LVwG-500189/12/Kü/TO

Linz, 21.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde von Herrn Dipl.-Ing. H H, X, W, vom 2. Dezember 2015 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8. Oktober 2015, GZ: UR96-6512-2015/Wb, betreffend Übertretung des Immissionsschutz­ge­setzes-Luft (IG-L) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhand­lung am 9. November 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8. Oktober 2015, GZ: UR96-6512-2015/Wb, wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) angelastet, am 29. April 2015 um 14:36 Uhr in der Gemeinde A, Autobahn AX bei km 159.800 in Fahrtrichtung W als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen X die gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich im Sanie­rungs­gebiet auf der AX X Autobahn erlaubte festgelegte Höchstgeschwin­digkeit von 100 km/h um
15 km/h überschritten zu haben. Wegen der dadurch begangenen Übertretung des § 30 IG-L iVm § 4 Abs. 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich, mit der eine immissionsabhängige Geschwindigkeits­beschrän­kung für die Teilstrecke der AX X Autobahn angeordnet wird, wurde von der Behörde jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Bf unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 iVm Abs. 1 letzter Satz Verwaltungs­strafgesetz (VStG) erteilt.

 

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass der Bf die Verwaltungs­übertretung in der Vermutung begangen habe, dass sich die Geschwindig­keitsbeschränkung des IG-L nicht an Lenker von Elektroautos richte. Zwar stelle dieser Umstand nach der für die Behörde maßgeblichen Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes keinen geeigneten Entlastungsbeweis in Form eines Rechtsirrtums dar, jedoch sei dieser Umstand hinsichtlich des Grades des Verschuldens zu werten. Da der Beschuldigte die Tat unter Umständen begangen habe, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kom­men, sei die Behörde zur Ansicht gelangt, dass das Verschulden als gering anzusehen sei, sodass mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden konnte.

Die Ermahnung erschiene geboten, um den Bf von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art zukünftig abzuhalten.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in der Folgendes (wortwörtlich wiedergegeben) vorgebracht wird:

 

„1. Zulässigkeit der Differenzierung gemäß IG-L im Hinblick auf Abgasklasse und Antriebs­art

 

In den §§ 10 und 14 IG-L sind die Grundlagen für den Erlass entsprechender Verord­nungen für Kraftfahrzeuge zugrunde gelegt. Die Verordnung zielt auf die Reduktion von Stickoxiden (NOx) ab, auf die sich die dort genannten Grenzwerte beziehen. Erfasst von der zu diesem Zweck verordneten Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h sind alle ‚PKW-ähnlichen Kraftfahrzeuge‘, Abs 2 leg cit. Die Verordnung differenziert nicht näher zwischen der Abgasklasse des Fahrzeugs bzw. dessen Antriebsart, obwohl diese von grundlegender Relevanz für den NOx-Ausstoß sind. Während beispielsweise ein Diese­l­fahrzeug der EURO-Klasse III 500 mg NOx/km ausstößt, sind es bei einem Diesel­fahrzeug der EURO-Klasse VI nur 80 mg. Die Werte von Benzinfahrzeugen liegen noch weiter darunter. Rein elektrisch betriebene Fahrzeuge wie der von mir gelenkte Pkw, emittieren überhaupt kein NOx.

Das IG-L ermächtigt gemäß § 14 Abs 1 in verfassungskonformer Weise (ua) zu Geschwindigkeitsbeschränkungen ‚für Kraftfahrzeuge (...) oder für bestimmte Gruppen von Kraftfahrzeugen‘, weswegen dem Verordnungsgeber eine Differenzierung nach der Antriebsart/Emissionsklasse sehr wohl möglich und aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes auch zwingend wäre. Es liegt demnach am Verordnungsgeber, bestimmte Gruppen von Kraftfahrzeugen festzusetzen und rechtskonform zu umschreiben. Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Wortlaut der Bestimmung eindeutig ist und keinerlei Anhaltspunkte für eine Auslegung dahingehend bestehen, wonach sich die Alternative des Abs 1 leg cit ‚bestimmte Gruppen von Fahrzeugen‘ bloß auf zeitliche oder räumliche Beschränkungen des Verkehrs bezieht. Auch aus Abs 2 letzter Satz leg cit kann nichts Gegenteiliges geschlussfolgert werden. Der Wortlaut, wonach von Geschwindigkeitsbe­schränkungen die dort genannten Einsatzfahrzeuge ausgenommen sind, besagt nur, dass diese in jedem Fall ausgenommen sind, lässt aber nicht den Umkehrschluss zu, dass solche vom Verordnungsgeber nur für bestimmte Gruppen von Kraftfahrzeugen festge­legt, und damit weitere Ausnahmen geschaffen werden. Es ist dem Verordnungsgeber überlassen, ob er im Hinblick auf das Ziel der Verordnung von vornherein nur bestimmte Fahrzeuggruppen erfasst, oder ob er eine generelle Geschwindigkeits­beschränkung erlässt, von der wiederum bestimmte Fahrzeuggruppen ausgenommen sind. Somit ist der Verordnungsgeber aufgrund § 14 Abs 1 IG-L ermächtigt, weitere Ausnahmen von Geschwin­digkeits­beschränkungen zu schaffen. So könnte der Verordnungsgeber z.B. auch eine oder mehrere der in § 14 Abs 2 Z 1 bis Z 8 genannten Fahrzeuggruppen von Geschwindigkeits­beschränkungen ausnehmen und damit im Ergebnis die Wirkung dieser im Gesetz in Bezug auf zeitliche und räumliche Verkehrsbeschränkungen genannten Ausnahmen auf Geschwindigkeitsbeschränkungen erstrecken.

 

Auch die Gesetzesmaterialien stützen das Ergebnis dieser Interpretation, da diese klar aussprechen, dass Geschwindigkeitsbeschränkungen generell verhängt werden können
- nicht aber müssen (Erläuterungen zur RV 608 BlgNR XX. GP, 38.). Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang auch die Materialien zur IG-L-Novelle 2010. Dort heißt es: ‚Es gibt keine ex-lege Ausnahmen von Geschwindigkeitsbeschrän­kungen für Fahrzeuge mit Alternativantrieb, da (.../‘ (Erläut. zur RV 782 BlgNR XXIV.
GP, 8). Damit wird nur erklärt, warum es diese nicht gibt, nicht aber, dass der jeweilige Verordnungsgeber weitere Ausnahmen expressis verbis festlegt. Um den Anforderungen des IG-L und vor allem auch des B-VG zu genügen, muss der Verordnungsgeber von der Ermächtigung nach § 14 IG-L und dem vom Gesetzgeber eingeräumten Spielraum Gebrauch machen und Geschwindigkeitsbeschränkungen entweder für alle Kraftfahrzeuge pauschal oder für bestimmte Fahrzeuggruppen erlassen. Welche einfachgesetzlichen Grundlagen das sind, ergibt sich aus § 14 IG-L iVm § 10 Abs 3 IG-L und § 9b IG-L. Angesprochen ist damit etwa das Verursacherprinzip. Wird jedoch, wie das bei der gegenständlichen Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich der Fall ist, im Hinblick auf den zu senkenden Luftschadstoff überhaupt nicht nach deren Beitrag zur Immissionsbelastung unterschieden, sondern diese vielmehr undifferenziert der Beschrän­kung unterworfen, so steht das dem klaren Wortlaut des § 9b Z 1 IG-L ent­gegen.

 

Wenn der Gesetzgeber in § 9b erster Satz IG-L ausführt, dass die in der Bestimmung folgenden Grundsätze ‚zu berücksichtigen‘ sind, bringt er damit zum Ausdruck, was sich ohnehin aus dem Gleichheitsgrundsatz bzw. Sachlichkeitsgebot des Art 7 Abs 1 B-VG ergibt. Demnach müssen im Hinblick auf die Regelung relevante Unterschiede im hinreichenden Maße berücksichtigt werden. So wäre es gleichheitsrechtlich unzulässig eine pauschale Maßnahmenverordnung für Kraftfahrzeuge nach dem IG-L zu erlassen, unabhängig davon ob die erfassten Fahrzeuge Luftschadstoffe emittieren oder nicht. Selbiges gilt für Fahrzeuge mit deutlich unterschiedlichem Emissionsverhalten. Freilich kann es im Einzelfall sachliche Gründe geben, die eine Gleichbehandlung dennoch recht­fertigen können.

 

Gemäß der Judikatur des VfGH zur Grundlagenforschung (auch nach dem IG-L:
VfSlg 17.059/2003) muss der Verordnungsgeber beim Erlass von Durchführungsverord­nungen die fachliche Entscheidungsgrundlage hinreichend seriös erarbeiten. Zusätzlich dazu treffen den Verordnungsgeber aber auch gewisse Überprüfungs- und Anpassungs­pflichten im Hinblick auf die Gesetzmäßigkeit einer Verordnung (vgl VfSlg 17.931/2004). Oftmals basieren die Grundlagen für den Erlass von Verordnungen auf Prognosen über die Auswirkungen der angeordneten Maßnahme. Hier ist der Verordnungsgeber ver­pflichtet in angemessenen Abständen zu überprüfen, ob und inwieweit die erstellten Prognosen zugetroffen haben (VfSlg 17.477/2005), um die Verordnung entsprechend anzupassen.

 

Neben der Antriebsart sind freilich die Emissionsklassen, die ja in der Rechtsordnung grundgelegt sind, ein wesentlicher Anknüpfungspunkt für eine sachliche Differenzierung durch den Verordnungsgeber. Exemplarisch sei an dieser Stelle der Vergleich des Stickoxidausstoßes zwischen einem Benzinfahrzeug der EURO-Klasse III und der EURO-Klasse VI aufgezeigt: Während ein Benzinfahrzeug der Klasse III max. 150 mg NOx pro Kilometer emittiert, sind es bei einem solchen nach EURO VI max. 60 mg/km. Die enorme Diskrepanz zwischen den Stickoxidemissionen zeigt, dass eine Gleichbehandlung dieser Fahrzeuge durch Geschwindigkeitsbeschränkungen nach dem IG-L aufgrund des NOx-Ausstoßes dem Sachlichkeitsgebot nicht hinreichend Rechnung tragen kann.

 

2.  Allfällige Argumente für eine Gleichbehandlung

 

Gründe die dennoch für eine Gleichbehandlung sprechen würden, sind nicht erkennbar. Insbesondere das Argument der Verkehrssicherheit, das für eine Gleichbehandlung sprechen könnte, überzeugt nicht, auch wenn der VfGH Entsprechendes bereits erkannt hat (VfSlg 19.498/2011). Hier ist in Erinnerung zu rufen, dass selbst der Gesetzgeber gemäß § 14 Abs 1 IG-L Geschwindigkeitsbeschränkungen ‚für Kraftfahrzeuge (...) oder für bestimmte Gruppen von Kraftfahrzeugen‘ vorgesehen hat. Zudem sind die Angele­genheiten Luftreinhaltung und Verkehrssicherheit schon kompetenzrechtlich strikt vonein­ander zu trennen. Letztlich ist hinzuzufügen, dass auch die Straßenverkehrs­ordnung 1960 differenzierende Fahrgeschwindigkeiten und Tempolimits für gleiche Straßentypen vorsieht, etwa durch die ‚freie Wahl der Geschwindigkeit‘ in § 20 leg cit. Dadurch zeigt sich, dass die StVO unterschiedliche Fahrgeschwindigkeiten als den Normalfall ansieht. Auch hingewiesen sei auf die Bestimmung des § 46 StVO, wonach Autobahnen nur mit Kraftfahrzeugen befahren werden dürfen, die eine Bauartgeschwin­digkeit von mind. 60 km/h aufweisen und mit denen diese Geschwindigkeit auch über­schritten werden darf. Das, obwohl die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen gemäß § 20 Abs 2 StVO im Regelfall 130 km/h beträgt - eine Differenz von 70 km/h. Zudem sieht die auf Grundlage des Kraftfahrgesetzes erlassene KDV in § 58 selbst eine Vielzahl an unterschiedlichen Höchstgeschwindigkeiten für unterschiedliche Fahrzeuge vor. Wenn somit der Gesetzgeber selbst Geschwindigkeitsunterschiede von bis zu
70 km/h als vertretbar ansieht, so erscheint es nicht nachvollziehbar, warum eine Differenz von z.B. 30 km/h wie im gegenständlichen Fall aus Verkehrssicherheitsgründen nicht zumutbar sein sollte. Gemäß dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung sind die Wertungen des Straßenpolizei- bzw. Kraftfahrrechts auch für das Luftreinhalterecht relevant.

Auch Überlegungen zur effektiven Kontrollmöglichkeit differenzierender Geschwindig­keits­regelungen rechtfertigen keine pauschale Einbeziehung aller Fahrzeugkategorien. Bei Anhaltungen kann der Sachverhalt ohnedies vor Ort geklärt werden. Bei Radar- oder Lasermessungen können die näheren Fahrzeugdetails durch eine Auswertung der Kontrolldokumentation ermittelt werden. Letztlich ist auch auf § 14a IG-L hinzuweisen, wonach durchaus Möglichkeiten bestehen, den Kontrollaufwand zu reduzieren. Auch die Kundmachung unterschiedlicher Höchstgeschwindigkeiten erscheint unproblematisch, siehe § 14 Abs 6 vierter Satz IG-L und § 54 Abs 5 lit k StVO. Verkehrssicherheits­bedenken kann überdies durch ein Tempolimit nach der StVO mittels telematischer Wechselverkehrszeichen leicht entsprochen werden.

 

Abschließend sei noch auf das Argument eingegangen, differenzierende Geschwindig­keits­beschränkungen könnten zu einem ‚ungleichmäßigen Geschwindigkeitsverlauf‘ führen, wodurch Geschwindigkeitsbeschränkungen ihren emissionsreduzierenden Effekt verlieren würden, so der VfGH (VfSlg 19.498/2011). Diese Einschätzung wurde bislang fachlich nicht untermauert (Vgl VfGH in VfSlg 19.498/2011) und liefert somit ebenfalls keine sachliche Rechtfertigung.

 

3. Rechts- und Verfassungswidrigkeit der Verordnung des Landeshauptmannes von

 

Aufgrund der mangelnden Unterscheidung der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich, mit der eine immissionsabhängige Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der AX X Autobahn gemäß §§ 10 und 14 IG-L angeordnet wird, verstößt diese gegen § 14 Abs 1 IG-L und ist daher mit dem Mangel der Rechtswidrigkeit behaftet. Aufgrund der mangelnden sachlichen Begründung bzw. nicht vorhandenen gleichheits­rechtlichen Berücksichtigung der abgasklassen- bzw. antriebsartbedingten Unterschiede im Hinblick auf die Luftreinhaltung liegt zudem ein Verstoß des verfas­sungsgesetzlich gewährleisteten Rechts nach Art 7 B-VG und Art 2 StGG vor (Gleich­heitsgrundsatz bzw. Sachlichkeitsgebot). Durch die Verfassungs- und Gesetzeswidrigkeit der für den Bescheid präjudiziellen Verordnung ist dieser rechtswidrig ergangen und daher ersatzlos aufzuheben.

Selbst durch die ausgesprochene Ermahnung bin ich insofern erschwert, als diese registriert ist und mir bei allfälligen zukünftigen Verstößen zum Nachteil gereicht wird, was bereits dem Bescheid entnommen werden kann.

 

4. Sollte das Gericht zu dem Ergebnis kommen, dass eine Rechtswidrigkeit der Ver­ord­nung nach § 14 Abs 1 IG-L nicht gegeben ist, so möge das Gericht gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG dennoch die Einstellung des Verfahrens verfügen. Wie von mir dargelegt, wurde durch mein Verhalten im Hinblick auf den Schutzzweck der Verordnung nicht in das geschützte Rechtsgut (Luftreinheit) eingegriffen. Im Hinblick auf mein Verschulden ist zu bedenken, dass ich von den Emissionseigenschaften meines Kfz wusste und daher nicht davon ausging, dass auch ich Adressat dieser Bestimmung wäre.

 

5. Die gegenständliche Verordnung des Landeshauptmannes von gemäß §§ 10 und 14 IG-L ist Teil der Rechtsgrundlage für den verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 08.10.2015. Wie dargelegt, hat der Verordnungsgeber nicht entsprechend seiner einfach- und verfassungsgesetzlichen Möglichkeiten und Pflichten im Hinblick auf den Schutzzweck der Bestimmungen agiert und dadurch gegen den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsgrundsatz bzw. das Sachlichkeitsgebot und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Durch die dadurch geübte Willkür hat die Behörde auch das Legalitätsprinzip nach Art 18 Abs 1 B-VG verletzt. Mangels Vorliegen der für die Verordnungserlassung notwendigen Voraussetzungen ist diese gesetz- und verfassungs­widrig ergangen. Es wird daher angeregt, die Bezug habende Verordnung dem Verfassungsgerichtshof zur Prüfung weiterzuleiten.“

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 30. Dezember 2015 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

4. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Akteneinsicht. Im Rahmen der Gewährung des Parteiengehörs wurde der Bf auf die Judikatur des Verfassungs­gerichtshofes und auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen. In seiner Stellungnahme vom 17. Juni 2016 wiederholte der Bf sein Beschwerdevorbringen.

Am 9. November 2016 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher der Bf teilgenommen hat, die belangte Behörde hat sich zur mündlichen Verhandlung entschuldigt.

 

4.1. Danach steht folgender Sachverhalt:

 

Der Bf hat als Lenker des auf ihn zugelassenen PKW’s Tesla - Modell S, mit dem Kennzeichen X, am 29. April 2015 um 14:36 Uhr in der Gemeinde A auf der AX X Autobahn bei km 159.800 in Fahrtrichtung W die in diesem Bereich mittels Verkehrsbeeinflussungsanlage durch Verkehrszeichen mit dem Zusatzhinweis „IG-L“ ausgewiesene Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h unter Berücksich­tigung der in Betracht kommenden Messtoleranz um 15 km/h über­schritten. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte durch ein stationäres Radar. Bei dem vom Bf gelenkten Fahrzeug handelt es sich um ein reines Elektrofahrzeug, welches beim Betrieb keine Luftschadstoffe emittiert.

 

4.2. Die zum Tatzeitpunkt durch Verkehrsbeeinflussungssystem kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h, die Lenkereigenschaft sowie die mit dem geeichten Messgerät gemessene Geschwindigkeit wurden vom Bf nicht bestritten und konnten daher in dieser Weise festgestellt werden.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Immissionsschutzgesetzes - Luft, (IG‑L), BGBl. I Nr. 115/1997 idF. BGBl. I Nr. 77/2010, lauten wie folgt:

 

Maßnahmen

 

Anordnung von Maßnahmen

 

§ 10. (1) Maßnahmen gemäß den §§ 13 bis 16 sind auf Grundlage des Programms gemäß § 9a vom Landeshauptmann oder Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, sofern dieser gemäß § 9a Abs. 7 zustän­dig ist, spätestens 24 Monate nach Ablauf des Jahres, in dem die Grenzwertüber­schreitung festgestellt oder die Überschreitung des AEI durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ausgewiesen wurde, mit Verord­nung anzuordnen. In der Verordnung ist das Sanierungsgebiet, in dem die jeweilige Maßnahme gilt, festzulegen. Weiters ist anzugeben, ob die Maßnahmen direkt wirken oder von der Behörde (§ 17) mit Bescheid anzuordnen sind. Es können auch über das Programm hinausgehende Maßnahmen angeordnet werden, sofern diese nicht dem Inhalt des Programms widersprechen und nicht unverhältnismäßig in bestehende Rechte ein­greifen.

 

(2) Für Zielwerte gemäß Anlage 5b und 5c gilt Abs. 1 sinngemäß.

 

(3) Bei Erlassen der Verordnung sind die Grundsätze gemäß § 9b zu berück­sichtigen.

 

(4) Führt eine Evaluierung eines Programms gemäß § 9a Abs. 6 zu einer nicht nur unerheblichen Überarbeitung des Programms, sind erforderlichenfalls geänderte Maßnah­men gemäß Abs. 1 mit Verordnung anzuordnen.

 

[...]

 

Maßnahmen für Kraftfahrzeuge

 

§ 14. (1) Für Kraftfahrzeuge im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 KFG 1967,
BGBl. Nr. 267, oder für bestimmte Gruppen von Kraftfahrzeugen können Geschwindig­keits­be­schränkungen und zeitliche und räumliche Beschränkungen des Verkehrs ange­ordnet werden. Wenn derartige Beschränkungen Autobahnen oder Schnellstraßen betref­fen, ist dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Diese Beschränkungen auf Autobahnen oder Schnellstraßen können für bis zu drei Monate angeordnet werden. Darüber hinaus ist, ausgenommen bei Verordnungen gemäß Abs. 6a, das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie herzustellen. Als zeitliche und räumliche Beschränkungen gelten insbesondere dauernde oder vorübergehende

1.    Verbote für bestimmte Kraftfahrzeugklassen sowie Kraftfahrzeuge mit bestimm­ten Abgasklassen,

2.    Verbote für Kraftfahrzeuge mit bestimmten Ladungen,

3.    Fahrverbote für bestimmte Tage oder bestimmte Tageszeiten,

4.    Anordnungen für den ruhenden Verkehr.

Zur Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen für die Dauer erhöhter Neigung zu Grenzwertüberschreitungen sowie zum optimierten Einsatz von temporären Geschwindig­keitsbeschränkungen können flexible Systeme, wie immissionsabhängige Verkehrs­beein­flus­sungsanlagen, verwendet werden.

 

(2) Zeitliche und räumliche Beschränkungen sind nicht anzuwenden auf

[...]

5.    Fahrzeuge mit monovalentem Methangasantrieb oder ausschließlich elek­trischem Antrieb sowie plug-in-hybrid-elektrische Fahrzeuge, die mit aus­schließlich elektrischem Antrieb eine Mindestreichweite von 50 km aufweisen,

[...]

 

(6) Anordnungen gemäß Abs. 1 sind, soweit dies möglich ist, durch Straßen­verkehrszeichen gemäß § 52 StVO 1960 kundzumachen; die Zeichen sind mit einer Zusatztafel mit dem Wortlaut ‚Immissionsschutzgesetz-Luft‘ oder ‚IG-L‘ zu versehen. Für die Kundmachung, Aufstellung und Beschaffenheit der Zeichen gelten § 44 Abs. 1, 1a, 2 und 4 sowie §§ 48, 51 und 54 StVO 1960 sinngemäß mit der Maßgabe, dass beim Einsatz eines flexiblen Systems, wie zB einer Verkehrsbeeinflussungsanlage, die Zusatztafel auch an anderer Stelle des Anzeigenquerschnitts, gegebenenfalls in Verbindung mit einem Zeichen gemäß § 50 Z 16 StVO 1960, angebracht werden kann. Der jeweilige Straßen­erhalter hat für die Kundmachung zu sorgen. Anordnungen gemäß Abs. 1, die flächenhaft für ein bestimmtes Gebiet gelten und nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand mit Straßenverkehrszeichen gemäß § 52 StVO 1960 kundgemacht werden können, können im Landesgesetzblatt kundgemacht werden. Der Inhalt dieser Anordnungen ist auf der Internetseite des Landes für jedermann zugänglich zu machen. Anordnungen des Bundes­ministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, die im gesamten Bundesgebiet gelten, können durch Kundmachung im Bundesgesetzblatt kund­gemacht werden. Der Inhalt dieser Anordnungen ist auf der Internetseite des Bundes­ministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft für jedermann zugänglich zu machen. Auf den Inhalt von solchen Anordnungen, die ausschließlich im Landes- oder Bundesgesetzblatt kundgemacht werden, ist jedenfalls mittels Hinweis­schildern ausreichend aufmerksam zu machen.

 

(6a) Der Landeshauptmann kann für bestimmte Streckenabschnitte im hoch­rangigen Straßennetz (Autobahnen und Schnellstraßen), die bereits mit einem Verkehrs­beeinflussungssystem gemäß § 44 Abs. 1a StVO 1960 ausgestattet sind, für den Fall zu erwartender Überschreitungen von Grenzwerten gemäß Anlage 1 und 2 oder einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 5 durch Verordnung Geschwindigkeitsbeschränkungen festlegen, die auf Grund der örtlichen, topographischen, meteorologischen und luftschad­stoffrelevanten Gegebenheiten zur Hintanhaltung der Grenzwert­überschreitungen not­wendig sind; in diesem Fall sind die Kosten der Adaptierung des Verkehrsbeein­flussungs­systems und zusätzliche Betriebskosten dem Bund (Bundesstraßenverwaltung) vom Land zu ersetzen. Der Landeshauptmann kann eine derartige Verordnung auch für Strecken­abschnitte im hochrangigen Straßennetz, die nicht mit einem Verkehrsbeeinflussungs­system gemäß § 44 Abs. 1a StVO 1960 ausgestattet sind, erlassen; diesfalls sind die Errichtungs- und Betriebskosten des Verkehrsbeeinflussungssystems anteilsmäßig zwischen Bund (Bundesstraßenverwaltung) und dem Land gemäß dem voraussichtlichen Verwendungszweck der Verkehrsbeeinflussungsanlage aufzuteilen.

 

(6b) In der Verordnung gemäß Abs. 6a sind festzusetzen:

1.    der Streckenabschnitt, auf dem die Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten sollen,

2.    die Höhe der Geschwindigkeitsbeschränkungen, die bei zu erwartenden Grenz­wertüberschreitungen jeweils gelten sollen, und

3.    die Parameter für die In- und Außerkraftsetzung der Geschwindigkeits­beschrän­kungen.

 

(6c) Die Kundmachung von Verordnungen gemäß Abs. 6a erfolgt mittels eines Verkehrsbeeinflussungssystems (§ 44 Abs. 1a StVO 1960). Der örtliche und zeitliche Umfang der von der Behörde verordneten Geschwindigkeitsbeschränkungen wird dabei durch die Anzeige der betreffenden Straßenverkehrszeichen mit der Wirkung bestimmt, als ob der örtliche und zeitliche Umfang von der Behörde bestimmt worden wäre.

 

[...]

 

Strafbestimmungen

 

§ 30. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen

[...]

4.    mit Geldstrafe bis zu 2 180 Euro, wer einer gemäß §§ 14 und 16 Abs. 1 Z 4 erlassenen und entsprechend kundgemachten Anordnung gemäß § 10 zuwider­handelt.“

 

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich, mit der eine immissionsabhängige Geschwindigkeits­beschrän­kung für eine Teilstrecke der AX X Autobahn angeordnet wird,
LGBl. Nr. 101/2008 idF. LGBl. Nr. 3/2015, lauten wie folgt:

 

§ 2

Sanierungsgebiet

 

Als Sanierungsgebiet gemäß § 2 Abs. 8 IG-L wird die Teilstrecke der AX X Autobahn zwischen der Anschlussstelle E-S bei km 154,966 und dem Knoten H bei
km 175,574 festgelegt.

 

[...]

 

 

 

 

§ 4

Geschwindigkeitsbeschränkung

 

(1) Im Sanierungsgebiet wird

1.    in Fahrtrichtung W zwischen km 168,153 im Gemeindegebiet von L und
km 155,750 im Gemeindegebiet von E und

2.    in Fahrtrichtung S zwischen km 155,689 im Gemeindegebiet von E und
km 167,649 im Gemeindegebiet von L

eine Geschwindigkeitsbeschränkung gemäß den Abs. 2 bis 4 festgesetzt.

 

(2) Der direkte Immissionsbeitrag der PKW-ähnlichen Kraftfahrzeuge wird auf Grund der Immissionsmesswerte für Stickstoffdioxid, der Prognose der Ausbreitungs­bedingungen und der Verkehrszähldaten ermittelt und mit dem Schwellenwert ver­glichen. Wenn der Schwellenwert (§ 3 Abs. 4) um mindestens 1 µg/m³ überschritten wird, wird für den im Abs. 1 genannten Bereich eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h angeordnet. Der direkte Immissionsbeitrag ist jede halbe Stunde neu zu berechnen. Wenn der Schwellenwert bei den fortgesetzten Berechnungen um mindestens 1 µg/m³ unterschritten wird, wird die Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwin­digkeit wieder aufgehoben. Sowohl die Anordnung als auch die Aufhebung einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit ist frühestens nach einer Stunde wieder zu ändern.

 

(3) Unabhängig vom direkten Immissionsbeitrag der PKW-ähnlichen Kraftfahr­zeuge wird eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h dann angeordnet, wenn bei der im § 3 Abs. 2 genannten Luftmessstelle eine Schadstoffkonzentration für Stickstoffdioxid von 150 µg/m³ überschritten wird. Diese Anordnung wird aufgehoben, wenn dieser Wert um mindestens 1 µg/m³ unterschritten wird, frühestens jedoch nach einer Stunde.

 

(4) Wenn auf Grund eines technischen Gebrechens die für die Berechnung der immissionsabhängigen Geschwindigkeitsbeschränkung erforderlichen Daten nicht erhoben werden können oder die Berechnung der immissionsabhängigen Geschwindig­keits­beschränkung aus sonstigen Gründen für einen Zeitraum von mehr als 48 Stunden nicht durchgeführt werden kann, wird für den im Abs. 1 genannten Bereich für die Dauer dieser Störung eine gleich bleibende Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h angeordnet. Wenn die Anzeigenquerschnitte aus sonstigen Gründen nicht geschaltet werden können, wird für den im Abs. 1 genannten Bereich für die Dauer des Ausfalls der immissionsabhängigen Geschwindigkeitsregelung eine gleich bleibende Geschwindig­keitsbeschränkung von 100 km/h angeordnet.

 

(5) Die Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h gemäß Abs. 2 bis 4 gilt nicht, wenn nach der StVO 1960 niedrigere oder gleich hohe Geschwindigkeits­beschrän­kungen angeordnet werden.

 

§ 5

Kundmachung

 

(1) Die Geschwindigkeitsbeschränkung nach § 4 ist gemäß § 14 Abs. 6c IG-L mit einem Verkehrsbeeinflussungssystem kundzumachen.

 

(2) Sofern die Anzeigenquerschnitte aus den sonstigen Gründen im Sinn des § 4 Abs. 4 zweiter Satz nicht geschaltet werden können, hat die Kundmachung der Geschwin­digkeitsbeschränkung abweichend von Abs. 1 durch Straßenverkehrszeichen im Sinn des § 52 StVO 1960 zu erfolgen. Die Standorte dieser Straßenverkehrszeichen entsprechen den Standorten der Anzeigenquerschnitte.“

 

2. Unbestritten ist, dass der Bf die im Sanierungsgebiet auf der AX X Autobahn zum Tatzeitpunkt ausgewiesene Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h nicht eingehalten hat, insofern ist ihm die Erfüllung des objektiven Tatbestandes anzulasten.

 

Eine Auslegung der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich in dem Sinne, dass Elektrofahrzeuge von der gegenständlichen Geschwindigkeits­beschränkung im Sanierungsgebiet ausgenommen wären, ergibt sich weder aus dem Wortlaut der gegenständlichen Verordnung noch aus den Bestimmungen des IG-L bzw. aus dessen Gesetzesmaterialien. Die Verordnung ist vielmehr
- unabhängig vom verwendeten Fahrzeug - unterschiedslos auf alle Verkehrs­teilnehmer anzuwenden.

 

Diese Auffassung wurde zuletzt auch in der Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes bestätigt. Der Verwaltungsgerichtshof führt im Erkenntnis vom
29. Juli 2015, Ra 2015/07/0078, zur vergleichbaren Rechtslage in S Folgendes aus:

Die X-autobahn-Geschwindigkeitsbeschränkungs-Verordnung hat ihre gesetz­liche Grundlage in den §§ 10 und 14 des Immissionsschutzgesetzes - Luft, BGBl. I Nr. 115/1997 idgF (IG-L). Nach § 14 Abs. 1 IG-L können für Kraftfahrzeuge im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 KFG 1967, BGBl. Nr. 267, oder für bestimmte Gruppen von Kraft­fahrzeugen Geschwindigkeitsbeschränkungen und zeitliche und räumliche Beschrän­kungen des Verkehrs angeordnet werden. Nach § 2 Abs. 1 Z 1 KFG 1967 ist ein Kraft­fahrzeug ein zur Verwendung auf Straßen bestimmtes oder auf Straßen verwendetes Fahrzeug, das durch technisch freigemachte Energie angetrieben wird und nicht an Gleise gebunden ist, auch wenn seine Antriebsenergie Oberleitungen entnommen wird. Unter diese Begriffsbestimmung fallen auch Elektroautos. Die Verordnungsermächtigung des § 14 Abs. 1 IG-L bezieht sich somit auch auf diese Fahrzeugart. § 14 Abs. 2 IG-L enthält einen Katalog jener Fahrzeuge, auf die zeitliche und räumliche Beschränkungen nicht anzu­wenden sind. Darunter fallen nach Z 5 Fahrzeuge mit monovalentem Methan­gasantrieb oder ausschließlich elektrischem Antrieb sowie plug-in-hybridelektrische Fahr­zeuge, die mit ausschließlich elektrischem Antrieb eine Mindestreichweite von 50 km aufweisen. Dem Gesetzgeber war also das Problem der Elektrofahrzeuge bewusst. Er hat eine Ausnahme für diese Fahrzeugart lediglich für zeitliche und räumliche Beschrän­kungen nach § 14 Abs. 1 IG-L verfügt, nicht aber für die im § 14 Abs. 1 IG-L als eigene Anordnungskategorie neben den zeitlichen und räumlichen Beschränkungen angeführten Geschwindigkeitsbeschränkungen. Der Gesetzgeber hat also das Problem der Elektro­fahrzeuge nicht etwa übersehen, sondern so geregelt, dass diese Fahrzeuge nur von zeitlichen und räumlichen Beschränkungen des Verkehrs, nicht aber von Geschwindig­keitsbeschränkungen ausgenommen sein sollen.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur IG-L-Novelle BGBl. I Nr. 77/2010 (782 Blg. XXIV. GP, 8) heißt es dazu:

‚In Z 5 wird eine Ausnahme für bestimmte Fahrzeuge mit modernem Alternativantrieb festgelegt. Es gibt keine ex-lege Ausnahme von Geschwindigkeitsbeschränkungen für Fahrzeuge mit Alternativantrieb, da der Anwendungsbereich sehr gering ist, dies sich negativ auf die Verkehrssicherheit auswirken würde und mit unverhältnismäßig Aufwand und Kosten für die Kontrolle und Beweisführung verbunden wäre‘.

Vor diesem Hintergrund verbietet sich eine Einschränkung des von seinem Wortlaut her alle Fahrzeuge umfassenden § 3 der X-autobahn-Geschwindigkeitsbeschränkungs-Verordnung dahingehend, dass Elektrofahrzeuge von der Geschwindigkeitsbeschränkung ausgenommen seien.“

 

Auch aus der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis vom
26. September 2011, B165/11) ergibt sich, dass „selbst wenn Unterschiede im Schadstoffausstoß bestünden, eine Gleichbehandlung im Hinblick auf das erhöhte Sicher­heitsrisiko, welches mit unterschiedlichen Tempolimits verbunden wäre, zulässig ist. Außerdem ist davon auszugehen, dass unterschiedliche Tempolimits für Personen­kraftwagen (etwa auch für Hybrid-, Erdgas- oder Elektrofahrzeuge) nicht nur den Verkehrsfluss beeinträchtigen und damit die Verkehrssicherheit gefährden, sondern auch zu einem ungleichmäßigen Geschwindigkeitsverlauf führen würden. Dadurch würde die Geschwindigkeitsbeschränkung aber ihren emissionsreduzierenden Effekt wenigstens teilweise verlieren.“

 

Im Sinne dieser Judikatur werden daher die vom Bf geäußerten verfassungs­rechtlichen Bedenken nicht geteilt, weshalb auch der Anregung auf Prüfung und Aufhebung der gegenständlichen Verordnung des Landeshauptmannes nicht zu entsprechen war.

 

Eine Gleichbehandlung verschiedener Antriebsarten erscheint im Sinne der Verkehrssicherheit - zur Vermeidung unterschiedlicher Fahrgeschwindigkeiten - demnach geboten und ist die Ansicht der belangten Behörde daher nicht zu bean­standen.

 

3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwal­tungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung" nicht.

 

Dem Argument des Bf, dass er sich nicht als Adressat der Bestimmungen des IG‑L sah, da er um die Emissionseigenschaften seines Elektrofahrzeuges Bescheid wusste, ist nochmals die bereits erwähnte Rechtsprechung des Verwal­tungsgerichtshofes entgegenzuhalten. Vielmehr ist aus dem umfassenden recht­lichen Vorbringen des Bf sehr wohl abzuleiten, dass er davon in Kenntnis gewesen ist, dass die auf Grundlage der Verordnung des Landeshauptmannes ausgewiesene 100 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung für sämtliche Kraftfahr­zeuge gilt und keine Unterscheidung hinsichtlich der Antriebsart mit sich bringt. Von einem die Schuld ausschließenden Rechtsirrtum des Bf kann sohin bei der gegebenen Sachlage nicht ausgegangen werden. Dem Bf ist zumindest fahr­lässiges Verhalten anzulasten, weshalb ihm die Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht vorwerfbar ist.

 

4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fort-führung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Von der Erstinstanz wurde im Zuge der Strafbemessung bereits gewürdigt, dass der Bf die Verwaltungsübertretung in der Vermutung begangen habe, dass sich die Geschwindigkeitsbeschränkung des IG-L nicht an Lenker von Elektroautos richtet. Zwar stelle dieser Umstand - wie auch von der belangten Behörde zutreffend erläutert - keinen geeigneten Entlastungsbeweis in Form eines Rechts­irrtums dar, doch ist dieser Umstand hinsichtlich des Grades des Verschuldens zu werten. Da die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldaus­schließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kommen, hat die belangte Behörde, um den Bf von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten, eine Ermahnung ausgesprochen. Das Landesverwaltungsgericht Ober­­österreich kann im Hinblick auf die oben dargestellte Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts nicht erkennen, dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes - wie in § 45 Abs. 1 VStG gefordert - gegenständlich als gering einzuschätzen wäre. Unter diesem Aspekt war daher die Beschwerde abzuweisen und die angefochtene Ermahnung zu bestätigen.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Wie im Erkenntnis durch Zitierung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts­hofes dargestellt, weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerde wurde abgelehnt.

VfGH vom 23. Februar 2017, Zl.: E 70/2017-10