LVwG-601425/6/ZO/LR

Linz, 03.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des Herrn H S, geb. 1969, vom 21.03.2016 gegen Punkt 2 des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Ried im Innkreis vom 01.03.2016, GZ: VerkR96-9373-2015, wegen einer Übertretung des GGBG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.10.2016,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Die Beschwerde wird im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der festgestellte Mangel in die Gefahrenkategorie II. einzuordnen ist.

 

II.      Bezüglich der Strafhöhe wird der Beschwerde teilweise stattgegeben; die Geldstrafe wird auf 110 Euro herabgesetzt, die Ersatzfreiheitsstrafe bleibt mit 15 Stunden gleich.

Die angewendete Strafnorm wird auf § 37 Abs. 2 Z 8 lit.b GGBG geändert.

 

III.   Die behördlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 11 Euro, für   das Beschwerdeverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

IV.     Gegen diese Entscheidung ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I. und II.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis (im Folgenden: belangte Behörde) hat dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) in Punkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses Folgendes vorgeworfen:

Anlässlich einer Kontrolle am 16.10.2015 um 22:34 Uhr auf der A8 bei km 56,900 (Parkplatz) sei festgestellt worden, dass der Lenker der Beförderungseinheit, Sattelzugfahrzeug x, Sattelanhänger x, Herr B B, folgendes Gefahrgut transportiert habe:

UN 2491 ETHANOLAMIN 8, III, (E) 36 Metallfässer, 8.028 kg.

Er habe als Beförderer die Beförderung des gefährlichen Gutes durchgeführt und es unterlassen, sich im Rahmen des § 7 Abs. 1 GGBG zu vergewissern, dass alle im ADR vorgeschriebenen Informationen zu den beförderten Gütern vom Absender vor der Beförderung zur Verfügung gestellt wurden, dass die vorgeschriebenen Unterlagen in der Beförderungseinheit mitgeführt werden oder, wenn anstelle der Papierdokumentation Arbeitsverfahren der elektronischen Datenverarbeitung oder des elektronischen Datenaustausches verwendet werden, die Daten während der Beförderung in einer Art verfügbar sind, die der Papierdokumentation zumindest gleichwertig ist. Das erforderliche Beförderungspapier sei nicht ordnungsgemäß mitgeführt worden. Im Beförderungspapier sei die UN-Nummer nicht angeführt gewesen. Sowohl im mitgeführten CMR-Papier als auch im mitgeführten Lieferschein der Fa. H GmbH & Co KG fehle die UN-Nummer 2491, mit den Buchstaben „UN“ vorangestellt. Andere Papiere bzw. weitere Papiere seien nicht mitgeführt und vorgewiesen worden.

 

Der festgestellte Mangel sei unter Berücksichtigung der Umstände der Beförderung in die Gefahrenkategorie I. einzuordnen.

 

Diese Verwaltungsübertretung habe der Bf als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H S L GmbH mit Sitz in  F, gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

Der Bf habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 13 Abs. 1a Z 2 Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG), BGBl. I Nr. 145/1998 in der geltenden Fassung iVm Abs. 5.4.1.1.1 lit.a ADR und Abs. 1.4.2.2.1 lit.b ADR begangen. Wegen dieser Übertretung wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 750 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Stunden) gemäß § 37 Abs. 2 Z 8 lit.a GGBG verhängt. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 75 Euro (bezüglich dieser Übertretung) verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte der Bf zusammengefasst geltend, dass er als Beförderer im gegenständlichen Fall auf die ihm von anderen Beteiligten zur Verfügung gestellten Informationen und Daten vertrauen dürfe. Er ersuche daher, die Geldstrafe zu reduzieren.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde ohne Beschwerde-vorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich dessen Zuständigkeit, wobei es durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter entscheidet.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.10.2016. An dieser hat ein Vertreter des Beschwerdeführers teilgenommen, die belangte Behörde war entschuldigt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Bf ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der H S L GmbH. Diese war Beförderer des im Spruch angeführten Gefahrgutes mit dem Sattelkraftfahrzeug x, x, wobei bei der Kontrolle am 16.10.2015 um 22:34 Uhr festgestellt wurde, dass kein vollständig ausgefülltes Beförderungspapier mitgeführt wurde. Der Lenker (B B) konnte bei der Kontrolle lediglich einen CMR-Frachtbrief mit folgenden (bezüglich des Gefahrgutes relevanten) Angaben vorweisen: 36 Metall-Fass / 216 Liter Gef 8 Grp III (E), Bruttogewicht 8.028 kg. In dem ebenfalls mitgeführten Lieferschein der H GmbH & Co KG ist das Gefahrgut wie folgt beschrieben: Monoethanolamin 8, VG III, (E) 36 Metall-Fass, 216 Liter, Bruttogewicht 8.028 kg. In beiden Dokumenten fehlt die UN-Nummer 2491 mit den vorangestellten Buchstaben „UN“.

 

In der mündlichen Verhandlung erläuterte der Vertreter des Bf, dass in dem Lieferschein, welcher in der Disposition der S L GmbH eingegangen ist und diesem Transportauftrag zu Grunde liegt, alle für das Beförderungspapier vorgeschriebenen Angaben, insbesondere auch die UN- Nummer „UN 2491“ enthalten waren. Von der Disposition wurde der Transportauftrag an den Lenker B B weitergeleitet, welcher bei der Beladung den bei der Kontrolle vorgewiesenen Lieferschein erhalten und den CMR-Frachtbrief selbst ausgefüllt hatte.

 

Der Vertreter des Bf erläuterte, dass aufgrund des in der Disposition vorliegenden, vollständig ausgefüllten Lieferscheines kein Grund bestanden habe, den Lenker bezüglich des Beförderungspapieres besonders zu überwachen. Der Lenker habe auch ein Fahrerhandbuch der H S L GmbH mitgeführt, in welchem das Beförderungspapier erörtert und Beispiele für ein richtig ausgefülltes Beförderungspapier enthalten sind.

 

Bezüglich der Einstufung in die richtige Gefahrenkategorie machte der Vertreter des Bf geltend, dass aufgrund des beim Transport mitgeführten CMR-Frachtbriefes und des Lieferscheines klar war, welche Menge an Gefahrgütern befördert wurde und um welche Gefahrgüter es sich gehandelt hat. Auch die Verpackungsgruppe III sowie die Nummer des Gefahrzettels 8 war angegeben, weshalb die Polizeibeamten vor Ort bzw. bei einem Verkehrsunfall die Einsatzkräfte die vom Gefahrgut tatsächlich ausgehenden Gefahren gut hätten einschätzen können.

 

5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 13 Abs. 1a Z 2 GGBG hat sich der Beförderer im Rahmen des § 7 Abs. 1 zu vergewissern, dass alle im ADR vorgeschriebenen Informationen zu den zu befördernden Gütern vom Absender vor der Beförderung zur Verfügung gestellt werden, dass die vorgeschriebenen Unterlagen in der Beförderungseinheit mitgeführt werden oder, wenn anstelle der Papierdokumentation Arbeitsverfahren der elektronischen Datenverarbeitung oder des elektronischen Datenaustausches verwendet werden, die Daten während der Beförderung in einer Art verfügbar sind, die der Papierdokumentation zumindest gleichwertig ist;

dies ist gegebenenfalls anhand der Beförderungsdokumente und der Begleitpapiere durch eine Sichtprüfung des Fahrzeuges oder des Containers und gegebenenfalls der Ladung durchzuführen. Der Beförderer kann jedoch in den Fällen der Z 1, 2, 5 und 6 auf die ihm von anderen Beteiligten zur Verfügung gestellten Informationen und Daten vertrauen.

 

Gemäß Abs. 5.4.1.1.1 ADR muss das oder die Beförderungspapiere für jeden zur Beförderung aufgegebenen Stoff oder Gegenstand folgende Angaben enthalten:

a)    die UN-Nummer, der die Buchstaben „UN“ vorangestellt sind;

b)    die gemäß Abschnitt 3.1.2 bestimmte offizielle Benennung für die Beförderung, sofern zutreffend (siehe Abs.3.1.2.8.1), ergänzt durch die technische Benennung in Klammern (siehe Abs.3.1.2.8.1.1);

c)    für Stoffe und Gegenstände der übrigen Klassen: die in Kapitel 3.2 Tabelle A Spalte 5 angegebenen oder nach einer Sondervorschrift gemäß Spalte 6 anwendbaren Nummern der Gefahrzettelmuster. Wenn mehrere Nummern der Gefahrzettelmuster angegeben sind, sind die Nummern nach der ersten Nummer in Klammern anzugeben. Bei Stoffen und Gegenständen, für die in Kapitel 3.2 Tabelle A Spalte 5 keine Nummern der Gefahrzettelmuster angegeben sind, ist anstelle dessen die Klasse gemäß Spalte 3a anzugeben;

d)    gegebenenfalls die dem Stoff zugeordnete Verpackungsgruppe der die Buchstaben „VG“ oder die Initialen vorangestellt werden dürfen, die dem Ausdruck „Verpackungsgruppe“ in dem gemäß Abs.5.4.1.4.1 verwendeten Sprachen entsprechen;

e)    soweit anwendbar, die Anzahl und Beschreibung der Versandstücke; UN-Verpackungscodes dürfen nur als Ergänzung zur Beschreibung der Art der Versandstücke angegeben werden;

f)     die Gesamtmenge  jedes gefährlichen Gutes mit unterschiedlicher UN-Nummer, unterschiedlicher offizieller Benennung für die Beförderung oder unterschiedlicher Verpackungsgruppen (als Volumen bzw. als Brutto- oder Nettomasse);

g)    den Namen und die Anschrift des Absender;

h)    den Namen und die Anschrift des Empfängers (der Empfänger). Wenn gefährliche Güter für die Lieferung an mehrere Empfänger befördert werden, die am Anfang der Beförderung nicht festgestellt werden können, darf mit Zustimmung der von der Beförderung berührten Staaten stattdessen der Ausdruck "Verkauf bei Lieferung" angegeben werden;

eine Erklärung entsprechend den Vorschriften einer Sondervereinbarung;

Die Stelle und die Reihenfolge der Angaben, die im Beförderungspapier erscheinen müssen, dürfen frei gewählt werden; a), b), c) und d) müssen in der Reihenfolge wie oben angegeben ohne eingeschobene weitere Angaben mit Ausnahme der im ADR vorgesehenen angeben werden.

Gemäß  Unterabschnitt 8.1.2.1 müssen außer den nach anderen Vorschriften erforderlichen Papieren folgende Papiere in der Beförderungseinheit mitgeführt werden:

a)    die nach Abschnitt 5.4.1 vorgeschriebenen Beförderungspapiere für alle beförderten gefährlichen Stoffe und gegebenenfalls das Container- oder Fahrzeugpackzertifikat nach Abschnitt 5.4.2;

b)    die in Abschnitt 5.4.3 vorgeschriebenen schriftlichen Weisungen für alle beförderten gefährlichen Güter;

c)    (bleibt offen);

d)    ein Lichtbildausweis gemäß Unterabschnitt 1.10.1.4 für jedes Mitglied der Fahrzeugbesatzung.

 

5.2. Bei der Kontrolle hat der Lenker nur ein Beförderungspapier mitgeführt, bei welchem die UN-Nummer, der die Buchstaben „UN“ vorangestellt waren, gefehlt haben. Das Beförderungspapier hat daher dem Abs. 5.4.1.1.1. lit.a ADR nicht entsprochen, weshalb bei der Kontrolle kein „vorgeschriebenes“ Beförderungspapier sondern lediglich ein Unvollständiges mitgeführt wurde. Der Beförderer hat sich diesbezüglich auch nicht vergewissert, sondern sich auf die ihm vom Auftraggeber des Transportes übermittelten Daten, nämlich den Lieferschein der GB-Chemie, auf welchem alle für das Beförderungspapier relevanten Daten, insbesondere auch die UN-Nummer, enthalten waren, verlassen. Es kommt jedoch gemäß § 13 Abs. 1a Z 2 GGBG nicht darauf an, welche Unterlagen in der Disposition des Beförderers aufscheinen, sondern darauf, welche während der Beförderung mitgeführt werden. Dabei handelt es sich einerseits um den CMR-Frachtbrief, welchen der beim Beförderer beschäftigte Lenker, also eine ihm unmittelbar zurechenbare Person, selbst ausgefüllt hat sowie andererseits um den Lieferschein der H GmbH & Co KG. Auf diesen Unterlagen, welche bei der Beförderung mitgeführt wurden, fehlt die UN-Nummer.

 

Der in § 13 Abs. 1a letzter Satz angeführte „Vertrauensschutz“ ist so zu verstehen, dass sich der Beförderer darauf verlassen darf, dass jene Informationen über das Gefahrgut, welche er von anderen am Transport Beteiligten erhält, grundsätzlich richtig sind. Dies betrifft insbesondere die Zuordnung eines bestimmten Produktes zu einem bestimmten Gefahrgut, die richtige Benennung und die Angabe der richtigen UN-Nummer. Eine Überprüfung dieser Angaben ist dem Beförderer in der Regel nicht zumutbar.

 

Wenn jedoch auf dem Beförderungspapier bestimmte Angaben zur Gänze fehlen oder diese augenscheinlich unrichtig sind (wenn z.B. zwei Kanister transportiert werden, auf dem Beförderungspapier aber nur 1 Kanister aufscheint), so darf der Beförderer nicht auf solche offensichtlich falsche Angaben vertrauen. Würde man den „Vertrauensschutz“ des letzten Satzes des § 13 Abs. 1a GGBG auch auf solche Fälle ausdehnen, so wäre die Pflicht des Beförderers, sich zu vergewissern, dass alle im ADR vorgeschriebenen Informationen zur Verfügung gestellt wurden (§ 13 Abs. 1a Z. 2 GGBG), weitgehend sinnentleert. Der Beförderer müsste dann nur noch prüfen, dass ihm irgendein Beförderungspapier – unabhängig von dessen Inhalt – übergeben wird. Diese Bestimmung ist daher nach hs. Ansicht so auszulegen, dass der Beförderer auf offensichtlich unrichtige Angaben nicht vertrauen darf. Im konkreten Fall wurde die UN-Nummer auf den für die Beförderung relevanten Dokumenten dem Beförderer gar nicht zur Verfügung gestellt. Die Ausnahmeregel des § 13 Abs. 1a letzter Satz gegen GGBG (Vertrauen auf zur Verfügung gestellte Informationen) kann daher nicht angewendet werden. Der Beschwerdeführer hat daher die ihm vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

5.3. Der Umstand, dass an die Disposition des Bf ein Lieferschein der x-Chemie GmbH mit den erforderlichen Unterlagen übermittelt wurde, ist hingegen bei der Prüfung seines Verschuldens zu beurteilen. Gerade der gegenständliche Fall zeigt, dass es keinesfalls ungewöhnlich ist, dass die an die Disposition versendeten Unterlagen nicht mit jenen übereinstimmen, welche an den Lenker gesendet werden. Dies ist insbesondere in Fällen wie diesen, in welchen die Unterlagen an die Disposition und den Fahrer von verschiedenen Unternehmen bzw. verschiedenen am Gefahrgutstransport Beteiligten übermittelt werden auch nicht überraschend. Aus dem bloßen Umstand, dass im Lieferschein der x-Chemie GmbH alle Angaben enthalten sind, ergibt sich keinesfalls zwingend, dass auch in dem von der H GmbH & Co KG ausgefüllten Lieferschein dieselben Angaben vollständig angeführt sind. Da auch die Disposition des Bf jenen Lieferschein mit den vollständigen Unterlagen nicht an den Lenker weitergeleitet hat sondern sich auf den von einem anderen Unternehmen direkt an den Lenker ausgegebenen Lieferschein verlassen hat, trifft den Beförderer daran auch ein Verschulden.

 

Der Bf durfte sich auch nicht darauf verlassen, dass der als Gefahrgutlenker ausgebildete Lenker das Fehlen der UN-Nummer bemerken würde. Entsprechend dem von ihm selbst vorgelegten Fahrerhandbuch hätte der Lenker diesen Mangel zwar bemerken können, der Bf hat aber darüber hinaus keine Maßnahmen geltend gemacht, aufgrund derer er darauf hätte vertrauen dürfen, dass dem Lenker dieser Fehler auffällt. Ein ausreichendes Kontrollsystem wurde nicht dargelegt. Insgesamt ist dem Bf daher fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.

 

5.4. Gemäß § 37 Abs.2 Z8 GGBG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 13 Abs.1a, § 23 Abs.2 oder § 25 Abs.1 oder § 32 Abs. 1,3 oder 4 befördert, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, und ist,

a) wenn gemäß  den Kriterien des §15a in Gefahrenkategorie I einzustufen ist, mit einer Geldstrafe von 750 Euro bis 50.000 Euro,  oder

b) wenn gemäß den Kriterien des § 15a in Gefahrenkategorie II einzustufen ist, mit einer Geldstrafe von 110 Euro bis 4.000 Euro oder

c) wenn gemäß den Kriterien des § 15 a in Gefahrenkategorie III einzustufen ist, mit einer Geldstrafe bis 80 Euro,

im Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe zu bestrafen, die bei Geldstrafen gemäß lit. a oder b bis zu sechs Wochen betragen kann. Geldstrafen gemäß lit. c können auch durch Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG eingehoben werden.

 

Der gesetzliche Strafrahmen ist daher davon abhängig, in welche Gefahrenkategorie der gegenständliche Mangel fällt. § 15a Abs. 2 bis 4 lauten:

„(2) In Gefahrenkategorie I ist einzustufen, wenn der Mangel geeignet sein könnte, eine große Gefahr des Todes oder der schweren Verletzung von Personen oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt herbeizuführen.

(3) In Gefahrenkategorie II ist einzustufen, wenn der Mangel geeignet sein könnte, eine Gefahr der schweren Verletzung von Personen oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt herbeizuführen und nicht in Gefahrenkategorie I einzustufen ist.

(4) In Gefahrenkategorie III ist einzustufen, wenn der Mangel mit geringer Gefahr hinsichtlich Verletzung von Personen oder Schädigung der Umwelt verbunden und nicht in Gefahrenkategorie I oder II einzustufen ist.“

 

Entsprechend dem Mängelkatalog zu § 15a GGBG ist das Fehlen der UN-Nummer in die Gefahrenkategorie I einzustufen. Dazu ist allerdings anzumerken, dass dieser Mängelkatalog laut seinem Vorwort in erster Linie für die Maßnahmen im Zuge einer Kontrolle erstellt worden ist und die Einstufung eines Mangels in allfälligen Strafverfahren nicht ungeprüft übernommen werden darf. Im gegenständlichen Fall hat in den mitgeführten Unterlagen (konkret im Beförderungspapier) die Angabe der UN-Nummer gefehlt, diese konnten erst durch eine Sichtprüfung der Ladung festgestellt werden. Die Verpackungsgruppe sowie die Nummer des Gefahrzettels waren auf dem Beförderungspapier jedoch vorhanden. Die Einschätzung der von den Gefahrgütern ausgehenden Gefahren hätte anhand dieser Unterlagen in einem Einsatzfall von entsprechend ausgebildeten Einsatzkräften auch ohne Kenntnis der UN-Nummer zumindest in groben Umrissen erkannt werden können, weshalb der Mangel nach hs. Ansicht nicht geeignet war, eine große Gefahr des Todes oder der schweren Verletzung von Personen oder einer erheblichen Schädigung der Umwelt herbeizuführen. Die vollständigen Informationen über das Gefahrgut, also auch die UN-Nummer, hätten die Einsatzkräfte jedoch nur durch eine Sichtprüfung der Ladung erlangen können, weshalb eine Gefahr der schweren Verletzung von Personen im Sinne des § 15a Abs. 3 GGBG  nicht ausgeschlossen werden konnte. Der Mangel ist daher in die Gefahrenkategorie II einzustufen. Der gesetzliche Strafrahmen liegt daher zwischen 110 und 4.000 Euro (Ersatzfreiheitstrafe bis zu sechs Wochen).

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Im gegenständlichen Fall kann als strafmildernd berücksichtigt werden, dass es zu der Übertretung nur aufgrund der Übermittlung unterschiedlicher Lieferscheine an die Disposition bzw. den Fahrer gekommen ist und dieser Fehler mangels firmeninterner Kontrollen nicht aufgefallen ist. Dem Bf ist lediglich fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Als strafmildernd ist weiters die bisherige Unbescholtenheit des Bf zu berücksichtigen, sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen nicht vor.

 

Die Behörde hat sich – ausgehend von der Einstufung in die Gefahrenkategorie I – mit der gesetzlichen Mindeststrafe begnügt. Auch bei Einstufung des Mangels in die Gefahrenkategorie II besteht kein Grund, die gesetzliche Mindeststrafe zu überschreiten. Die Geldstrafe konnte daher auf 110 Euro herabgesetzt werden. Diese entspricht auch den finanziellen Verhältnissen des Bf, wobei mangels anderslautender Angaben die behördliche Einschätzung (monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro) bei Sorgepflichten für zwei Kinder zu Grunde gelegt wird. Eine Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe kommt jedoch nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber auch bei der in § 37 Abs. 2 lit.b vorgesehenen Höchststrafe von 4.000 Euro eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen vorgesehen hat. Die Geldstrafe von 110 Euro entspricht bei diesem Verhältnis einer Ersatzfreiheitsstrafe von jedenfalls mehr als 15 Stunden, wobei jedoch ein Hinaufsetzen der von der Behörde verhängten Ersatzfreiheitsstrafe wegen des Verbotes der reformatio in peius nicht zulässig war.

 

 

Zu III.

Die Entscheidung über die Kosten ist in § 64 VStG sowie § 52 VwGVG begründet.

 

 

Zu IV. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, weil es zur Rechtsfrage des § 13 Abs. 1a letzter Satz GGBG, in wie weit der Beförderer auf fehlende Informationen des Beförderungspapieres vertrauen darf bzw. wie weit er die Angaben auf diesem überprüfen muss – soweit ersichtlich - keine Rechtsprechung des VwGH gibt und dieser Frage über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Da sich ihre Beschwerde nur gegen Punkt 2 des Straferkenntnisses richtete, ist die in Punkt 1 verhängte Geldstrafe (110 Euro + 11 Euro Verfahrenskosten) bereits rechtskräftig.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gottfried Zöbl