LVwG-601470/7/Bi/CG

Linz, 08.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin         Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn B P, vertreten durch RAe N, vom 25. Mai 2016 gegen das Straferkenntnis des Landespolizeidirektors von vom 28. April 2016, VStV/916300549713/2016, wegen Übertretung des KFG 1967,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren.

 

 

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 102 Abs.1 iVm 4 Abs.2 KFG 1967 eine Geldstrafe von 100 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und 2 Stunden verhängt sowie ihm gemäß § 64 Abs.1 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt. Zugrundegelegt wurde laut Schuldspruch, er habe als Lenker des Kfz x dieses Kfz in Betrieb genommen, ohne sich vorher – obwohl ihm dies zumutbar gewesen wäre – überzeugt zu haben, dass das von ihm zu lenkende Kfz und dessen Beladung den hierfür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht, weshalb bei der am 29. März 2016 um 13.45 Uhr in Losenstein, B115 bei Strkm 42,35, FR Weyer, Höhe Parkplatz, durchgeführte Fahrzeugkontrolle festgestellt worden sei, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des Lkw maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des KFG entsprochen hätten, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssten, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßiger Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen.

 

2. Dagegen hat der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungs­gericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich gemäß § 44 Abs.2 VwGVG.

 

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, für den Laien erkennbare Durchrostungen seien nicht vorhanden gewesen. Die vorhandene Roststelle sei für den Laien lediglich als Schönheitsfehler erkennbar gewesen. Hier liege offenbar eine Bewertungsfrage vor, die je nach angewendetem Beurteilungs­rahmen ausgelegt werden könne. Ihm könne aber als technischem Laien nicht vorgeworfen werden, dass er über die Relevanz des Mangels für die Verkehrs- und Betriebssicherheit entscheide, wenn schon zwischen Fachleuten keine Einigkeit bestehe. Der Mangel sei nicht offenkundig gewesen, weshalb die Strafe zu Unrecht verhängt worden sei. Beantragt wird der namhaft zu machende Vertreter der § 547a KFG-Prüfstelle als SV-Zeuge und seine Einvernahme. Weiters wäre aufgrund des geringen Verschuldensgrades mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden worden. Eine Ermahnung würde aufgrund der speziellen Fallkonstellation - er dürfe sich grundsätzlich auf die § 57a KFG-Überprüfung verlassen, die täglich bei seinem Dienstgeber im Schulbusverkehr eingesetzten Fahrzeuge würden anstandslos instand gehalten, derartige Grenzfälle eines beanstandungswürdigen Mangels könnten auch bei hohem Sorgfaltsgrad vorkommen – jedenfalls ausreichen, um ihn davon abzuhalten, derartige Verstöße in Zukunft zu begehen. Der Vorfall sei als Warnung geeignet, einen noch höheren Sorgfaltsgrad bei der Überprüfung der Fahrzeuge an den Tag zu legen, auch ohne Bestrafung. Beantragt wird die Aufhebung des Bescheides und Verfahrenseinstellung, in eventu Strafmilderung bzw mit einer Ermahnung vorzugehen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde. Dem Bf wurde das im Akt befindliche Gutachten des bei der Fahrzeugkontrolle am 29. März 2016 anwesend gewesenen kfz-technischen Amtssachverständigen Ing. H G, Amt der OÖ. Landesregierung, Direktion Straßenbau und Verkehr, Abt. Verkehr, vom     4. Juli 2016, Verk-210000/5409-2016-Gil, zur Kenntnis gebracht, worauf dieser mit Stellungnahme vom 31. Oktober 2016 erneut Verfahrenseinstellung beantragt hat.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Am 29. März 2016 um 13.45 Uhr erfolgte im Ortsgebiet Losenstein auf der B115 beim Parkplatz bei km 42,350 eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle des Pkw x, zugelassen auf die M KG, S in S, durch Beamte der LVA OÖ. Der dabei anwesende technische AmtsSV Ing G stellte fest, dass beim Pkw, einem Mercedes-Sprinter, das linke Abblendlicht und die 3. Bremsleuchte und das Bremslicht rechts ausgefallen waren und die linke Hecktür mehrfach durchgerostet war. Dieser Mangel wurde laut Protokoll über die Teiluntersuchung gemäß § 58 KFG 1967 als „schwer“ mit der Bemerkung „Verantwortungsbereich des Zulassungsbesitzers und erkennbar für den Lenker linke Hecktür mehrfach durchgerostet“ bezeichnet und Fotos wurden angefertigt.

Laut Anzeige war der Mangel zwar für den Lenker erkennbar, der technische Zustand stellte aber keine Gefährdung der Verkehrssicherheit dar.

 

Im Gutachten vom 4. Juli 2016, Verk-210000/5409-2016-Gil, führte der AmtsSV unter Hinweis auf einzelne Fotos aus, das rechte untere Eck der linken Hecktür sei bereits so weit durchgerostet gewesen, dass ein Teil des Bleches gefehlt und die Tür in diesem Bereich bereits scharfkantig gewesen sei. Am Fahrzeugheck seien mehrere Roststellen gewesen. Am unteren Eck der Heckscheibe der linken Hecktür sei bei der Scheibenverklebung das Blech durchgerostet und die rechte Kennzeichenleuchte sei wegen Rostschäden bereits teilweise aus der Verankerung gehangen. Einem Laien seien so weit fortgeschrittene Roststellen bzw Durchrostungen als solche erkennbar.

 

Der Bf wendet in der Stellungnahme vom 31. Oktober 2016 ein, aus der lediglich festgestellten Durchrostung ergebe sich kein strafbarer Tatbestand. Das Verfahren gegen den Zulassungsbesitzer sei im Übrigen eingestellt worden. Er habe von der § 57a-Begutachtungs-Werkstätte die Auskunft erhalten, es handle sich nicht um eine Durchrostung, sondern nur um einen leichten Mangel, weshalb kein Verschulden gegeben sei.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf ein Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen. 

Gemäß § 4 Abs.2 KFG müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzlichen Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutz­vorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein.

 

Gemäß § 10 Abs.2 Z3 Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung (PBStV) bedeutet der Begriff "schwerer Mangel" einen solchen, der die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges beeinträchtigt oder übermäßigen Lärm, Rauch, üblen Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursacht. Diese Fahrzeuge weisen nicht die Voraussetzung zur Erlangung einer Begutachtungsplakette gemäß § 57a Abs.5 KFG 1967 bzw der Bestätigung gemäß § 57 Abs.6 KFG 1967 auf. Bei Fahrzeugen mit schweren Mängeln ist der Fahrzeuglenker oder Zulassungsbesitzer darauf hinzuweisen, dass das Fahrzeug auf Grund des festgestellten Mangels nicht verkehrs- und betriebssicher ist und diese Mängel bei der nächsten in Betracht kommenden Werkstätte behoben werden müssen.

 

Ein Mangel mit Gefahr im Verzug im Sinne des § 10 Abs.2 Z4 PBStV lag nicht vor – darunter sind solche Mängel zu verstehen, die zu einer direkten und unmittelbaren Gefährdung der Verkehrssicherheit führen oder mit denen eine unzumutbare Belästigung durch Lärm, Rauch, üblem Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursacht werden. Der Lenker des Fahrzeuges ist darauf hinzuweisen, dass das Fahrzeug auf Grund des festgestellten Mangels nicht verkehrs- und betriebssicher ist und eine weitere Verwendung des Fahrzeuges eine direkte und unmittelbare Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt. Solche Mängel sind umgehend zu beheben. Wird ein solcher Mangel im Zuge einer Prüfung an Ort und Stelle gemäß § 58 KFG 1967 festgestellt, so sind im Sinne des § 58 Abs.2 letzter Satz KFG 1967 Zulassungsschein und Kennzeichentafeln abzunehmen.

 

Das bloße Vorhandensein von Roststellen am Fahrzeug oder sogar Durchrostungen (Löcher) an sich stellen keinen Straftatbestand nach dem KFG dar, wenn davon keinerlei Gefahren im Sinne des § 4 Abs.2 KFG ausgehen. Erst bei Eintreten dieser bestimmten Gefahrenlage für Personen oder Sachen oder die Umwelt kann ein Verstoß im Sinne der genannten Bestimmungen vorliegen. Der gegen den Bf erhobene Tatvorwurf besteht lediglich in der Anlastung des Bestehens mehrfacher Durchrostungen an der linken hinteren Tür. Dass damit ein schwerer Mangel im Sinne der Anlage 6 Punkt 6.2.4. der PBSTV vorliegt, der die Möglichkeit der Erlangung einer Begutachtungsplakette in Frage stellt, reicht für ein Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs.2 KFG nicht aus.

 

Schon aus der Anzeige geht eindeutig und unmissverständlich hervor, dass der vom technischen AmtsSV festgestellte technische Zustand des Kraftfahrzeuges keine Gefährdung der Verkehrssicherheit dargestellt hat. Eine solche Gefährdung, die dem Bf in der Tatanlastung konkret umschrieben vorzuwerfen wäre, wäre zB bei einer Beeinträchtigung der Schließfunktion der Hecktür gegeben. Davon war aber nie die Rede.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 2. Alt. VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet.

Damit war spruchgemäß zu entscheiden, naturgemäß unter Entfall von Verfahrenskostenbeiträgen. 

 

 

Zu II.:

 

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren.

 

 

Zu III.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger