LVwG-550957/5/KLe - 550958/2

Linz, 05.12.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Maga. Lederer über die Beschwerde von 1. Mag. E F und 2. Dr. J G, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. S T, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 9. August 2016, GZ: BHSDJagd-2016-113867/10-Mae,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Bescheid vom 9. August 2016, GZ: BHSDJagd-2016-113867/10-Mae, die Anträge von Frau Mag. E F und Herrn Dr. J G, beide X, X, vom 9. März 2016, eingelangt am 14. März 2016, auf Erklärung der Grundstücke Nr. X und X, je KG S, zu jagdrechtlich befriedeten Bezirken sowie auf Feststellung der Beendigung der Zwangsmit­gliedschaft in der Jagdgenossenschaft gemäß §§ 1 und 15 Oö. Jagdgesetz, LGBl. Nr. 32/1964, als unzulässig zurückgewiesen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass das Oö. Jagdgesetz eine Jagdfreistellung von Waldgrundstücken nicht vorsehe. Das Jagdrecht erfließe aus dem Grund­eigentum, sei mit diesem verbunden und könne als selbständiges Recht nicht begründet werden.

 

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass den Anträgen der Beschwerdeführer, nämlich das Begehren, die in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke KG S, Grundstücke Nr. X und Nr. X zu jagdlich befriedeten Bezirken zu erklären, zu entscheiden und die Beendigung der Zwangsmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft im Gemeindegebiet E festzustellen, vollinhaltlich stattgegeben werde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde zur Entscheidung zuständig sei, die Beschwerdeführer eine ständige Umfriedung nach § 4 lit. e Oö. Jagd­gesetz ablehnen würden und im Lichte der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) im Verfahren H gegen Deutschland (Beschwerdenr. 9300/07) vom 26.06.2012 § 4 lit. e Oö. Jagdgesetz EMRK- bzw. verfassungskonform zu interpretieren sei. Die bestehende Gesetzeslücke sei im Wege der Analogie zu schließen. Den Beschwerdeführern würde eine unverhältnismäßige Belastung durch Verpflichtung auferlegt werden, Dritten Jagdrechte auf ihrem Land zu übertragen. Die Jagd werde aus Gewissensgründen abgelehnt und die Zwangs­mitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft verstoße gegen die Vereins- und Versammlungsfreiheit.

 

Mit Schreiben vom 6. September 2016 legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt vor.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhand­lung. An dieser nahmen die Beschwerdeführer und deren Rechtsvertreterin teil.

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Beschwerdeführer sind grundbücherliche Eigentümer der Grundstücke Nr. X und X, je KG S. Diese Grundstücke gehören zum genossen­schaftlichen Jagdgebiet E. Das genossenschaftliche Jagdgebiet E wurde für die Jagdperiode 1. April 2012 bis 31. März 2018 mit Bescheid festgestellt.

 

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensakt und ist unstrittig.

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. Jagdgesetz erfließt das Jagdrecht aus dem Grundeigentum und ist mit diesem verbunden.

 

§ 4 Oö. Jagdgesetz:

 

Flächen, auf denen die Jagd ruht, sind:

a)   Friedhöfe;

b)   die der Erholung dienenden öffentlichen Anlagen (Parks);

c)   Gebäude;

d)   industriellen oder gewerblichen Zwecken dienende Werksanlagen;

e)   Höfe und Hausgärten, die durch eine Umfriedung abgeschlossen sind;

f)    nicht forstlich genutzte Grundflächen, in die das Eindringen des Haarwildes durch natürliche oder künstliche Umfriedungen verhindert wird; landesübliche Weidezäune gelten nicht als Umfriedungen in diesem Sinne;

g)   Einrichtungen und Betriebe, in denen jagdbare Tiere nicht im Zustand der natürlichen Freiheit gehalten werden (wie z.B. Pelztierzuchtanstalten und Fasanerien);

h)   Wildgehege (§ 6a) und Tiergärten (§ 6b).

 

Die Grundstücke Nr. X und X, je KG S, gehören zum genossen­schaftlichen Jagdgebiet E und die Beschwerdeführer sind kraft Gesetzes Mitglied dieser Jagdgenossenschaft.

 

Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens, dass eine Gesetzeslücke vorliege, ist auszuführen, dass Voraussetzung für die analoge Anwendung verwandter Rechtsvorschriften das Bestehen einer echten Gesetzeslücke ist; das heißt einer planwidrigen und daher durch Analogie zu schließenden Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung. Eine Lücke ist demnach nur dort anzunehmen, wo das Gesetz (gemessen an der mit der seiner Erlassung verfolgten Absicht und seiner immanenten Teleologie) unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht (VwGH 24.5.2016, Ra 2015/20/0047).

 

Dass das Oö. Jagdgesetz im vorliegenden Fall unvollständig ist („technische Lücke“), ist nicht ersichtlich. Das Oö. Jagdgesetz beschränkt das Jagdrecht auch insoweit, als in § 4 Oö. Jagdgesetz abschließend Flächen angeführt sind, auf denen die Jagd ruht. Unter anderem sind in lit. e) Höfe und Hausgärten, die durch eine Umfriedung abgeschlossen sind, und in lit. f) nicht forstlich genutzte Grundflächen, in die das Eindringen des Haarwildes durch natürliche oder künstliche Umfriedungen verhindert wird (landesübliche Weidezäune gelten nicht als Umfriedungen in diesem Sinne), genannt. Es steht somit jedem Grund­eigentümer frei, diese Grundflächen zu umfrieden und somit die Bejagung auszuschließen. Die Beschwerdeführer hätten im Rahmen des Oö. Jagdgesetzes die Möglichkeit, ihren ethischen Bedürfnissen zu entsprechen.

 

Weiters unterscheidet sich das Jagdgesetz in Oberösterreich in wesentlichen Punkten von der Sach- und Rechtslage, die in den Fällen C ua. gegen Frankreich, S gegen Luxemburg und H gegen Deutschland zugrunde lag. Diese Rechtsprechung ist daher nicht auf die Jagd in Oberöster­reich übertragbar (vgl. dazu ausführlich VfGH 15.10.2016, G 7/2016-29, zum Kärntner Jagdgesetz).

 

Durch das Oö. Jagdgesetz wird das gesamte Landesgebiet in Jagdgebiete (Eigenjagdgebiete und genossenschaftliche Jagdgebiete, § 5 Oö. Jagdgesetz)  unterteilt. Das Jagdrecht im genossenschaftlichen Jagdgebiet ist durch Verpach­tung jeweils auf die Dauer der Jagdperiode zu nutzen. Eigenjagdgebiete sind im Alleineigentum oder im gemeinschaftlichen Eigentum stehende zusammen­hängende, jagdlich nutzbare Grundflächen im Ausmaße von mindestens 115 Hektar (§ 6 Oö. Jagdgesetz).

Die im Bereich einer Ortsgemeinde gelegenen, nicht zu einem Eigenjagdgebiet gehörenden Grundstücke bilden das genossenschaftliche Jagdgebiet (§ 7 Oö. Jagdgesetz). Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die Jagdgebiete für die Jagdperiode festzustellen (§ 9 Oö. Jagdgesetz).

 

Das Jagdrecht steht mit den im Oö. Jagdgesetz bestimmten Beschränkungen dem Grundeigentümer bzw. der Gesamtheit der Grundeigentümer zu. Als selbständiges dingliches Recht kann das Jagdrecht nicht begründet werden. Jagdberechtigte im Sinne dieses Gesetzes sind:

a)   in Eigenjagdgebieten die Grundeigentümer (Eigenjagd);

b)   in genossenschaftlichen Jagdgebieten die Jagdgenossenschaft (Genossen­schafts­jagd).

Jagdausübungsberechtigte sind in Eigenjagdgebieten die Eigentümer, die Pächter oder die Jagdverwalter und in genossenschaftlichen Jagdgebieten die Pächter oder die Jagdverwalter.

Die Befugnis zur Eigenjagd umfasst die freie Verfügung des Jagdberechtigten über die Form der Ausübung des Jagdrechtes im Eigenjagdgebiet durch Selbst­verwaltung oder Verpachtung. Das Jagdrecht im genossenschaftlichen Jagdgebiet ist entweder zu verpachten oder durch einen Jagdverwalter auszuüben (vgl. § 8 Oö. Jagdgesetz). Die Jagdausübungsberechtigten haben den Abschussplan (§ 50 Oö. Jagdgesetz) zu erfüllen.

 

Der Verfassungsgerichtshof ging in seiner Entscheidung zum Kärntner Jagdgesetz weiters davon aus, dass in Österreich - und somit auch in Oberösterreich - ein spezifisches Interesse an einer flächendeckenden Jagdbewirtschaftung besteht:

„[…] Nach den Ergebnissen des Gesetzesprüfungsverfahrens ist die Schalen­wilddichte und Diversität in Österreich im europäischen Vergleich am höchsten. Auszugehen ist von 15 Stück Schalenwild auf 100 ha (so die Auskunftsperson für das Gebiet der Wildbiologie). Die Rotwildbestände hinterlassen deutliche Spuren im Waldbewuchs durch Verbiss und Schälung; dies vor allem bei jungen Bäumen. Bei rund der Hälfte der österreichischen Waldflächen ist die notwendige Verjüngung nicht gegeben. Dies ist überwiegend auf Wildverbiss zurückzuführen. Etwa jeder zehnte Baum im Wirtschaftswald weist eine vom Wild verursachte Schälung auf und es entstehen in Österreich durch Wildeinfluss jährlich Schäden in der Höhe von etwa 70 Millionen Euro, was den Rechnungshof des Bundes bereits mehrmals dazu veranlasst hat, entsprechende Maßnahmen zur Redu­zierung der hohen  Wildbestände  zu fordern; dies mit der Erklärung, dass Sanierungsmaßnahmen für Schutzwald im Vergleich zu entsprechenden Erhal­tungsmaßnahmen etwa 15 mal bzw. bei notwendigen technischen Verbauungen etwa 146 mal kostenintensiver sind (so auch das BMLFUW). Für die Erhaltung des Waldes und aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es daher notwendig, die Wildbestände grundsätzlich zu kontrollieren und zu reduzieren. Um Wild aus Gebieten, die besonders von Schäden betroffen sind, fernzuhalten, bedarf es zudem der Ausübung eines permanenten Jagddruckes (so die Ausführungen der beigezogenen Auskunftsperson für das Gebiet der Wildbiologie in der mündlichen Verhandlung). Der permanente Jagddruck - und die damit verbundene Lenkung des Wildes - ist auch zur Hintanhaltung von Wildunfällen notwendig.[…]“

 

In der alpinen biogeographischen Region (in Oberösterreich betrifft diese Region die Bezirke V, G, K und S) besteht überdies ein besonderes öffentliches Interesse am Schutz des Waldes vor Wildschäden.

 

Darüber hinaus ist Österreich völkerrechtlich verpflichtet, Maßnahmen zum Schutz des Waldes im alpinen Gebiet zu setzen. In den Protokollen zur Durch­führung der Alpenkonvention im Bereich Berglandwirtschaft, BGBl. III 231/2002, (Protokoll „Berglandwirtschaft“) und zur Durchführung der Alpenkonvention im  Bereich Bergwald, BGBl. III 233/2002, (Protokoll „Bergwald“) verpflichtet sich die Republik Österreich, den Wildbestand durch geeignete Maßnahmen so zu regeln, dass nicht tragbare Schäden im Wald sowie auf landwirtschaftlichen Nutzflächen vermieden werden (Art. 13 lit. c Protokoll „Berglandwirtschaft“), sowie dazu, Schalenwildbestände auf jenes Maß zu begrenzen, welches eine natürliche Verjüngung standortgerechter Bergwälder ohne  besondere  Schutzmaßnahmen ermöglicht (Art. 2  lit. b Protokoll „Bergwald“). In den parlamentarischen Materialien zum Protokoll „Bergwald“  (ErläutRV 1094 BlgNR 21. GP, 26) wird zu Art. 2 leg.cit. auf das spezifische Umsetzungserfordernis der Begrenzung der Schalenwildbestände durch jagdrechtliche Schritte hingewiesen.

Diese völkerrechtlichen Verpflichtungen sind gemäß Art. 1 Abs. 1 iVm der Anlage zur Alpenkonvention, BGBl. 477/1995, auf zahlreiche Gemeinden in den Bezirken V, K, G und S anwendbar (vgl. Art. 22  Abs. 1 Protokoll „Berglandwirtschaft“ und Art. 18 Abs. 1 Protokoll „Berg­wald“).

 

Das Oö. Jagdgesetz unterscheidet sich in seiner Anwendbarkeit vom Fall C ua. gegen Frankreich, da das französische Recht nur auf bestimmte Teile des französischen Staatsgebietes anwendbar war und bestimmte  Grund­eigentümer (Eigentümer von Grundstücken über 25 ha und bestimmte staatliche  Einrichtungen) vom Bejagungssystem ausnahm. Auch in Luxemburg war eine Ausnahme für das Privateigentum der luxemburgischen Krone vorgesehen (Fall S gegen Luxemburg). Das Oö. Jagdgesetz gleicht in dieser Hinsicht zwar dem deutschen Bundesjagdgesetz, welches grundsätzlich landesweit anwendbar war und keine Ausnahmen für bestimmte Personen(gruppen) oder staatliche Einrichtungen vorsah, sowie darin, dass auch die Eigentümer größerer Grund­stücke die Jagdausübung auf ihrem Grundstück dulden mussten, sofern sie sie nicht selbst ausüben (Fall H gegen Deutschland). Ein wesentlicher Unterschied zur Rechtslage, wie sie dem Fall H gegen Deutschland zugrunde lag, liegt aber darin, dass dem Oö. Jagdgesetz der Grundsatz einer flächendeckenden Jagdwirtschaft im gesamten oberösterreichischen Landes­gebiet zugrunde liegt.

 

Die Verordnung der Oö. Landesregierung über den Abschussplan und die Abschussliste sieht vor, dass der Abschussplan für Schalenwild im Interesse der Landeskultur so zu erstellen ist, dass eine ökologisch und wirtschaftlich tragbare Wilddichte hergestellt und erhalten wird. Diese ist dann erreicht, wenn Waldbestände einschließlich der Weißtanne und der Laubhölzer auf für diese Baumarten geeigneten Standorten nach natürlicher Verjüngung oder Aufforstung ohne Flächenschutz, jedoch mit begleitenden forstlichen Pflegemaßnahmen, innerhalb der forstrechtlichen Fristen gesichert aufwachsen können. Vor allem sind der Verbissgrad und die Fegeschäden an forstlichen Gehölzen in größeren zusammenhängenden Waldflächen zu berücksichtigen (§ 1 Grundsätze der Abschuss­planerstellung).

 

Weiters kann die Behörde zur Sicherung der Abschussplanerfüllung und somit zur Hintanhaltung von Wildschäden bestimmte Maßnahmen, wie Bejagungsmethoden oder Wildlenkungsmaßnahmen, vorschreiben (§ 6 Verordnung der Oö. Landes­regierung über den Abschussplan und die Abschussliste).

 

Gemäß § 4 Oö. Jagdgesetz ruht die Jagd unter anderem in Höfen und Haus­gärten, die durch eine Umfriedung abgeschlossen sind (lit. e), oder nicht forstlich genutzten Grundflächen, in die das Eindringen des Haarwildes durch natürliche oder künstliche Umfriedungen verhindert wird (landesübliche Weidezäune gelten nicht als Umfriedungen in diesem Sinne - lit. f).

 

Durch diese Umfriedungen soll verhindert werden, dass das Wild auf die Grundflächen, auf denen die Jagd ruht, ein- und auswechselt sowie dass es sich auf diese Flächen zurückzieht. Die Grundstücke, auf denen die Jagd ruht, sollen dem Schalenwild nicht mehr als Einstands- und Äsungsgebiete zur Verfügung stehen. Insoweit werden die adäquat umfriedeten Grundflächen vom allgemein zugänglichen Raum des wildökologischen Geschehens abgetrennt.

 

Das Oberösterreichische Jagdrecht unterscheidet sich von der Rechtslage, wie sie den genannten Fällen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zugrunde lag, weiters darin, dass unterschiedliche Interessen verfolgt werden:

 

Das Ziel der Oberösterreichischen Jagdgesetzgebung liegt in der Ausübung der Jagd in Übereinstimmung mit den allgemein anerkannten Grundsätzen der Weid­gerechtigkeit unter Bedachtnahme auf die Interessen der Landeskultur. Im Widerstreit mit den jagdlichen Interessen kommt im Zweifelsfalle den Interessen der Landeskultur der Vorrang zu (§ 1 Oö. Jagdgesetz). Die Jagdausübung beinhaltet auch die Wildhege (§ 3 Abs. 2 Oö. Jagdgesetz). Wildhege umfasst die vom Jagdausübungsberechtigten unter Beachtung der Bestimmungen dieses Gesetzes und unter Berücksichtigung der Interessen der Landeskultur und der Fischerei und sonstiger gesetzlich geschützter Interessen zu treffenden weid­gerechten Maßnahmen zum Zwecke der Entwicklung und Erhaltung eines artenreichen und gesunden Wildstandes und zum Schutze des Wildes gegen Raubwild, Raubzeug, Futternot und Wilderer.

 

Die Jagdausübung ist in Oberösterreich (wie auch der VfGH dies für das Kärntner Jagdgesetz näher ausgeführt hat) nicht primär Freizeitbeschäftigung von Privatpersonen. Sie wird von Berufsjägern und von Personen ausgeübt, die durch Verwaltungsstrafen sanktioniert verpflichtet werden, Abschusspläne einzuhalten und andere begleitende Maßnahmen zu ergreifen, um ein wildökologisches Gleichgewicht aufrecht zu erhalten, das dem öffentlichen Interesse dient.

 

Die Erfüllung der öffentlichen Interessen, insbesondere an der Hintanhaltung von Wildschäden im Wald sowie an der planmäßigen Jagdbewirtschaftung des gesamten Landesgebietes, kann anders als durch flächendeckende - also grundsätzlich ausnahmslose - Bejagung und die damit einhergehende  Verpflich­tung der Grundstückseigentümer im genossenschaftlichen Jagdgebiet zur Duldung der Jagdausübung auf ihren Grundstücken nicht adäquat erreicht werden.

 

Bei der Nichtbejagung von jagdlich nutzbaren Flächen aus jagdfremden Motiven,

würde es zu einer signifikanten Vermehrung des Wildbestandes kommen. Das Wild würde sich auf diesen Flächen, aber auch auf den vom Wild für den Zuzug benutzten Flächen in übermäßiger Zahl einstellen. Der Wildbestand würde dadurch unzweckmäßig gelenkt und in jagdfreien Gebieten und in deren Umgebung konzentriert werden. Anders als bei der absichtlichen Konzentration durch jagdliche Maßnahmen würde die Konzentration aber nicht an den geeigneten Stellen und unter Vornahme jagdwirtschaftlich zweckmäßiger Begleitmaßnahmen erfolgen (VfGH 15.10.2016, G 7/2016-29).

 

Den negativen Folgen einer Nichtbejagung von jagdlich nutzbaren Flächen könnte nicht hinreichend begegnet werden. Die Gefährdung des Waldes durch Wild kann nur durch eine Reduzierung der Wildbestände erreicht werden, zumal Sanierungsmaßnahmen im Wald eine erhebliche volkswirtschaftliche Bedeutung  zukommt. Die flächendeckende Bejagung ist zur Erfüllung der bestehenden öffentlichen Interessen daher erforderlich.

 

Es ist daher nicht unverhältnismäßig, wenn der Gesetzgeber für die Jagdfrei­stellung einer Fläche nach § 4 Oö. Jagdgesetz (lit. e und lit. f) dessen Umfrie­dung vorsieht. Diese Regelung kann auch von jemandem, der die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt, in Anspruch genommen werden.

 

Die Jagdgenossenschaft wird von der Gesamtheit der Eigentümer jener Grund­stücke gebildet, bezüglich derer ein land- und forstwirtschaftlicher Einheitswert festgesetzt ist und welche zu einem genossenschaftlichen Jagdgebiet gehören. Die Grundeigentümer werden in dieser Eigenschaft Jagdgenossen genannt. Der Jagdgenossenschaft kommen nach Maßgabe dieses Gesetzes alle den Jagd­genossen aus der Verwertung des Jagdrechtes zufließenden Rechte zu (§ 15 Abs. 1 Oö. Jagdgesetz). Die Organe der Jagdgenossenschaft sind der Jagd­ausschuss und der Obmann (§ 15 Abs. 2 Oö. Jagdgesetz).

 

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kommt es darauf an, dass der - aufgrund von Wahlen - gebildete Jagdausschuss in seiner konkreten Zusammensetzung in laufender Geschäftsführung die Jagdgenossen repräsentiert und auf ihre vermögensrechtlichen und sonstigen Interessen als Grundeigen­tümer Einfluss hat und nimmt. Die Ausübung des Jagdrechtes muss im Genossenschaftsjagdgebiet im Sinne einer einheitlichen, jagdwirtschaftlichen Verwertung gesichert sein (vgl. VfSlg 1945/1950, 7891/1976, 9121/1981). Daher hat der Jagdausschuss als Organ der Jagdgenossenschaft die den Jagdgenossen als Grundeigentümern zukommenden Rechte auszuüben (VfGH 21.06.1996, G 207/94).

 

Aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich bestehen keine verfas­sungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmungen des Oö. Jagdgesetzes.

 

Wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, sieht das Oö. Jagdgesetz keine Möglichkeit auf Erklärung von Grundstücken zu jagdrechtlich befriedeten Bezir­ken sowie auf Feststellung der Beendigung der Zwangsmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft vor und hat den Antrag zurückgewiesen.

 

Es war daher, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Lederer

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerden wird abgelehnt.

VfGH vom 1. Dezember 2017, Zl.: E 243-244/2017-22

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 6. Juli 2018, Zl.: Ra 2018/03/0033 und 0034-3