LVwG-410006/7/MS/KR

Linz, 01.04.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine  Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde der X GmbH, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt, X, gegen den Beschlagnahmebescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 31. Oktober 2013, S-44754/13-2

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde stattgegeben und der Beschlagnahmebescheid der Landespolizeidirektion für vom
31.  Oktober 2013, AZ: S-44754/13-2,  wird aufgehoben.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.            Mit dem angefochtenen, an die Beschwerdeführerin z. H. deren Rechtsvertretung zugestellten Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 31.  Oktober 2013, AZ: S-44754/13-2, der auch dem Finanzamt Gmunden Vöcklabruck zugestellt wurde, hat die belangte Behörde wie folgt abgesprochen:

 

 

"BESCHLAGNAHMEBESCHEID

 

Über die am 21. Mai 2013, um 17:00 Uhr, in X, im Lokal „X“, von Organen des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck durchgeführte vorläufige Be­schlagnahme von Glücksspielgeräten ergeht von der Landespolizeidirektion als gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz zuständige Sicherheitsbehörde erster Instanz folgender

 

Spruch:

 

Gemäß § 53 Abs. 1 Zi. 1 lit. a Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2012, wird von der Landespolizeidirektion zur Sicherung der Einziehung die Beschlagnahme der vorläufig beschlagnahmten acht Glücksspielgeräte (inkl. dazugehö­riger Schlüssel)

 

FA1) J5, keine SNr, FA-Versiegelungsplaketten Nummer A051266-A051272,

FA2) Elite, SNr: 12492, PC-Comp, FA-Versiegelungsplaketten Nummer A051273-A051282,

FA3) Elite, SNr: 12492, PC-Comp, FA-Versiegelungsplaketten Nummer A051283-A051292,

FA4) T4, keine SNr, FA-Nummer A051293-A051300,

FA5) TN2, keine SNr, FA-Versiegelungsplaketten Nummer A051301-A051307,

FA6) T2, keine SNr, FA-Versiegelungsplaketten Nummer A051308-A051314,

FA7) T5, keine SNr, FA-Versiegelungsplaketten Nummer A051315-A051321,

FA8) T2, keine SNr, FA-Versiegelungsplaketten Nummer A051322-A051328 und

FA9) M1, keine SNr, SA-Versiegelungsplaketten Nummer A051329-A051336

 

angeordnet."

 

1.2. Zur Begründung führt die belangte Behörde wie folgt (auszugsweise) aus:

 

"[…]

Bei einer von Organen der Abgabenbehörde am 21. Mai 2013, um 17:00 Uhr, in X, im Lokal „X“, durchgeführten Kontrolle wurden 9 Geräte be­triebsbereit und funktionsfähig vorgefunden. Mit diesen Geräten wurden zumindest seit 20. Mai 2013 Spiele in Form virtuellen Walzenspielen durchgeführt.

Die Organe der Abgabenbehörde konnten jedoch keine Testspiele durchführen, da sofort nach Kontrollbeginn die Geräte nach und nach ferngesteuert vom Stromnetz genommen wurden. Es konnten jedoch Spieler festgestellt werden, denen von Stromabschaltung Gewinne ausbezahlt wurden.

 

Aus der Anzeige der Finanzpolizei ist keine Beschreibung des Spielablaufs der Walzengeräte ersichtlich. Aus einer Vielzahl von gleich gelagerten Fällen kann jedoch von folgendem Spielablauf ausgegangen werden:

Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl des Spiels, Aufrufen zur Durchführung kann ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinn in Verbindung mitbestimmten Symbolkombinationen zugeordnet ist. Das Spiel wird mit der Starttaste ausgelöst. Damit wird zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei werden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entsteht. Der Spielerfolg steht nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinns oder des Verlusts des Einsatzes fest. Die Spieler haben keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Die Entscheidung über das Spielergebnis hängt ausschließlich vom Zufall ab. Spieler können nur einen Einsatz und den dazugehörigen Gewinnplan auswählen und die Starttaste betätigen.

Die Entscheidung über das Spielergebnis hängt ausschließlich vom Zufall ab. Spieler können nur einen Einsatz und der dazugehörigen Gewinnplan auswählen und die Starttaste betätigen.

 

Zur Glücksspieleigenschaft der virtuellen Hunderennen und Walzen spielen führt der VwGH aus, dass das „Setzen“ auf eine bestimmte Reihenfolge des Einlaufes von Hunden bei maschinell zufällig ausgewählten aufgezeichneten Rennen sich nicht wesentlich unterscheidet vom Spiel an elektronischen Apparaten, die zufällig bestimmte Zahlen-oder Symbolkombinationen kreieren. Der Unterschied, dass im letzteren Fall von vornherein durch die Spielregeln festgelegt ist, bei welcher aufschiebenden Kombinationen ein Gewinn eintritt, während bei den virtuellen Hunderennwetten der Spieler durch die Nennung von Hunden (bzw. deren diesen zugeordneten) selbst diese Kombination festlegt, ändert nichts daran, dass die Entscheidung, ob die Kombination eintritt, von einer Auswahl (des gezeigten Rennens) mittels Zufallsgenerator abhängt. Der Spieler hat somit keinen Einfluss auf das Spielergebnis, welches ausschließlich von der zufälligen Auswahl durch den Apparat abhängt (VwGH 2008/17/0175 vom 27.4.2012).

 

Es handelt sich bei diesen Glücksspielen offensichtlich um Ausspielungen iSd § 2 GSpG, weil Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt sind. Mangels Vorliegen einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz ist von einer verbotenen Ausspie­lung iSd § 2 Abs. 1 iVm Abs. 4 GSpG auszugehen. Eine Ausnahme gemäß § 4 Glücksspiel­gesetz lag offensichtlich nicht vor.

Es liegt daher der Verdacht eines Eingriffs in das Glücksspielmonopol des Bundes vor.

 

Der VwGH hat im Hinblick auf die rechtliche Qualifikation der Stellung der beteiligten Personen ausgesagt, dass diese nicht von Bedeutung sei (VwGH 10.5. 2010, 2009/17/0202). Ausschlaggebend ist lediglich der Verdacht eines Verstoßes gegen das GSpG, unerheblich ist es hingegen, wie eine Vertretung des Glücksspielgesetzes zu verantworten hat.

 

Die Abgabenbehörde hat die Firma X GmbH, etabl. in X, als Lokalbetreiberin und somit als Inhaberin der Glücksspielgeräte und auch als Veran­stalterin der Glücksspiele festgestellt. Die Eigentümereigenschaft wurde zusätzlich mit Schreiben der oben angeführten Firma vom 29. Mai 2013 bestätigt.

 

Aufgrund der bestehenden Verdachtslage - Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes - waren die Organe der Abgabenbehörde befugt, die Glücksspielgeräte gemäß § 53 Abs. 2 Glücksspielgesetz aus eigener Macht vorläufig in Beschlag zu nehmen, um sicherzustellen, dass mit den Gegenständen nicht fortgesetzt oder wiederholt gegen eine oder mehrere Best­immungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.

 

Da von den Organen der Abgabenbehörde die vorläufige Beschlagnahme im örtlichen Wir­kungsbereich der Landespolizeidirektion erfolgte, ist diese gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz zuständige Behörde zur Anordnung der Beschlagnahme gemäß § 53 Abs. 1 Glücksspielgesetz.

 

Von der Landespolizeidirektion wurde daher die Beschlagnahme der vorläufig sicher­gestellten Glücksspielgeräte und Eingriffsgegenstände gemäß § 53 Abs. 1 Zi. 1 lit. a Glücksspielgesetz zur Sicherung der Einziehung angeordnet, weil für diese die Einziehung gemäß § 54 Abs. 1 Glücksspielgesetz vorgesehen ist und der begründete Verdacht besteht, dass mit diesen Glücksspielgeräten, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes ein­gegriffen wird, fortgesetzt gegen eine Bestimmung des § 52 Abs. 1 Glücksspielgesetz ver­stoßen wird.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes und der durchgeführten Ermittlungen war für die erkennende Behörde erwiesen, dass die gesetzlichen Vorausaussetzungen für eine Be­schlagnahme vorliegen, sodass spruchgemäß zu entscheiden war."

 

Gegen diesen Bescheid, der der Beschwerdeführerin zu Handen ihres ausgewiesenen Rechtsvertreters am 5. November 2013 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig am 18. November 2013 per Telefax eingebrachte Berufung (nunmehr Beschwerde) vom selben Tag, in der unionsrechtliche Bedenken ausführlich dargelegt werden und eine ersatzlose Aufhebung des bekämpften Bescheides, beantragt wird. Weiters wird im Wesentlichen vorgebracht, dass an den beschlagnahmten Geräten Spiele mit Höchsteinsätzen von über 10 Euro angeboten worden seien, die Geräte mit einer „Gamble-Taste“ und einen Automatikmodus ausgestattet sind, weshalb die belangte Behörde nicht zuständig sei.

 

Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 20. November 2013 den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung übermittelt.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I
Nr. 2013/33 idgF gilt eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG.

 

 

II.          Das OÖ. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie in die Dokumentation (Anzeige, ausführliche Dokumentation der Testspiele samt Fotoaufnahmen) der einschreitenden Organe des Finanzamtes, einem Schreiben an das einschreitende Finanzamt vom 24. Februar 2014.

 

Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die mit Berufung angefochtene Beschlagnahmung der Geräte aufzuheben ist, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen.

 

Das OÖ. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem Sachverhalt aus:

Bei einer von Organen der Abgabenbehörde am 21. Mai 2013, ca. 17:00 Uhr, im Lokal "X" in X, durchgeführten Kontrolle wurden die gegenständlichen neuen Walzenspielgeräte aufgestellt vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt.

 

Mit diesen Glücksspielgeräten konnten keine Testspiele durchgeführt werden, da die Geräte nach und nach ferngesteuert vom Stromnetz genommen wurden.

 

An den Automaten mit der FA-Nr. 3, 5 und 7 konnten drei Spieler vor dem Abschalten der Automaten Gewinne erzielen, die ihnen jeweils ausbezahlt wurden.

In den folgenden Automaten waren folgende Beträge enthalten:

FA-Nr. 1:   75 Euro

FA-Nr. 2: 120 Euro

FA-Nr. 3: 250 Euro

FA-Nr. 4: 195 Euro

FA-Nr. 5: 200 Euro

FA-Nr. 6: 200 Euro

FA-Nr. 7: 105 Euro

FA-Nr. 8: 115 Euro

FA-Nr. 9:     0 Euro

 

Auf den Automaten 1, 2, 3 und 4 ist auf den Fotos eine Darstellung von Spielen zu sehen: Auf dem Geräte FA-Nr. 1 war dabei zu lesen: Mega Jack Casino Multi Game und auf den Geräten FA.-Nr. 2 bis FA-Nr. 4: SLOT-O-POL.

Weiters waren auf dem Foto des Displays der Geräte FA-Nr. 1 bis 3 der Kreditrahmen, der Einsatz, die Linien, der Gewinn und Total zu sehen und auf dem Gerät FA-Nr. 4 nur der Kredit lesbar.

 

Gerät-Nr. Kredit Einsatz Linien Gewinn Total

FA-Nr. 1 13,35 0,05 13 0,00 0,65

FA-Nr. 2 2,58 0,06 13 0,00 0,78

FA-Nr. 3 19,13 0,05 15 0,00 0,75

FA-Nr. 4 0,00 nicht lesbar

 

 

Die Geräte auf den Fotos auf der Aktenseite 39, 42 und 44 sind keinem Gerät zugeordnet.

Die Fotos der Geräte mit der FA-Nr. 5 bis 9 zeigten einen „schwarzen“ Bildschirm.

 

 

III.           Gemäß § 53 Abs. 1 Glücksspielgesetz kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände unter technischen Hilfsmittel anordnen und zwar sowohl wenn der Verdacht als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn

1. der Verdacht besteht, dass

a) mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen Strich mit denen das Glückspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 GSpG verstoßen wird oder

b) durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Ziffer 7 verstoßen wird oder

2. fortgesetzt oder wiederholt mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen gemäß Ziffer 1 lit. a gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird oder

3. fortgesetzt oder wiederholt durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Ziffer 7 verstoßen wird.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 Glücksspielgesetz können die Organe der öffentlichen Aussicht die in Abs. 1 genannten Gegenstände aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, dass die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Glücksspielgesetz nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden…

 

Gemäß der § 53 Abs. 3 Glücksspielgesetz hat die Behörde in den Fällen des Abs. 2 unverzüglich das Verfahren zur Anpassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthaltes Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers zu führen. Soweit nach der vorläufig Beschlagnahme keine dieser Personen binnen 4 Wochen ermittelt werden kann oder sich keine von diesen in den 4 Wochen meldet oder die genannten Personen zwar bekannt, aber unbekannten Aufenthalts sind, so kann auf die Beschlagnahme Selb ständig erkannt werden, wenn im Übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung des Bescheides kann einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

 

Nach § 168 Abs. 1 StGB ist derjenige der Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder einer Geldstrafe bis 360 Tagessätzen zu bestrafen, der ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, […] Es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.

 

Werden im Zusammenhang mit der Teilnahme Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über € 10 von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich gemäß § 52 Abs. 2 GSpG nicht geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG sind eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 zurück.

 

 

IV.         Das . Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, dass sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. VwGH 27.4.2012, 2011/17/0046 uHa VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097; ebenso VfGH 14.06.2012, G 4/12-10 ua) im Beschlagnahmeverfahren grundsätzlich nicht die Frage stellt, "welcher Grad der Wahrscheinlichkeit der Erfüllung eines gerichtlichen Straftatbestandes vorliegen muss, um die Beschlagnahme unzulässig zu machen".

 

Wenn auch die jüngste Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH 13.06.2013, Zl. B 422/2013-9) und des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 23.07.2013, Zl. 2012/17/0249) zur gebotenen verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs 2 GspG im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte insofern Klarheit im Verwaltungsstrafverfahren schafft, als bei der bloßen Möglichkeit von Spielen mit Einsätzen über 10 Euro (bzw. von der Durchführung von Serienspielen) eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit nach § 168 StGB besteht, so daraus freilich im Beschlagnahmeverfahren noch keineswegs die Verpflichtung zu einem diesbezüglich umfassenden Ermittlungsverfahren abzuleiten.

 

Denn anders als in einem allfälligen Strafverfahren, bei dem naturgemäß ein umfassendes, verdichtetes Ermittlungsverfahren zu einem abschließenden und unzweifelhaften Ermittlungsergebnis führen muss, erschöpft sich die Ermittlungspflicht im Rahmen eines Beschlagnahmeverfahrens nach § 53 Abs 1 GSpG im Nachweis eines Verdachts eines GSpG-Verstoßes. Im Verfahren wegen einer Beschlagnahme, die im Übrigen als bloß vorübergehende (Sicherungs-)Maßnahme dient, ist naturgemäß noch kein, das abschließende Ermittlungsverfahren eines allfälligen Strafverfahrens vorwegnehmendes, antizipiertes Ermittlungsverfahren durchzuführen. § 53 Abs 1 GSpG setzt allein das Vorliegen eines begründeten Verdachts eines GSpG-Verstoßes voraus. Ein für eine Beschlagnahme ausreichend substantiierter Verdacht reicht grundsätzlich noch nicht hin, schon in diesem frühen Verfahrenszeitpunkt ohne jeden Zweifel das Vorliegen einer ausschließlichen Gerichtszuständigkeit feststellen zu können. Diese Feststellung ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Beschlagnahme von Gesetzes wegen gerade nicht als notwendig vorausgesetzt. Vielmehr ist die umfassende und endgültige Sachverhaltsermittlung ebenso wie die abschließende rechtliche Beurteilung des konkreten Sachverhalts grundsätzlich einem allfällig folgenden Strafverfahren vorbehalten.

 

Wenn allerdings eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit in einem Beschlagnahmeverfahren – etwa aufgrund der eindeutigen Ermittlungsergebnisse der beschlagnahmenden Finanzpolizeiorgane selbst – unzweifelhaft feststehen sollte, ist die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden zur Beschlagnahme aber freilich nicht (mehr) gegeben. So konstatierte auch der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 14. Juni 2012, Zl. G 4/12, "dass die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden nach § 53 GSpG solange gegeben ist, als nicht die ausschließliche Gerichtszuständigkeit feststeht" (Hervorhebungen nicht im Original).

 

 

Von der Finanzpolizei wurde – unbestritten auch in der Beschwerde – die X GmbH als Betreiberin des gegenständlichen Lokals in der X in X festgestellt. Die X GmbH hatte die oa. Geräte damit zum Zeitpunkt der Beschlagnahme in ihrer Macht bzw. Gewahrsame und ist somit als "Inhaberin" dieser Geräte iSd § 53 Abs. 3 GSpG iVm § 309 ABGB zu qualifizieren. Ihre Beschwerde ist daher zulässig.

 

Im Zuge der durchgeführten Kontrolle konnten die Kontrollorgane der Finanzpolizei keine Testspiele durchführen, da die Geräte nach und nach vom Stromnetz genommen worden sind. Es konnte beobachtet werden, dass einigen Spielern Gewinne ausbezahlt wurden, genauere Feststellungen, welche Spiele dabei gespielt worden sind, wie hoch der maximale Einsatz des gewählten Spieles war, wie das Verhältnis zwischen Einsatz und Gewinn war, ob es die Supergamefunktion gibt, etc. oder Niederschriften über die Befragung dieser Spieler liegen nicht vor. Ebensowenig konnte ermittelt werden, welche Spiele an den einzelnen Geräten angeboten werden, ob es sich um Glücksspiele handelt, wie hoch der Minimaleinsatz bzw. der Höchsteinsatz je Spiel ist, wie hoch die dazu gehörigen Gewinnmöglichkeiten sind, ob vorgelagerte Würfelspiele zur Erhöhung des Einsatzes oder Supergames vorgesehen sind bzw. ob die Geräte eine Auto-Start-Taste zum Auslösen von Serienspielen aufweisen.

 

Aus der im gegenständlichen Verfahrensakt einliegenden Dokumentation der Kontrolle kann folgendes entnommen werden: Mit Ausnahme eines Gerätes (Gerät FA-Nr. 9) wurde ein jeweils unterschiedlich hoher Geldbetrag in den anderen acht Geräten vorgefunden. In der Fotodokumentation sind die Geräte dargestellt. Einige Fotos weisen einen schwarzen Bildschirm auf, andere zeigen verfügbare Spiele. Der Fotodokumentation kann jedoch keine Zuordnung der abgebildeten Bildschirme zu den in den GSp26-Formularen aufgelisteten Spielgeräten entnommen werden. Eine diesbezülgliche Nachfrage beim tätig gewordenen Finanzamt blieb ohne Antwort. Aus diesem Grund konnten auch alle anderen in der Anzeige der Finanzpolizei samt deren Beilagen enthaltenen Widersprüche oder Unklarheiten, die z. B. wie folgt aufgelistet wurden, nicht aufgeklärt werden:

 

  1. In der Anzeige wurde angeführt, dass alle Geräte zu Kontrollbeginn herunter gefahren wurden. Im Aktenvermerk ist aber davon die Rede, dass sich der festgestellte Sachverhalt durch durchgeführte Testspiele der Geräte ergeben hat. Wie ist dieser Widerspruch zu erklären?

 

  1. Woraus leitet sich der Vorwurf des fortgesetzten Verstoßes ab, da es bei der ggst. Kontrolle wohl und mangels anderer Angabe um die erste dieser Art gehandelt hat?

 

  1. Wie wurde die Betriebsdauer festgestellt und wie konnten Einsätze bei einem Testspiel getätigt werden, wo doch nach der Anzeige kein Probespiel möglich war?

 

  1. Woraus ergab sich, dass die Geräte betriebsbereit aufgestellt waren?

 

  1. Nach den Ausführungen in der Anzeige wurden drei Spieler beim Spielen auf den Geräten 3, 5 und 7 beobachtet, denen in der Folge auch ein Gewinn ausbezahlt worden ist. Sofern diese Spieler befragt wurden, ersuchen wir um die Übermittlung der entsprechenden Niederschriften bzw. sofern dies nicht der Fall ist, um die Bekanntgabe der Namen und Anschriften um diese ggf. als Zeugen vernehmen zu können.

 

  1. Im Aktenvermerk wurde angeführt, dass an den Geräten FA 1 bis FA 9 Spiele durchgeführt werden konnte. Aus der Anzeige dagegen ist zu entnehmen, dass die Geräte bei Kontrollbeginn herunter gefahren wurden. Spieler wurden lediglich an den Geräten 3, 5 und 7 beobachtet. Wie kam es zu der Schlussfolgerung, dass auch auf den Geräten 1, 2, 4, 6, 8 und 9 (hier war nicht einmal Geld im Geräte selbst) Spiele durchgeführt werden konnten? Welche Spiele haben die Spieler auf den Geräten 3, 5 und 7 gespielt, wie hoch waren deren Einsatz und wie hoch deren Gewinn?

 

  1. Im Aktenvermerk wird hinsichtlich Spielbereitschaft auf die Fotodokumentation verwiesen. Auf dieser sind einige Geräte mit schwarzem Bildschirm dargestellt und einige Geräte mit Darstellung von nicht näher bezeichneter Spiele. Die meisten der letzten Darstellungen weisen jedoch keine Zuordnung zu einem Geräte auf. Woraus kann aus der Fotodokumentation geschlossen werden, dass die Geräte spielbereit sind bzw. wie lassen sich jene Fotos zuordnen, auf denen zwar Spiele abgebildet sind, aber die Geräte mit keiner Gerätenummer versehen worden sind?

 

  1. Worauf basiert die Aussage, dass die Geräte Spiele aufweisen, bei denen die Entscheidung überwiegend vom Zufall abhängt, wenn nicht bekannt ist, welche Spiele auf dem jeweiligen Gerät überhaupt zur Verfügung standen?

 

  1. Im Aktenvermerk wird auf die Aussage der Kellnerin verwiesen, als Beweis, dafür, dass die Glücksspieleinrichtungen seit 21. Mai 2013 im Lokal betrieben werden. Aus der mit der Kellnerin aufgenommen Niederschrift geht dies nicht hervor? Wie ist dieser Wiederspruch zu klären? Gibt es weitere Niederschriften im Zusammenhang mit weiteren Personen? Wenn ja, ersuchen wir um die entsprechende Übermittlung?

 

 

Im Beschlagnahmeverfahren reicht der Nachweis eines begründeten Verdachts des Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz aus.

Im Hinblick auf die Geräte mit der FA-Nr. 1, 2 und 4 kann die Aussage getroffen werden, dass auf dem Bildschirm eine Darstellung zu sehen war (FA-Nr. 1 und 2: SLOT-O-POL und FA-Nr. 4: Mage Jack Casino Multi-Game) und in diesen Geräten jeweils ein unterschiedlich hoher Geldbetrag vorhanden war.

Das Gerät FA-Nr. 3, an dem, von der Anzeigenlegerin beobachtet, auch gespielt wurde, zweigt auf dem Foto des Displays die Bezeichnung „SLOT-O-POL“ und weist darüber hinaus noch Angaben zu Kredit, Einsatz, Linien, Gewinn, und Total auf.

Zu den Geräten 5 und 7, an denen die Anzeigenlegerin beobachtet hat, dass darauf gespielt wurde und auch ein Gewinn erzielt wurde bevor die Geräte abgeschaltet wurden, ist auszuführen, dass weder aus der Dokumentation noch aus dem Fotos entnommen werden konnte, welche Spiele durchgeführt worden sind und ob es sich dabei um verboten Glücksspiele im Sinn des GSpG handelt oder nicht.

Zu den Geräten 6 bis 8 kann nur die Aussage getroffen werden, dass im Gerät selbst ein verschieden hoher Geldbetrag vorhanden war. Ansonsten können mangels weiterer Angaben keine Feststellungen getroffen werden.

Bezüglich des Gerätes FA-Nr. 9 ist festzuhalten, dass hier weder bekannt ist, ob das Geräte in Betrieb ist noch ob mit dem Gerät verbotene Glücksspiele durchgeführt werden konnten, noch wurde im Gerät selbst ein Geldbetrag vorgefunden, aus dem hätte geschlossen werden können, dass das Gerät zum Einsatz gelangt war.

 

 

Es kann aber weder aufgrund der Aktenlage noch aufgrund der vom . Landesgericht durchgeführten Erhebungen, die seitens des Finanzamtes unbeantwortet blieben, zum Gerät FA-Nr. 9 mangels irgendeinem Anhaltspunkt keine Aussage getroffen werden, ob, mit dem Gerät verbotene Glücksspiele veranstaltet worden sind. Ähnliches gilt für die Geräte FA-Nr. 5 bis FA-Nr. 8. Hier war zwar im Gerät ein Geldbetrag in unterschiedlicher Höhe vorhanden. Allein aus diesem Umstand und in gänzlicher Unkenntnis, welche Spiele auf diesen Geräten gespielt werden können, kann jedoch nicht geschlossen werden, dass mit diesen Geräten verbotene Glücksspiele veranstaltet werden.

Aus dem in Bezug auf die Geräte FA-Nr. 5 bis FA-Nr. 9 zugrunde liegenden Sachverhalt kann ein Nachweis eines Verdachts des Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz, der für eine Beschlagnahme Voraussetzung ist, nicht geschlossen werden kann.

 

 

Anders sind jedoch die Geräte FA-Nr. 1 bis FA-Nr. 4 einzuordnen. Hier wurden ebenfalls Geldbeträge in unterschiedlicher Höhe vorgefunden, darüber hinaus war auf dem Bildschirm jeweils eine Seite zu sehen, die Spiele zeigt. Bei den Geräten FA-Nr. 1 bis FA-Nr. 3 handelt es sich offensichtlich um das Walzenspiel SLOT-O-POL und beim Gerät FA-Nr. 4 um Mega Jack Casino Multi Game. Weiters sind auf dem jeweiligen Display zu den Geräten FA-Nr. 1 bis FA-Nr. 3 Angaben zu Einsatz, Linien, Kredit, Gewinn zu erkennen. Auf dem Foto, das das Display des Gerätes FA-Nr. 4 zeigt, ist nur der Gewinn lesbar.

 

Nach den Angaben des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin in der Beschwerde selbst sind an den beschlagnahmten Geräten Spiele mit Einsätzen über 10 Euro möglich, besteht eine Gamble-Funktion und ist eine Automatic-Starttaste vorhanden. Aus diesen Angaben, die sich schlüssig darstellen und aufgrund des Umstandes, dass die in der Anzeige samt angeschlossener Dokumentation beinhaltenden widersprüchlichen Aussagen trotz Nachfrage des . Landesverwaltungsgerichts von der Anzeigenlegerin nicht nur nicht aufgeklärt wurden, sondern eine Beantwortung der gestellten Fragen gänzlich unterblieben ist, kann geschlossen werden, dass nicht nur um geringe Beträge (Einsätze über 10 Euro) gespielt werden kann und dass Serienspiele möglich sind.  

 

In konsequenter Anwendung der Judikaturlinie des Verfassungsgerichtshofes sowie unter Berücksichtigung der aktuellen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 7. Oktober 2013,2 1012/17/0507) ist daher davon auszugehen, dass auf der Basis dieses Ermittlungsergebnisses die ausschließliche Gerichtszuständigkeit bezüglich der Geräte 1-4 feststeht. Dies bedeutet schließlich auch, dass selbst Bei Vorliegen aller weiteren gesetzlichen Tatbestandselementen - die Befugnis der Verwaltungsstrafbehörde zur Beschlagnahme der konkreten Eingriffsgegenstände nicht (mehr) besteht und diese daher rechtswidrig ist.

 

 

V.           Geräte  FA-Nr. 5 bis FA-Nr. 9 war mangels Vorliegen der Voraussetzungen daher der Beschwerde stattzugeben und der bekämpfte Beschlagnahmebescheid aufzuheben. Auf die weiteren Vorbringen in der Beschwerde brauchte daher  nicht mehr eingegangen zu werden.

 

 

VI.                  Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Süß