LVwG-500236/13/Wg

Linz, 22.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über den Vorlageantrag des F M, vertreten durch Dipl.-Ing. W P, p.A. X, X, gegen die über die Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom
4. Juli 2016, GZ: WR96-817-2016, getroffene Beschwerdevorentscheidung der Bezirkshaupt­mann­schaft Vöcklabruck vom 18. August 2016 wegen einer Übertretung des Wasserrechts­gesetzes (WRG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Die Beschwerdevorentscheidung und das Straferkenntnis werden behoben. Das Verwaltungsstrafverfahren wird gemäß § 45 Abs. 1 VStG eingestellt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

1.1.      Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (in der Folge: belangte Behörde) lastete dem Beschwerdeführer (Bf) im Straferkenntnis vom 4. Juli 2016, GZ: WR96-817-2016, wie auch in der Beschwerdevorentscheidung vom 18. August 2016 an, er habe als unbeschränkt haftender Gesellschafter der X KG zu verantworten, dass im Zeitraum 16. November 2015 bis 21. November 2015 entgegen dem im Bescheid vom 4. September 2008, GZ: Wa10-483-2007, vorgeschriebenen Maß der Wasserbenutzung der Grenz­wert für abfiltrierbare Stoffe (1.000 mg/l) an allen Tagen nicht eingehalten wurde. Die Behörde stützte den Tatvorwurf auf im Prüfbericht der X GmbH vom 3. Dezember 2015 enthaltene Messergebnisse und ging von einer Verwal­tungsübertretung nach
§ 137 Abs. 2 Z 5 WRG aus.

 

1.2.      Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich führte über den Vorlage­antrag des Bf am 17. November 2016 eine öffentliche Verhandlung durch. Die belangte Behörde entsendete keinen Vertreter. Der Bf wendete durch seinen Vertreter ein, die X KG sei an der Abwasserreinigungsanlage X wirtschaftlich beteiligt. Außerdem sei eine Überschreitung des Grenzwertes nicht erwiesen. Die Grenzwerte seien einge­halten worden.

 

1.3.      Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat wie folgt Beweis erhoben: Akten­inhalt (GZ: WR96-817-2016 und LVwG-500236), Anhörung des sachkundigen Ver­treters des Bf, Einvernahme der Amtssachverständigen (ASV) für Chemie. Nachdem der Verhandlungsleiter die beabsichtigte Entscheidung zur Diskussion gestellt hat, verzichtete der Bf auf eine weitere Beweisaufnahme. Daraufhin verfügte der Verhandlungsleiter den Schluss der Beweisaufnahme und hatte der Bf die Gelegenheit, ein Schlussvorbringen zu erstatten.  

 

2.           Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sach­verhalt fest:

 

Der Bf war im angelasteten Zeitraum (November 2015) und ist nach wie vor unbeschränkt haftender Gesellschafter der X KG mit Sitz in X, X. Dieser KG wurde mit gewerbebehördlicher Genehmigung vom 4. September 2008,
GZ: Wa10-483-2007, gemäß § 356b GewO eine sogenannte Indirekteinleiter-bewilligung erteilt. Als Maß der Wasserbenutzung wurde im Bescheid festgesetzt:

in quantitativer Hinsicht:

Im Ablauf der Vorreinigungsanlage dürfen folgende Grenzwerte nicht überschrit­ten werden: abfiltrierbare Stoffe 1.000 mg/l (unstrittig, Bescheid ON 3 des ver­waltungsgerichtlichen Aktes).

 

Die X KG ist finanziell an der Kläranlage der Gemeinde X betei­ligt. Die Kläranlage X verfügt über eigene Reinigungsanlagen, die speziell auf die Betriebe hier auch abstellen. Richtig ist, dass in der Genehmigung der X KG vom 4. September 2008 in quantitativer Hinsicht auf Grenzwerte im Ablauf der Vorreinigungsanlage der X KG abgestellt wird. Es kommt daher darauf an, dass im Ablauf der Vorreinigungsanlage bei den abfiltrierbaren Stoffen 1.000 mg/l nicht überschritten werden. Richtig ist, dass der dem Verwaltungsstrafverfahren der Behörde zugrunde liegende Prüfbericht vom 3. Dezember 2015 im Auftrag der X KG erstellt wurde, und zwar von der Firma X GmbH. Auf Seite 4/7 wird dort für den Wert abfiltrier­bare Stoffe für den Zeitraum 16. bis 17. November 2015 ein Wert von 1.800 mg/l, von 17. bis 18. November 2015 ein Wert von 1.400 mg/l, von 18. bis 19. November 2015 ein Wert von 1.700 mg/l, von 19. bis
20. November 2015 ein Wert von 1.100 mg/l und von 20. bis 21. November 2015 ein Wert von 1.700 mg/l ausgewiesen. Von der Firma X GmbH wurde an jedem dieser Tage eine einzige Probe genom­men. Im Ablauf der Vorreinigungsanlage wurde hier eine Probe genommen. Der Wert an abfiltrierbaren Stoffen, der bei der Messung auch tatsächlich gemessen wird, hängt davon ab, wieviel Zeit zwischen der Probenahme und der tatsächlichen Messung auch vergeht. Je mehr Zeit vergeht, umso mehr Stoffe flocken aus und umso höher ist dann auch der faktisch gemes­sene Wert an abfiltrierbaren Stoffen. Es kann daher durchaus sein, dass, wenn einige Zeit vergeht, ein höherer Wert an abfiltrierbaren Stoffen gemessen wird, als zum Zeitpunkt der Probenahme vorhanden war. Die Einhaltung der nach dem Stand der Technik einschlägigen Vorgaben laut Norm DIN 38409-H2 zur Erzielung eines gültigen Messergebnisses ist im Prüfbericht nicht ausreichend dokumen­tiert. Es steht nicht fest, dass an den genannten Tagen der Grenzwert 1.000 mg/l nicht eingehalten wurde (Vorbringen sachkundiger Vertreter des Bf, gutachtliche Angaben der ASV für Chemie, Tonbandprotokoll).

 

3.           Beweiswürdigung:

 

In der Sache selbst (2.) stützen sich die Feststellungen auf die in Klammer an­gegebenen Beweismittel. Das einleitende Vorbringen des sachkundigen Vertre­ters des Bf wurde in der mündlichen Verhandlung von der ASV für Chemie einge­hend beurteilt. Dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich liegt eine gutacht­liche Stellungnahme (Beilage 3 der Niederschrift) vor. Die ASV führte in der Verhandlung aus: Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich meine Angaben vom
16. November 2016 aufrechthalte, gebe ich an, dass ich diese vollinhaltlich aufrechthalte. Im ersten Absatz dieses E-Mails wird Bezug genommen darauf, wie der Parameter abfiltrierbare Stoffe gemäß AAEV zu messen ist. Die Messung hat gemäß Norm
DIN 38409-H2 zu erfolgen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die auf Seite 2 des Bescheides vom 4. September 2008 enthaltene Anordnung: ‚Die Parameter CSB und AOX gelten in der mengenproportionalen Tages­mischprobe. Die Parameter Temperatur, pH-Wert, abfiltrierbare Stoffe und Gesamt-Chlor in der Stichprobe. Ansonsten sind die Regelungen der branchenspezifischen Verordnung hinsichtlich Probenahme und Analyse anzuwenden.‘ Aus diesem Verweis bzw. dieser An­ordnung ergibt sich, dass für die Messung der abfiltrierbaren Stoffe die Norm DIN 38409-H2 anzuwenden ist. Dies bedeutet, dass, um Störungen durch nachträglich auftretende Ausflockungen zu vermei­den, die Filtration unverzüglich nach der Probenahme vorzu­nehmen ist. Aus fachlicher Sicht darf hier max. eine Zeit von einer Stunde zwischen Probenahme und Messung vergehen. Ausdrücklich festzuhalten ist weiters, dass, wie schon im E-Mail vom
16. November 2016 ausgeführt, das Landeslabor für die Bestim­mung des Parameters abfiltrierbare Stoffe eine Messunsicherheit von 20 % angibt. Berücksichtigt man noch, dass das Abwasser nicht ganz homogen ist, so ist die Mess­unsicherheit sicherlich noch höher anzusetzen. Unter Anwendung des § 4 Abs. 3 Z 1 AEV X-verarbeitung ist zum Zeitpunkt der Untersuchungen in den einzelnen Stichproben von einer Nichteinhaltung des Parameters abfiltrierbare Stoffe auszugehen, wobei aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass es im Zeitraum zwischen Probenahme und Analytik noch zu Ausflockungen gekommen ist, die höhere Messwerte bewirken, also bei sofortiger Untersuchung der Stichproben nicht niedrigere Messwerte erhalten worden wären, womöglich sogar Messwerte unter dem festgelegten Grenzwert von 1.000 mg/l. Der Abwasseruntersuchungsbericht für das Jahr 2016, erstellt von A am 10. November 2016, Auftragsnummer X, weist für den Untersuchungszeitraum 17. bis 23. Oktober 2016 für den Parameter abfiltrierbare Stoffe Messwerte zwischen 180 und 450 mg/l aus, wobei aber hinzugefügt werden muss, dass laut telefonischer Auskunft von Herrn M der Probenahmeschlauch vor der Probenahme gereinigt wurde und die gezogenen Stichproben jeden Tag sofort in das Labor gebracht wurden und unmittelbar nach Probeneingang mit der Analyse begonnen wurde. Dass eine solche ‚sofortige‘ Mes­sung unmittelbar nach der Probenahme an den im Prüfbericht vom 3. Dezember 2015 ausgewiesenen Tagen auch erfolgt ist, ist im Prüfbericht vom 3. Dezember 2015 nicht ausreichend dokumentiert. Ich gehe davon aus, dass eine solche sofortige bzw. unmittel­bar dem Stand der Technik entsprechende Messung nicht erfolgt ist. Ich kann das jeden­falls nicht ausschließen. Vom Verhandlungsleiter zum E-Mail vom 28. April 2016 (ON 2 des Behördenaktes) befragt, gebe ich an, dass ich dort ausgeführt habe, mit der beste­henden Fettabscheideranlage könne keine ausreichende Vorreinigung mehr erzielt wer­den. Konkret auf die nunmehr erst im Beschwerdeverfahren ange­sprochene Problematik mit der Messung von abfiltrierbaren Stoffen bin ich in diesem E-Mail vom 28. April 2016 nicht eingegangen. Es ging im E-Mail vom 28. April 2016 letztlich um die CSB-Schmutz­fracht. Aus fachlicher Sicht kann daher nicht ausgeschlos­sen werden, dass der Wert abfiltrierbare Stoffe beim Ablauf der Vorreinigungsanlage der X KG an den im Prüfbericht genannten Tagen sehr wohl auch eingehalten wurde. Es ist aus fachlicher Sicht nicht ausreichend wahrscheinlich, dass an den genannten Tagen im Ablauf der Vor­reinigungsanlage tatsächlich zum Zeitpunkt der Probenahme eine Überschreitung des Grenzwertes von 1.000 mg/l gegeben war.“
Soweit das einleitende Vorbringen des sachkundigen Vertreters im Einklang mit den Ausführungen der ASV steht, wird dieses den Feststellungen zugrunde gelegt. Die ASV verwies auf ein Messergeb­nis aus dem Jahr 2016, demzufolge die Grenz­werte eingehalten wurden. Die Grenzwerte können daher sehr wohl eingehalten werden. Die Abweichung bei der Messung im Jahr 2015 kann, wie die ASV ausführte, durchaus darauf zurückzu­führen sein, dass die Messung abwei­chend von der maßgeblichen technischen Norm zu spät vorgenommen wurde. Bei freier Würdigung der vorliegenden Beweise (Prüfbericht und gutachtliche Stellungnahme der ASV für Chemie) ist nicht erwiesen, dass der von der Behörde herangezogene Grenzwert überschrit­ten wurde.

 

4.           Rechtliche Beurteilung:

 

4.1.      Zum objektiven Tatbestand der Verwaltungsübertretung im Sinne des § 137 Abs. 2 Z 5 WRG, § 356b GewO:

 

§ 356b Abs. 1 GewO lautet:

 

(1) Bei nach diesem Bundesgesetz genehmigungspflichtigen Betriebsanlagen, zu deren Errichtung, Betrieb oder Änderung auch nach anderen Verwaltungsvor­schriften des Bundes eine Genehmigung (Bewilligung) zum Schutz vor Auswir­kungen der Anlage oder zum Schutz des Erscheinungsbildes der Anlage erforder­lich ist, entfallen, soweit in den folgenden Absätzen nicht anderes bestimmt wird, gesonderte Genehmigungen (Bewilligungen) nach diesen anderen Verwaltungs­vorschriften, es sind aber deren materiellrechtliche Genehmigungs-(Bewilli­­gungs)Regelungen bei Erteilung der Genehmigung anzuwenden. Dem Verfahren sind Sachverständige für die von den anderen Verwaltungsvorschriften erfassten Gebiete beizuziehen. Die Betriebsanlagengenehmigung bzw. Betriebsanlagen­änderungsgenehmigung gilt auch als entsprechende Genehmigung (Bewilligung) nach den anderen Verwaltungsvorschriften des Bundes. Die Mitanwendung der Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959, WRG 1959, BGBl. Nr. 215, in der jeweils geltenden Fassung, bezieht sich auf folgende mit Errichtung, Betrieb oder Änderung der Betriebsanlage verbundene Maßnahmen:

1.    Wasserentnahmen für Feuerlöschzwecke (§§ 9 und 10 WRG 1959);

2.    Erd- und Wasserwärmepumpen (§ 31c Abs. 5 WRG 1959);

3.    Abwassereinleitungen in Gewässer (§ 32 Abs. 2 lit. a, b und e WRG 1959), ausgenommen Abwassereinleitungen aus Anlagen zur Behandlung der in einer öffentlichen Kanalisation gesammelten Abwässer;

4.    Lagerung von Stoffen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Ver­sickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird (§ 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959);

5.    Abwassereinleitungen in wasserrechtlich bewilligte Kanalisationsanlagen (§ 32b WRG 1959);

6.    Beseitigung von Dach-, Parkplatz- und Straßenwässern.

Insbesondere sind die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 betreffend Stand der Technik einschließlich der Gewährung von Ausnahmen vom Stand der Technik, persönliche Ladung von Parteien, Emissions- und Immissionsbegren­zungen sowie Überwachung jedenfalls mitanzuwenden. Dem wasserwirtschaft­lichen Planungsorgan (§ 55 Abs. 4 WRG 1959) kommt in allen Verfahren, durch die wasserwirtschaftliche Interessen berührt werden, Parteistellung zur Wahrung dieser Interessen einschließlich der Beschwerdelegitimation an das Verwaltungs­gericht des Landes, der Revision wegen Rechtswidrigkeit und des Antrages auf Fristsetzung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch ein Verwaltungs­gericht an den Verwaltungsgerichtshof zu.

 

§ 137 Abs. 2 Z 5 WRG lautet:

 

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 14 530 €, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen, wer

5.    ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen eine gemäß § 32 bewilli­gungspflichtige Einwirkung auf Gewässer oder eine gemäß § 32b bewilli­gungspflichtige Indirekteinleitung vornimmt;

 

Die gewerbebehördliche Genehmigung gilt gemäß § 356b Abs. 1 Z 5 GewO auch als Bewilligung im Sinne des § 32b WRG. Eine Indirekteinleitung entgegen dem in diesem Bescheid (Bewilligung) festgesetzten „Maß der Wasserbenutzung“ stellt daher, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, eine Verwaltungsüber­tretung nach § 137 Abs. 2 Z 5 WRG und nicht etwa nach den Bestimmungen der § 366f GewO dar. Dieser Auslegung steht das im Strafrecht besonders strenge Legalitätsprin­zip (Art. 18 B-VG) nicht entgegen. Das ergibt sich auch daraus, dass eine Straf­bestimmung für die Überschreitung eines wasserrechtlichen Grenz­­wertes in den Verwaltungsstraftatbeständen der §§ 366f GewO nicht vorgesehen ist. Insbesondere stünde der Annahme einer „genehmigungs­pflich­tigen Änderung der Betriebs­anlage“ im Sinne des § 366 Abs. 1 Z 3 GewO iVm
§ 81 Abs. 1 GewO die Bestimmung des § 74 Abs. 2 Z 5 GewO entgegen. 

 

4.2.      Zum Beweismaß im Sinne des § 45 Abs. 2 AVG:

 

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren war zu klären, ob eine Überschrei­tung des Grenz­wertes betreffend abfiltrierbare Stoffe „als erwiesen“ im Sinne des § 45 Abs. 2 AVG anzusehen ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichts­hofes ist für die Annahme einer Tatsache als erwiesen (vgl. § 45 Abs. 2 AVG) keine „absolute Sicherheit“ erforderlich, sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahr­scheinlichkeit (Thienel 3 168f: an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit) oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erschei­nen lässt. Die erforderliche Über­zeugung der Behörde kann sowohl durch unmittelbare als auch durch mittelbare Beweise herbeigeführt werden (§ 46 Rz 3f). Lässt sich eine Tatsache nicht fest­stellen („non liquet“ [Fasching Rz 878]; „Beweisnotstand“ [VwGH 20.04.1995, GZ: 93/09/0408]), dann hat die Behörde grundsätzlich von deren Nichtvorliegen auszugehen (VwGH 16.06.1992,
GZ: 92/08/0062; 29.06.2000, GZ: 2000/07/0024; siehe auch § 39 Rz 14). Das bedeutet aber nicht, dass vom bloßen Misslingen eines Nachweises auf das Erwiesensein des Gegenteiles geschlossen werden kann (vgl. VwGH 20.09.1995, GZ: 93/13/0006; ferner VwGH 26.02.1986, GZ: 84/03/0388, vgl. Hengst­schläger/Leeb, AVG2 § 45 Rz 2 [Stand 1.1.2014, rdb.at]).

 

Bei der Feststellung, ob der Konsens in objektiver Hinsicht nicht eingehalten wurde bzw. wird, gilt es folgende Beweisregel zu beachten: Der Durchführung von Messungen ist - soweit diese möglich sind - grundsätzlich der Vorrang vor Berechnungen einzuräumen. „Grundsätzlich“ bedeutet, dass diese Verpflichtung nicht allgemein besteht, sobald eine Messung (technisch) möglich ist, allerdings kann nur in Ausnahmefällen davon abgesehen werden. Ob ein solcher Aus­nahmefall vorliegt, ist auf sachverständiger Grundlage fallbezogen in schlüssiger Weise darzulegen. Eine Messung darf unterbleiben, wenn sie nicht möglich ist oder nach dem Stand der Technik, angesichts der mittels Berechnung erzielten Werte, ein Messergebnis, das zu einer abweichenden Beurteilung führen könnte, ausgeschlossen werden kann (vgl. VwGH 26.11.2015, GZ: 2012/07/0027, 18.05.2016, GZ: Ra 2015/04/0053). Die Durchführung der Messung fällt in den fachlichen Verantwortungsbereich des Sachverständigen. Sie kann daher, soweit sie nach allgemeinem Erfahrungsgut nicht bereits als unschlüssig zu erachten ist, nur durch ein auf gleicher fachlicher Ebene stehendes Vorbringen entkräftet werden (VwGH GZ: Ra 2015/04/0093). Diese Grundsätze sind nicht nur bei Prognoseentscheidungen in Genehmigungsverfahren, sondern auch im verwal­tungspolizeilichen Verfahren und Verwaltungsstrafverfahren zu beachten (zu Messungen im verwaltungspolizeilichen Verfahren vgl. Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 § 360 RZ 28 sowie Punkt 4.4.2. des E LVwG-850614/10/Wg, betreffend Verwal­tungsstrafverfahren vgl. Punkt 4.2. des E LVwG-500219).

 

Im gegenständlichen Fall sind im Prüfbericht der Firma X GmbH Messergebnisse angeführt, wobei die Einhaltung der maßgeblichen technischen Norm (DIN 38409-H2) nicht ausreichend ausgewiesen ist. Der Prüfbericht ist durch die gutachtlichen Aus­führungen der ASV Dipl.-Ing. B „entkräftet“ (vgl. GZ: Ra 2015/04/0093). Laut Aus­führungen der ASV Dipl.-Ing. B ist es nicht ausreichend wahrscheinlich, dass die Grenzwerte überschritten wurden. Es steht in freier Beweiswürdigung (vgl. Punkt 3.) nicht fest, dass die Grenzwerte nicht eingehalten wurden.

 

4.3.      Zur Bestimmung des § 25 VStG iVm § 52 Abs. 1 AVG:

 

Wenn der die Verwaltungsübertretung bildende Sachverhalt nicht feststeht, ist zu klären, ob weitere Ermittlungen durchzuführen sind oder im Zweifel zu Gunsten des Beschuldigten davon auszugehen ist, dass er die Tat nicht begangen hat.

 

Gemäß der Verweisungsbestimmung des § 38 VwGVG 2014 gilt im Verwaltungs­strafverfahren vor den Verwaltungsgerichten gemäß § 25 Abs. 1 VStG das Amts-wegigkeitsprinzip und gemäß § 25 Abs. 2 VStG der Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit, wonach vom Verwaltungsgericht von Amtswegen unabhängig von Parteivorbringen und -anträgen der wahre Sachverhalt durch Aufnahme der nötigen Beweise zu ermitteln ist (VwGH 20.10.2015, GZ: Ra 2014/09/0028). Das VwGVG 2014 enthält keine eigenen Bestimmungen betreffend die Beiziehung von Sachverständigen in Verfahren vor den Verwal­tungsgerichten. Gemäß § 17 VwGVG 2014 kommen somit die Bestimmungen der §§ 52 und 53 AVG zum Tragen. Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachver­ständige not­wendig, so sind gemäß § 52 Abs. 1 AVG die der Behörde/dem Verwaltungsgericht beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverstän­dige) beizuziehen (vgl. VwGH 22.06.2016, GZ: Ra 2016/03/0027, ständige Rechtsprechung).

 

Der Grundsatz „in dubio pro reo“ ist keine Beweiswürdigungsregel und kommt nur zur Anwendung, wenn auch nach dem Ergebnis der Beweiswürdigung noch Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten bleiben (VwGH 30.01.2015,
GZ: 2011/17/0081).

 

Der von der belangten Behörde herangezogene Prüfbericht ist - wie für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in freier Beweiswürdigung feststeht - durch die gutachtlichen Aus­führungen der ASV Dipl.-Ing. B entkräftet. Es steht nicht fest, dass die Grenzwerte nicht eingehalten wurden. Die belangte Behörde hat zur Verhandlung keinen Vertreter entsendet und keinen Beweis­antrag gestellt. Das Verwaltungsgericht ist bei solcher Sachlage gemäß § 25 VStG iVm § 52 Abs. 1 AVG und § 38 VwGVG nicht verpflichtet, amtswegig weitere Beweise aufzu­nehmen (vgl. auch EGMR 20.09.2016, Rechtssache 926/08).

 

Im Zweifel ist zu Gunsten des Bf davon auszugehen, dass die Grenzwerte einge­halten wurden. Die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat konnte im Beschwer­de­verfahren nicht erwiesen werden, was gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zur Folge hat.

 

5.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die unter Punkt 4.1. erörterte Frage, ob die Überschreitung eines gemäß § 356b Abs. 1 Z 5 iVm § 32b WRG festgesetzten Maßes der Wasserbenutzung nach § 366f GewO oder § 137 Abs. 2 Z 5 WRG zu bestrafen ist, wäre an sich von „grundsätzlicher Bedeutung“. Für eine Übertretung der GewO ergibt sich gemäß § 370 GewO eine Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers, für eine Übertretung des § 137 WRG dagegen gemäß § 9 Abs. 1 VStG eine Ver­antwortlichkeit des nach außen zur Vertretung berufenen Organs.

 

Im gegenständlichen Fall konnte die dem Verwaltungsstrafverfahren zugrunde liegende Annahme, ein bestimmter Grenzwert sei überschritten worden, nicht erwiesen werden. Aus einem Messbericht muss die korrekte Anwendung der dem Stand der Technik (§ 12a WRG) entsprechenden Verfahren abgeleitet werden können. Entkräftet ein Amtssachverständiger den dem Verwaltungsstrafverfahren zugrunde liegenden Prüfbericht, ist die Behörde gemäß § 25 VStG iVm § 52 Abs. 1 AVG in der Regel nicht zu einer weiteren Beweisaufnahme verpflichtet, sondern vielmehr die Annahme berechtigt, dass die Tat nicht erwiesen werden kann (§ 45 Abs. 1 Z 1 VStG).  

 

Das Verwaltungsstrafverfahren war daher jedenfalls einzustellen. Die Rechtslage ist insoweit durch die zu § 45 Abs. 2 AVG, § 25 VStG und § 52 Abs. 1 AVG ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt (siehe 4.2. und 4.3.). Aus diesem Grund ist die ordentliche Revision unzulässig.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichts­hof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl