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften eine Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG erlassen oder gemäß § 21 VStG vorgehen.

 

In allen übrigen Fällen war jedoch eine Mängelbehebung, wie sich dies aus § 39 LMSVG zweifelsfrei ergibt – und zudem auch aus Rechtsschutzüberlegungen heraus geboten ist –, durch Bescheid zu veranlassen.

 

2.2. Im vorliegenden Fall wurden sowohl im Zuge der am 5. Juni 2013 als auch im Rahmen der am 12. Juni 2013 durchgeführten Kontrolle von den Aufsichtsorganen – allseits unbestritten – keine Anordnungen getroffen, die die Durchführung der Kontrolle als solche betrafen und denen die Rechtsmittelwerberin daher i.S.d. § 38 Abs. 2 zweiter Satz LMSVG unverzüglich Folge zu leisten gehabt hätte.

 

Vielmehr wurden – soweit es das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren betrifft – zwei solche konkrete Zustandsmängel festgestellt, hinsichtlich der das Kontrollorgan entweder selbst gemäß § 35 Abs. 7 LMSVG vorgehen hätte können oder – wie es schließlich auch geschehen ist – bei der Behörde eine Anzeige erstatten konnte, wobei die unter einem festgelegte Mängelbehebungsfrist aus rechtlicher Sicht lediglich als eine Anregung für die Vorschreibung einer entsprechenden bescheidmäßigen Leistungsfrist zu qualifizieren ist. Schließlich hätte dann, wenn die Beschwerdeführerin einem solchen – rechtskräftigen – Bescheid nicht zeitgerecht entsprochen hätte, ein Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 90 Abs. 4 Z. 3 LMSVG durchgeführt werden können.

 

2.3. Diese dem LMSVG zu Grunde liegenden, wechselseitig zu trennenden Verfahrensstrukturen wurden im gegenständlichen Fall – in dem unstrittig einerseits das Aufsichtsorgan weder nach § 35 Abs. 7 LMSVG noch gemäß § 39 Abs. 2 erster Satz LMSVG gehandelt noch andererseits die Rechtsmittelwerberin die festgestellten Mängel i.S.d. § 39 Abs. 2 LMSVG sofort an Ort und Stelle behoben hat – in unzulässiger Weise dadurch vermischt, dass die Beschwerdeführerin nicht wegen einer unterlassenen, zuvor bescheidmäßig vorgeschriebenen Mängelbehebung i.S.d. § 90 Abs. 4 Z. 3 i.V.m. § 39 LMSVG, sondern wegen der Nichtbefolgung einer die Durchführung der Kontrolle selbst betreffenden Anordnung des Aufsichtsorganes nach § 90 Abs. 4 Z. 2 LMSVG i.V.m. § 38 Abs. 2 zweiter Satz LMSVG bestraft wurde, eine solche jedoch hier zweifelsfrei nicht ergangen ist.    

 

3. Ohne auf die davon unabhängige Frage, ob die Rechtsmittelwerberin für die ihr angelastete Übertretung selbst einzustehen hatte oder nicht vielmehr eine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vorlag, noch näher eingehen zu müssen, war daher der gegenständlichen Beschwerde schon aus diesem Grund gemäß § 50 VwGVG stattzugeben, der bekämpfte Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin eine solche Verwaltungsübertretung, wie ihr diese spruchmäßig angelastet wurde, nicht begangen hat, nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Rechtsmittelwerberin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorzuschreiben.

 

 

IV.

 

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist für die Beschwerdeführerin gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG i.V.m. Art. 133 Abs. 4 letzter Satz B-VG nicht zulässig.

 

Für die belangte Behörde ist eine ordentliche Revision deshalb unzulässig, weil im Zuge des vorliegenden Verfahrens keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

Weder weicht nämlich die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG eine Revision wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z. 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht nur der belangten Behörde die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen.

 

 


 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.  G r ó f

Hinweis:

Dieses Dokument wurde amtssigniert. Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur und des Ausdrucks finden Sie unter: „https://www.lvwg-ooe.gv.at/Das Gericht/Amtssignatur des . LVWG“.


 

Rechtssatz:

 

LVwG-000013/2/Gf/Rt vom 7. März 2014

 

§ 35 Abs. 7 LMSVG; § 38 Abs. 2 LMSVG; § 39 LMSVG; § 90 Abs. 4 LMSVG

 

* Wenn § 90 Abs. 4 Z. 2 LMSVG einerseits denjenigen mit Strafe bedroht, der (u.a.) den Verpflichtungen des § 38 LMSVG zuwiderhandelt, und andererseits – davon getrennt – § 90 Abs. 4 Z. 3 LMSVG eine Sanktion für denjenigen festlegt, der (u.a.) einer Anordnung nach § 39 LMSVG nicht entspricht, so ergibt sich daraus insgesamt, dass der Gesetzgeber die im Zuge der Durchführung der behördlichen Kontrolle bestehenden Pflichten des Unternehmers systematisch von jenen unterscheidet, die sich für Letzteren (erst) als Resultat einer solchen Kontrolle ergeben. Konkret bedeutet dies z.B., dass der Betriebsverantwortliche nach § 38 Abs. 2 zweiter Satz LMSVG den von den Aufsichtsorganen im Zuge der Durchführung der Kontrolle erlassenen Anordnungen unverzüglich Folge zu leisten hat; dies etwa derart, dass dem Kontrollorgan der Zutritt zu einem bestimmten Raum zu ermöglichen ist, ihm bestimmte Unterlagen vorzulegen sind, etc. Davon zu trennen ist jedoch jene sich an die Beendigung der Kontrolle anschließende Phase, in der gemäß § 39 LMSVG beispielsweise konkrete Maßnahmen bescheidmäßig vorgeschrieben werden, vom Unternehmer umzusetzen sind und in weiterer Folge von der Behörde in Bezug auf deren Realisierung überprüft werden.

 

* Offensichtlich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung hat der Gesetzgeber spezifische Befugnisse, die die Grenzen zwischen diesen beiden systematisch getrennten Bereichen – nämlich: einerseits Durchführung der Betriebskontrolle durch (bloße) Organwalter der Behörde, andererseits bescheidmäßige Anordnung von Maßnahmen als Folge von zuvor festgestellten Mängeln durch die Behörde selbst andererseits – transzendieren, vorgesehen, allerdings jedoch bloß ausnahmsweise und beschränkt auf diese explizit festgelegten Verfahrensakte: So ist in § 39 Abs. 2 LMSVG eine Mängelbehebung durch den Unternehmer an Ort und Stelle oder eine schriftliche Aufforderung des Aufsichtsorganes zur Abstellung der wahrgenommenen Verstöße vor der Erlassung eines behördlichen Bescheides vorgesehen; außerdem konnten die Aufsichtsorgane nach § 35 Abs. 7 LMSVG bei der Wahrnehmung von Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften eine Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG erlassen oder gemäß § 21 VStG vorgehen. In allen übrigen Fällen ist jedoch eine Mängelbehebung, wie sich dies aus § 39 LMSVG zweifelsfrei ergibt – und zudem auch aus Rechtsschutzüberlegungen heraus geboten ist –, durch Bescheid zu veranlassen.

 

* Im vorliegenden Fall wurden von den Aufsichtsorganen – allseits unbestritten – keine Anordnungen getroffen, die die Durchführung der Kontrolle als solche betrafen und denen die Bf. daher i.S.d. § 38 Abs. 2 zweiter Satz LMSVG unverzüglich Folge zu leisten gehabt hätte. Vielmehr wurden konkrete Zustandsmängel festgestellt, hinsichtlich der das Kontrollorgan entweder selbst gemäß § 35 Abs. 7 LMSVG vorgehen hätte können oder – wie es schließlich auch geschehen ist – bei der Behörde eine Anzeige erstatten konnte, wobei die unter einem festgelegte Mängelbehebungsfrist aus rechtlicher Sicht lediglich als eine Anregung für die Vorschreibung einer entsprechenden bescheidmäßigen Leistungsfrist zu qualifizieren ist. Schließlich hätte dann, wenn die Bf. einem solchen – rechtskräftigen – Bescheid nicht zeitgerecht entsprochen hätte, ein Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 90 Abs. 4 Z. 3 LMSVG durchgeführt werden können.

 

* Diese dem LMSVG zu Grunde liegenden, wechselseitig zu trennenden Verfahrensstrukturen wurden im gegenständlichen Fall – in dem unstrittig einerseits das Aufsichtsorgan weder nach § 35 Abs. 7 LMSVG noch gemäß § 39 Abs. 2 erster Satz LMSVG gehandelt noch andererseits die Bf. die festgestellten Mängel i.S.d. § 39 Abs. 2 LMSVG sofort an Ort und Stelle behoben hat – in unzulässiger Weise dadurch vermischt, dass die Bf. nicht wegen einer unterlassenen, zuvor bescheidmäßig vorgeschriebenen Mängelbehebung i.S.d. § 90 Abs. 4 Z. 3 i.V.m. § 39 LMSVG, sondern wegen der Nichtbefolgung einer die Durchführung der Kontrolle selbst betreffenden Anordnung des Aufsichtsorganes nach § 90 Abs. 4 Z. 2 LMSVG i.V.m. § 38 Abs. 2 zweiter Satz LMSVG bestraft wurde, eine solche jedoch hier zweifelsfrei nicht ergangen ist.