LVwG-650751/3/KOF/JW

Linz, 10.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn S L S,
geb. 1986, G, E, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. J P, S, M gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 18. Oktober 2016, GZ: BHBRVERK-2016-358358/9, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Anordnung einer Nachschulung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

 

I.

Der Beschwerde wird insofern stattgegeben, als die Dauer

der Entziehung der Lenkberechtigung auf sechs Monate

– vom 17. September 2016 bis einschließlich 17. März 2017 –

herab- bzw. festgesetzt wird.

Im Übrigen wird der behördliche Bescheid bestätigt.

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

-    die Lenkberechtigung für die Klassen AM, A1, A2, A, B, B+E, C1, C1+E, C, C+E und F sowie eine allfällig bestehende EWR- oder Nicht-EWR-Lenkberechtigung für die Dauer von sieben Monaten – vom 17. September 2016 bis einschließlich 17. April 2017 – entzogen  und 

-  verpflichtet, vor Ablauf der Entziehungsdauer eine Nachschulung zu absolvieren.

 

Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 13 Abs.2 VwGVG

die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bf innerhalb offener Frist

eine begründete Beschwerde erhoben und beantragt,

·      die Dauer der Entziehung der österreichischen Lenkberechtigung

auf fünf Monate herabzusetzen sowie

·      die Entziehung einer Nicht-EWR oder EWR-Lenkberechtigung aufzuheben,

da der Bf nicht im Besitz einer ausländischen Lenkberechtigung sei.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (mVh) ist nicht erforderlich, da der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bf mit Schreiben vom 10.11.2016 darauf verzichtet hat; VwGH vom 24.04.2014, 2013/09/0047 ua.

 

Der Bf lenkte am 17.09.2016 um 04.30 Uhr einen auf ihn zugelassenen, dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kastenwagen auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr.

Dabei verschuldete der Bf einen Verkehrsunfall mit Personenschaden –

der Bf selbst sowie der Beifahrer, Herr T. E. wurden dabei leicht verletzt;

weiters entstand Sachschaden.

 

Der Bf befand sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand – Atemluftalkoholgehalt (niedrigster Wert): 0,69 mg/l und hat dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1a StVO begangen.

 

Dieser entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde vom Bf in keinem Stadium des Verfahrens – insbesondere auch in der Beschwerde – nicht bestritten.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen,

für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs.3 leg.cit. angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch Trunkenheit gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand ein KFZ gelenkt und hiebei eine Übertretung

gemäß (§ 5 iVm) § 99 Abs.1a StVO begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B 1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.03.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108; vom 23.04.2002, 2000/11/0184; vom 22.02.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur ua.

 

 

Gemäß § 30 Abs.2 FSG ist dem Besitzer einer/eines (auch allfällig) bestehenden (VwGH vom 17.03.2005, 2005/11/0057 und vom 20.03.2012, 2012/11/0014) – ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder EWR-Führerscheines

(§ 1 Abs.4 FSG) welcher einen Wohnsitz (§ 5 Abs.1 Z.1 FSG) in Österreich hat,

die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 FSG zu entziehen.

 

Abgesehen davon ist/wäre der Bf durch die Entziehung einer nicht vorhandenen Berechtigung (hier: ausländischer Führerschein) nicht beschwert;

VwGH vom 29.01.2004, 2003/11/0256

 

Der Bf hat erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs.1a StVO begangen –

gemäß § 26 Abs.2 Z4 FSG ist die Lenkberechtigung auf die Dauer

von mindestens vier Monaten zu entziehen.

 

Da der Bf – wie dargelegt – einen Verkehrsunfall mit Personen- und Sachschaden verschuldet hat, ist eine entsprechend höhere Entziehungsdauer festzusetzen;

vgl. § 26 Abs.1 Z2 FSG

 

Bei Festsetzung der Entziehungsdauer ist zu berücksichtigen, dass

§  es auf die (Schwere der) Unfallfolgen nicht ankommt;

§  der Bf bislang unbescholten war bzw.

 erstmals ein derartiges Delikt begangen hat  und

§  jenes Verhalten, welches zum Unfall geführt hat,

 im Gegensatz zu seinem sonstigen Verhalten steht;  

VwGH v. 01.12.1992,  92/11/0155; v. 12.01.1993, 92/11/0044;  v. 15.03.1994, 93/11/0265; vom 21.05.1996, 95/11/0416; vom 11.07.2000, 2000/11/0092        vom 06.04.2006, 2005/11/0214 alle mit Judikaturhinweisen.

 

Zugunsten des Bf ist zu werten, dass dieser seit mehr als 10 Jahren im Besitz einer Lenkberechtigung ist und erstmals ein derartiges Delikt begangen hat.

 

Es ist daher gerechtfertigt und vertretbar, die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf sechs Monate – gerechnet ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheins (17.09.2016) – herab- bzw. festzusetzen.

 

Die Anordnung einer Nachschulung – welche vom Bf in der Beschwerde nicht bekämpft wurde – wurde gemäß § 24 Abs.3 FSG zu Recht vorgeschrieben.

 

 

 

 

 

 

Die Behörde kann iSd § 13 Abs.2 VwGVG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird;

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG                     (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen;

VwGH vom 1.10.1996, 96/11/0195 sowie die Beschlüsse des VfGH vom 21.10.2005, B 1282/05  und  des VwGH vom 6.10.2005, AW 2005/11/0053.

 

 

II.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag
der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim VfGH und/oder einer außerordentlichen Revision beim VwGH.

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler